Die Hoffnung stirbt zuletzt oder the long way to a Rauchverbot

Nun ist es also endgültig gescheitert, das bundeseinheitliche Rauchverbot für Restaurants – und zwar aus verfassungsrechtlichen Gründen. Mein mittlerweile schon zum Dauergesang gewordenes Klagelied von der Unfähigkeit der deutschen Politik zu im Grunde harmlosen, aber mutigen Versuchen stimme ich hier nicht noch einmal an.

Ein paar Denkansätze will ich aber dennoch nicht unterschlagen.

  1. Das Verbot ist nun an verfassungsrechtlichen Bedenken gescheitert. Ich bin kein Jurist und gebe auch nicht vor, einer zu sein. Allerdings möchte ich doch mal die Frage in den Raum stellen, ob die Väter und Mütter des Grundgesetzes 1949 wirklich im Sinn hatten, einen Staat zu schaffen, in dem die Länder eigentlich nur unwichtige Dinge regeln dürfen, aber gleichzeitig noch Grund genug sind, Gesetzesentwürfe mit kontroversem Inhalt ins Nirvana zu schicken. Ich denke da wie die Redaktion der SZ an das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 GG). Mich würde da auch wirklich einmal interessieren, wo genau die Zuständigkeit der Länder sein soll – ich sage nur „Bundesrecht bricht Landesrecht“ (Art. 31 GG), und wenn diese Vorschrift eigentlich nicht den Zweck hat, den ich hier meine, so macht mir die ganze Sache doch deutlich bewusst, dass Deutschland erheblich besser bedient wäre, wenn es einen stringenten Aufbau wie die USA hätte. Dort dürfen die Staaten alles regeln, was der Bund nicht regelt. Die Städte dürfen alles regeln, was der Staat nicht regelt. Wenn man diese Pyramide auf das deutsche System übertragen könnte, könnten sich Länder durch eigene Steuern um ihre Staatsfinanzen kümmern und auch unkonventionelle Wege probieren. Dieser Wettbewerb hätte auch seine kritischen Seiten, würde aber auf alle Fälle die festgefahrenen Strukturen deutlich flexibler machen. In jedem Fall muss man den sündhaft teuren Länderparlamenten endlich Mittel an die Hand geben, einige Wege zu gehen, ohne dabei gleichzeitig den Bund handlungsunfähig zu machen. Dies würde den Landtagen endlich eine echte Daseinsberechtigung geben. Denn, seien wir mal ehrlich: wenn Kleinigkeiten wie eine Verbraucherschutzrichtlinie und ein Rauchverbot an den föderalen Strukturen scheitern, dann ist es um dieses System nicht gut bestellt. Der Föderalismus steht nicht zur Disposition, denn er ist schon aus historischen Gründen eine absolute Notwendigkeit. Eine Frischzellenkur könnte er aber dringend vertragen.
  2. Groteskerweise gibt es sogar eine Mehrheit für ein Rauchverbot in Restaurants, und auch die Umfragewerte für striktere Lösungen sind nicht gerade vernichtend. Die Politiker können sich also nicht darauf berufen, in der Bevölkerung gäbe es keine Mehrheit für erste Schrittein diesem Bereich.
  3. Welche politischen Kräfte stecken wirklich dahinter? Das erzkonservative Bayern prescht nun vor und wollen Schritte zu einem Rauchverbot unternehmen. Der aus einem ganz anderen Flügel der Union kommende Peter Müller gibt hingegen hirnfreie Sätze wie „Ob in Restaurants oder Bars geraucht werden darf, sollen Besitzer und Kunden entscheiden“ von sich. Meine Hoffnung bleibt, dass die Weitergabe der Entscheidung an die Länder zu einer Vielfalt der Lösungen wie bei den Ladenschlusszeiten führen wird. Wünschenswert wäre beispielsweise eine Vorreiterrolle der Großstädte. Wenn Berlin und Hamburg, aber auch bevölkerungsreiche Länder wie Nordrhein-Westfalen ein absolutes Rauchverbot in der Öffentlichkeit einführten, hätte das Signalwirkung für das ganze Land, denn hier sind so viele wichtige kulturelle Zentren. Wenn man in Berlin in keiner Kneipe rauchen darf, in Stuttgart aber schon, dann werden bald die Unterschiede und vor allem die Vorteile sichtbar werden, die ein solches Verbot hat. Groteskerweise könnte dies aber wieder an die Grenzen der Verfassung gehen, denn die Lebensbedingungen sollen ja überall gleich sei – der Barkeeper im Raucherland riskiert dann täglich seine Gesundheit, der im rauchfreien Land nicht. Mich würde interessieren, wie da das Bundesverfassungsgericht entscheiden würde.
  4. Wo bleibt die EU? Bisher gibt sie nur mahnende Worte und Absichtserklärungen von sich. In unserem schönen bald 27 Länder umfassenden Staatenverbund kann man nicht nur überall arbeiten und leben. Es sind auch viele Dinge geregelt, die nach Ansicht vieler (um nicht zu sagen fast aller) gar nicht von der EU geregelt werden müssen. Die Form von Gurken beispielsweise oder die Beschaffenheit von Traktorsitzen. Eine EU-Richtlinie zum Rauchverbot in allen öffentlichen Plätzen würde dem ganzen Drama in Deutschland endlich ein Ende setzen. Und ganz nebenbei den Millionen Europäern helfen, die bisher noch nicht einmal ein Rauchverbot in ihrem Land in Aussicht haben.
  5. Die Hoffnung stirbt zuletzt – vor 20 Jahren hatten wir Kalten Krieg, in 20 Jahren bestimmt auch ein Rauchverbot

In diesem Sinne: ich geh jetzt keine rauchen.

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