Die Philanthropen vom Media Markt

Anzeige von Media Markt: tut uns leid um Onoff, aber wir wollen nichts böses.

Ich habe es nicht erwähnt, weil allerorten zu finden: Onoff, eine der größten schwedischen Heimelektronikketten, ist in Konkurs gegangen. Der Grund ist der harte Preisdruck, der durch die anderen beiden großen im Markt, Elgiganten und Media Markt, entstanden ist.

Das hat mich etwas überrascht, denn Onoff war relativ günstig und hatte eine gute Auswahl, was man z.B. von Siba nicht behaupten kann. Media Markt ist freilich der Buhmann bei der Geschichte, denn erst sie mit ihrer dümmlichen Werbeoffensive haben den Markt umgekrempelt.

Überraschenderweise fühlen sie sich bemüßigt, sich zu rechtfertigen. Heute morgen war obige Anzeige in der Zeitung.

Vor kurzem hat Onoff mitgeteilt, dass man die Firma in Konkurs gehen lässt. Als ein wichtiger Grund wird die harte Konkurrenz in der Heimelektronikbranche angegenen, die erheblich härter geworden ist, seit Media Markt nach Schweden gekommen ist und die Preise […] nach unten gezwungen hat. Das Ergebnis ist, dass Schweden heute zu den billigsten Ländern in Europa im Einkauf von Heimelektronik gehört. Das ist zum Vorteil der Verbraucher […]. Wir bedauern jedoch, dass Onoff in Konkurs gehen musste und wollen helfen, die Folgen für Kunden und Angestellte so gering wie möglich zu halten.

Media Markt kann Ihnen mit Garantiefällen helfen. Auch wenn Sie bei Onoff gekauft haben.

[…] Wir bieten eine kostenlose Abwicklung von Garantiefällen durch unser Servicesystem an, so dass Sie den Hersteller nicht selbst aufsuchen müssen. […]

Wir wachsen rasend schnell. Vielleicht wollen Sie bei uns arbeiten?

Seit Media Markt im Jahr 2006 nach Schweden kam, sind wir in fünf Jahren von 0 auf 20 Filialen gewachsen. Bis Ende des Jahres werden wir 4 weitere Filialen in Schweden eröffnen. Wir werden natürlich fähige und nette Menschen […] brauchen. Arbeiten Sie heute bei Onoff und gefällt es Ihnen in dieser dynamischen Branche […], dann sollten Sie vielleicht von Sich hören lassen. Schicken Sie gerne Ihre Bewerbung über mediamarkt.se.

Gut zu wissen

Media Markt hat ein größeres Sortiment und etwas mehr Personal als in der Branche üblich […] Wir möchten den Kunden geben, was sie brauchen und wünschen, nicht was wir loswerden wollen. Ein überzeugter Kunde kommt wieder, ein überredeter Kunde tut das nicht.

Media Markt

Die Botschaft höre ich wohl, alleine fehlt mir ein bisschen der Glaube. Eine Firma, die agressives und den Intellekt beleidigendes Marketing zu ihrer Unternehmensphilosophie gemacht hat, kann sich nachher nicht als Unschuldslamm hinstellen. Eine internationale Kette wie Media Markt kann in einem Land jahrelang ohne Risiko für das Gesamtunternehmen an der Dumping-Grenze wirtschaften. Es ging von Anfang an darum, mit möglichst viel Krawall die Leute anzulocken und sich einen fetten Marktanteil abzugreifen, bis die kleineren Marktteilnehmer die Segel streichen und nur noch ein Oligopol übrig ist.

Man kann einem Löwen nicht vorhalten, dass er Zebras frisst. Aber deswegen muss man ihm noch lange abkaufen, dass das alles ein Versehen ist und er alle lieb hat.

WM-Gucken auf Schwedisch


Ausschnitt: TV4
Ich habe mich getäuscht: die WM findet in Schweden Aufmerksamkeit, und gar nicht mal wenig davon. Alle Partien werden frei empfangbar übertragen, und zwar auch per Livestream. Die Zeitungen kommentieren die Spiele zudem nicht zu knapp.

Es ist mittlerweile meine zweite WM hierzulande, und das dritte große Fußballturnier insgesamt. Schwedisches Fußballvokabular ist also nicht mehr vollkommen fremd, und auch nicht, dass die Kommentatoren mit großer Begeisterung jedes Tor bejubeln, obwohl ihr eigentliches Team in der Qualifikation gegen Dänemark und Portugal scheiterte.

Ein paar Besonderheiten fallen aber doch ins Auge. So lässt sich die Werbeindustrie durch nichts beirren und zeigt – wie vermutlich überall auf diesem Planeten – stark verstärkt Fußballwerbung, wobei man die (zwangsläufig in Südafrika abwesenden) schwedischen Fans gerne trotzdem zeigt. Als alter Media-Markt-Nerd ist für mich jedoch noch interessanter, dass „Media Markt“ den deutschstämmigen Fußballtrainer Peter Antoine reaktiviert hat und das erste Mal seit geraumer Zeit wieder eine Kampagne mit ihm fährt. Wie immer ist mit feinsinniger Kunst nicht zu rechnen, was ich dieses Mal sogar durch obiges Video illustrieren kann. Ich sollte unbedingt seine weiteren Werbespots sehen.

Ebenso augenfällig, aber sicherlich etwas mehr augengefällig ist die Expertenrunde des schwedischen Fernsehens. Die sieht nämlich öfters mal so aus:


Ausschnitt: SVT

Da müssen die Damen also nicht irgendwas von Reichsparteitagen daherfabulieren, um mal wahrgenommen zu werden. Sie werden sogar nach ihrer (Expertinnen-)Meinung gefragt. Man traut ihnen also zu, nicht nur Fußballer zu befragen, sondern sogar selbst etwas von Fußball zu verstehen. Das nenne ich mal Fortschritt. Demnächst dürfen Frauen vielleicht sogar wählen.

Das Spiel heute wird übrigens mittels modernster Technik in der Uni betrachtet. DVB-Stick an Verstärkerantenne gekoppelt, durch den Laptop an den Projektor angeschlossen – und als Backup Livestream über das WLAN. Vor 4 Jahren noch schwierig bis undenkbar.

Gelber Strom

Yello Strom

Nach Media Markt schickt sich eine weitere deutsche Firma an, auf dem schwedischen Markt Fuß zu fassen. Glücklicherweise handelt es sich um eine mit etwas weniger fragwürdigen Geschäftspraktiken und Marketinggebaren.

Es handelt sich um Yello Strom, eine Tochter der EnBW. Die Webseite verspricht die Kilowattstunde für 88,47 Öre. Das ist anscheinend weniger als bei der Konkurrenz. Interessant finde ich die Dynamik des Ganzen – während in Deutschland der Strommarkt nach euphorischen Anfängen irgendwie vollkommen eingeschlafen ist, scheint es hier in Schweden erst loszugehen. Im letzten Jahr machte wiederholt die Firma Kraft&Kultur Werbung für ihren grünen Strom. Während ich mich irgendwie an Name und Optik des Firmenlogos störte, weil es mich irgendwie an „dunkle“ Zeiten erinnert, klagten die großen Playern des Markts erfolgreich gegen die Werbung. Grund war wohl die negative Darstellung der Konkurrenz, die auf sehr düsteren Plakaten als Lieferanten schmutziger Energie dargestellt wurden. Dann wurden die Namen mit unterschiedlichen kleinen Zusatzzetteln überklebt, auf denen „Schwedens größter/zweitgrößter/drittgrößter Energieliefeant will nicht, dass sein Name hier steht“ stand. Die so angeschwärzten Top 3 waren vermutlich E.ON, Vattenfall und Fortum, aber ich erinnere mich nicht genau an die Plakate vor der Überklebeaktion.

Nun kommt also auch noch Yello Strom. Es ist übrigens eine schon leicht komische Wendung, dass sich die Konzerne gegenseitig im Revier wildern. Während Vattenfall große Teile Deutschlands beliefert, sind E.ON und nun auch indirekt die EnBW in Schweden vertreten.

Nachdem ich die Plakate entdeckt hatte, interessierte mich aber spontan am meisten, ob Yello Strom hierzulande nicht „Yello Ström“ heißt. Hier ist man aber bei dem deutschen „Strom“ geblieben – es wäre auch grotesk, wenn der ohnehin schon nur halbdeutsche Firmenname auch noch halbschwedifiziert würde.

Peter Antoine

Unbedarfterweise habe ich ja bislang angenommen, dass der von Media Markt seit längerem eingesetzte WerbeträgerPeter Antoineeine Kunstfigur ist, die einen Deutschen darstellen soll.

Nach einem Hinweis in den Kommentaren zu meinem letzten Beitrag habe ich doch noch einmal genauer nachgeschaut. Ich lag ziemlich daneben.

Durch quasi nichtexistenten Fernsehkonsum war mir beispielsweise nicht bewusst, dass Peter Antoine eine kleine Berühmtheit ist in Schweden. Eine Kunstfigur ist er auch nicht.

Der Mann ist Fußballtrainer. Nun mag man sich fragen, ob man von ihm trainiert werden will, aber eine seiner Stationen als Trainer war die „Assyriska Föreningen Södertälje„, ursprünglich ein Einwandererfußballverein, der es vor zwei Jahren sogar in die oberste Liga schaffte. Ich konnte auf die Schnelle nicht herausfinden, unter wessen Anleitung dieser Erfolg gelang, aber ich vermute einmal, dass es nicht Peter Antoine war.

Das alles hat ausgereicht, um ihn zum Fußballexperten bei TV4 und TV5 (in der Sendung „Tipsextra“) zu machen – ersteres ist sozusagen das RTL Schwedens. Dort gab er anscheinend Bewertungen und Prognosen zum europäischen Spitzenfußball zum besten. Wie es auch mit Jürgen Klopp war, war es wohl auch mit Peter Antoine: man hat ihn nicht eingeladen, weil er schon so wahnsinnig bekannt war, sondern er wurde erst durch seine Originalität richtig bekannt.

Für das sorgte wohl alleine schon sein Äußeres – Schnauzbart und getönte Brille sind in dem Fall wohl das Pendant zu Günter Netzers Haarpracht.

Viel mehr trug allerdings sein Redestil bei. Zum Einen klingt er wohl nicht richtig schwedisch, zum Anderen verwendet er inflationär viele Wörter, die man im Fernsehen eigentlich vermeiden sollte. Dies muss so ausgeprägt sein, dass seine Imitatoren jeden Satz mit „jävel“ (verdammt), „förbannad“ (sauer, erbost), „skit“ (scheiße) und „fan“ (eigentlich „Teufel“, aber im Wesentlich ein Fluchwort) ausschmücken.

Einer seiner notorischen Auftritte war in einer Debatte darum, ob man wegen der ganzen Prostitution die WM in Deutschland boykottieren solle. Er wurde gegenüber dem Gleichstellungsbeauftragten des schwedischen Reichstags ausfällig, benutzte Schimpfwörter und befürwortete stark die Legalisierung von Prostitution in Schweden. Das kam vermutlich nicht so wahnsinnig gut an.

Man kann sich grob vorstellen, wie er als Fußballexperte auftritt: selten positiv – eine weitere Parallele zu Netzer – nur dass er niemals so gut gespielt wie dieser und natürlich jenseits jeder Höflichkeit. Vielleicht sollte ich mir das doch einmal anschauen.

Das alles dürfte einigermaßen erklären, wieso man bei Mediamarkt einen solchen Werbeträger haben wollte. Er macht einfach genug Krawall, um entsprechende Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Offenbar ist die Schmerzgrenze auch dann nicht überschritten, wenn man ihm einen Professorenhut aufsetzt und ihn dümmliche IQ-Tests präsentieren lässt.

Die finale Frage bleibt aber: wieso verkörpert er Deutschenklischees?

Die Antwort ist einfach, denn er wurde (laut seines schwedischen Wikipedia-Artikels) 1944 in Essen geboren, ist mit Åsa Antoine (dem Vornamen nach zu urteilen ursprünglich von hier) verheiratet und lebt heute im südschwedischen Sölvesborg. Wie lange er oder ob er überhaupt jemals längere Zeit in Deutschland gelebt hat, geht aus dem Artikel leider nicht hervor.
Tja, liebe Landsleute, manche unserer eigenen Promis kennen wir selbst nicht. Irgendwie können wir da auch ganz froh sein.

PS: Um den Herren Klopp und Netzer kein Unrecht zu tun, möchte ich noch anmerken, dass die beiden ausschließlich bei Länderspielen zum Einsatz kommen. Peter Antoine hingegen ist anscheinend da im Privatfernsehen präsent, wo man ihn gerne haben möchte. So hat er beispielsweise auch bei der Reality-TV-Sendung „FC Z“ mitgemacht, in der es darum ging, aus 15 Nerds eine Fußballmannschaft zu zimmern.

Platt-TV

Media Markt

Media Markt beglückt die Schweden einmal wieder mit ihrem nicht gerade sonderlich fotogenen Pseudodeutschen „Peter Antoine“. Da man sich bei der Firma traditionell der Volksverblödung verpflichtet fühlt, lautet die Frage auch:

Schaffst du Peter Antoines IQ-test?

Was ist mehr Unterhaltung?

A. Ein Bauchredner
B. Ein Flachbildfernseher

Gefolgt ist das Ganze natürlich von allerlei Angeboten zur Antwort B. Der Slogan der Firma ist übrigens „Plötsligt känns allt annat ganska puckat“. Leider konnte ein Blick ins Wörterbuch nicht klären, was „puckat“ heißt, aber der Rest bedeutet „Plötzlich wirkt alles andere ziemlich …“

Wenigstens haben sie die Werbung mit dumpfen Deutschenklischees eingestellt. Das ändert aber nichts daran, dass die erwähnten Produkte natürlich nicht immer wirklich so billig sind, wie Media Markt behauptet. Eine interessante Statistik zum Thema Verbraucherpreise hat übrigens Thomas entdeckt. Dort sieht man deutlich, dass Schweden zwar für skandinavische Verhältnisse moderate Preise hat, die aber trotzdem alle deutlich über dem EU-Schnitt liegen – das widerlegt in weiten Teilen auch die sich breit machende Ansicht, dass in Schweden die Preise kaum höher wären als in Deutschland. Schon die 25% Mehrwertsteuer sorgen dafür, dass das nur selten der Fall ist.

Einen Flachbildfernseher hat übrigens auch Kronprinzessin Victoria zu ihrem gestrigen 30. Geburtstag von der schwedischen Regierung geschenkt bekommen. Etwas größeres wäre wohl als Verschwendung angesehen worden.

Uiuiui

Hoch, runter, links, rechts – Masterarbeit, Relativitätstheorie, Sittensen und jetzt tritt auch noch Merz zurück. Man hat es wirklich nicht leicht.

Eigentlich hatte ich so viel vorbereitet gehabt, aber da ich derzeit etwas fleißig bin, kam das Schreiben zu kurz.
Daher kommt nun die Kurzfassung:

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Dieser komische Typ aus der Media Markt-Werbung, der anscheinend einen Deutschen darstellen soll, bekommt jetzt auch noch einen Namen: Peter Antoine – Gott allein weiß wohl, wie sie darauf gekommen sind. Er sagt übrigens: „Wenn ich diese Angebote verpasse, werde ich saurer als Tante Helgas Sauerkraut.“

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Geradezu aufgeräumt wirkt da diese Meldung aus der U-Bahn-Zeitung „City“ von letzter Woche: das Bild ist einfach grau, die Schlagzeile eher schwarz: „Milde Strafen für Totschlag“

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Viel erfreulicher hingegen diese Meldung – SL hat ja kürzlich SMS-Tickets eingeführt. Man schickt eine SMS an eine bestimmte Nummer, und erhält dafür eine Nahverkehrskarte als SMS zurück. Dieser Bericht handelt davon, dass man da leicht bescheißen könnte. Wie dieser Betrug allerdings vonstatten gehen soll, bleibt unbekannt.

Mein aktueller Gewichtsstand hat die 97 kg unterschritten und war auch schon unterhalb der kritischen Grenze von 96,1 kg (das entspricht bei mir Body-Mass-Index von 30). Natürlich muss das noch weitergehen, denn schon im März ist mein erster Lauf.

Zum Abschluss das Wetter (in diesem Zusammenhang auch interessant): nach einigen Tagen mit Ekeltemperaturen um die 0°C (alles nass, alles rutschig) hatten wir gestern dann wieder etwas Schnee und heute -5 °C. Der Winter bleibt trotzdem eine Enttäuschung. Meinen Thermometer habe ich kürzlich auf Reset gesetzt, um Höchst- und Tiefsttemperaturen zu messen. Bisher war die Spanne zwischen 5,1 °C und – 10,8 °C – das ist in der Tat etwas dürftig für einen schwedischen Winter.

Bananen-Blues

7 Tage und kein Post – ist er etwa krank? Vor der Kanalküste in Seenot geraten? Von Kyrill auf die Schären geweht worden?

Nichts von alledem. Meine üblichen Themen haben mich in den letzten Tagen nicht inspirieren können, etwas hier zu schreiben. Dass Mona Sahlin beispielsweise neue Parteichefin der Sozialdemokraten wird, hat mich weder überrascht, und meine Meinung (wird eh nie Regierungschefin) hatte ich dazu schon kund getan. Auch dass die Regierung Reinfeldt ordentlich an Zustimmung verloren hat, ist auch kaum mehr als eine halbinteressante Zwischenstandsmeldung. Nicht mal zur eventuellen Freilassung von Mohnhaupt und Klar habe ich eine fundierte Meinung. Die Winterlethargie ist eingekehrt.

Zugegebenermassen war ein Beitrag schon fast fertig, als der Browser abstürzte. Die Unbillen, die man als Blogger auf sich nehmen muss, sind schon gigantisch.

Media Markt-Kampagne

„Hat Media Markt die grösste Auswahl? Ist der Ball und der Knödel rund?“ – Media Markt-Werbung war auch schonmal weniger klischeehaft und dämlich

Apropos Unbillen – das Wetter wird langsam winterlich. Ich sitze gerade in Kista und friere mir ein bisschen den Hintern ab. Draussen hat es lauschige -8 Grad, letzte Nacht sogar mal -10. Das wird wohl auch noch eine Weile so bleiben. Grund zum Beschweren habe ich eigentlich aber nicht, denn Stockholm ist momentan schön weiss.

Auch sonst ist es mit der Lethargie nicht so weit her. Ich mache schön meinen Relativitätstheoriekurs und schreibe meine Masterarbeit, letzteres aber deutlich weniger erfolgreich bislang, weil sich das Schreiben doch recht zäh gestaltet.

„Kulturell“ geht dafür einiges. Letzte Woche Mittwoch hatte ich Thilo von DASDING, der jetzt auch ein Semester in Stockholm verbringt, angekündigt, wir würden zur grossen Austauschstudentenparty ins Allhuset auf dem Uni-Gelände gehen. Letztendlich war er der einzige, der drin war. Alle anderen haben nach einer Stunde Wartezeit im strömenden Regen aufgegeben. Donnerstag dann haben wir uns MacBeth auf Schwedisch gegönnt. Nicht, dass wir viel verständen hätten, aber schlecht wars nicht.

Derzeit bin ich am munteren Planen für zukünftige Unternehmungen. Ein ursprünglich geplanter Trip ins winterliche Kiruna (derzeit so lauschige -25 Grad) kommt wohl nicht mehr zustande, dafür werden wir die 80er-Pop-Grössen von Alphaville auf einer Fahrt nach Åland im März begutachten. Im Mai geht es dann gleich wieder nach Deutschland.

Was im Sommer passieren wird, ist hingegen vollkommen offen. Ich schreibe schon Bewerbungen und strecke meine Fühler aus. Vom wissenschaftlichen Redakteur bis zum Busfahrer ist jedenfalls alles drin.

Und warum heisst dieser Artikel „Bananen-Blues“ – nun, die gelbe krumme Frucht ist derzeit mein Hauptnahrungsmittel. Auf diese Art bin ich schon rund 3,5 kg losgeworden, wonach ich aber leider immer noch stark im übergewichtigen Bereich liege. Trotzdem bin ich eisern und werde morgen auch wieder trainieren. New York, ich komme 🙂

Sülze

Alles wird schlechter.

Bei LIDL sind die Regale dünn bestückt – Milch und Joghurt gibt es nicht, Kartoffeln nur in 10-Kilo-Säcken. Im Regal mit den eingelegten Oliven steht ein reichlich verschimmeltes Glas in der ersten Reihe. Ich komme mir vor wie auf einer Hamsterfahrt in den 40er-Jahren. Damals hat man den Schimmel aus der Not heraus einfach oben abgehoben – da kann man das heute wenigstens im Regal stehen lassen. Man soll ja nicht meckern. Wenigstens sind die leckeren Pilzmischungen und der Spinat nicht aus.

Auf dem Rückweg schmieren meine Scheibenwischer derart, dass wir einen Boxenstopp bei der Tankstelle einlegen. Wir rätseln zuvor, was wohl Scheibenwischerblätter auf Schwedisch heissen mag. Den besten Vorschlag, den wir haben, ist „fönsterputsare“. Ich kann dank meiner familiären Vorbildung an einem Auto das Öl, die Reifen und auch einige Lampen wechseln – aber beim Scheibenwischer versage ich kläglich. Ein Trauerspiel.

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Die letzte Media Markt-Kampagne „So billig, dass mir die Bratwurst im Hals stecken blieb“

Später auf dem Weg zu Anita: meine Nahverkehrskarte, die ich am gleichen Morgen für teures Geld (600 SEK = 65,92 €) gekauft habe, ist verschwunden. Ich fahre trotzdem los, kehre dann aber dann nochmal um. Es stürmt, Erinnerungen an Lothar kommen auf. Ich kaufe eine neue Karte.

So bin ich innerhalb eines Tages 220 € losgeworden – und was habe ich davon? Nicht viel, aber immerhin ein LIDL-Fondueset.

Weil der gestrige Tage also nur mittelmässig war und SL daran stark beteiligt war, ist der allseits beliebte Stockholmer Nahverkehrsverbund heute auch meine Bashing-Zielscheibe.

Treue Leser werden sich erinnern: bei SL gibt es bislang keine Automaten, so dass ABMler am U-Bahnhofseingang Tickets verkaufen müssen. Machen die dann Pause, geht SL mehr Geld durch die Lappen als dieser Mensch überhaupt in der Stunde verdient. Sinnigerweise will man jetzt auch noch aus Sicherheitsgründen den Fahrkartenverkauf in Bussen verbieten.

Als ich nach Schweden kam, kostete eine Einzelfahrt im SL-Netz 40 kr (ca. 4,39 €). Dann senkte man diesen Irrsinnspreis auf 20 kr ab. Für Mehrfahrer gab es Abstempelkoupons, so dass man bei Kurzfahrten mit rund 14,50 kr davon kam. Letztes Jahr im Mai hatte man auch die sogenannte „enhetstaxa“ eingeführt – ein Fahrpreis für alle Fahrten innerhalb des SL-Gebiets. Dadurch wurden zwar die Karten leicht teurer – Koupons kosteten jetzt 18 kr – dafür wurde aber das System erheblich einfacher und im Schnitt auch billiger. SL kostete die Aktion allerdings 100 Millionen Kronen pro Jahr. Geld, das sie natürlich nicht haben.

Planka.nu demonstranter

Die U-Bahn-Zeitung Metro heute mit einem Bild von planka.nu-Demonstranten, die gegen die neuen Preise demonstrieren

Soweit, so gut – eigentlich konnte man damit schon einigermassen leben. Die neue Preispolitik ab diesem Jahr macht damit aber Schluss. Einzelfahrten kosten ab 29. Januar wieder 40 kr. Wenigstens bemüht man sich um eine halbwegs anständige Begründung: die vielen Käufer von Einzelfahrkarten hätten zu Schlangen am Einkaufsschalter und beim Busfahrer geführt, und damit letztendlich auch zu Verspätungen.

Daher beglückt man die Stockholmer auch mit wenigstens einer wirklichen spannenden Neuerung: ab 29. Januar kann man Einzelfahrkarten auch per SMS kaufen – und dort kosten sie nur 26 kr. Ausserdem werden als Vorboten eines neuen Fahrkartenautomatensystems namens SL Access – man lese und staune – Fahrkartenautomaten aufgestellt.

Zu früh sollte man sich allerdings nicht. Der Einheitsfahrpreis ist ab 1. April Geschichte, wenn ein neues Zonensystem eingeführt wird. Dann gibt es zwar nur 3 Zonen, nicht wie früher 5, aber eine Einzelfahrt ist dann sogar bei im voraus gekauften Mehrfachfahrkarten bis zu 40 kr teuer. Einzelfahrten werden dann zwischen 26 kr und 52 kr kosten. Die Monatskarten werden dann 620 kr kosten – ich sollte sie also tunlichst nicht verlieren. Der Studentenrabatt ist anscheinend auch vom Tisch. Immerhin: der Fahrkartenverkauf in Bussen wird auch bis April weitergeführt.

I have to admit it’s getting better, it’s getting better all the time…

ÖPNV-Wunderland

Neue Kampagne Media Markt (1)

Die neue Media Markt-Kampagne – Übersetzung eigentlich unnötig

SL, seines Zeichens Nahverkehrsverbund für ganz Stockholms Län, ist in vieler Hinsicht einzigartig.

Er ist beispielsweise ein Kabinett der Absurditäten. Obwohl die Züge der U-Bahn hochmodern sind und so langsam wohl auch der allseits verhasste Nahverkehrszug Pendeltåg unter neuer Führung ab und an pünktlich kommt, leistet man sich allerhand Anachronistisches. Vor allem gibt es keine Fahrkartenautomaten – ja, diese nicht gerade moderne Einrichtung hat Stockholm noch nicht erreicht. Den Verkauf von Einzelkarten nehmen dann Leute in den Kabinen am Stationseingang vor. Zwar will ich meine Partei hier nicht anschwärzen, aber mir kommt es manchmal so vor, als seien diese Arbeitsplätze das Ergebnis einer verzerrten sozialdemokratischen Philantropie. Denn man scheint bewusst einiges in Kauf zu nehmen, um diese Jobs zu erhalten – koste es, was es wolle, im wahrsten Sinne des Wortes.
Wenn beispielsweise ein solcher Fahrkartenverkäufer Pause macht – und das kommt meiner Einschätzung nach ziemlich oft vor – dann kann jeder die Sperre vor ihm ganz offiziell passieren, ohne ein Ticket kaufen zu müssen. Es ist die amtliche Absegnung der Schwarzfahrerei. Ohne zu übertreiben kostet so eine 10minütige Pause den SL mehr, als dieser Mitarbeiter in der Stunde verdient. Hinzu kommt, dass diese Leute auch nicht gerade ein Beitrag zum Service sind. Drückt irgendein Idiot am Wochenende auf den „Nödstopp“ der Rolltreppen, so bequemt sich dieser nicht etwa mit dem entsprechenden Schlüssel hin und wirft das Gerät wieder ein an. Nein, notfalls steht sie es bis Montagmorgen.
Ebenso seelenruhig schauen sie auch zu, wenn Schwarzfahrer die elektronischen Sperren überspringen. Noch schlimmer ist es, wo es solche Sperren gar nicht gibt und sie die Fahrkartenkontrolle direkt übernehmen. Schwarzfahren kann man hier eigentlich immer, wenn man sich nicht allzu blöd anstellt.

.SE Reklam Pamuk

Die Domainendung .se ist in Schweden nicht allzu beliebt – .nu und .com werden nämlich sehr gerne genutzt. Daher macht man jetzt Werbung für .se-Domains und nimmt dazu auch gerne den aktuellen Literaturnobelpreisträger zu Hilfe. Ich nehme allerdings nicht an, dass der diese Woche Busse fahren wird.

Sicherlich kann man ihnen die letzteren beiden Dinge im Interesse ihrer eigenen Sicherheit nicht wirklich vorwerfen. Dennoch stellt man sich die Frage, was diese Menschen mehr tun als ein Fahrkartenautomat mit Abstempelfunktion. Man kann bei ihnen ja nicht mal alle Fahrkartensorten erwerben. Ausser 10er-, 20er- und Einzeltickets gibt es bei ihnen nämlich nichts zu kaufen – den Verkauf von Dauerkarten aller Art übernehmen Kioske.
Es gibt übrigens einen Pilotversuch für die Einführung von Fahrkartenautomaten – diese verkaufen aber nur Dauerkarten.

Der Gipfel der Absurdität kommt in der aktuellen Debatte um die Busfahrer. Die wurden in der letzten Zeit nämlich des Öfteren ausgeraubt, was schon einmal kurzzeitig zu der Massnahme führte, dass sie keine Karten mehr verkaufen durften, um keine Geldbestände an Bord zu haben. Ab 1.1.2007 ist das nun auch der Dauerzustand: Karten gibt es an Bord nicht mehr. Ein paar hellen Köpfen bei SL und den regionalen Behörden ist nun dann auch schon gedämmert, dass man dann ja nirgendwo mehr Karten kaufen kann, es sei denn, ein Kiosk ist unmittelbarer Nähe der Haltestelle.

Manchmal scheint es mir nicht verwunderlich, dass die Monatskarte über 60 € kostet.

Für manche Dinge kann der SL aber wenig. Als im Frühjahr der Versuch zur Gedrängesteuer („Trängselskatt“) genannten Stadtmaut für Stockholm lief, wurden die Einnahmen daraus direkt in den öffentlichen Nahverkehr gepumpt. Heraus kamen u.a. eine Menge Buslinien, die zur Kenntlichmachung mit einem X versehen wurden. Das erweiterte Budget für 2006 konnte wegen des Machtwechsels nicht mehr gesichert werden. Dementsprechend fallen die X-Linien von 151X bis 815X dem Rotstift zum Opfer. Die kürzen Intervalle der U-Bahn bleiben aber glücklicherweise erhalten – wenn sie denn nicht von technischen Problemen geplagt ist.

Die neue Regierung hat auch schon erste Massnahmen beschlossen. So soll im nächsten Jahr eine verbilligte Monatskarte für Studenten eingeführt werden (endlich!). Dafür wird aber die reguläre Karte teurer und das Zonensystem für die Tarife der Einzelfahrkarten wird auch wieder eingeführt.

Richtig weit vorne ist SL in Sachen Umwelt. Sie machen derzeit Werbung mit dem hier:

SL Biogas (1)

SL Biogas (2)

Darauf bedankt sich SL bei all denjenigen, die kürzlich Sushi, Köttbullar usw. gegessen haben. Der Grund: aus den Abwässern Stockholms wird Biogas gewonnen, mit dem die Biogasbusse fahren.
Na dann Guten Appetit!

PS: Der Anlass dieses Artikels ist meine heutige Busfahrt hierher, auf der ich diese Fotos geschossen habe.

Selbstkritik

Irgendwas mache ich falsch – vermutlich alles. So gibt es diesen Bericht heute im Spiegel zu lesen – man beachte meinen letzten Eintrag. Ich hingegen schaffe es nicht einmal in eine Lokalzeitung. Tja, meine große publizistische Offensive ist fürs erste steckengeblieben. Vielleicht fällt mir ja noch etwas ein.

Wenn ich nicht ab morgen vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten bin, denn es sind böse Unwetter zu erwarten. Schlimmer noch: höchstwahrscheinlich sitze ich auf einer Ostseefähre nach Helsinki, während es richtig losgeht. Ich halte schonmal einen Eimer bereit. Forrest Gump lässt grüßen.

Weitere Meldung dieser Woche: Svenska Dagbladet hat exklusiv festgestellt, dass Media Markt scheiße, weil in Wirklichkeit gar nicht billig sondern teuer ist. Das überrascht mich ehrlich gesagt wenig – warum sollte Media Markt hier in Schweden seine Kunden weniger bescheißen als zuhause.

Auf besagten Sextagen war ich übrigens nicht. Stattdessen habe ich mich schon einige Male in das Fitnessstudio von Lappis begeben. Seither habe ich einen Muskelkater als Haustier. Erstaunliche Effekte hat es auf alle Fälle: plötzlich laufe ich meine Standardrunde über 2 Minuten schneller. Kann natürlich nur Placebo sein, aber mal etwas anderes zu trainieren als nur die Beinmuskeln ist vielleicht auch keine blöde Idee.