Noch 100 Tage bis zur Wahl

In exakt 100 Tagen öffnen die Wahllokale zur Reichstagswahl in Schweden. Und nicht nur das: die Parlamente der Provinzen und Kommunen, die auch von Ausländern (EU und einige andere) mitgewählt werden dürfen, stehen gleichzeitig zur Wahl. Dies macht den Tag zum Höhepunkt des politischen Lebens in diesem Lande, denn bis 2014 steht dann keine einzige Wahl mehr an.

Richtig los geht es freilich erst im Sommer, wenn überall die Hütten (sogenannte valstugor) an zentralen Punkten der Orte stehen, um den Wähler nahezukommen.

Debattiert wird aber jetzt schon im Fernsehen, und die Demoskopen sind auch fleißig. Letztere haben Zahlen erhoben, die vor allem dies sagen: es wird eng und es wird spannend. Die Blöcke sind in den Umfragen der letzten Zeit teilweise gleichauf, und das praktisch zum ersten Mal in dieser Legislaturperiode. Die „Allianz“, eine Koalition aus 4 bürgerlich-konservativen Parteien, hat nämlich gehalten und funktionierte so geräuscharm wie es sich Angela Merkel derzeit in ihren Träumen ausmalen dürfte. Daher stehen auch die Blöcke geschlossen gegeneinander: die Allianz auf der einen Seite, die „Rotgrünen“ mit den Sozialdemokraten, den Grünen und der Linkspartei auf der anderen Seite. Daran wird sich wohl nichts mehr ändern.

Eine Minderheitsregierung scheint ausgeschlossen, denn die Sozialdemokraten haben sich nach ihrem Wahldebakel 2006t nie ganz gefangen und suchten den Schulterschluss mit den anderen beiden linken Parteien. Es ging zwar aufwärts, aber die Zeiten, als sie wie gottgegeben jede andere Partei mit großem Abstand abhängten, scheinen vorbei: nach aktuellen Umfragen ist nicht einmal gesichert, dass sie stärkste Partei werden.

Hoffnung kann man sich aber machen, denn die gestern veröffentlichten Daten der schwedischen Statistikbehörde, die in der Vergangenheit immer richtig lag, sieht Rotgrün vorne.

Wie ich mich selbst entscheiden werde, muss ich noch mit mir ausmachen. Zum Reichstag bin ich ohnehin nicht wahlberechtigt. Egal kann es mir aber natürlich nicht sein. Aber auch wenn ich wählen dürfte, wäre nicht klar, wen. Zwar bin ich nach wie vor Sozi, aber ich sehe trotzdem nicht so ganz, was sie so viel besser machen würden als die bestehende Regierung. Das Angebot, das über das reine Zurückdrehen der Reformen der letzten Jahre hinausgeht, sehe ich (noch) nicht ganz. Vielleicht liegt es aber auch an der Spitzenkandidatin Mona Sahlin, mit der ich einfach nie richtig warm geworden bin. Zudem muss ich sagen, dass ich zwar nicht mit allem in den letzten Jahren einverstanden war, aber die aktuelle Regierung hat ihren Job ganz passabel gemacht.

Ähnlich zwiespältig ist es bei den Parlamenten, die ich wählen darf. Auf Provinzebene, wo es in erster Linie um Nahverkehrsfragen und das Gesundheitswesen geht, bin ich mit der Verkehrspolitik beider Blöcke nicht so ganz glücklich. Die Umgehungsstraße Förbifart wird von linker Seite in Zweifel gezogen und soll einer seltsam konstruierten Volksabstimmung unterzogen werden. Ich halte sie für zwingend nötig und frage mich, welche Alternative es da geben soll. Auf rechter Seite ist man jedoch ziemlich lethargisch, was den Ausbau des Nahverkehrs auf Schienen angeht. Ein paar Straßenbahnprojekte hier und da, aber die U-Bahn ist für die fertig. Ich tendiere klar zu meiner Partei in diesem Fall, aber ich werde mich eingehend mit den Programmen auseinandersetzen. Ein ähnliches Dilemma habe ich in meiner Kommune. Das einzige Thema, bei dem meine Genossen bisher hier in Erscheinung getreten sind, ist der Protest gegen die gewählte Lösung zum Neubau einer Brücke von der Insel herunter. Die konservative Mehrheit will eine neue Brücke schnell bauen und sie über eine Maut refinanzieren. Meine Partei ist dagegen, soweit ich das mitbekommen habe. Dumm nur, dass ich ausgerechnet dabei stark zur Mautlösung tendiere, denn die bestehende Brücke ist jetzt schon jeden Werktag überlastet. Allerdings könnte ich aber auch sagen, dass sie meine Unterstützung gut gebrauchen können, denn Värmdö ist ohnehin sehr konservativ.

Es steht also noch einiges bevor. Den ersten Wahl-O-Mat-Test habe ich schon einmal beim Svenska Dagbladet gemacht. Das Ergebnis finde ich allerdings wenig erbaulich:

Ausriss: svd.se

Noch 2 Stunden


Noch einmal genau hinsehen: so gewinnt man

Während Stefan Niggemeier und Lukas Heinser ihr unglaublich exzellentes Videoblog aus Oslo machen, koche ich u.a. Chili Con Carne, denn wir haben zum Grand-Prix-Abend geladen, um dieses Großereignis gemeinsam zu zelebrieren. Die Tatsache, dass wir das erste Mal seit geraumer Zeit einen Beitrag aufzubieten haben, für den man sich nicht peinlich berührt fühlen muss, ist das allemal wert.

In Schweden scheint die Stimmung über die Enttäuschung hinweg zu sein.

Die Dagens Nyheter versucht es mit einer Prise Trotz und brachte heute morgen einen einseitigen Artikel über die „Big Four“. Im Wesentlichen ging es darum, wieso diese ins Finale dürfen und Schweden – das natürlich unausgesprochenerweise jedes Jahr das beste Lied des Universums ins Rennen schickt – hingegen nicht. Ein Absatz versucht zaghaft ins Spiel zu bringen, dass Schweden schließlich auch eine Menge Geld an die EBU zahle. Nämlich mehr als die Ukraine, die schließlich mehr als viermal so viele Einwohner hat. Botschaft durch die Hintertür: ein Land, das soviel Geld bezahlt, gehört eigentlich auch sofort ins Finale.

Der schwedische Rundfunk SVT wählt einen anderen Ansatz: wenn die Leute in Schweden offenkundig keinen Schimmer haben, was der Rest Europas gut findet, dann fragt man sie besser nicht mehr so viel und stattdessen die internationale Jury. Ob das so kommen wird, ist natürlich fraglich. Das Aftonbladet geht jedenfalls mit schwerem Geschütz an die Sache heran und sorgt sich um die Zukunft von Melodifestivalen, dem schwedischen Vorentscheid. Und konstatiert, dass ein schwedischer Wettbewerb ohne internationale Perspektive nicht interessant sei. Im schwedischen Fußball scheint genau dieses Konzept aber hervorragend zu funktionieren…

Svenska Dagbladet fragt jemanden, der sich auskennt und der sogar seine Doktorarbeit über Melodifestivalen geschrieben hat. Der meint: das war kein Fiasko – Schweden ist einfach von guten Leistungen verwöhnt.


Oder so auch…

Insgesamt setzt man nun auf seine Ersatzpferde im Rennen. Insgesamt 7 Beiträge entstanden unter schwedischer Beteiligung, und mit denen versucht man sich ein bisschen mitzufreuen. Gespannt wird aber dennoch das Ergebnis heute nacht erwartet, denn man möchte natürlich wissen, ob Anna Bergendahl nur knapp oder gar deutlich gescheitert ist.

Meine Vermutung ist: sehr knapp, den schlecht war das Lied nicht und die Begeisterung auch anderorten recht groß.

Jetzt muss es aber erst einmal darum gehen, wer heute abend gewinnt. DN sieht Lena im guten Mittelfeld, wie es scheint, und auch bei Aftonbladet ist das so.

Alles weitere liegt in der Hand der Jurys und Abermillionen Zuschauer. Ich bin gespannt.

Tunnelbana ausbauen

Der ehemalige Chef des Stockholmer Nahverkehrsverbundes SL, Lennart Jangälv, hat im Svenska Dagbladet diesen Debattenartikel geschrieben: Bygg ut Stockholms tunnelbana („Baut die Stockholmer U-Bahn aus“)

Wer nicht des Schwedischen mächtig ist, dem seien die Kernpunkte genannt:

  • In Nordschweden rollen die Züge, weil man dort Respekt vor der Natur hat und sich dementsprechend darauf eingerichtet hat.
  • Es fehlt an weitsichtiger Projektplanung in Stockholm. Früher baute man den Essingeleden und die zentralen Teile der U-Bahn, obwohl noch gar nicht absehbar war, dass die Kapazitäten gebraucht würden. Heute begnügt man sich mit einer kleinen Innenstadtstraßenbahn, wenn man einmal von der Förbifart absieht. Die U-Bahn betrachtet man als abgeschlossen. Er fragt rhetorisch, auf was die Bewohner von Außenbezirken sich freuen könnten. Die Antwort gibt er gleich als neue Frage: 100.000 neue Einwohner und Reisende?
  • Er fordert von der Regierung einen Ausbau des Netzes.

Ich fand den Artikel höchst interessant und kann eigentlich nur auf ganzer Linie zustimmen. Es wird zu spät geplant und dann auch nur für den aktuellen Bedarf, ohne Vorausschau auf eine langfristige Weiterentwicklung.

Inga Lindström in Schweden

Eine der abstrusesten Absurditäten des deutschen Fernsehens wird nun auch nach Schweden kommen: Inga Lindström. Unter diesem Label laufen bekanntermaßen schon lange Filme im ZDF, die zwar in Schweden gedreht wurden, aber sonst rein gar nichts mit Schweden zu tun haben. Die Drehbuchautorin Christiane Sadlo, eine gebürtige Schwäbin, hat damit einen vollen Erfolg gelandet, aber den Deutschen kann man ja immer mit drei Elchen und einer blonden Frau ein bisschen Schweden vormachen.

Das staatliche Fernsehen SVT zeigt am 25. Oktober zwei Folgen dieser gefühlsduseligen Machwerke – ich bin gespannt, ob es irgendwelche Reaktionen darauf geben wird. Das Svenska Dagbladet hat jedenfalls schon einmal angemerkt, dass die Begrüßungs- und Abschiedsfloskeln „Hej“ und „Hej då“ einfach mal zwischendrin eingeworfen werden.

In den Kommentaren zum Artikel meint Tobbe Y, dass man für soviel kostenloses Marketing dankbar sein müsse. Die Kommentarin „Cassandra“ schreibt dazu:

Lieber Gott!

Huga!

Na dann mal abwarten, was für Gefühlsregungen sonst noch zu erwarten sind.

Unsportlich?

Seit gestern schlägt ein kleiner olympischer Skandal in Schweden Wellen. Beim Ringen im griechisch-römischen Stil in der Klasse der Männer bis 84 kg kam es im Halbfinale zu einer umstrittenen Entscheidung.

Ara Abrahamian, ein schwedischer Ringer, war laut Beurteilung des Ringrichters dem Italiener Andrea Minguzzi unterlegen. Gegen diese Entscheidung protestierte der Schwede heftig, jedoch vergeblich. Daraufhin wollte er gar nicht zum Kampf um Bronze antreten, konnte aber von seinem Verband am Telefon überredet werden. Er gewann den Kampf, legte aber die Bronzemedaille sofort nach Erhalt auf die Kampfmatte und verließ den Saal. Er sagte, diese Medaille bedeute ihm nichts, weil er gekommen war, um Gold zu holen. Auf dieses Ziel hatte er seit Athen 2004, wo er eine Silbermedaille gewonnen hatte, hingearbeitet. Er erklärte nach dem Kampf um Bronze seinen Rücktritt vom Leistungssport.

Im Nachhinein hat er schwere Korruptionsvorwürfe erhoben. So seien die Schiedsrichter gekauft gewesen und die Spitze des Weltringerverbandes habe den Olympiasieger von vorneherein festgelegt.

Er wurde für heute vor das IOC zitiert. Eventuell wird ihm daraufhin die Bronzemedaille wegen unsportlichen Verhältnis aberkannt werden.

Interessant sind die Reaktionen dazu.

  • In der Dagens Nyheter wird die Forderung gestellt, Ringen aus dem olympischen Programm zu nehmen. So schreibt der Koluminist Johan Esk:

    Als Ara Abrahamian die Medaille niederlegte,[…] hoffte ich, dass das etwas Positives mit sich bringen würde. Dass er den Vorhang für griechisch-römisches Ringen bei Olympia senken würde.
    […]
    Die ganze Sportwelt ist voller schlechter Schiedsrichter.
    […]
    Die alte Disziplin, die früher üblicherweise mit Kraft, Technik und Geschwindigkeit entschieden wurde, ist ein defensiver und unbegreiflicher Sport geworden, der in den Olympischen Spielen nichts zu suchen hat.

  • Im Svenska Dagbladet schreibt Koluminist Jan Majlard, dass das Verhalten des Ringers kindisch gewesen sei und man ihm die Bronzemedaille abnehmen sollte. In seinem Pressematerial spreche der Ringer davon, dass es keine Garantien gebe und dass man frühere Fehler nicht wiederholen solle. Anscheinend habe er aber seine Lektion von Athen nicht gelernt. Auch er sagt nicht viel positives über die Sportart an sich.
  • Interessant sind auch die Reaktionen aus der Blogosphäre. So wird Abrahamian mehrfach „unschwedisches“ Verhalten bescheinigt, aber keinesfalls negativ. Durch die Bank unterstützen sie ihn. So schreibt Martin, dass der Ringer eine Medaille für sein Verhalten bekommen sollte. Er sollte Coach werden für die langweiligen Durchschnittsschweden.
  • Auch Danne, ein Blogger bei der Gratiszietung Metro, unterstützt ihn, weil er die von Abrahamian vorgebrachten Korruptionsvorwürfe anscheinend für richtig hält.
  • Ähnlich sieht es auch Avlo.
  • Anna G Rahm hält die Entscheidung auch für abgekartet.

    Der Goldmedaillengewinner war der Meinung, Abrahamian störe und zerstöre die Zeremonie. Dem stimme ich nicht zu. Wenn der Skandalkampf richtig beurteilt worden wäre, wäre die Wahrscheinlichkeit groß dass Abrahamians und Minguzzis Endplatzierungen umgedreht worden wären – Gold für den Schweden und Bronze für den Italiener.

Ich selbst weiß nicht, was ich davon halten soll. Ob die Halbfinalniederlage berechtigt war, kann ich schon alleine deswegen nicht beurteilen, weil ich es nicht gesehen habe. Sicherlich ist das Verhalten kindisch, aber Athleten stechen nicht allzu oft durch wohlüberlegtes Verhalten hervor. Bestimmte Verbände sind in der Tat auch alles andere als sauber, und so ist Korruption mit Sicherheit nicht auszuschließen.

Man wird abwarten müssen, ob die Affäre noch weitere Folgen haben wird.

Streik vorbei

  • Gestern abend um 22 Uhr hatte es sich ausgestreikt: ein neuer Tarifvertrag ist unterzeichnet. Der Inhalt: es blieb bei den 10,4 % Lohnerhöhung in den nächsten drei Jahren, aber dafür wurden die anderen Forderungen weitgehend erfüllt. So ist die Rahmenzeit nun nur noch bei 13 Stunden, sofern die darin gefahrenen Linien kürzer als 50 km sind. Die Forderungen nach mindestens 11 Stunden Ruhezeit wurde jedoch ohne Einschränkungen umgesetzt.
  • So rollt der Verkehr ab heute wieder, und ich darf ab 14:41 Uhr die Linien 77, 62 und 4 fahren. Seltsamerweise habe ich heute und morgen zum ersten Mal den außergewöhnlichen Fall, zwei identische Dienste in Folge zu haben – d.h., morgen geht es ebenfalls um 14:41 Uhr los und ich darf dasselbe Programm abspulen.
  • Mein gestriger Eintrag über das Unglück in Kista muss es wohl in die automatische Verlinkung bei Dagens Nyheter oder Svenska Dagbladet geschafft haben. Jedenfalls hatte ich gestern 6mal so viele Zugriffe wie sonst und auch zwei recht verwirrende Kommentare auf Schwedisch.

Ungeheuerlich

Metro 14. April 2008

Metro heute: Titelseite noch einigermaßen korrekt (Quelle: Metro)

Immer wieder liest man im BILDblog unter der Rubrik „Heute anonym“, welche Anonymisierungen die BILD-Zeitungen nun wieder unterlassen hat.

Das alles ist aber noch bescheiden, wenn man es in Vergleich zu schwedischen Medien setzt. Hier scheint die Nennung von Namen und der Abdruck von Bildern nach dem Gutdünken der Journalisten durchgeführt zu werden.

Kurz die Geschichte: Am 5. April verschwand die zehnjährige Engla Höglund aus dem in der Nähe von Falun gelegenen Stjärnsund spurlos. Umgehend wurde eine Suche gestartet, und ihr Bild überall publiziert. Schon am 7. April konnte ein 42-jähriger Mann festgenommen werden, der nun am vergangenen Wochenende gestand, das Mädchen umgebracht zu haben. Weiterhin gab er einen Mord an einer 31-jährigen Frau zu, den er vor acht Jahren begangen hatte.

Stockholm City 14. April 2008

Stockholm City heute morgen (Quelle: Stockholm City)

In Schweden sind solche Geschichten immer Nachrichten von nationaler Bedeutung, und in dem Fall kann man es den schwedischen Medien auch nicht verdenken, denn bei dieser Tragik und den Suchbemühungen der Bevölkerung besteht auch ein öffentliches Interesse. Eine ähnliche Tat wäre auch in Deutschland auf den Titelblättern präsent, wenn auch meist nicht als Hauptschlagzeile.

Metro 14. April 2008

Metro heute – auf Seite 2 riesiges Foto des Tatverdächtigen (Quelle: Metro, Bildverfremdung von mir)

An der Art und Weise, wie die Informationen präsentiert werden, sieht man aber umso deutlicher, wo in Schweden die Grenze des Qualitätsjournalismus verläuft:

  • Dagens Nyheter, nicht zu Unrecht sozusagen die schwedische FAZ, hat ein großes Foto von einer Kirche in Stjärnsund, wo sich die trauernden Dorfbewohner versammelten. Klein daneben stehen die Fotos der beiden Ermordeten. Auf den Seiten 6 und 7 sind Hintergrundberichte. Der Tatverdächtige wird hier praktisch durchgehend „der 42-jährige“ genannt. Nicht einmal sein Vorname erscheint. Das einzige Foto ist vollkommen unkenntlich.
  • Das Svenska Dagbladet liegt mir nur in der Online-Version vor. Hier verzichtet man gleichsam auf die Namensnennung und benutzt das gleiche unkenntliche Foto.
  • Auch die Göteborgs-Posten, nach eigenen Angaben Schwedens größte Lokalzeitung, verzichtet auf die Namensnennung.
  • Unter den sonstigen Zeitungen ist nur City noch lobend zu erwähnen, die ja gerade als U-Bahn-Zeitung eher eine Neigung zum Boulevard hat. Auch dort: keine Namensnennung, kein erkennbares Foto.
  • In die Niederungen der Presselandschaft kommt man aber früher, als ich erwartet hatte. Die durchaus nicht unseriöse Sydsvenskan (Südschwedische) schreibt:

    Aber ganz in der Nähe von Torsåker, wo der Mann, der sie ermordet hat, wohnt. Er heißt Anders E. (Anm.: Nachname von mir entfernt). Ganz Schweden weiß, dass er 42 Jahre alt ist. Er fährt Lastwagen. Und einen roten Saab. Letzten Samstag tötete er die 10-jährige Engla Juncos Höglund aus Stjärnsund.

    Der Verfasser nennt nicht nur den Namen vollständig. Er kokettiert sogar mit der plakativen Preisgabe von Informationen wie dem exakten Wohnort des mutmaßlichen Mörders und dem Zweitnamen des Mädchens. In einem Stakkato-Stil werden sie dem Leser entgegengehämmert. Ob es sich um relevante Informationen handelt, scheint keine Rolle zu spielen.

  • Auch The Local meint, den vollen Namen des Täters abdrucken zu müssen. Fraglich ist hier auch die Rolle der schwedischen Nachrichtenagentur TT. Ob sie den Namen bekanntgegeben hat, geht leider nicht klar hervor. Wenn dem nicht so ist, dann ist es umso bedenklicher, dass der Redakteur von The Local ihn sogar noch nachträglich eingefügt hat.
  • Noch weiter gehen andere Blätter. Das Aftonbladet, Schwedens größte Tageszeitung, zeigt ein Privatfoto des Mannes,hat schon in dessen Privatleben herumgewühlt und die übliche Portion schockierter Arbeitskollegen, Freunde und Bekannter hinzugefügt. Die größte Frechheit ist ein Foto des Bruders des Tatverdächtigen. Schon an der Qualität kann man erkennen, dass es nicht autorisiert war und älter sein muss.
  • Expressen zeigt den Mann auch beim Einkaufen.
  • Auch nicht rühmlich tut sich Metro hervor, wo ein Foto des Verdächtigen, das aus der Führerscheinkartei stammen könnte, präsentiert wird – und zwar riesenhaft vergrößert. Der Bruder wird ebenso abgebildet. Dort wird angemerkt, das Foto sei 1995 entstanden.

Stockholm City 14. April 2008

Bericht in Stockholm City: anonym und korrekt (Quelle: Stockholm City)

Dass diese Recherchemethoden unseriös sind, hat offenbar nicht viele Redakteure davon abgehalten, ihre Ergebnisse ungefiltert zu veröffentlichen. Dass die Angaben aus dunklen Kanälen stammen, kann man nämlich auch daran erkennen, dass der Name des Tatverdächtigen in zwei verschiedenen Schreibweisen vorkommt.

Wer nun meint, da sei nichts dabei, sollte seine Hausaufgaben in Sachen Rechtsstaat nachholen.

Die Berufsethik des Journalisten gebietet, die Privatsphäre von Personen zu schützen. Schweden wie Deutschland sind Rechtsstaaten, in denen der Grundsatz gilt, dass die Unschuld eines Menschen solange angenommen wird, bis er von einem Gericht verurteilt wurde. Auch wenn nun ein Geständnis vorliegt und der mutmaßliche Täter den Platz zeigen konnte, an dem die Leiche verscharrt ist, ist es dennoch falsch, dessen Namen und Foto ohne Anonymisierung zu veröffentlichen. Die Privatsphäre des Mannes ist auch in diesem Falle zu achten, denn eine Rückkehr in die Gesellschaft ist ihm in dem Fall für immer versperrt, selbst wenn er die kommenden Jahrzehnte in einem Gefängnis verbringen wird. Eine Aussicht auf ein Leben in Freiheit, das auch den Schutz vor der übrigen Bevölkerung beinhaltet, muss aber immer bestehen, da sonst der Zweck des Strafvollzugs in Frage gestellt wird.
Zwar ist die Lage in diesem Fall relativ klar, aber man sollte auch bedenken, dass eine Anklage nicht mit einem Urteil gleichzusetzen ist. Bei einem Freispruch ist der Betroffene stigmatisiert oder sogar akut gefährdet, wenn die Fotos in der Welt sind – es handelt es sich im Grunde um einen Rufmord.
Zudem bedient die Veröffentlichung lediglich die Neugier der Öffentlichkeit, nicht deren allgemeinen Interessen. Es ist nicht relevant, wie der Mann aussieht noch wie er heißt. Dass er gefasst wurde, ist die zentrale Information. Ein Foto tut dann nichts mehr zur Sache.

Metro 14. April 2008

Auch der Bruder (unkenntlich gemacht) wird abgebildet. Lediglich ein mutmaßliches Opfer, dessen Mörder noch nicht gefunden ist und der jetzige Tatverdächtige, wurde anonymisiert. (Quelle: Metro, Unkenntlichmachung von mir)

Das Vorgehen auf Unterschiede zwischen Schweden und Deutschland zu schieben, würde zu kurz greifen, denn wie sonst ist es zu erklären, dass bestimmte Blätter die Veröffentlichung von die Privatsphäre verletzenden Fotos und Informationen konsequent vermeiden, während andere damit sogar ihr Web-TV bestücken? Es ist eher die offenkundige Bereitschaft, auf jegliche ethische Leitlinien zu verzichten.

Die Regeln für Journalisten ähneln sich nämlich in beiden Ländern.

Im Pressekodex, der vom Deutschen Presserat festgelegt wird, heißt es:

Ziffer 8 – Persönlichkeitsrechte
Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen. Berührt jedoch das private Verhalten öffentliche Interessen, so kann es im Einzelfall in der Presse erörtert werden. Dabei ist zu prüfen, ob durch eine Veröffentlichung Persönlichkeitsrechte Unbeteiligter verletzt werden. Die Presse achtet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und gewährleistet den redaktionellen Datenschutz.

In den Regeln des schwedischen Journalistenverbandes klingt das nicht viel anders:

7. Wäge Publikationen genau ab, die die Heiligkeit des Privatlebens kränken können. Verzichte auf solche Publikationen, wenn kein offenkundiges Allgemeininteresse die öffentliche Aufklärung erfordert.

Beide Regelungen gehen nicht ins Detail, aber geben Leitlinien vor.

So müssen sich die Redakteure vom Aftonbladet die Frage gefallen lassen, welches offenkundige Interesse denn darin besteht, an welchem Tisch der Tatverdächtige in einem lokalen Restaurant nach der Tat saß. Erst recht würde mich die Erklärung dafür interessieren, dass man den Bruder des Verdächtigen anscheinend ohne Genehmigung abbildet. Hätte er der Veröffentlichung eines Fotos zugestimmt, wäre dies nicht schon über 10 Jahre alt. Handelt es sich dabei nicht um eine „Kränkung“ der Privatsphäre? Kann dieser Mann etwas dafür, dass sein Bruder zwei Menschenleben auf dem Gewissen haben soll?

Shame on you! Von BILD erwartet man so etwas, aber dass solche Methoden in schwedischen Medien reihenweise zur Anwendung kommen, ist ein Armutszeugnis.

Nachtrag 15. April 2008: Ich habe mich in einigen Details getäuscht. Das Foto des Bruders war offenbar ein Foto des Täters. Wie ich diese Information falsch aufgeschnappt habe, kann ich nicht mehr definitiv sagen, weil manche der Artikel schon nicht mehr online sind. Das Foto stammte aus einem Polizeivideo, woraus man schon erkennen kann, dass die Polizei nicht zimperlich ist, wenn es um die Veröffentlichung geht. Heute hat auch die DN ein Foto, wenn auch ein kleines, von dem Täter. Die DN wollte wohl abwarten, bis eine Pressekonferenz der Polizei jeden Zweifel an der Überführung des Täters ausgeräumt hatte, um nicht falsche Informationen abzudrucken. Auch hat man keine selbst auf dunklen Kanälen beschaffte Fotos, sonder nur die, die anscheinend von der Polizei freigegeben wurden.

Insofern ist es der DN hoch anzurechnen, dass sie wenigstens seriös arbeitet. Das ändert freilich nichts an der Tatsache, dass Bilder und die Namensnennung vollkommen unnötig sind und es dem Täter schwer machen werden in 20 Jahren in die Gesellschaft zurückzukehren.

Ich muss wohl annehmen, dass dieses Vorgehen in Schweden so üblich ist. Gut heißen kann ich es aber beim besten Willen nicht.

Kindergarten

Ich tue mir „Sabine Christiansen“ schon seit geraumer Zeit nicht mehr an, was allerdings auch an den technischen Gegebenheiten liegt. Top-Politiker und solche, die sich dafür halten, können von einer offenkundig überforderten Moderatorin ungestoppt die grössten Albernheiten von Bundestagsdebatten und Parteiengeplänkel in epischer Breite von sich geben.

Für montägliche Meldungen und Leitartikel reicht es aber doch noch.

Bis das Ganze aber in Schweden ankommt, ist nicht selten Dienstag.

Heute schreibt nämlich die U-Bahn-Zeitung Metro, dass es in der Debatte angeblich um schwedische Kindergärten ginge – das war mir allerdings auch neu, und es steht auch drin, woher sie das haben:

Die Fernsehdebatte zeigt, wie weit die familienpolitischen Vorstellungen in der heutigen EU voneinander entfernt sind. Firmenchef Wolfgang Grupp warnte die CDU davor, es Schweden gleichzutun:
„Eine richtige Mutter verdient gerne weniger, wenn sie ganz in ihrer Mutterrolle aufgehen kann. In unserer Firma ist es den Männern verboten, überhaupt nach Vaterschaftsurlaub zu fragen.“ […]
In der FAZ schrieb die TV-Koluministin Sandra Fomferek ironisch darauf über die „verrückten Schweden“:
„Nun wissen wir, warum Pippi Langstrumpf verschiedenfarbige Strümpfe anhatte. Es muss am schwedischen Kindergarten gelegen haben.“

Wolfang Grupp also hatte etwas erzählt, und Schweden regt sich auf. Wem dieser Name nicht geläufig sein sollte, kann beruhigt sein: auch ich musste nachschauen. Der gute Mann ist Chef von Trigema und Dauergast bei Christiansen, weil er mit seinen pragmatisch hinterwäldlerischen Ansichten das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinreisst – und zwar für sein Bekenntnis zum Standort Deutschland und seinem direkten Kontakt zu den Mitarbeitern, der die Existenz einer Mitarbeitervertretung vermeintlich überflüssig mache.
Sprüche wie die obigen zeigen, was die Self-Made-Geschäftsmanns-Wundertüte Grupp noch so alles hergibt: Dorfkapitalismus vom Feinsten – die soziale Verantwortung liegt nicht beim Staat, sondern beim Chef. Und der habe von Natur aus ja nur das Beste für seine Mitarbeiter zu wollen. Reiner Altruismus regiert also die Welt – dass es auch Chefs wie Klaus Esser und Josef Ackermann gibt, die bei der Prioritätenliste erst einmal ihr eigenes Konto obenan stellen, ist da wohl nur ein kleines Detail.
Eigentlich hätte man in diese Runde gleich noch Eva Herman einladen sollen, damit diese über den natürlichen Abstand zwischen Frau und Herd fabuliert. Willkommen in den 1950er Jahre, als die Welt noch in Ordnung war…

Die Zeitung Svenska Dagbladet hat das nach gut 36 Stunden doch schon etwas angestaubte Thema aufgegriffen (The Local übrigens auch) und als Überschrift das Zitat „Kindergarten schadet den Kindern“ gewählt.
Interessant wird es bei den Kommentaren.

Dort schreibt „Lasse2“ unter der Überschrift „Deutschland viel besser“:

In Deutschland kümmert man sich wirklich um die Kinder und nicht nur um die Karriere der Eltern und deren Bequemlichkeit. Das deutsche Steuersystem macht es möglich für eine Familie, von einem Einkommen zu leben […]
Auf diese Art schafft man wirkliche Gerechtigkeit, indem alle Paare gleich viel bezahlen unabhängig davon, wie das Einkommen verteilt ist. Dadurch gewinnen die Kinder viel!

Das meint er offenbar nicht ironisch – anscheinend ist ihm nicht bekannt, dass man für diese Steuervorteile heiraten muss und sich nicht etwa wie hier als „Sambo“ (zusammenwohnend) registrieren kann. Vor lauter Kinderfreundlichkeit hat Deutschland nebenbei bemerkt auch eine der miesesten Geburtenraten der EU.

Doch schauen wir weiter. „Ernie“ schreibt:

Der Kindergartenplatzmangel ist schreiend in Deutschland. Was jetzt passiert ist, ist, dass die christdemokratische Familienministerin(!) Ursula von der Leyen nun diejenige ist, die für die Modernisierung der deutschen Familienpolitik steht und das alle erzkonservativen Opas in CDU/CSU aufgeschreckt hat. SPD-Chef Kurt Beck hat Bischof Mixa mit Recht mit einer kastrierten Katze verglichen.

Schön, dass Beck ab und zu auch mal was vernünftiges von sich gibt. Ich bin auch davon beeindruckt, dass Ernie so treffend die Situation beschreibt.

Es finden sich auch polemische Beiträge wie

„Zoobesuch“ – wie gut ist es, dass kleine Kinder gezwungen werden, eingesperrte Tiere anzuschauen? Das ist wahrscheinlich so, damit man ein deutscher Dyslektiker wird.

als Antwort auf die Meinung, dass Kinder keine „Aufbewahrungsanstalt“ (genauso im Text zu finden) bräuchten, sondern nur Aufmerksamkeit.

So geht es weiter – teilweise sind die Beiträge nicht einmal Positionen zuzuordnen. Nichtsdestotrotz überrascht mich die Bandbreite der Meinungen. Eigentlich sollte man denken, die Schweden erschauern angesichts des deutschen Sozialsystems. Dem ist offenbar nicht ganz so.

Unterschwellig kommt hier aber auch durch, was man als grössten Kritikpunkt am schwedischen System auffassen kann: die vermeintliche Wahlfreiheit ist keine. Während in Deutschland zu beklagen ist, dass eine Mutter ihren Beruf nicht ausüben kann, weil es keine geeignete Betreuung gibt, so ist es in Schweden genau umgekehrt. Die Freiheit in der Karriere hat dazu geführt, dass von der Frau erwartet wird, arbeiten zu gehen – die freie Entscheidung, nur Mutter zu sein, wird nicht akzeptiert.

Deutschland als gelobtes Land hinzustellen, wie es Lasse darstellt, ist dennoch grotesk. Amokläufer in Schulen, Rütli, zu Tode gehungerte vernachlässigte Kinder – all das ist in Schweden unbekannt, und das hat mit Sicherheit nicht zuletzt mit dem Sozialsystem zu tun.

Gewerkschaften

Meine Genossen gefällt das zwar nicht so, aber ich bin schon seit längerem recht skeptisch gegenüber Gewerkschaften. Inwieweit diese nämlich die Interessen ihrer Mitglieder und der Allgemeinheit vertreten, ist höchst zweifelhaft – in zahlreichen Einzelfällen ist es eher so, dass der Tarifvertrag die Interessen der Mitarbeiter mit Füssen tritt. Wenn jetzt ein Gewerkschafter über solch blasphemische Äusserungen aufgeregt sein mag, lasse ich mich gerne eines besseren belehren. Dann darf er mir aber auch gleich noch erklären, wieso ungelernte Mitarbeiter in deutschen Autofabriken jenseits jeder Rechtfertigung überbezahlt werden. Und woher die angeblich so dem kleinen Mann nahen Gewerkschaften das Geld nehmen, prächtige Gewerkschaftszentralen zu bauen. Nebenbei wüsste ich auch noch gerne, ob er wirklich der Meinung ist, dass jemand, der seit 30 Jahren Berufsgewerkschafter ist, wirklich noch als Vertreter der Beschäftigten gesehen werden kann.

Ein rein deutsches Phänomen ist aber Ärger mit Gewerkschaften nicht. In Götebörg gibt es eine Salatbar, deren Besitzerin – 25 Jahre alt und daher auch Jungunternehmerin – sich weigert, den Tarifvertrag für gastronomische Betriebe zu unterschreiben. Die Unterzeichnung dieses Vertrags ist übrigens freiwillig, was aber die entsprechende zuständige Gewerkschaft wenig kümmert. Wer eben nicht unterschreibt, wird gefügig gemacht, zu unterschreiben. Dabei scheint nicht zu gelten, dass die ganze Aktion rechtsstaatlichen Prinzipien widerspricht und ganz nebenbei auch keine Beschwerden von Mitarbeitern vorliegen. Letzteres kann ohnehin kaum passieren, denn die Besitzerin hat ohnehin nur einen Teilzeitangestellten, und der sei dazu auch noch ziemlich zufrieden.

Also betreibt die Gewerkschaft seit Anfang Dezember eine Blockade der Salatbar, um die Kundschaft zu vergraulen und doch noch die Unterschrift zu bekommen. Mit Erfolg: die Besitzerin Sofia Appelgren blieb hart, aber musste sich offenkundig aus finanzieller Hinsicht letztendlich doch beugen. Nachdem das einjährige Jubiläum ihres Geschäfts von einer Demonstration der Gewerkschaft begleitet wurde, entschloss sie sich zum Verkauf. Offenbar war der „Druck der Strasse“ stärker als die überwiegende Unterstützung in der Öffentlichkeit.

Der Kampf gegen ungerechte Löhne ist eine ehrenwerte Sache – aber die Gewerkschaften sollten sich auf die Fälle konzentrieren, wo es wirklich Ungerechtigkeit gibt. Für Gewerkschafter scheint dieser Begriff aber mit dem Tarifvertrag identisch zu sein.

Aktuelle Wendung in dem Fall: Fredrik Federley, ein anscheinend etwas snobbig daherkommender Abgeordneter der konservativ-grünen Zentrumspartei, hat nun Kaufinteresse bekundet und steht in Konkurrenz zu zwei weiteren Bietern. Witzigerweise war es auch er, der der Fachschaft „Mafiamethoden“ vorwarf. Ganz im Gegensatz zum aktuellen Arbeitsminister Sven Otto Littorin, der an der ganzen Blockade nichts falsches sehen konnte.

Der Fall wird damit fürs erste wohl auch einzigartig bleiben, denn die Aktion der Gewerkschaft hat schon Nachahmer gefunden. In Kristianstad gab eine Geschäftsbesitzerin schon nach einem halben Tag Blockade nach. Die hat zwar auch nur einen Angestellten – aber es ging ja, wie so oft in Schweden, ums Prinzip.

Ehrlich gesagt bin ich mir im Moment nicht sicher, ob mir die deutschen oder die schwedischen Gewerkschaften unsympathischer sind.

Selbstkritik

Irgendwas mache ich falsch – vermutlich alles. So gibt es diesen Bericht heute im Spiegel zu lesen – man beachte meinen letzten Eintrag. Ich hingegen schaffe es nicht einmal in eine Lokalzeitung. Tja, meine große publizistische Offensive ist fürs erste steckengeblieben. Vielleicht fällt mir ja noch etwas ein.

Wenn ich nicht ab morgen vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten bin, denn es sind böse Unwetter zu erwarten. Schlimmer noch: höchstwahrscheinlich sitze ich auf einer Ostseefähre nach Helsinki, während es richtig losgeht. Ich halte schonmal einen Eimer bereit. Forrest Gump lässt grüßen.

Weitere Meldung dieser Woche: Svenska Dagbladet hat exklusiv festgestellt, dass Media Markt scheiße, weil in Wirklichkeit gar nicht billig sondern teuer ist. Das überrascht mich ehrlich gesagt wenig – warum sollte Media Markt hier in Schweden seine Kunden weniger bescheißen als zuhause.

Auf besagten Sextagen war ich übrigens nicht. Stattdessen habe ich mich schon einige Male in das Fitnessstudio von Lappis begeben. Seither habe ich einen Muskelkater als Haustier. Erstaunliche Effekte hat es auf alle Fälle: plötzlich laufe ich meine Standardrunde über 2 Minuten schneller. Kann natürlich nur Placebo sein, aber mal etwas anderes zu trainieren als nur die Beinmuskeln ist vielleicht auch keine blöde Idee.