Aus aktuellem Anlass

Google-Logo heute zum 70. Geburtstag von John Lennon (Ausriss: google.se)

Früher durfte ich berufsbedingt die Trauerbekundungen für Kurt Cobain von Teenagern lesen, die zum Zeitpunkt dessen Todes fast noch flüssig waren und vermutlich außer „Smells like teen spirit“ keinen einzigen Titel von Nirvana kannten. Das hielt sie aber nicht davon ab, bei jeder Gelegenheit, wo es um den Tod des Musikers ging, Rotz und Wasser über der Tastatur auszugießen und über die unglaubliche Bedeutung dieses Mannes für ihr Dasein zu philosophieren.

Rockmusikkenner werden mich des Banausentums bezichtigen, aber wo die außergewöhnliche Bedeutung dieses Mannes liegt, ist mir bis heute schleierhaft. Es werden sich doch noch andere Bands finden lassen, die ein paar ordentliche Alben produziert und erfolgreich in einem Musiksender die Gitarren ausgestöpselt haben. Der Musikstil Grunge ist genauso dem Orkus des Vergessens anheim gefallen wie Batik-T-Shirts. Für letzteres muss man aber definitiv dankbarer sein.

Vielleicht bin ich für so etwas einfach nicht zugänglich. Ich stand und stehe dem Phänomen mit Unverständnis gegenüber.

Heute jährt sich der Geburtstag John Lennons zum 70. Mal. Ich weiß, dass ich nach dem Vergrätzen der Cobain-Fans und Rockmusikkenner durch diesen Themensprung nun auch noch einen erregten Mob Lennon- und Beatles-Fans an den Fersen habe. Aber, soviel Ehrlichkeit muss sein: der Kult um Cobain und Lennon ähnelt sich schon irgendwie – nur dass es bei letzterem bei der Zielgruppe aufgrund des schon etwas fortgeschrittenen Alters etwas abgeklärter zugehen dürfte.

Ich maße mir nicht an, mich als Beatles-Kenner zu bezeichnen. Umfänglich informiert habe ich mich jedoch schon, und so leid es mir tut: nach den Beatles kam nach meinem Eindruck nicht mehr so wahnsinnig viel, und das heute geradezu ikonische „Imagine“ erreichte seinen Status erst, als Lennon schon tot war. Vor einiger Zeit sah ich die Dokumentation „Death of a Beatle“, und da fabulierte (zumindest in meiner Erinnerung) jemand etwas davon, dass Lennon der Anführer einer großen Bewegung geworden wäre, wenn er nicht ermordet worden wäre. Ein schöner Gedanke, aber die eigentliche Bewegung entstand erst danach und war nur in Trauer vereint.

Vor allem ist aber offensichtlich, dass Lennon hierzu vermutlich nie getaugt hätte. Nach allem, was ich über ihn weiß, scheint er ein Mensch mit vielen Ecken und vor allem Kanten gewesen zu sein.

Dass Google heute Lennon mit obigem Doodle ehrt, nehme ich daher lieber als einen Tribut an einen der brillantesten Musiker des 20. Jahrhunderts, der mit seinen Werken Millionen von Menschen berührte. Träume sollten immer einen Platz haben, auch wenn sie zu unberechtigen Hoffnungen führen. Seinen Platz als Ausnahmekünstler mit Visionen konnte seither keiner mehr ausfüllen, wie mir scheint.

Mich über Musik, von der ich (offenkundig) nicht sonderlich viel verstehe, auszulassen ist nicht gerade typisch für mich. Warum also diese Ausnahme?

Sie ist in gewisser Hinsicht etwas egoistisch. Die allermeisten Menschen werden an einem Tag geboren, an dem nichts besonderes passiert. Ich bin genau an dem Tag geboren, an dem ein Irrer namens Mark David Chapman vor dem Dakota-Building lauerte und später am Tag Lennon erschoss. Das bedingt nicht nur, dass ich in 2 Monaten indirekt auf meinen 30. Geburtstag hingewiesen werde. Auch wenn ich das Träumerische nicht so sehr teilen kann, so erzeugt dieser Zufall irgendwie eine Verbundenheit mit diesem Mann aus Liverpool (und mit seinen drei ehemaligen Kumpels). Die Strawberry Fields in New York haben soviel Eindruck hinterlassen, dass ich mehrmals dort war. Und auf dem Schottland-Trip vor zwei Jahren blieb mir besonders Durness im Gedächtnis, wo eine Gedenkstätte daran erinnert, dass Lennon in diesem winzigen Nest im äußersten Norden des Landes Verwandtschaft hatte, als Kind oft dort war und auch Yoko Ono einmal dorthin nahm.

So bin ich heute auch irgendwie in der Gemeinde der vielen Menschen, die dieses Mannes gedenken. In diesem Sinne. Requiescat in pace John Lennon

[via Nikke Index, Kids and me 2.0]

Investmentgenie

Ich bin bislang derart erfolglos als Aktienhändler, dass eine Bank mich eigentlich schon deswegen anstellen sollte, weil ich ihnen garantiert sagen kann, welche Aktien man nicht kaufen sollte: nämlich die, die ich kaufen würde.

Ein Blick in mein Aktiendepot:

Mein Aktienportfolio

Ich habe mich also ausgerechnet für zwei Firmen entschieden, die vor sich hin darben.
Zum Einen SAS, eine Airline, die keiner kaufen will und jetzt einen neuen Chef hat, der den Karren aus dem Dreck ziehen soll. Ich hatte die Aktie ursprünglich erworben, weil die Asche alle Airlines gedrückt hatte und ich annahm, dass eine angeschlagene Staatsairline keinesfalls untergeht. Bislang fliegen sie noch, aber das es nicht allzu rosig sein kann, merkt man schon daran, dass an Bord wie bei einem Billigflieger Erfrischungen nur gegen Bezahlung angeboten werden.

Zum Anderen aber und noch viel schlimmer Eniro – eine Firma, die die meisten ihrer Dienste gratis und werbefrei anbietet, was freilich nicht gerade zum Umsatz beiträgt. Ursprünglich war sie als Auslagerung des Telefonbuchvertriebs des schwedischen Telekom-Pendants gegründet worden. Manche werden sich noch daran erinnern können, dass die Firma in Baden-Württemberg Werbung machte mit dem Slogan „Baden-Württemberg hat die höchste Zebradichte Deutschlands“ oder so ähnlich. Die Telefonbücher hatten nämlich ein Zebra-Layout. Das haben viele wohl nicht verstanden. Vielleicht wollte auch einfach keiner die Telefonbücher haben. Jedenfalls hat sich die Firma in Deutschland anscheinend nie etabliert.

Bei meinem Kauf hatte ich nur auf den Börsenkurs geschielt: der war zum Zeitpunkt meines ersten Kaufs schon um über 70% gesunken, woraus ich schloss, dass die Talfahrt auch mal beendet sein müsse. Die ging aber noch ein gutes Stück weiter. Bei einer Kapitalerhöhung machte ich dann auch noch mit. Das alles half aber nichts. Zwischenzeitlich war die Aktie so eine Art Hot Stock: sehr billig, so dass viele Leute schnell investieren, ihr Geld aber auch schnell wieder abziehen, um den Gewinn sofort mitzunehmen.

Bei mir gab es aber nichts mitzunehmen. Also hielt ich – wenn ich schon Kostolanys Rat, mich über die Firma intensiv zu informieren, nicht befolgt hatte, so wollte ich wenigstens dem Rat folgen, Aktien lange liegen zu lassen. Außerdem: was will ich mit 8 Euro, die mir nach Abzug aller Gebühren noch blieben? Im Mai hatte ich mir überlegt, auf die Hauptversammlung zu gehen und zumindest das kulinarische Angebot dort zu plündern.

Die Situation scheint aber so dramatisch zu sein, dass es da nichts zu plündern gegeben hätte. 6,4 Milliarden Kronen Schulden hat der Laden – und das bei einem Börsenwert von 1,2 Milliarden. Vor einem Monat flog deswegen auch der Chef raus. Kurz darauf wurden große Teile des Finnlandgeschäfts verkauft. Zwischenzeitlich ging es hoch und runter. Am Mittwoch wurde dann sogar der Handel mit der Aktie ausgesetzt. Heute steht nun in der Zeitung, dass keiner Eniro kaufen will (nichtmal ich).

Womöglich ist es bald zu Ende mit der Firma, die sich erst kürzlich ein neues Logo gab. Wenn sich kein Investor findet, wird man höchstens noch die Reste plündern können – Google hätte sicher großes Interesse an den Karten- und Street-View-Funktionen des Ladens. Der Rest wird aber wohl in der Versenkung veschwinden.

Reales und anfassbares Wertpapier (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)

Ich habe gehört, man kann sich Wertpapiere auch zum Anfassen ausliefern lassen – also so ein schönes Stück wie das hier dargestellte. Wenn das geht, würde ich das glatt machen. Das Papier ist dann ohnehin wahrscheinlich mehr wert als die Aktie.