Alarm, Alarm

Bei den Ereignissen heute muss natürlich auch noch ein ernsthafter Kommentar zu Nordkorea her. Das Land ist neuerdings mein Lieblingsthema und steht ganz oben auf meiner Wunschurlaubsliste – nach den heutigen Ereignissen fragt sich allerdings, wie lange noch.

Wie immer bei Nordkorea weiss man nicht, was wahr ist und was Dichtung. Fest steht aber, dass dieses Mal etwas passiert ist. Ich sitze hier ja nahe an der Quelle, wenn man so will. FOI, meine Diplomarbeitsstelle, wird zwar nicht mittels der Detektoren, mit denen ich auch zu tun habe, feststellen können, dass etwas passiert ist, aber die seismische Messstelle Hagfors hat etwas gemessen:

FOI kann bestätigen, dass am 9. Oktober 2006 eine Sprengung mit einer Stärke von ungefähr einer Kilotonne in Nordkorea stattgefunden hat. Seismische Daten, unter anderem von der Station in Hagfors, registrierten eine Sprenungn um 1:35:28 GMT (3:35:27 MESZ). Die Stärke war ungefähr 4 auf der Richterskala […]
Die Explosionsstärke von einer oder wenigen Kilotonnen ist bemerkenswert niedrig für eine erste Probesprengung einer plutoniumbasierten Implosionsladung. Die typische Stärke för eine Ladung der ersten Generation ist eher in der Grössenordnung von einigen 10 Kilotonnen. Ein nordkoreanischer Atomtest mit der Stärke einer Kilotonne kann aber nicht von vorne herein als fehlgeschlagen angesehen werden.

Meine Chefin ist auf der Seite als Kontakt angegeben und hat daher auch viel zu tun heute.

Mein persönliche Einschätzung ist zwar, dass sich nicht allzu viel ändern wird, ausser dass Nordkorea nun auch seine letzten Freund endgültig verlieren wird und damit noch mehr in die Isolation gehen wird als sowieso schon. Eine einfache Lösung für diesen Konflikt wird es ohnehin nicht geben. Es bleibt abzuwarten, was der Sicherheitsrat heute beschliesst. Allerdings sind die Folgen für die Nordkoreaner fatal, die weiterhin im Glauben gehalten werden, die USA würden sie in Kürze angreifen – die Amerikaner sind neben den Japanern nämlich in der nordkoreanischen Propaganda Sündenbock für alles und jeden. Die zaghafte Öffnung des Landes vor einigen Jahren ist in jedem Fall zum Stillstand gekommen, denn die Sonderwirtschaftszonen nach chinesischem Vorbild zum Aufbau der Wirtschaft werden bei der derzeitigen Situation keine Investoren anlocken. Sollte es zu einer neuerlichen Hungersnot kommen, würde dies massiv Menschenleben kosten, weil das keinerlei Reserven für solche Fälle hat.
Propagandistisch hat es Nordkorea allerdings in einer Hinsicht etwas gebracht: die staatliche Nachrichtenagentur KCNA dürfte bis vor kurzem bei den meisten Redaktionen der westlichen Welt eher als Realsatire gegolten haben. Das wird sich nun zumindest vorübergehend ändern.

Update: Wer sich nicht so recht vorstellen kann sicher ist, ob man denn vor Nordkoreanern Angst haben muss:

Manfred Schneider KPA-Vorsitzender
Manfred Schneider – Vorsitzender der „Korean Friendship Association in Deutschland“

2 Gedanken zu „Alarm, Alarm“

  1. Danke für deinen Beitrag, deine Gedanken sind spannend.

    Ich bin nicht der ultra Korea Profi und man soll ja bekanntlich nicht schätzen, sondern wissen. Was mich erstaunt, ist immer wieder, wie man ein ganzes Volk so steuern kann, dass es solche Sachen mitmacht, gut findet und sogar unterstützt. Die gleiche Situation, rein technisch gesehen, haben wir in Weissrussland. Dort gibt es aber ausgeprägte Wiederstandsgruppen, vorallem jugendliche Studenten, die etwas ändern wollen.

    In einer globalisierten Welt muss doch irgend Informationen zum Rest der Welt in die Bevölkerung fliessen und dort wiederstand wecken? Oder gibt es dass bereits?

    Ich habe mich mal mit dem Thema Atombombe befasst, ist schon länger her aber trotzdem http://www.ertragbar.ch/site/kategorien/ernst/plutonium/plutonium.html

    Wusste damals nicht dass dies wieder aktuell wird. übel übel.

    Gruss

  2. Danke für den Kommentar.

    für mich ist und bleibt Nordkorea ein Phänomen. Wenn man über dieses Land liest, verschwimmen die Grenzen von Wahrheit und Fiktion, und zwar in jeder Hinsicht.

    Was wir von diesem Land sehen, reicht weit über die bekannten Propagandagrenzen hinaus. Den Menschen dort – und auch den Besuchern – wird autosuggestiv ein Korea gezeigt, das es vielleicht gibt, vielleicht auch nicht.
    Die Faktenlage ist derart dünn, dass man nicht einmal erahnen kann, was wirklich die Situation des Landes ist. Man weiss ja noch nicht mal, ob diese Bombe auch wirklich eine Bombe war – die Erschütterung hätte man auch mit konventionellem Sprengstoff auslösen können. Man kann nur wild spekulieren, wie es weitergeht.
    Die Nordkoreaner selbst sind natürlich weitgehend abgeschottet. Allerdings haben die Chinesen ihre ganzen alten Videorecorder nach Nordkorea verkauft, wo man jetzt heimlich südkoreanische Soaps auf Video anschaut. Die technische Revolution kommt langsam nach Nordkorea, und sie wirkt. Die Zahl der Flüchtlinge zeigt, dass die Grenzen nicht mehr undurchlässig sind, und auch das Wissen über die Durchführung einer solchen Flucht irgendwie in das Land gedrungen sein muss.

    Heute sprachen die Nordkoreaner von einer „Kriegserklärung“, sollte es zu Sanktionen kommen. Da stellt sich natürlich die Frage, ob die Führer des Lands mittlerweile soweit der Selbstverherrlichung verfallen sind, dass sie es für möglich halten, einen solchen Krieg zu gewinnen. Zuzutrauen wäre es ihnen, denn diese Leute wurden als Kronprinzen aufgezogen, ohne externe Massstäbe. Das ganze Land ist von Juche und Songun so durchsetzt, dass die Armee ohne nachzudenken Gewehr bei Fuss losstürmen würde. Die Folgen sind nicht auszudenken.

    Als Quelle würde ich http://www.nkzone.org empfehlen, einem Portal zu Informationen über Nordkorea.

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