Ausländer bei Studienplatzsuche benachteiligt

Es war ja schon länger zu ahnen, aber erst jetzt zeigen sich die Schnitzer in der Reform der Studienplatzvergabe, die von der aktuellen Regierung vorgenommen wurde. Kurzum: sie benachteiligen Studienbewerber, die ein älteres Abitur haben oder aus dem Ausland kommen. Diese Woche waren schon zwei Artikel in der DN über diese Probleme, und ich nehme stark an, dass es nicht die letzten gewesen sein werden.

Bislang wurden folgende Auswahlgruppen für Studienbewerber genutzt:

  • BG (Gymnasiumsnote): auf einer Skala von 10 bis 20 hat der Bewerber je nach Gymnasiumsleistungen eine Note, mit der er in die Konkurrenz um einen Studienplatz geht. Ausländische Gymnasiumsnoten wurden umgerechnet und gingen ebenso ins Rennen.
  • BF (Folkshögskola): die Folkhögskola erlaubt den nachträglichen Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung und verwendet ein eigenes Bewertungssystem.
  • HP (Högskoleprovet): der Plan B für alle. Wer zwar alle Qualifikationen hat, es aber an den Noten hapert, kann in einer Art Fertigkeitentest zeigen, dass er doch das Zeug zum Studenten hat.

Das ist aber ab diesem Wintersemester passé. Nun gibt es folgende Gruppen:

  • BI: Bewerber mit einer normalen Gymnasiumsnote
  • BII: Bewerber mit einer normalen Gymnasiumsnote, die nachträglich noch einige Kurse belegt haben, um die für den Studiengang nötige Qualifikation zu erreichen.
  • BIII: Bewerber mit ausländischen Gymnasiumsnoten (Ausgenommen sind Åländer sowie gewisse internationale Gymnasien), wobei es hier ein neues Bewertungssystem für die ausländischen Noten gibt, in dessen Details ich leider noch nicht bewandert bin.
  • BIV: Folkhögskola-Absolventen
  • HP: Högskoleprovet
  • SA: Späte Anmeldungen

Sieht auf den ersten Blick gerecht aus, hat aber zwei massive Haken:

  1. Wer vor 2003 sein Abitur in Schweden gemacht hat, kann trotz Spitzennoten nicht mehr voll konkurrieren. Alle, die danach kamen, erhalten nämlich Bonuspunkte, wenn sie bestimmte „harte“ Fächer (z.B. Mathe) belegt haben. Es ist natürlich unfair, wenn jemand mit einem Abi von 2002 nur 20,0 Punkte erreichen kann, während die nachfolgenden sich mit bis zu 22,5 Punkten an die Spitze setzen können.
  2. Ausländer haben nur geringe Chancen, über ihre Gymnasiumsnote erfolgreich zu sein. Die Quote in dieser Auswahlgruppe ist so klein, dass in vielen Programmen kein einziger Bewerber hierüber hereinkommt. In solchen Programmen sind die Chancen auf einen Studienplatz also praktisch Null. Auch in großen Programmen ist die Zahl gering, vor allem in gut gefragten Studiengängen. Um das mal anhand des gefragtesten Programms überhaupt, dem Medizinstudium zu illustrieren:
    • Göteborgs Universitet: 1 Platz, 125 Bewerber auf den Nachrückerplätzen
    • Karolinska Institutet: 1 Platz, 144 Bewerber auf den Nachrückerplätzen
    • Linköpings Universitet: 1 Platz, 113 Bewerber auf den Nachrückerplätzen
    • Lunds Universitet: 2 Plätze, 102 Bewerber auf den Nachrückerplätzen
    • Umeå Universitet: 0 Plätze, 130 Bewerber auf den Nachrückerplätzen
    • Uppsala Universitet: 1 Platz, 135 Bewerber auf den Nachrückerplätzen

    Bei den 4 Universitäten, bei denen es jeweils nur einen Platz gab, hat also schon der 2. oder 3. Nachrücker de facto keine Chance mehr, weil hier sämtliche Leute in der Warteliste den Platz verschmähen müssten. Das kann, muss aber keine Benachteiligung gegenüber den „großen“ Auswahlgruppen sein, wenn es nur einen Platz gibt, denn in den großen Gruppen gibt es zwar 30 Plätze und mehr, so dass bei ein paar Absagen doch noch einige Wartelistenleute zum Zug kommen, aber dafür ist die Warteliste auch über 3500 Personen lang. Die Benachteiligung ist aber augenfällig in Umeå – da warten 130 Leute auf einen Platz, den es gar nicht gibt. Dieses Verfahren ist wahrscheinlich ein Verstoß gegen EU-Recht, denn EU-Bürger in eine eigene Kategorie mit geringeren Annahmechancen zu stecken widerspricht dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Das hat vor allem in den nordischen Ländern für Unmut gesorgt, denn die nordischen Nachbarn kommen bestimmt gerne angesichts der niedrigen Sprachbarriere.

Da kann man nur sagen: schnellstens nachbessern! Immerhin scheint schon etwas im Gange zu sein.

2 Gedanken zu „Ausländer bei Studienplatzsuche benachteiligt“

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