Neue Urlaubsziele

Für all diejenigen, denen die Stockholmer Innenstadt, die Schären, die großen Seen usw. zu voll werden, hat Anne Petersson von der schwedischen Nachrichtenagentur TT recherchiert, wo in Schweden kaum jemand Urlaub machen möchte. Weil die Redaktionen der Zeitungen sommerbedingt unterbesetzt sind, haben sowohl Svenska Dagbladet als auch Dagens Nyheter den Artikel praktisch 1:1 abgeschrieben.

Hier also die am wenigsten besuchten Orte Schwedens:

  • Ockelbo: das erfrischend leere Ferienparadies (2800 Einwohner) rund zwei Stunden nördlich von Stockholm. Things to see: das Industriemuseum „Wij valsverk“
  • Kumla: dieser Ort hat mehr zu bieten, als man denkt: den Drittligaverein IFK Kumla samt Schwedens größtes Gefängnis „Kumlaanstalten“. Wenn man den Trubel nicht mehr aushält, kann man zum Entspannen ins 15 km entfernte Örebro fahren.
  • Nässjö: der Ort hat einen Bahnhof, und zwar der einzige Schwedens, an dem sechs Eisenbahnlinien zusammenlaufen. Wer aus dem Staunen wieder heraus ist, kann sich ein kühles Blondes in der örtlichen Brauerei „Nässjö bryggeri“ genehmigen. Prost!
  • Kungsör: weil auch die Wikipedia zu diesem Ort nicht viel hergibt, sei gesagt, dass es das örtliche Museum Kungsudden gibt. Wenn man das alles gesehen hat, kann man sich mit einem oder zwei der 5610 Einwohner anfreunden oder die Landschaft genießen. Viel mehr gibt die Homepage des Ortes nämlich auch nicht her.
  • Hjo: der Name des Ortes ist zwar kürzer, aber hat ungefähr genausoviele Einwohner. Sehenswert ist die Altstadt und die größte Schwarz-Erle Schwedens. Wer noch nicht genug hat kann auf eine „öringsafari“ gehen. Ein „öring“ ist anscheinend eine Lachsart – laut Wikipedia eine Forelle. Das Ganze muss so beliebt sein, dass man sich den Namen „öringsafari“ sogar als Markenname schützen ließ.
  • Åtvidaberg: mir ist ein Rätsel, warum dieser Ort nichtmal einen englischen oder deutschen Wikipedia-Artikel hat. Immerhin habe ich den Artikel zum lokalen Fußballgiganten Åtvidabergs FF (zweite Liga) geschrieben. Das ist wohl auch das einzig spannende im Ort.
  • Sälen und Åre im Sommer: das wiederum ist weniger verwunderlich. Es sind schließlich Wintersportorte.

Bemerkenswert an der Liste ist, dass bis auf Åre alle Orte nicht wirklich im Norden des Landes liegen und damit leicht zu erreichen wären. Es mag allerdings auch an der Bettenkapazität und den lokalen Gegebenheiten liegen, dass nicht so viele in diese Orte fahren.

Ein Geheimtipp ist übrigens Hässleholm ganz im Süden Schwedens. Dort sind im Juli gerade mal 21 Prozent der Betten belegt. Trelleborg, Örebro und Växjö kommen aber auch auf weniger als 40 Prozent. Dabei sind alle drei Orte für schwedische Verhältnisse nicht gerade klein.

Kinoelend

Vor knapp 2 Jahren hatten wir anlässlich des Stockholmer Filmfestivals zwei deren Mitarbeiter bei uns in der Radioshow. In einer Musikpause sagte ich zu einem der beiden, dass ich den Eindruck habe, dass SF Bio, eine Kinokette, den Markt in Stockholm schon sehr kontrolliert. Peinlich war nur, dass der eine Cheftechniker oder so bei SF in Stockholm ist.

Der einzige große Konkurrent von SF, Astoria Cinemas, ist jetzt in Konkurs gegangen. Erst im Mai hatte Astoria einen Teil seiner Kinos an SF verkauft und vollmundig verkündet, dass man nun seine Finanzen gesichert habe. Dem war wohl nicht so.

Das Schlimme ist, dass ich auch ohnedies schon mit meinem Eindruck richtig lag: SFs Übermacht im Kinomarkt ist erdrückend.

Eine kleine Statistik über die Verteilung in Groß-Stockholm:

  • 15 Kinos der Kette SF Bio
  • 7 Kinos der Kette Astoria Cinemas
  • 38 andere Kinos

Auf den ersten Blick ist das also weniger dramatisch. Zu den 15 Kinos von SF Bio gehören jedoch auch 6 Multiplexe wie das sehr zentral gelegene Filmstaden Söder, während die anderen teilweise Besenkammern sind.
Die 38 anderen Kinos bestehen zudem zu Großteilen aus kommunalen Kinos, die wenn überhaupt nur unregelmäßig Filme zeigen. Zwei Museumskinos, eines davon ein IMAX, gehören auch dazu.

Nennenswert sind eigentlich nur:

  • Zita: Alternatives Kino in der Stockholmer Innenstadt
  • Biografen Sture: In der Nähe von Zita, auch alternativ. Hatte vor 2 Jahren sogar mal ein deutsches Filmfestival.
  • Tellus Bio: Anscheinend recht alternatives Kino in Midsommarkransen im Süden Stockholms
  • Bäckmans Bio: Zwei Kinos, die von einem Filmenthusiasten betrieben werden und hauptsächlich Mainstream-Filme zeigen.
  • Bio Forellen: von einem Filmverein in Tyresö betriebenes Kino. Programm ist mir nicht bekannt. Erstaunlich ehrlich sind sie über ihre Besucherzahlen. Laut der Liste auf der Homepage hatten sie im ganzen Jahr 2006 insgesamt 6956 Besucher. Auf der Startseite warnen sie auch gleich, dass der Film nicht gezeigt wird, wenn weniger als 5 Besucher kommen.
  • Eurostar: Kinokette mit insgesamt 15 Kinos, davon 5 in Stockholm. Meist laufen aber nur ein oder zwei Vorstellungen pro Woche in den Kinos.

Also selbst im großen Stockholmer Kinomarkt gibt es abseits der beiden großen Ketten nur ein paar kleine Konkurrenten, die entweder Alternativkino machen oder sich mit dem Konzept eines kommunalen Kinos durchschlagen.

Sollte SF auch den Rest Astorias übernehmen, wäre die Kette Quasimonopolist. Zwar möchte ich mich nicht über SF beschweren – die Preise sind akzeptabel, das Programm ok. Jedoch die Vielfalt wird mittelfristig sicher leiden. Ohne echten Preisdruck wird SF sich sicherlich nicht mehr so sehr um die Kunden bemühen müssen. In Deutschland ist der Kinomarkt zwar auch großkettendominiert, aber es gibt wenigstens mehrere davon und zudem auch erfolgreiche Einzelkinos.

Meine Hoffnungen auf etwas alternativeres Kino, Filmnächte, Open-Air-Kino, billigere Preise und vielleicht die Einführung von Spätvorstellungen schwinden in jedem Fall.

Ja, richtig gelesen: von einem Open-Air-Kino habe ich noch nichts gehört hier, obwohl es der schwedische Sommer – wenn man mal vom diesjährigen absieht – durchaus erlauben würde. Spätvorstellungen scheinen zudem eine deutsche Spezialität zu sein. In ganz Stockholm gibt es jedenfalls nur ein Kino, das Filmstarts ab 22 Uhr und später hat: das Rigoletto – und das gehört ironischerweise zu SF.