Right Livelihood Award – der „alternative Nobelpreis“ und ein gelungener PR-Coup

Eher dünn besetzt: die Pressekonferenz des Right Livelihood Award 2009 (Bild: Prolineserver 2010, Wikipedia/Wikimedia Commons (cc-by-sa-3.0))

Er ist heute unter den aktuellen Meldungen , aber viel mehr Aufmerksamkeit bekommt er auch nicht: der Right Livelihood Award, ein Preis, der jedes Jahr an Menschen vergeben wird, die Gutes tun für unseren Planeten und seine Bewohner.

Eine schöne Sache, dass es so etwas gibt. Doch etwas macht diesen Preis so besonders: die Bezeichnung „alternativer Nobelpreis“. Diese wird in den deutschen Medien so penetrant verwendet, dass es schon in der Überschrift steht. Vor einiger Zeit hörte ich eine Folge der Talksendung „SWR1 Leute“, bei der dieser Begriff so verwendet wurde, als sei es der offizielle Name.

Die deutschsprachigen Medien sind auch so ziemlich die einzigen, die diesem Preis eine nennenswerte Bedeutung zumessen – bei den Pressekonferenzen des Awards sieht es ansonsten ziemlich leer aus. Selbst die schwedischen Medien interessiert das alles nur sehr bedingt, und wenn man heute mal bei Google News in internationalen Medien sucht, ist das Ergebnis dürftig.

Warum ausgerechnet Deutschland so auf diese Sache anspringt, weiß ich nicht. Vielleicht hat man in den anderen Ländern einfach erkannt, wieviel Schaumschlägerei dieser Preis im Grunde ist.

Warum dieser Preis nie zu einem Nobelpreis werden konnte

Die Legende geht nämlich so, dass Jakob von Uexküll einst der Meinung war (und immer noch ist), es bräuchte einen Nobelpreis für Ökologie, Menschenrechte und andere philanthropische Aktivitäten. Daher verkaufte er seine Briefmarkensammlung, was die stolze Summe von 1 Million US-Dollar erbrachte.

Er wandte sich an die Nobelstiftung und wollte mit dem Geld einen oder zwei neue Nobelpreise einrichten. Diese lehnte jedoch ab, und alle Welt glaubt bis heute, dies sei alleine so, weil die Stiftung einfach keinen neuen Preis einrichten wollte. Wohl auch, weil man nach den doch eher zwiespältigen Erfahrungen mit dem ab 1969 verliehenen „Preis für Wirtschaftswissenschaften der schwedischen Reichsbank in Gedenken an Alfred Nobel“, besser bekannt als Wirtschaftsnobelpreis, keine Erweiterungen an dem Preis mehr machen wollte.

Klingt schön, aber man kann doch stark bezweifeln, dass das so stimmt. Zum Einen musste von Uexküll damit rechnen, dass die Nobelstiftung nein sagen würde. Diese Organisation existiert nämlich einzig und allein zu dem Zweck, das Vermögen Alfred Nobels zu verwalten und die Erträge im Nobelpreis auszuteilen. Alles jenseits dessen darf nicht aus diesem Geld finanziert werden.

Wenn die Nobelstiftung also ihr Tätigkeitsfeld ausdehnt, dann ist nicht nur der gewaltige Effekt in der Öffentlichkeit zu beachten, der hierdurch zwangsläufig entsteht. Es muss auch die Finanzierung dieser Aktivitäten sichergestellt sein.

Und genau hier hat die ganze Sache einen massiven Haken. Die schwedische Reichsbank hat genug Geld, um auf lange Sicht die Preissumme und auch alle anderen anfallenden Kosten zu finanzieren. Von Uexküll hingegen hatte nur 1 Million US-Dollar, was im Jahr 1980, als er das Angebot machte, maximal 4.530.000 schwedischen Kronen entsprach.

Der Preis hätte nie finanziert werden können

Der echte Nobelpreis hatte im Jahr 1980 aber eine Preissumme von 880.000 schwedischen Kronen. Es hätte also zwei Möglichkeiten gegeben: man hätte Uexkülls Geld investieren können und den neuen „Nobelpreis“ von den Zinsen nehmen können. Dazu hätte man aber einen jährlichen Ertrag von fast 20% erzielen müssen – ein Wert, der mit seriösen Methoden niemals dauerhaft erreicht werden kann. Die Alternative wäre gewesen, das Geld auszugeben, was aber bedeutet, dass nach 5 Jahren ohne Hilfe von außen Schluss gewesen wäre.

Und bei all dem ist noch nicht einmal eingerechnet, dass für Verwaltung, Verleihung etc. auch Kosten anfallen.

Kurzum: Jakob von Uexküll hatte zu keiner Zeit das Geld, um einen, geschweige denn zwei „Nobelpreise“ zu stiften. Selbst wenn die Nobelstiftung weitere Preise hätte hinzufügen wollen, so hätte sie das Angebot ablehnen müssen, weil eine nachhaltige Finanzierung unmöglich hätte gewährleistet werden können. Es wäre unverantwortbar gewesen, jemandem, der mit einer 1 Mio. US-Dollar und guten Absichten hereinschneit, einen neuen Quasi-Nobelpreis zuzugestehen. Und auch wenn es böse klingt: Jakob von Uexküll hatte schlichtweg nicht das Format, das dem Nobelpreis angemessen wäre.

Es fällt mir schwer, zu glauben, er habe das nicht gewusst und sei so naiv gewesen, etwas anderes anzunehmen.

Der „Right Livelihood Award“

Das Ganze erscheint mir eher als ein brillanter PR-Trick: die Aufmerksamkeit aus einem aussichtslosen Angebot an die Nobelstiftung zu benutzen, um die inoffizielle Bezeichnung „alternativer Nobelpreis“ für sich zu reklamieren. Die Stiftung des Right Livelihood Award verwendet die Bezeichnung gerne und oft in Anführungsstrichen (um keinen Ärger mit der Nobelstiftung zu kriegen).

Von Uexküll Egomanie vorwerfen möchte ich nicht. Zwar sieht die ganze Aktion schon ein bisschen nach dem Versuch eines Berufsphilatelisten und Weltverbesserers aus, sich in eine Reihe mit einer historischen Figur wie Alfred Nobel zu stellen. Aber im Zentrum der Veranstaltung steht nicht er, sondern die Preisträger.

Das ist wohl auch besser so, denn sein Geld von damals ist natürlich schon lange weg. Das Preisgeld – dieses Jahr immerhin 800.000 € (auf vier Preisträger verteilt) – wird aus Spenden finanziert, und die Homepage der Stiftung wirbt mit Steuervergünstigungen für Spendebereite.

Es mag eine schöne Sache sein, Menschen, die Gutes tun, einen Preis zu geben, damit die Welt von ihren Taten weiß und auf dass sie mit ihrem Preisgeld weiterarbeiten können. Auf die Posse, es handele sich hier um einen verkappten Nobelpreis, den die Nobelstiftung trotz der edlen Absichten schroff ablehnte, sollte man aber nicht hereinfallen.