Swedish Television

Ein von vielen Ausländern geschätzter Aspekt des schwedischen Fernsehens ist es, dass es in weiten Teilen englischsprachige Programme sendet, die dann untertitelt sind. Da viele Austauschstudenten nicht wirklich darauf aus sind, schwedisch zu lernen, ist das natürlich sehr bequem.
Schweden war noch nie ein großer Markt, so dass sich Synchronisation nicht lohnt und sich stattdessen die Untertitel durchsetzten. Ich habe schon lange Debatten mit Deutschen darüber geführt, was nun besser ist, und bin immer noch voller Überzeugung, dass Deutschland die Abschaffung der Synchronisation gut täte. Sie ist nicht nur ein Verbrechen an dem Kunstwerk Film, sondern verfälscht die Übersetzung. Nebenbei können die Schweden hervorragend englisch und werden im Gegensatz zu den Deutschen auch einmal gezwungen, zu lesen, was sich in Sachen PISA positiv auswirken dürfte.

Das schwedische Fernsehen ist freilich nicht nur untertitelt, sondern ab und zu auch auf schwedisch.
Allerdings überrascht eine aktuelle Untersuchung von Svenska Dagbladet schon etwas:

  • 58 Prozent des Programms in den 16 größten schwedischen Kanälen sind auf englisch.
  • Stolze 44 Prozent der Sendungen stammen aus den USA.
  • Weniger überraschend: das werbefreie öffentlich-rechtliche Fernsehen liegt mit 85 Prozent schwedischen Sendungen an der Spitze.
  • Trotzdem ist dort auch der Anteil schwedischer Sendungen in den letzten Jahren gefallen.
  • Schlusslicht unter den Vollprogrammen ist TV3, wo gerade einmal 12 Prozent des Programms auf schwedisch ist.
  • Noch extremer treibt es „TV4 Komedi“ – dieser Kanal hat im überwachten Zeitraum kein einziges schwedisches Programm ausgestrahlt.

Die Gründe dafür sind offensichtlich. Seit Privatfernsehen Einzug gehalten hat, suchen die Kanäle nach der billigstmöglichen Art, Programm zu machen, das auch Zuschauer anzieht. Also werden massenweise amerikanische Serien eingekauft, deren Lizenz auf Schweden beschränkt ist und die damit entsprechend billig sind. Die Übersetzung von einer Folge kann dann selbst ein Praktikant an einem Arbeitstag machen, und schon ist das ganze sendefertig.
So ist es nicht verwunderlich, dass Sendungen wie COPS, Oprah Winfrey und Dr. Phil laufen – allesamt freilich ohne jeden Wert für Schweden, aber spottbillige Lückenfüller. Aus dem gleichen Grund werden wohl auch große Serien wie Grey’s Anatomy zu mehreren Tageszeiten immer wieder durchgenudelt.

Dazu passt denn auch, dass Kanal5 55 Prozent seines Produktionsbudgets für Eigenproduktionen ausgibt, aber diese letztendlich nur 14 Prozent des Programms ausmachen – der Rest ist einfach so viel billiger.

Man macht also Programm, indem man wenig selbst produziert und viel zu Festpreisen einkauft. Ob ich das gut finden soll, weiß ich nicht, aber wenn ich mir überlege, mit welchen kulturellen Perlen RTL2 die Zuschauer beglückt, kann es so schlimm nicht sein.

Der Ghost Rider

Schon vor zwei Jahren sprach mich ein Kollege von DASDING auf den „Ghost Rider“ an. Es handelt sich dabei um einen Stockholmer, der mit stark getunten Motorräder in irrsinniger Geschwindigkeit (soll heißen 250+ km/h) auf den Straßen rund um die Stadt herumheizt und sich dabei filmen lässt. Die Polizei konnte ihn noch nie kriegen, was wohl bei der Geschwindigkeit auch kein Wunder ist. Interessant ist dabei allerdings, dass dies in den schwedischen Medien bislang keinen Niederschlag findet. Weder bei DN noch bei SvD oder The Local konnte ich etwas dazu finden. Dafür hat ihn jetzt ein Team von SPIEGEL TV besucht.

Ausgebloggt

Der SPIEGEL wartete heute mit einem Artikel über das Ende von „Att vara Alex Schulman“ („Alex Schulman zu sein“) auf. Es handelte sich dabei um Schwedens vermeintlich populärstes Blog. Zwar habe ich es mir nie zu Gemüte geführt, aber die Reaktionen auf die dort veröffentlichen Texte blieben auch mir nicht verborgen. Rainer kritisierte die verschiedenen Blogs der Familie Schulman vor allem wegen ihrer Ignoranz, Sexismus und Snobismus. Im SPIEGEL-Bericht werden vor allem die ganzen Stänkereien gegen alles und jeden erwähnt. Zu den „Highlights“ gehörten u.a. die pauschale Beleidigung des Dialekts im südschwedischen Schonen, was sogar auf Ministerebene diskutiert wurde. Alles ziemlich unsympathisch, was es da so zu lesen gab.

Irgendwie passt es aber auch zu den Schweden, dass in einer auf Gleichheit und Toleranz bedachten Gesellschaft die Faszination für solche asoziale Ausfälle besonders groß ist.

Nun ist es aber aus – Schulman hat die Einstellung des Blogs angekündigt und gibt sich als reuiger Sünder, der das ja alles gar nicht so gewollt habe. Ob das der Wahrheit anspricht, kann zumindest bezweifelt werden.
Das Satiremagazin Faktumé vermeldete jedenfalls, dass nun durch die Einstellung des Blogs soviel Arbeitszeit in Schwedens Büros frei werde, dass die Produktivität steige und somit viele Mitarbeiter nicht mehr benötigt würde. Eine steigende Arbeitslosigkeit sei die zu erwartende Folge.

Da ist wohl mehr dran, als man zunächst meinen könnte.

Im Osten nichts Neues

Die Enttäuschung kam schleichend. Das nordkoreanische leicht (um nicht zu sagen sehr) propagandistisch angehauchte Blatt „The Pyongyang Chronicles“ ist mittlerweile anscheinend eingestellt worden. Seit Oktober hatte ich meine neue Lieblingszeitung, wie ich sie gerne nannte, verfolgt, und der stetige Fluss von neuen Nachrichten versiegte letztendlich im Dezember. Heute ist das vormalige Magazin nur noch eine Ruine.

Die Frage nach dem Warum stellt sich normalerweise nicht, denn die Urheber und deren Motive bleiben normalerweise unbekannt. Wenn jemand dann den Spass daran verliert, täglich meist krude zusammengezimmerte Texte online zu stellen, so ist dies nur allzu verständlich.

The Pyongyang Chronicles 14th February 2007
Die Startseite der „Pyongyang Chronicles“ nach aktuellem Stand – eine vermeintliche Baustelle

In einer Hinsicht unterscheiden sich die „Pyongyang Chronicles“: sie erheben den Anspruch, direkt von Bürgern Nordkoreas erstellt worden zu sein. Nordkoreanische Seiten finden sich nur in geringer Anzahl im Netz, denn das Reich Kim Jong Ils ist kommunikationstechnisch vom Rest der Welt weitgehend abgeschnitte. Telefon und Fax gibt es zwar, aber dies auch nur eingeschränkt. So wurden die ersten ausgegebenen Mobiltelefone innerhalb kürzester Zeit wieder verboten und eingezogen. Freier Informationsfluss zwischen Ausland und Inland ist in Nordkorea unerwünscht, denn das Land kann, glaubt man Besucherberichten und Experten, nur durch diese Blockade überleben.

Schon ab dem Kindergarten wird den Einwohnern erklärt, dass ihre beiden bisherigen Führer, der verstorbene Präsident Kim Il Sung und dessen Kim Jong Il, gottgleiche Wesen seien, die als wahre Multitalente die Koreaner in die Glückseligkeit führe würden. Die allermeisten Bewohner dieses Orwellschen Universums, in dem jegliche externe Informationen fehlen, glauben dies – an was sollten sie auch sonst glauben?

Externen Berichten zufolge sind mittlerweile Zehntausende Flüchtlinge in China untergetaucht. Bei insgesamt 22 Millionen Einwohnern bleiben die Dimensionen damit weit unter dem Brain Drain, den die DDR vor dem Mauerbau ereilte. Dabei sind die Lebensbedingungen katastrophal – manche Schätzungen gehen davon aus, dass in den 1990er Jahren mehrere Millionen Menschen in dem Land verhungert sind.

Wie die interne Propaganda Nordkoreas aussieht, dürfen die wenigen Touristen, die das Land besuchen, selbst bewundern. Nach aussen wird sie aber nur bedingt getragen. Zwar berichtet die staatlichen Nachrichtenagentur KCNA fast täglich über Buchveröffentlichungen im Ausland, aber in den Buchhandlungen dürfte man diese vergeblich suchen. Kim Jong Il ist zwar laut Propaganda ein echter Vielschreiber, aber auch im grossen Internetbuchhandel Amazon bringt er es gerade einmal auf vier Einträge, von denen zwei auch noch auf Bücher verweisen, die nicht einmal 100 Seiten stark sind. Auch sein Vater Kim Il Sung, im Land als der „Grosse Führer“ bekannt, ist dort nur mit fünf Büchern vertreten – immerhin nehmen sich seine Bücher etwas umfangreicher aus.

Mit Ausnahme der offizielle KCNA-Meldungen dringt also kaum etwas zum aktuellen Zeitgeschehen nach aussen. Umso interessanter sind da die inoffiziellen Seiten. Eine solche ist das Songun Blog, wo in mehr oder weniger regelmässigen Abständen der grossen Heldenverehrung gefrönt wird. Abgesehen von grotesken Videos, die offenbar schon Jahrzehnte alt und mit informationsfreien Texten unterlegt sind, findet sich dort aber wenig. Manche der Videos legen aber nahe, dass es sich beim Ersteller am ehesten um einen koreanischstämmigen Amerikaner handelt, der seine verklärten Vorstellungen von Nordkorea der Welt verkünden möchte.

Ganz anders da die „Pyongyang Chronicles“, die zumindest behaupten, direkt aus dem Land zu kommen. Die Erklärung der Redaktion über das Zustandekommen ist abenteuerlich und haarsträubend: da die USA den Nordkoreanern den Zugang zum Internet verwehrten, würde man die Artikel einem externen Helfer faxen, der diese wiederum publiziere.

Ein Blick hinter die Kulissen der Zeitung deutet darauf hin, dass dies zumindest nicht vollkommen unsinnig ist. Die Adresse des Angebots ist auf die Domainendung .su registriert, die eigentlich der Sowjetunion gehörte, aber immer noch vergeben wird. Da die eigene Domainendung .kp inaktiv ist, liegt dieser Schritt nicht allzuweit weg. Interessanter sind allerdings die anderen Registrierungsdaten. Die Domain ist auf einen „Warren Murphy“ registriert, was wenig koreanisch klingt. Ein Mann dieses Namens ist, wenn man von einem literarisch scheinbar weniger wertvollen Abenteuerroman absieht, kaum mit Nordkorea in Verbindung zu bringen. Als Telefonnummer ist allerdings eine Nummer in Nordkorea eingetragen.

Die Seiten selbst sind technisch unbedarft erstellt worden, wie Struktur und die dahinterstehende Technik schnell verraten. Sie wurden nämlich mit dem reichlich angestaubten Programm Microsoft Frontpage 4.0 erstellt, das im Jahr 1999 erschien.

Der Server, auf dem die Seiten liegen, steht allerdings im Herzen des ideologischen Feindes: in Texas bei der Firma Softlayer. Die Seiten selbst wiederum verweisen auf einen Anbieter namens abrint.com, der in Brasilien ansässig, aber nicht erreichbar.

Dies alles ist verwirrend – fast so verwirrend wie das dahingeschiedene Magazin.

Dort fand man im Oktober nicht selten auf aktuelle Ereignisse bezugnehmend umgedichtete Meldungen vor. In den Pyongyang Chronicles bequemte sich etwa nicht die nordkoreanische Führung zurück an den Verhandlungstisch – nein, die angeblich nicht gesprächsbereiten Amerikaner sollen eingelenkt haben. Die Fragerubrik „Ask a Korean“ beantwortete ernstgemeinte Fragen von Lesern mit der Standardantwort, dass der Fragesteller offenbar westlicher Gehirnwäsche ausgesetzt gewesen sein. Die Artikeltexte sind aber selten so subtil. Meist zeigten sie nur die Naivität der Ersteller. Die Wahlberichterstattung über eine angebliche im Dezember abgehaltene Wahl glänzte mit enthusiastischen Berichten über angebliche Wahlkampfauftritte Kim Jong Ils und abschätzigen Tiraden auf alle anderen Parteien, worunter sich angeblich sogar eine grüne Partei befinden sollte.

Seit Ende Januar nun verkündet nun ein Begrüssungsbildschirm, dass die Webseite vorübergehend nicht erreichbar sei. Dies ist allerdings genauso erfunden wie der Rest der Seite – die Archive und sämtliche anderen Seiten sind nämlich nach wie vor erreichbar. Die letzte Meldung bleibt allerdings nach wie vor ein Neujahrsgruss.

Wer also auch immer hinter diesem seltsamen Propagandaorgan gesteckt haben mag – anscheinend sind in absehbarer Zeit keine Neuigkeiten mehr zu erwarten. Sollten es echte Nordkoreaner gewesen sein, dann dürfte wohl spätestens die Einigung bei den Sechs-Parteien-Gesprächen eine Fortführung der Zeitung erschwert haben. War es jemand anders, dann hat er wohl einfach keine Lust mehr.

Auf echte Nachrichten von der nördlichen Hälfte der koreanischen Halbinsel wird man also wohl noch länger warten müssen.

Seltsam: IDGR eingestellt

Ich gehöre definitiv nicht zur Netz-Antifa, die stumpfer rechtsextremer Propaganda nicht viel weniger stumpfe linksextreme Propaganda entgegensetzt. Interessehalber informiere ich mich aber öfters zum Thema. Dazu ist oft der „Informationsdienst gegen Rechtsextremismus“, kurz IDGR, sehr gut. Nachdem heute dieser Artikel ja sehr prominent auf SPIEGEL Online war, wollte ich mich über den Macher dieser Möchtegernnachrichten aus dem Führerhauptquartier informieren. Beim IDGR war jedoch nur ein kurzer Text auf der Seite, in dem die Projektleiterin Margret Chatwin erklärte:

IDGR geht vom Netz

Liebe Besucher der IDGR-Webseiten,

nach vielen Jahren aufreibender Arbeit habe ich am heutigen Tage dieses Projekt eingestellt und die Seiten vom Netz genommen. Als ich damit begann, […], waren dazu so gut wie keine Online-Informationen verfügbar. Das hat sich seither so grundlegend geändert, dass ein solches […] Projekt nicht mehr die Notwendigkeit […] wie noch vor wenigen Jahren hat.

Ich danke allen Lesern für ihre langjährige Treue. […]

Unter anderem erwähnt sie in dem Text auch ihre Freude über Neonaziaussteiger.

Die ganze Sache kommt mir reichlich seltsam vor – ein Hackerangriff von Nazis vielleicht? Dazu ist der Text aber zu gut geschrieben – eine derartige Subtilität kann man von Nazis normalerweise nicht erwarten.
Auf der anderen Seite ist es sehr seltsam, dass sich ein solches großes Projekt 10 Tage nach den gewaltigen Stimmgewinnen der NPD in Meck-Pomm Mecklenburg-Vorpommern und Berlin so mir nichts dir nichts ersatzlos verabschiedet – insbesondere die Entfernung der Informationen mutet komisch an, denn eine derart umfängliche Faktensammlung kann auch die Wikipedia nicht bieten. Es bleibt abzuwarten, was daraus noch wird.

Bullshit


GMX 31.8.2006

Originally uploaded by HansBaer.

Das investigative Nachrichtenportal GMX glänzt heute mit einem Höhepunkt des deutschen Internetjournalismus. Nicht nur dass dieser Promimüll jeden Tag dort prominent platziert wird. Offenbar sind Sceintologypromikinderexkremente mittlerweile auch schon so wichtig, dass man darüber berichten muss. Oje…

Ausgewählt

Meine Lieblingsschuhe sind fürchterlich ausgelatscht und haben einen kleinen bösen Nebeneffekt: sie laden sich statisch auf, und jedes Mal, wenn ich an den Metallgriff einer Tür fasse, kriege ich einen kleinen elektrischen Schlag. Ich weiß also ziemlich genau, wie Angela Merkel sich fühlen muss, wenn sie dieser Tage durch das Konrad-Adenauer-Haus läuft. Überall Fallen, und wenn man vorankommen will, darf man nicht zurückschrecken.

Metro Bundestagswahl 2005
Die kostenlose U-Bahn-Zeitung Metro mit einem prächtigen Bild von Angela Merkel
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