Värmdös Tierleben

Gestern habe ich mich vergeblich darin versucht, die Viertelfinals von Samstag zu kommentieren, ohne die Tragödie, die sich nicht allzuweit der Stadien abspielte zu ignorieren. Jenseits des Beileids und dass ich selbst einmal bei einer Loveparade war (der größten der „echten“ in Berlin) und mir bis heute vorhalten lassen muss, an dem Tag auch in die nagelneue Reichstagskuppel gegangen zu sein, hätte ich nichts zu sagen. Was will man auch sagen, wenn soviel gesagt worden ist?

Also geht es jetzt erst einmal um etwas Possierliches für zwischendurch. Mein Wohnbezirk ist zwar der sozial schwächste der Gemeinde, was man an den Zuständen vor der Pizzeria mit Ausschanklizenz des öfteren gut erkennen kann. Unsere Ecke ist dennoch ganz beschaulich, denn die weiter unten gelegene Eigenheimsiedlung sieht man nicht, so dass man beim Blick aus dem Küchenfenster den Eindruck gewinnt, man wohne direkt am Wald.

Katzen sind zwar nicht so exotisch, aber dass sie nicht alleine auftreten doch etwas ungewöhnlich. Rehe vor dem Haus sind aber schon etwas seltener. Beim Joggen sieht man sie aber häufig. Auf einen Elch warte ich allerdings auch nach 5 Jahren in Schweden immer noch vergebens.

Auswandererguide Teil VI – Der Wohnungssuche fünfter Teil: das eigene Haus und was es sonst noch so gibt

Zum Thema Wohnungssuche habe ich mittlerweile das englischsprachige Stockholm Accommodation Wiki gestartet. Dieses soll Informationen besser sammeln und strukturieren, als es der Auswandererguide kann. Die Adresse: http://stockholmaccommodation.wikia.com

Wer sich bis hierhin durchgekämpft hat, hat einen ersten Rundflug durch den schwedischen Wohnungsmarkt überlebt – zumindest so, wie er sich nach meinen bisherigen Erkenntnissen darstellt.

Jenseits dieser Ausführungen gibt es dennoch noch einiges, was bislang nicht näheres ausgeführt wurde.

Eigenheim

Bei den ganzen Details über den großstädtischen Wohnungsmarkt ging natürlich vollkommen unter, dass Skandinavien im Allgemeinen geprägt ist von viel Natur auf wenig Menschen und damit auch ausreichend Platz für ein schmuckes Häuschen. Man spricht von „fastigheter“ – dieser Begriff beschreibt nicht das Haus selbst, sondern das Eigentum eines Grundstücks, auf das man dann eben auch ein Haus stellen kann. Auch die Großstädte sind hiervon nicht ausgewohnen. Wenn man von den Trabantenstädten mit ihren Mietskasernen und den dicht gepackten Innenstädten absieht, gibt es überall Wohngebiete mit Eigenheimen. Ein gravierender Unterschied zu Deutschland ist dabei allerdings, dass es das klassische Zweifamilienhaus, bei dem der Besitzer eine Wohnung bewohnt und die andere vermietet, hierzulande meines Wissens nicht gibt. Einfamilienhäuser sind der Standard. Reihenhäuser gibt es jedoch auch, haben aber anscheinend auch eine monatliche Abgabe wie schon von den Bostadsrättern bekannt.

Qualifizierte Aussagen über Kosten kann ich nicht machen, doch muss ich anmerken, dass es in den einschlägigen Vermittlungen durchaus Häuser gibt, deren Grundpreis nicht teurer ist als eine Wohnung. Natürlich liegt das Haus viel weiter draußen auf dem Lande, aber dafür ist es meist auch um ein Vielfaches größer. Allerdings habe ich auch Häuser gefunden, die eine Wohnfläche von sage und schreibe 20 m² hatten.

Wenn man also ein Bostadsrätt auslösen kann und noch etwas Geld auf die Seite gelegt hat, steht einem eigenen Haus nichts mehr im Wege. Laut dem Kreditrechner von SEB zahlt man für ein neues Haus im Wert von 2 Mio. Kronen an Tilgung und Zins im Monat gerade einmal 8000 kr. Dies klingt für eine einigermaßen gut verdienende Familie durchaus machbar.

Für Leute unter 30 ist dies natürlich verständlicherweise keine Option.

Freizeithaus

Der Klischeeschwede bei Inga Lindström hat natürlich auch ein Freizeithaus (Fritidshus), meist in bester Lage draußen auf den Schäreninseln.

In der Tat haben viele Schweden ein kleines Ferienhaus, wenn auch in weniger privilegierter Lage. Die Finanzierung läuft hier natürlich genauso wie bei einem normalen Haus.

Für verzweifelte Neuankömmlinge in Schweden können Ferienhäuser durchaus eine Option sein. Wenn man in der Nebensaison ankommt, kann man ein solches nämlich durchaus zu akzeptablen Preisen vorübergehend mieten, um dann von dort aus die weitere Wohnungssuche zu koordinieren. Allerdings muss man in Kauf nehmen, dass es meistens ziemlich ab vom Schuss liegt.

Bostadsbyte (Wohnungstausch)

Diesem Phänomen kann ich nur das Attribut „bizarr“ geben. Es handelt sich dabei um einen weiteren, ganz eigenen Markt. Wenn ein Mieter A beispielsweise eine Wohnung in interessanter Lage hat, die aber für das kommende Kind zu klein wird, kann man diese Wohnung zum Tausch gegen eine anbieten, die der veränderten Prioritätensetzung gerecht wird. Hat nun ein Mieter B eine solche Wohnung und würde scheidungsbedingt aber gerne in die Wohnung des Mieters A ziehen, so kann man die Wohnungen tauschen. Praktiziert wird dies vor allem auch von Leuten, die einen Umzug in Schweden planen. Hat man beispielsweise eine Wohnung in Malmö und will nach Göteborg ziehen, kann man seine in Malmö eben für eine ähnlich interessante in Göteborg eintauschen. Anscheinend geschieht das dann auch mit dem Segen der Wohnungsgesellschaften. Das macht insofern Sinn, als dass der Gesamtwohnungsbestand ja der gleiche bleibt. Ansonsten ist das Ganze natürlich an Absurdität kaum zu überbieten. Für Einwanderer ist es ohnehin keine Option, denn man muss erstmal eine Wohnung haben, um sie tauschen zu können.

Inneboende

In der vorigen Folge wurde eine Wohnform kurz erwähnt, die einer WG am nähesten kommt. Da in Schweden echte WGs mit entsprechenden Mietverträgen nicht existieren, sieht diese Lösung so aus, dass ein Inhaber einer ausreichend großen Wohnung die überschüssigen Zimmer anderen Leuten zur Verfügung stellt und die Mietkosten dann teilt. Dies ist meiner Einschätzung auch einigermaßen legal – Details bestimmt natürlich der Mietvertrag. Da der Mieter aber selbst in der Wohnung lebt, kann die Wohnungsgesellschaft wohl wenig dagegen tun.

Nichtsdestotrotz liegt die Versuchung für den Mieter nahe, seinen Untermietern den ganzen Mietpreis aufzubrummen. Da Zimmerpreise unter 2500 kr praktisch nicht existieren, ist mit zwei Untermietern zu diesem Preis die Miete einer Drei-Zimmer-Wohnung schon gedeckt. In dem Fall haben beide Seiten irgendwo auch ein gutes Geschäft gemacht, auch wenn es natürlich eine unfaire Sache bleibt.

Zusammenfassung

Damit ist das Thema des Wohnens im Wesentlichen behandelt. Den Weg zur Heimstatt mit einer Erfolgsgarantie konnte ich natürlich nicht zeigen. Dafür ist das Wohnungsproblem vielerorts zu massiv.

Dennoch dürfte als allgemeine Strategie klar sein, jede praktikable Option zur verfolgen, um die Fühler so weit wie möglich auszustrecken. Die erste Anlaufstelle für die allermeisten dürfte freilich Andra Hand sein – vom Bostadssnabben abgesehen gibt es keine andere Option, die eine Unterkunft zur Miete direkt verfügbar macht. Bostadsrätter sind vor allem für diejenigen eine Option, die schon eine Weile hier wohnen und ein gesichertes Einkommen haben. Ist man zu zweit, und plant seine weitere Zukunft in Schweden, sind Bostadsrätter und Eigenheime eine interessante Option, weil man damit an eine dauerhaft gesicherte Wohnung kommt. Studenten sollten neben Andra Hand vor allem die exklusiv für sie eingerichteten Zimmer- und Wohnungsvermittlungen beachten.

In der nächsten Folge geht es dann um Probleme anderer Art: die Bürokratie und wie man sie handhabt.