Seltsame Mails und das Dilemma der Hilfsbereitschaft

Diese Aktivitäten im Internet haben über die Jahre einige interessante Nebeneffekte erzeugt. Neben der gelegentlichen unerwartete Besucherwelle sind das auch immer wieder unerwartete Kontaktaufnahmen. So erhielt ich neulich eine Mail eines Arztes aus meiner Heimat, der in Schweden in Urlaub machte und sich fragte, welche Schären den besuchenswert seien. Ein anderer Schreiber wies mich auf die Geschichte mit dem schlecht recherchierten Zeit-Artikel hin, den ich hier kürzlich seziert habe.

Ich helfe natürlich gerne, wenn gefragt wird, aber versuche auch, ein waches Auge zu behalten.

Vor zwei Tagen erhielt ich eine Mail, in der ein Mann mir erzählte, er habe eine Schwedin im Urlaub kennengelernt. Sie habe ihm ihre Adresse gegeben, aber er habe sie verlegt. Nun suche er sie und fragt mich, ob ich ihm sagen könne, wie das zu bewerkstelligen sei. Er habe ihre SIM-Karte, denn die habe sie vergessen, und somit auch ihre Telefonnummer.

Auf den ersten Blick gar nicht mal so abwegig das Ganze. Diese Geschichten von Urlaubsliebeleien kennt schließlich jeder. Im Detail wurde ich dann aber doch etwas stutzig. Nicht nur die Geschichte mit der SIM-Karte erschien mir etwas seltsam. Die Mail war zudem an meine private E-Mail-Adresse gerichtet, die hier nicht publiziert ist. Sie ist nicht direkt geheim, aber es ist schon fraglich, wie jemand, der mich angeblich nicht kennen soll, an sie herangekommen ist. Zudem war an der Grußfloskel zu erkennen, dass die Mail aus dem Urlaubsort stammen soll. Es wäre dann also anzunehmen, dass der Schreiber keine großen Ressourcen zur Recherche hat.

Da zögerte ich schon. Ich habe ja keinen Zugang zu irgendwelchen geheimen Daten, aber die Hinweise zu einer erfolgreichen Personensuche wollte ich nicht gleich auf dem Silbertablett präsentieren. Eine Stalking-Gefahr ist vielleicht etwas weit hergeholt, aber man weiß ja nie. Auch war ich mir nicht sicher, ob das Ganze nicht irgendeine Art schlechter Scherz war.

Also fragte ich, woher er die Adresse habe. Antwort: aus einem Forum. Nur bin ich mir ziemlich sicher, dass keines der Foren, die ich besucht habe, diese Daten einfach so weitergeben würde, und ich bin mir auch recht sicher, dass ich die Adresse selbst nicht dort publiziert habe. Selbst wenn sie aus einem Forum wäre: wieso hat der Schreiber nicht einfach in dem Forum die dort aktiven Leute gefragt?

Mir erschien das alles höchst suspekt, und ich habe (höflich) abgelehnt.

Die Antwort an mich endete mit den Worten:

Ach leck mich trottel

Kein Fehler, manchmal skeptisch zu sein.

Nachtrag: die nächste Mail war weitaus freundlicher. Ich konnte sogar die Seite ausfindig machen, die so laxe Sicherheitseinstellungen hat.

Parteinähenteststest

Ich darf den Reichstag nicht mitwählen. Eine aktive Teilhabe an dieser Gesellschaft beinhaltet für mich aber trotzdem, mich mit den Parteien und ihren Zielen auseinanderzusetzen. Zudem darf ich schließlich in Kommune und Län mitentscheiden.

Es wird also Zeit, sich die Themen dieser Wahl anzuschauen und Position zu beziehen. Die Allzweckkeule hierfür ist natürlich der Wahl-O-Mat. Den gibt es in Schweden nicht zentral von einer Stelle, sondern von verschiedenen Anbietern. Was dazu anregt, alle einmal durchzumachen und zu vergleichen.

Mein Ergebnis beim Test von Dagens Nyheter (Ausriss: dn.se)

Der Test von Dagens Nyheter ist recht schlicht. Man hat zu jeder der 28 Thesen zwei ablehnende und zwei zustimmende Optionen. Außerdem kann man wählen, dass man keine Ansicht hierzu hat.

Hier bin ich also Sozialdemokrat, was mich fast etwas überrascht. Vor einiger Zeit habe ich diesen Test schonmal gemacht, und da stand ich bei der Linkspartei hoch im Kurs.

Mein Ergebnis bei Aftonbladet (Ausriss: aftonbladet.se)

Aftonbladet hat bei seinem Test offenbar den Anbieter des EUProfilers gewinnen können.

Er versucht viel mehr ins Detail zu gehen und erlaubt genauere Analysen. Bei jeder der 30 Thesen gibt es zwei zustimmende, zwei ablehnende und eine neutrale Stufe sowie die Möglichkeit, sich nicht zu äußern. Zum Schluss soll man die Parteichefs auf Skalen von 0 bis 10 bewerten – diese Erhebung wird aber getrennt ausgewertet.

Das Ergebnis wird, wie oben dargestellt, auf zwei Achsen gezeigt, so dass man die eigene politische Heimat etwas genauer verorten können sollte.

Wie man sieht, habe ich eine solche nicht. Für die Linken bin ich zu unsozial, für die Rechten zu progressiv. Aber auch hier stehe ich den Sozialdemokraten relativ nahe, wenn man einmal von den Piraten absieht.

Zusätzlich zu dieser Grafik kann man nach Themengebieten getrennt analysieren, welchen Parteien man am nähesten steht. Sogar weitere biographische Angaben kann man machen – darauf habe ich dann aber verzichtet.

Mein Testergebnis von Makthavare.se (Ausriss: makthavare.se)

Auch das unabhängige Politikportal makthavare.se hat wieder einen Test, der gleich prominent auf der Startseite platziert ist. Hier gibt es 26 Thesen, denen man entweder in zwei Stufen zustimmen kann oder sie genauso abgestuft ablehnen kann. Dazwischen gibt es die Option „Weiß nicht“. Nach jedem Thesenklick kann man angeben, wie wichtig einem dieses Thema ist. Auch hier 5 Optionen: zwei Stufen für wichtig, zwei für unwichtig und eine „Weiß nicht“.

Am Ende steht ein Prozentsatz. Laut dem stehe ich also den Grünen nahe, aber auch den Sozialdemokraten und der Feministischen Initiative. Letztere Partei ist für mich immer noch einigermaßen unergründlich. Ursprünglich war das ja eine Abspaltung der Linkspartei. Sie ist notorisch erfolglos, aber erhält nach wie vor nicht unerhebliche mediale Aufmerksamkeit. Weder die ganz linke noch die feministische Ecke ist mein angestammter Platz – trotzdem wurde mir die Partei schon mehrfach bei solchen Tests als zu mir passend ausgespuckt.

Mein Testergebnis beim Wahlportal des Schwedischen Rundfunks (Ausriss: valpejl.se)

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat sich auch nicht lumpen lassen und wartet mit dem Portal Valpejl.se (Wahlpeilung) auf. Neben vielen Details zu allen Kandidaten – u.a. wird aufgelistet, welcher Kandidat am besten verdient – bei dieser Wahl findet sich auch ein Test namens „kompassen“ (Übersetzung nicht notwendig).

Es gibt 50 Thesen zu begutachten. Zu jeder These kann man sagen, ob das ein guter Vorschlag oder ein schlechter Vorschlag ist – mit je 2 Stufen. Weiterhin kann man angeben, dass man nicht antworten möchte. Als Zusatz kann man bestimmte Fragen als Herzensfrage markieren, wenn einem dieses Thema besonders wichtig ist.

Wenn man fertig ist, sieht man ein Resultat wie das obige. Ich finde es betrüblich, dass ich soviel Übereinstimmung mit den Schwedendemokraten habe. Auch hier sind die Sozialdemokraten, Grünen und die Feministinnen gut im Rennen.

Der Clou an diesem Portal ist, dass alle Kandidaten dazu aufgerufen werden, sich auch zu äußern, so dass man individuell die Übereinstimmung überprüfen kann. Hier ist das Bild eindeutig:

Die Kandidaten, die mit mir am meisten übereinstimmen. (Ausriss: valpejl.se)

So stark entfremdet kann ich also von meiner Partei nicht sein.

Offen gestanden erstaunen mich diese ganzen Ergebnisse ein bisschen – dass ich trotz einiger Abweichungen am Ende doch so einmütig den Sozialdemokraten am nähesten stehe, hätte ich nicht gedacht.

Die Frage bleibt wie bei jedem Wahl-O-Mat, ob das wirklich als Wahlhilfe taugt. Schließlich sollte man sich als Wähler mit den Inhalten auseinandersetzen.

Dementsprechend ist der Ansatz des Aftonbladet-Tests sehr löblich, dass er politische Meinung nicht nur als Prozentzahl ausdrücken will. So kann man immerhin einigermaßen ersehen, in welchen Bereichen man welchen Parteien nahe steht. Er zeigt als einziger, dass ich in vielen Dingen zwischen den Blöcken stehe. Bei den anderen Tests besteht hingegen die Gefahr, dass man blind die größte Übereinstimmung nimmt, obwohl eigentlich mit keiner der Parteien etwas gemein hat – das wäre aber natürlich auch der worst case.