Als ich letzten September das Ende der Öre als Münze würdigte, hatte ich nicht viel Anschauungsmaterial zu bieten. Die älteren silberfarbenen Versionen des 50-Öre-Stücks waren nämlich schon länger aus dem Verkehr verschwunden, und die verbliebenen kupferfarbenen waren eher Brieftaschenbeschwerer als echtes Zahlungsmittel.
Diese Woche war ich aber bei der Bank mit einem Münzeinzahlungsautomat. Offenkundig ist die Reaktion der meisten Leute, nicht verwertbare Münzen einfach am Automat liegen zu lassen, weswegen dieser so aussah:
Es gibt im Land sicherlich noch einen Berg dieser Münzen – und seit 31. März 2011 sind sie auch definitiv wertlos, denn da endete die Frist, sie noch bei Banken einzulösen.
Der Automat hatte aber noch mehr zu bieten. Neben einem Spielchip (im obigen Bild auch zu sehen) und einem 25-Cent-Stück aus Kanada verbargen sich dort die folgenden beiden Münzen.
Die linke Münze wurde noch zu Zeiten von Gustav VI. Adolf geprägt, was man an dessen Wappen erkennen kann.
Nun, dies ist alles Geschichte. Alle diese Münzen sind obsolet. Aber nicht nur mein Bankbesuch ist ein Anlass, hier noch einmal das Thema Geld aufzugreifen. Die schwedische Reichsbank ist nämlich in ihrem Erneuerungsdrang fortgeschritten und will praktisch alles Geld austauschen:
- Die Münzen zu 1 Krone, 2 Kronen und 5 Kronen werden kleiner und leichter als heute. Im Fall des 2-Kronen-Stücks bedeutet das im Wesentlichen eine Neueinführung, weil diese Münze zuletzt vor 40 Jahren geprägt wurde und schon lange aus dem normalen Kreislauf verschwunden ist. Das 10-Kronen-Stück wird unverändert im Umlauf bleiben. Die 1-Kronen- und 2-Kronen-Stücke werden aus kupferummanteltem Stahl hergestellt werden. Ich wage zu vermuten, dass diese eine gewollte Parallele zu den 1-,2- und 5-Cent-Münzen ist. Schweden wird langfristig den Euro einführen, und da ist man gut beraten, Material, Gewicht und Größen so zu wählen, dass die Umstellung leichter fällt. 5-Kronen-Stücke werden wie die 10-Kronen-Stücke aus der Legierung „Nordisches Gold“, die auch bei den 10-,20- und 50-Cent-Münzen zum Einsatz kommt. Ich bin gespannt auf die genauen Designs, die aber wohl erst in knapp einem Jahr fertig sein werden. Sinnvoll finde ich die Umstrukturierung nur teilweise. Die 10-Kronen-Münze ist unhandlich dick, und bislang war bei den schwedischen Münzen kein nachvollziehbares System wie beim Euro zu erkennen. Dass die größte Münze unverändert bleibt, ist wohl ein Zeichen dafür, dass es auch künftig kein solches System geben wird.
- Die Scheine werden um einen 200-Kronen-Schein erweitert. Konsequenterweise hat man sich für eine komplett neue Banknotenserie entschieden. Das finde ich sinnvoll, denn der 200-Kronen-Schein würde sonst wie ein Fremdkörper wirken. Im Hinblick auf den Euro ist es in diesem Fall nicht so wichtig, wie die Scheine aussehen, denn entsprechende Automaten werden sowieso umzustellen sein. Die Meldung in der Woche war aber natürlich trotzdem, wer oder was künftig die Scheine zieren wird. Man hat sich dafür entschieden, die Vorderseite mit bekannten Persönlichkeiten zu bedrucken und die Rückseite mit Natur- und Umweltmotiven einer der schwedischen Landschaften, die einen Bezug zur abgebildeten Person hat:
Wert Vorderseite Rückseite 20 Kronen Astrid Lindgren Småland 50 Kronen Evert Taube Bohuslän 100 Kronen Greta Garbo Stockholm 200 Kronen Ingmar Bergman Gotland 500 Kronen Birgit Nilsson Skåne 1000 Kronen Dag Hammarskjöld Lappland Es sind also recht zeitgemäße Motive, wenn man so will – keiner der Abgebildeten ist mehr als 50 Jahre tot. Die Auswahl kann man freilich kritisieren. Mir fällt vor allem auf, dass bis auf Dag Hammarskjöld alle Künstler sind, was natürlich die Frage aufwirft, wieso man nicht konsequenterweise auch noch den größten Schein mit einer kulturellen Persönlichkeit verziert hat. Für die meisten Schweden dürfte vor allem der Abschied von Selma Lagerlöf schmerzen, denn ihr Motiv hat dem 20er den Spitznamen „Selma“ eingebracht. Mit Astrid Lindgren hat man aber mehr als adäquaten Ersatz.
Die Farben der Scheine werden sich teilweise ändern: der bislang eher grünliche 100-Kronen-Schein wird blau, der 200-Kronen-Schein dafür grün. Die anderen Farben bleiben gleich, was den Umgang erleichtern dürfte. Seltsam ist hingegen die Entscheidung in Sachen Größe: alle Scheine werden 66 Millimeter hoch sein und damit fast genauso hoch wie der aktuelle 20er und der 10-Euro-Schein. Lediglich die Breite wird variieren zwischen 120 mm (aktuelle Breite des 20er) und 154 mm (zwischen 500 Kronen und 1000 Kronen, ungefähr so breit wie ein 200-Euro-Schein).
Es wird sich also einiges ändern bis ca. 2014/15, wenn diese ganzen Neuerungen im Umlauf sein werden.
Ich frage mich allerdings, ob der Aufwand in einem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen steht. Die Münzumstellung wird volkswirtschaftlich einiges kosten, ohne dass dadurch irgendein Vorteil entstehen wird. Die Scheinumstellung wird vielleicht eine bessere Sicherheit bringen – ich gehe einmal davon aus, dass die Euroscheine hier voraus sind – aber auch hier stellt sich die Frage, ob die Umrüstung unzähliger Automaten Sinn macht. Es kann gut sein, dass die Scheine den Bürger erreichen, wenn die Euroeinführung schon beschlossene Sache ist. Im Extremfall wird dieser ganze Aufwand also betrieben, um ohne Not einige wenige Jahre andere Scheine zu haben.
Ich hoffe inständig, daß der Euro nicht mehr kommt.
Unabhängig davon könnte man sich die Kosten der Hartgeldumstellung un einiger neuer Scheine ersparen. Warum es einen 200er geben soll, verstehe ich nicht. Dagegen fehlt ein 5000er.
Er wird kommen – die Schweden haben das schon vor über 15 Jahren beschlossen, und da gibt es kein Zurück. Freilich wird das nicht heute oder morgen passieren, aber dass es passieren wird, ist klar. Der derzeitige Zustand ist eher ein Taschenspielertrick zur Verzögerung, und zu gewissem Grade auch eine Selbsttäuschung. Insofern ist es nicht die Frage, ob er kommt, sondern nur, wann. In dieser Situation mit einem Zeithorizont von 5 Jahren und mehr fast alles Bargeld auszutauschen ist da schon ein bisschen merkwürdig.
Den 200er halte ich prinzipiell für eine gute Idee. 100er und 500er sind im Alltag sehr gebräuchliche Scheine, und ein 200er wird im Gegensatz zum damals weitgehend ungenutzten 200-DM-Schein wohl auch Verwendung finden. Für die Einführung spricht auch, dass die langsame Inflation diese ursprünglich sehr hohen Werte weiter in die Alltags- und damit Bargeldnutzung bringen wird. Wenn man es langfristig betrachtet, wird der 200er und 500er irgendwann die Rolle haben, die heute 50er und 100er haben.
Bei größeren Scheinen bin ich eher skeptisch. Ich habe mich sogar ein bisschen gewundert, dass man überhaupt einen 1000er neu auflegt. Der jetzige 1000er ist im Alltag schon sehr selten zu sehen, und mit dem hohen Grad der Kartennutzung wird der Trend wohl weitergehen, dass nur kleine Beträge noch bar bezahlt werden.
Die Schweden haben schon vor 15 Jahren die Euro-Einführung beschlossen? Wo steht das?
Zur Inflation: ist es eigentlich normal, dass alle paar „Jubel“jahrhunterte das Geld entwertet wird? (ich habe jetzt mal eine Ecke weitergesponnen) Die Weltwirtschaftskrise Anfang des letzten Jahrhunderts brachte ja bereits eine und da die Inflation ständig steigt und somit die Geldbeträge für dieselbe Ware ständig steigen, muss die Währung ab und an „beschnitten“ werden, sprich aus einer Mrd. Euro wird dann ein Euro.
Jedenfalls habe ich noch nicht verstanden, wieso es überhaupt die Inflation gibt. Ich habe noch dunkel in Erinnerung, dass man sonst heute noch die Schulden von vor ewig her eintreiben könnte – ja wenn die Inflation die Schulden nicht entwerten würde. Sprich Inflation steigt und im Gegenzug sinkt der Wert der früheren Schulden immer weiter, bis sie zu gering sind. Wobei das wiederum nach kontinuierlichem Selbstbetrug des Wirtschaftssystem klingt. Nehme ich heute einen Kleinkredit mit einer Laufzeit von 100 Jahren auf, brauche ich den in 50 Jahren nicht mehr zurückzahlen, weil die Inflation dessen Wert aufgefressen hat. Aber in dem Fall wäre der Kreditgeber der Arme, was wiederum nicht stimmt, denn die Banken sind ja bekanntlich nicht arm…
Das steht im Vertrag von Maastricht. Die Schweden haben 1994 – mit Rückendeckung einer Volksabstimmung – den Beitritt zur EU beschlossen, der dann 1995 erfolgte. Teil des Vertrages ist die Einführung der Währungsunion. Ausnahmen haben sich lediglich Großbritannien und Dänemark gesichert, die das 1992 bei Abschluss des Vertrages per Zusatzprotokoll festschrieben. Somit hat Schweden schon damals die Einführung des Euro verbindlich zugesagt. Alles, was seither kam, ist Verzögerungstaktik, weil Schweden gar nicht aussteigen kann. Stattdessen verhindert man durch Nichtbeitritt zum WKM2, dass man die Kriterien erfüllt.
Zur Ursache der Inflation gibt es anscheinend eine Reihe Theoren. Ich bin mir nicht so sicher, dass sie kreditbasiert ist. Ein Kreditgeber will ja nicht, dass er nachher weniger zurückkriegt als er ausgegeben hat. Dementsprechend muss er Inflation in sein Kalkül mit einbeziehen. Ein wichtiger Punkt dürfte sein, dass echte Stabilität in so einer komplexen Wirtschaft nicht mehr zu erreichen ist. Vor langer Zeit gab es noch keine Inflation. Damals war aber auch die Produktpalette überschaubar und änderte sich kaum. Seit der Industrialisierung ist das vorbei, und so hat man die Wahl zwischen De- und Inflation. Deflation klingt zwar gut, erzeugt aber das Problem, dass keiner mehr etwas kauft, wenn man es später ja noch billiger haben kann. Also gilt heute als Modell, eine niedrige Inflation anzustreben, weil man hoher Inflation wiederum andere Probleme (Flucht in Sachwerte, Währungsflucht) erzeugt.
Es ist für mich auch mit deiner Annahme nicht nachvollziehbar, wieso die Preise nicht einfach stabil bleiben können. Größere Produktpalette führt also deiner Meinung nach zur besagten Wahl.
Dein Wissen in aller Ehren, aber ich denke, dass hier ein Volkswirtschaftler eher Auskunft geben kann.
Ach ja, und das Beispiel mit der Deflation gibt´s heute ja durchaus: z.B. im Bereich der Elektronik (Fernseher, etc.). Da ärgert man sich kurze Zeit später auch, dass man es auch hätte billiger kriegen können. Wir scheinen also eine Mischung aus De- und Inflation zu haben – zur gleichen Zeit. Nur dass mal das eine, mal das andere überwiegt. So zumindest der aktuelle Stand meiner Theorie.
Und ganz viel Psychologie mit eingeschlossen…
Dass ein Volkswirtschaftler da mehr weiß, bestreite ich ganz bestimmt nicht – bis vor wenigen Jahren interessierte mich Wirtschaft kaum, und ich würde mich auch heute nicht als sonderlich belesen bezeichnen.
Worauf ich mit der Produktpalette hinauswollte: jedes Mal, wenn ein neues Produkt auf den Markt kommt, muss dafür ein Preis gefunden werden. Früher gab es für die allermeisten Leute nur einen Markt (den nahegelegensten) und nur eine sehr beschränkte Auswahl an Produkten (Grundnahrungsmittel, Baustoffe, Vieh, einfache Handwerksprodukte). Mit zunehmender Mobilität und technischer Entwicklung hat sich Konkurrenz und Produktauswahl vervielfacht. Es müssen immer neue Produkte auf den Markt geworfen werden, und weil die Anbieterseite ihren Gewinn wahren will, muss sie immer neue Produkte anbieten und der Preis langsam steigen. So ungefähr stelle ich mir das jedenfalls vor.
Psychologie ist ohnehin essentiell – den berühmten Homo oeconomicus gibt es nicht. Die Wirtschaftswissenschaften möchten gerne glauben, dass sie einer Naturwissenschaft ähnlich sind. Jede Vorhersage einer wirtschaftlichen Theorie wird im Gegenzug die Marktteilnehmer dazu bewegen, mit ihr zu arbeiten, was dazu führt, dass die Vorhersage nicht mehr stimmt. Das ist ein System mit extrem vielen Unbekannten. Da ist vollkommen unklar, wieviel Kaffeesatzleserei man dabei betreibt. Meiner Meinung nach hat der „Wirtschaftsnobelpreis“ daher auch keine Existenzberechtigung.
Der heutige 1000er ist so selten im Umlauf zu sehen, weil er künstlich verknappt wird. Barauszahlungen in der Sparkasse lasse ich mir in 1000ern geben. Gab es bis 2010 keine Probleme mit Auszahlungen, habe ich in diesem jahr erst drei Stück bekommen können. Gestern gab es überhaupt keine.