Das Endergebnis der Wahl zum schwedischen Reichstag

Es hat gedauert, weil man wegen der Stimmknappheit mehrfach nachzählte. Diesen Nachmittag wurde nun das Ergebnis des letzten der 6063 Wahlbezirke fertiggestellt.

Hier die Angaben, in Klammern die vorläufigen Ergebnisse vom Sonntag und die Ergebnisse von 2006:

  • Moderate (Moderata Samlingspartiet): 30,03 % (Sonntag: 30,0 %, 2006: 26,1 %)
  • Zentrumspartei (Centerpartiet): 6,55 % (Sonntag: 6,6 %, 2006: 7,88 %)
  • Volkspartei die Liberalen (Folkpartiet liberalerna): 7,05 % (Sonntag: 7,1 %, 2006: 7,54 %)
  • Christdemokraten (Kristdemokraterna): 5,60 % (Sonntag: 5,6 %, 2006: 6,59 %)
  • Sozialdemokraten (Arbetarepartiet-Socialdemokraterna): 30,69 % (Sonntag: 30,9 %, 2006: 34,99 %)
  • Linkspartei (Vänsterpartiet): 5,61 % (Sonntag: 5,6 %, 2006: 5,85 %)
  • Umweltpartei die Grünen (Miljöpartiet de gröna): 7,34 % (Sonntag: 7,2 %, 2006: 5,24 %)
  • Schwedendemokraten (Sverigedemokraterna): 5,70 % (Sonntag: 5,7 %, 2006: 2,93%)
  • Piratenpartei (Piratpartiet): 0,65 % (Sonntag: als „Sonstige“ gezählt, 2006: 0,63 %)
  • Feministische Initiative (Feministiskt initiativ): 0,40 % (Sonntag: als „Sonstige“ gezählt, 2006: 0,63 %)

Wie man sieht, haben die Auslandsstimmen und andere später gezählte Stimmen das Ergebnis nur insofern beeinflusst, als dass die Moderaten etwas dazu gewonnen haben. Die letzten beiden Parteien habe ich hinzugefügt, weil sie erhebliche Aufmerksamkeit genossen haben und die beiden größten nicht in den Reichstag eingezogen sind.

Die konkrete Mandatverteilung wurde zur Stunde noch nicht bekanntgegeben. Jedoch wird nur mit minimalen Zugewinnen auf der bürgerlichen Seite gerechnet. Die drei Mandate Rückstand werden nicht auszugleichen sein. Damit hat die bürgerliche Koalition weiterhin keine Mehrheit und die Schwedendemokraten die Blockaderolle inne. Allerdings ist diese Verteilung auch gerecht, so unschön die aktuelle Situation auch sein mag. Die vier bürgerlichen Parteien haben rund 1900 Stimmen weniger erhalten als die gesamte Opposition. Eine Mehrheit wäre also nicht gerechtfertigt, sondern immer mit dem Makel behaftet, aufgrund eines unzulänglichen Wahlrechts zustande gekommen zu sein.
Dennoch ist es seltsam, dass die bürgerliche Koalition ihren Stimmenanteil steigern konnte und trotzdem keine Mehrheit hat – hier merkt man, dass eine Prozentsperre unter Umständen erhebliche Stimmanteile ausschließen kann.

Während man noch auf die weiteren Details wartet, kann man wie immer einen Blick auf die sonstigen Parteien richten, die gewählt wurden. Das ist immer recht spaßig, denn man darf in Schweden nach Lust und Laune irgendjemanden aufschreiben, was zu allerlei kreativen Auswüchsen führt.

Zunächst die Parteien, die sich im Vorfeld registriert haben:

  • Spritpartiet (Schnapspartei oder auch Alkoholpartei): ein Blick auf deren Homepage machte mir nicht auf den ersten Blick klar, ob sie denn nun für oder gegen Alkoholgenuss sind. Sie sind dagegen und wollen den Konsum halbieren. Immerhin 236 Stimmen haben sie dafür bekommen, wohl auch dank etwas Medienaufmerksamkeit.
  • Europeiska Arbetarpartiet-EAP (Europäische Arbeiterpartei): unter diesem verwirrenden Namen verbirgt sich die Schwesterpartei der deutschen BüSo, die beide in der sogenannten LaRouche-Bewegung vereint sind. Die Inhalte sind im Wesentlichen die gleichen. Wirr ist auch sonst allerlei, was die Partei plant. Sie sagt seit jeher den Zusammenbruch des Finanzsystems voraus, was sich natürlich gut trifft, wenn es ausnahmsweise wirklich mal schwächelt. Die Wähler kamen in Scharen: 187 Stimmen gab es dafür und damit 104 mehr als letztes Mal.
  • Alexander’s Lista (Deppenapostroph beachten) und Li Yu Chen Anderssonpartiet haben zwei Dinge gemeinsam: sie haben 4 Stimmen erhalten und traten beide in Gävleborgs Län. Bei beiden ist der Name Programm – zumindest bei letzterer weiß man das. Die Li Yu Chen Anderssonpartiet hat wirklich nur einen Kandidaten: Li Yu Chen Andersson, 44 Jahre, Übersetzer. Alexander’s Lista hingegen stellt vermutlich auch nur den Alexander auf, aber deren Wahlzettel glänzt mit Leere.

Nun die unregistrierten Parteien:

  • Kalle Anka Partiet (Donald-Duck-Partei): Der Klassiker unter den satirischen Scherzparteien, die seit jeher für freie Alkoholausgabe und breitere Bürgersteige steht. 123 Stimmen gab es für dieses Programm, was obige Ergebnisse ziemlich relativiert.
  • Junilistan (Juniliste): 30 Stimmen gab es von ganz hartnäckigen Wählern für diese „EU-kritische“ (eher EU-feindliche) Partei, die 2004 mit 14,5 % der Stimmen in das Europaparlament einzog und fünf Jahre darauf mit 0,47 % wieder auszog.
  • Jesus Kristus (bzw. nur Jesus): 4 Wähler haben dem Heiland persönlich die Stimme gegeben. Soviel Hingabe ist löblich, aber mir scheint zweifelhaft, dass er die Wahl angenommen hätte.
  • Mig Själv (mich selbst): zwei Wähler trauen offenkundig nur einem Menschen in der Welt zu, die Geschicke Schwedens zu leiten.
  • Tomma Stolar (leere Stühle): diese zwei Wähler haben nicht mal zu sich selbst Vertrauen und wollen den Reichstag gleich ganz leer lassen.
  • Älska mer! (Liebe mehr!): diese positive Aufforderung brachten weitere zwei Wähler vor.

451 „Parteien“ wurden nur von einem Wähler gewählt. Viel ist purer Politikfrust und Verschwörungstheorie. Darunter sind aber auch Knaller wie „All makt åt kungen“ (Alle Macht dem König) oder „Jan Lennartssons röda byxparti“ (Jan Lennartssons Rote-Hosenpartei). Man kann die Daten hier als Excel-Datei herunterladen. Eigentlich schade, dass Deutschland kein so humoriges Wahlsystem hat. Bei so vielen Wählern käme da noch allerlei mehr lustiges Zeugs heraus.
Update (18:40 Uhr): Nun ist auch die Mandatverteilung fertig. Gegenüber der Wahlnacht haben sich kleinere Veränderungen ergeben. Obwohl die bürgerlichen Parteien auf 173 Sitze erhöhen konnten, fehlen natürlich immer noch zwei zur Mehrheit. Die Zentrumspartei hat nun 23 statt 22 Abgeordneten. Die Sozialdemokraten verlieren eben diesen Abgeordneten.

Insgesamt 59 Abgeordnete wurden per Direktwahl in den Reichstag gewählt. D.h. sie wurden auf dem Wahlzettel ihrer Partei von den Wählern so oft angekreuzt, dass dies mindestens 8% der Stimmen der jeweiligen Partei im jeweiligen Wahlkreis ausmachte. Allerdings wären viele von diesen direkt gewählten Kandidaten ohnehin in den Reichstag eingezogen – so auch Reinfeldt und Sahlin.

Die Zählerei ist damit aber noch lange nicht abgeschlossen. Schließlich fanden zeitglich Wahlen für die Kommunen und die Län statt. Anscheinend machen die Zählhelfer erst einmal bei den Kommunen weiter. Dort sind derzeit aber erst knapp 2500 der 6063 Wahlkreise ausgezählt. Nur in Norrbotten, wo es naturgemäß nicht so viel zu zählen gibt, hat man schon mit der Auszählung der Wahlen im Län begonnen.

5K@EASD

Nicht viel los: schien zunächst ein sehr schwach besuchtes Event zu werden
Eines kann ich gleich vorab sagen: ich werde an diesem Lauf voraussichtlich nie wieder teilnehmen.

Nicht weil er zu teuer wäre. Er war nämlich kostenlos, ohne dass man einem Team beitreten musste, und das habe ich in 8 Jahren des Laufens eigentlich noch nie erlebt.

Ich werde deswegen nie mehr daran teilnehmen, weil dieser Lauf in Zusammenhang mit dem 46. jährlichen Meeting der European Association for the Study of Diabetes (EASD) stattfand. Da treffen sich also viele Leute, die sich auskennen, über die Krankheit und vor allem, was man dagegen tun kann. Ob Laufen dazu gehört, weiß ich nicht, aber schaden kann es vermutlich nicht. Jedenfalls findet diese Konferenz jedes Jahr an einem anderen Ort statt. Nächstes Jahr wird sie in Lissabon sein. Da würde ich nicht ungerne noch einmal hinfahren, aber nur wegen eines 5-km-Laufs bestimmt nicht.

Ziemlich leer

Außerdem war die Sache nur kostenlos für Konferenzteilnehmer und „Citizens of Stockholm“ – streng genommen bin ich beides nicht, aber ich habe das mal großzügig dahingehend interpretiert, dass ich ja immerhin Einwohner der Region Stockholm bin. Beschwert hat sich keiner.

Das hätte mich auch überrascht, denn das Geld für die Sache stammte einzig und allein von Novo Nordisk, einem großen Hersteller von Medikamenten für Diabetiker. Offenkundig kann man mit so etwas viel Geld verdienen, denn dieses Jahr veranstalten sie rund um die Welt ganze 6 derartige Läufe. Es ist anzunehmen, dass es darum ging, genügend Läufer zu haben, um Eindruck zu machen und entsprechende Fotos zu schießen. Woher die Läufer kommen, ist dabei vermutlich zweitrangig.

Füllte sich erst beim Aerobic - die Wiese beim Sjöhistoriska Museet

Die Zusammenhänge sind dabei klar: die Strecke ist mit der ersten Runde des Laufs Milspåret identisch. Mit anderen Worten: Novo Nordisk hat den Veranstalter der Milspåret, den Verein Spårvägens FK, damit beauftragt, nun eine verkleinerte Version jenes Laufs zu veranstalten und hat die Rechnung dafür übernommen. Die war nicht klein: jeder Teilnehmer erhielt ein T-Shirt, und die Ordner waren mit kleinen Utensilien wie Taschenlampen ausgestattet worden.
Dafür durfte der Schwedenchef des Sponsors auch nach dem mittlerweile üblichen Aerobic-Aufwärmgehampel etwas sagen. Da liefen aber alle schon zum Start. Immerhin warteten sie noch ein bisschen mit dem Start, was auch etwas ungewöhnlich ist, denn üblicherweise wird auf die Minute genau die geplante Startzeit eingehalten.

Mich hatte man per E-Mail geworben, wobei die Adressen vermutlich aus dem Pool der Anmeldungen der Milspåret geholt wurden. Und da er praktisch gelegen war und kostenlos, sagte ich nicht nein.

Ehrlich gesagt war ich anfangs etwas amüsiert, denn viel los schien nicht zu sein, und das hatte ich auch erwartet. Das Ganze lief ja außerhalb der üblichen Werbemaschinerie für Läufe, war brandneu, und die Strecke von 5 km ist in Schweden vergleichsweise unüblich.
Das hatte aber auch einen Vorteil, denn man konnte bei der Zeitmessung sparen – statt der heute üblichen Chipverfahren verwendete man ein Verfahren, bei dem von Hand die Zeit gestoppt werden und man dann anhand der Reihenfolge der Angekommen feststelle, welche Zeiten alle hatten. Sonderlich genau ist das nicht – zu meiner Überraschung war die offizielle Zeit mehrere Sekunden kürzer als meine selbstgemessene Zeit.

Schon besser

Laut der hatte ich nach 28:45 Minuten meinen Beitrag zu „changing diabetes“ (das ist der Slogan von Novo Nordisk) geleistet.

Wieviel wirklich los war, zeigte sich bei der Gepäckausgabe. Auf die durfte ich rund 15 Minuten warten – da war die Planung nicht ganz so gut. Es waren insgesamt 443 Läufer und 107 Walker, also insgesamt 550 Teilnehmer. Gar nicht mal schlecht für so ein Event. Anschließend gab es auch noch kostenlos Wasser (natürlich mit Logo von Novo Nordisk) und Bananen (ausnahmsweise ohne Logo).

Ich bin mit meiner Leistung sogar im mittleren Drittel, und es ist der erste Lauf dieses Jahres, den ich klar unter 6 Minuten pro Kilometer absolviert habe. Dummerweise ist ein Halbmarathon viermal so lang.