Sechs Leben gerettet, 168 Narkoleptiker

Die Schweinegrippe ist nun zwei Jahre her. Grund für das Svenska Dagbladet, den Versuch einer Bilanz zu machen. Dort kommt eine Mutter zu Wort, die wegen ihres „Bauchgefühls“ sich und ihre Kinder nicht impfen lassen, gepaart mit den damals weit verbreiteten Halbwahrheiten über die Impfung.

Interessanter ist ein Informationsartikel, der dazu gestellt wurde und mit einer schönen Infografik aufwartet. Leider sind die Daten nicht gerade so aufbereitet, dass man daraus direkte Schlüsse ziehen kann. Die (relative) Impfquote der (absoluten) Zahl der Narkolepsiefälle gegenüberzustellen verschleiert massiv, dass die Bevölkerungszahlen der Länder stark unterschiedlich sind.

Wenn man das mit einbezieht und einmal ausrechnet, wieviele Geimpfte auf einen Narkolepsifall kommen, ist das Ergebnis gelinde gesagt merkwürdig:

Die Anzahl der Narkolepter pro geimpfter Person, berechnet auf der Basis der SvD-Daten und der Bevölkerungszahl der Länder

Wie kann es sein, dass in Spanien gut 12 Mio. Geimpfte auf einen Narkolepsifall kommen, während dieselbe Impfung in anderen Ländern für eine 30fach höhere Quote gesorgt haben soll?

Auch in den kaum sichtbaren Balken im oberen Diagramm gibt es enorme Differenzen:

Die Länder mit geringeren Erkrankungsquoten - auch hier zeigen sich gewaltige Unterschiede

Dort zeigt sich, dass Schweden und Finnland nicht nur absolut die höchsten Zahlen haben, sondern auch die relativ höchsten Zahlen. Mehr noch: rechnet man die 8% der in Deutschland Geimpften auf die absoluten Impfzahlen um, so wurden in Deutschland mehr Impfungen (rund 6,5 Mio.) durchgeführt als in Schweden, aber die Zahl der Narkolepsiekranken beträgt weniger als ein Fünftel der schwedischen Fälle.

Daraus gibt es nur zwei mögliche Schlüsse:

  1. Die Zahlen sind glaubwürdig, d.h. sie wurden mit vergleichbaren Standards erhoben und geben ein repräsentatives Bild ab. In dem Fall kann es keinen Zusammenhang zwischen Impfung und Narkolepsie geben.
  2. Die Zahlen sind in der Form nicht glaubwürdig, vermutlich wegen unterschiedlicher Informationsstandards und Meldefreudigkeit.

Ich tendiere stark zu letzterem, denn innerhalb Schwedens wurden signifikante Unterschiede bei den Narkolepsiefällen zwischen Geimpften und Ungeimpften gemessen. Das hätten die Macher von Svenska Dagbladet auch wissen müssen, und es ist bedauerlich, dass sie das so überhaupt publizieren.

Ebenfalls mit Vorsicht zu genießen ist die Zahl der Todesfälle. Diese werden am unteren Ende der Grafik dargestellt. Angesichts der extrem unterschiedlichen Meldedaten in der Narkolepsie ist auch hier anzuzweifeln, dass die Zahl der Todesfälle nach vergleichbaren Standards festgestellt und übermittelt wurde.

Glaubt man den Daten, dann gibt es keinen ersichtlichen Zusammenhang zwischen der Impfung und den Todesfällen. Das lässt doch mehr Verwirrung als Klarheit zurück.

Für Schweden sagt das Smittskyddsinstitutet, das schwedische Pendant zum Robert-Koch-Institut, nach einer Analyse, dass ca. 6 Menschen gerettet wurden.

Nun kann man die 6 Menschen mit den Narkolepsiefällen und dem ganzen Geld aufwiegen, das ausgegeben wurde. Ethisch ist das schwierig. Aber ich sage auch hier gerne noch einmal: es im Nachhinein besser zu wissen ist immer leicht. Wäre die Grippe schwerer ausgefallen, würden nun stattdessen Artikel publiziert, in denen dargestellt würde, wieviele man durch mehr Impfungen hätte retten können.

Der Artikel bemerkt zurecht, dass endgültige Daten fehlen, ja nicht einmal bekannt ist, wann sie denn vorliegen werden. Angesichts der hier gezeigten Daten und deren zweifelhaften Qualität ist aus meiner Sicht vollkommen unklar, wie die Impfung schlussendlich zu bewerten ist.

Ein Gedanke zu „Sechs Leben gerettet, 168 Narkoleptiker“

  1. Zumindest teilweise lässt sich das vermutlich damit erklären, dass die Daten in Schweden (und vielleicht auch in Finnland, bin da nicht so firm) durch das Öffentlichkeitsprinzip transparenter sind. Also kann direkt eine zeitliche Nähe zwischen Impfung und einer Erkrankung/Gesundheitsstörung, die – eventuell – eine Nebenwirkung der Impfung sein könnte, festgestellt werden. In Deutschland ist das schwieriger, da Impfungen nicht so erfasst werden, dass sie in Zusammenhang mit anderen Erkrankungen gebracht werden können. Da muss der Arzt erst einen Impfschaden melden, wenn er glaubt, dass das vorliegende Gesundheitsproblem mit der Impfung zu tun hat. Das erklärt schon allein niedrigere Zahlen.

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