Nicht nur, dass ich morgen einmal wieder meine badische Heimat wiedersehen werde. Nein, es sind geradezu glänzende Zeiten für Baden. Der KSC ist aufgestiegen, der SC Freiburg kann es eventuell noch. Die Arbeitslosigkeit ist niedrig und die Sonne scheint.
Da kommen ein paar Schwaben und faseln etwas von einem „Aufbruch nach vorn“. Heldenhafte Mannheimer haben nämlich dagegen protestiert, dass nach dem Verkauf von Chrysler die Nachfolgegesellschaft nur noch „Daimler AG“ heißen soll. Als Badener kann man das nicht ohne weiteres hinnehmen – im Geiste der internationalen Zusammenarbeiten konnt man den Namen DaimlerChrysler ja noch akzeptieren, obwohl damit der Name Benz – geboren in Karlsruhe und aktiv in Mannheim – damit unter den Tisch fiel. Nun nach dem Auseinanderbrechen der Welt-AG sollte er wieder zurückkehren. Immerhin leben ja noch einige von denen, die den Namen Daimler-Benz als solide Marke kannten, auch wenn der Konzern schon damals ab und zu in Turbulenzen geriet.
Mal im Ernst: „Daimler AG“ ist eine seltsame Wortschöpfung ohne Not – als würde der Verzicht auf Rückkehr zum alten Namen andeuten, die Chrysler-Fusion sei kein Fehlschlag gewesen. Das verleugnen kann man ohnehin nicht. Zudem ist der Konzern eine baden-württembergische Institution, so dass beide Landesteile auch vertreten sein sollten – immerhin sind einige große Produktionsstätten in Baden. Das mag anderswo belustigend wirken, aber das zeugt eher von dem Unverständnis der baden-württembergischen Verhältnisse.
Die Identifikation mit dem Landesteil ist eine wichtige Komponente der badischen wie der württembergischen Seele. Geschadet hat es dem Land nicht, und ganz vergessen wird man es in Baden auch nicht, dass wir 1956 quasi feindlich übernommen wurden. Das macht das Verhältnis und die vermeintliche Unterschiedlichkeit nun einmal gerade so interessant.
Darum sage ich auch „Danke Mannheim!“ – auch ich hatte mich spontan an dem Namen gestört.
Übrigens: rund 88% der SPIEGEL-Leser sehen das auch so.
Nur zur Anmerkung: ich habe von Oktober 1989 bis März 1997 in Karlsruhe gelebt (konkret: studiert und dann gearbeitet). Ich glaube, das reicht, um Kenntnis der Verhältnisse zu erlangen.
Die Badenser-Brille mag Dir vielleicht Freunde in Baden einbringen; für alle, die die „Badener Seele“ nicht verstehen (was nicht heißt, dass sie sie nicht kennen), bleibt es ein Beispiel von südwestdeutscher Kleingeistigkeit. Ab zur Kehrwoche! 😉
Seit wann gibt es keine Kehrwoche mehr?
Als ich im Oktober 1989 in ein Zimmerchen im Haus einer älteren Dame in KA-Rüppurr einzog (mit Küchen- und Bad-Mitbenutzung), sagte sie mir nach ein paar Wochen, dass es üblich sei, dass man samstags den Gehsteig und seine Hälfte der Straße fege. Bei mir zuhause machte das die Kehrmaschine der Stadt.
Später (1994-97) wohnte ich in einem 7-Stock-Hochhaus (14 Wohnungen) in KA-Nordweststadt, wo einem alle 14 Wochen ein Pappschildchen mit dem Wort „Kehrwoche“ an die Wohnungstür gehängt wurde, um einen charmant daran zu „erinnern“, dass man eine Woche Zeit hatte, den Hausflur und die Treppe in den Keller zu wischen und die Eingangstür-Fenster zu putzen.
Oder sehe ich das alles viel zu westdeutsch kleinkariert?
Derlei Dinge sind mir jedenfalls neu. Ich komme ja aus der Gegend, und von einer solchen Verpflichtung habe ich bislang noch nie gehört. Ich habe zwar in einem Wohnheim gewohnt, kenne aber zahlreiche Leute in Karlsruhe. Vielleicht ist das meiner Aufmerksamkeit entgangen. Ich schätze, das hängt auch wohl etwas am Vermieter.
Sollte ich wieder nach Baden, werde ich mich da einem Selbstversuch unterziehen müssen 🙂
Anzumerken bleibt auch noch: so wahnsinnig ernst gemeint war der Artikel auch nicht – wie alles, was mit der genüsslich zelebrierten Badner-Schwaben-Feindschaft zusammenhängt. Im Nachhinein musste ich auch wundern, dass es ausgerechnet die Mannheimer waren, die sich da zu Wort meldeten – die sind nämlich traditionell nicht so sehr auf Baden geeicht wie der Rest weiter südlich. Vielleicht war es einfach wie auch außerhalb BaWüs die leichte Unzufriedenheit darüber, dass sich Daimler mit der ganzen Chrysler-Geschichte in die Nesseln gesetzt hat und es jetzt einfach nicht so recht zugeben will.
Egal, wie die AG in Zukunft heißt – in Rastatt wurde das Werk schon immer „Benz-Werk“ genannt. Ich bezweifle, dass sich daran bald etwas ändern wird.