Alles neu im Geldbeutel

Als ich letzten September das Ende der Öre als Münze würdigte, hatte ich nicht viel Anschauungsmaterial zu bieten. Die älteren silberfarbenen Versionen des 50-Öre-Stücks waren nämlich schon länger aus dem Verkehr verschwunden, und die verbliebenen kupferfarbenen waren eher Brieftaschenbeschwerer als echtes Zahlungsmittel.

Diese Woche war ich aber bei der Bank mit einem Münzeinzahlungsautomat. Offenkundig ist die Reaktion der meisten Leute, nicht verwertbare Münzen einfach am Automat liegen zu lassen, weswegen dieser so aussah:

Unverwertbare Bestände am Münzeinzahlungsautomat in der Bank

Es gibt im Land sicherlich noch einen Berg dieser Münzen – und seit 31. März 2011 sind sie auch definitiv wertlos, denn da endete die Frist, sie noch bei Banken einzulösen.

Der Automat hatte aber noch mehr zu bieten. Neben einem Spielchip (im obigen Bild auch zu sehen) und einem 25-Cent-Stück aus Kanada verbargen sich dort die folgenden beiden Münzen.

Vorderseite von 50-Öre-Münzen aus den Jahren 1970 (links) und 1990 (rechts)

Rückseite von 50-Öre-Münzen aus den Jahren 1970 (links) und 1990 (rechts)

Die linke Münze wurde noch zu Zeiten von Gustav VI. Adolf geprägt, was man an dessen Wappen erkennen kann.

Nun, dies ist alles Geschichte. Alle diese Münzen sind obsolet. Aber nicht nur mein Bankbesuch ist ein Anlass, hier noch einmal das Thema Geld aufzugreifen. Die schwedische Reichsbank ist nämlich in ihrem Erneuerungsdrang fortgeschritten und will praktisch alles Geld austauschen:

  • Die Münzen zu 1 Krone, 2 Kronen und 5 Kronen werden kleiner und leichter als heute. Im Fall des 2-Kronen-Stücks bedeutet das im Wesentlichen eine Neueinführung, weil diese Münze zuletzt vor 40 Jahren geprägt wurde und schon lange aus dem normalen Kreislauf verschwunden ist. Das 10-Kronen-Stück wird unverändert im Umlauf bleiben. Die 1-Kronen- und 2-Kronen-Stücke werden aus kupferummanteltem Stahl hergestellt werden. Ich wage zu vermuten, dass diese eine gewollte Parallele zu den 1-,2- und 5-Cent-Münzen ist. Schweden wird langfristig den Euro einführen, und da ist man gut beraten, Material, Gewicht und Größen so zu wählen, dass die Umstellung leichter fällt. 5-Kronen-Stücke werden wie die 10-Kronen-Stücke aus der Legierung „Nordisches Gold“, die auch bei den 10-,20- und 50-Cent-Münzen zum Einsatz kommt. Ich bin gespannt auf die genauen Designs, die aber wohl erst in knapp einem Jahr fertig sein werden. Sinnvoll finde ich die Umstrukturierung nur teilweise. Die 10-Kronen-Münze ist unhandlich dick, und bislang war bei den schwedischen Münzen kein nachvollziehbares System wie beim Euro zu erkennen. Dass die größte Münze unverändert bleibt, ist wohl ein Zeichen dafür, dass es auch künftig kein solches System geben wird.
  • Die Scheine werden um einen 200-Kronen-Schein erweitert. Konsequenterweise hat man sich für eine komplett neue Banknotenserie entschieden. Das finde ich sinnvoll, denn der 200-Kronen-Schein würde sonst wie ein Fremdkörper wirken. Im Hinblick auf den Euro ist es in diesem Fall nicht so wichtig, wie die Scheine aussehen, denn entsprechende Automaten werden sowieso umzustellen sein. Die Meldung in der Woche war aber natürlich trotzdem, wer oder was künftig die Scheine zieren wird. Man hat sich dafür entschieden, die Vorderseite mit bekannten Persönlichkeiten zu bedrucken und die Rückseite mit Natur- und Umweltmotiven einer der schwedischen Landschaften, die einen Bezug zur abgebildeten Person hat:
    Wert Vorderseite Rückseite
    20 Kronen Astrid Lindgren Småland
    50 Kronen Evert Taube Bohuslän
    100 Kronen Greta Garbo Stockholm
    200 Kronen Ingmar Bergman Gotland
    500 Kronen Birgit Nilsson Skåne
    1000 Kronen Dag Hammarskjöld Lappland

    Es sind also recht zeitgemäße Motive, wenn man so will – keiner der Abgebildeten ist mehr als 50 Jahre tot. Die Auswahl kann man freilich kritisieren. Mir fällt vor allem auf, dass bis auf Dag Hammarskjöld alle Künstler sind, was natürlich die Frage aufwirft, wieso man nicht konsequenterweise auch noch den größten Schein mit einer kulturellen Persönlichkeit verziert hat. Für die meisten Schweden dürfte vor allem der Abschied von Selma Lagerlöf schmerzen, denn ihr Motiv hat dem 20er den Spitznamen „Selma“ eingebracht. Mit Astrid Lindgren hat man aber mehr als adäquaten Ersatz.

    Die Farben der Scheine werden sich teilweise ändern: der bislang eher grünliche 100-Kronen-Schein wird blau, der 200-Kronen-Schein dafür grün. Die anderen Farben bleiben gleich, was den Umgang erleichtern dürfte. Seltsam ist hingegen die Entscheidung in Sachen Größe: alle Scheine werden 66 Millimeter hoch sein und damit fast genauso hoch wie der aktuelle 20er und der 10-Euro-Schein. Lediglich die Breite wird variieren zwischen 120 mm (aktuelle Breite des 20er) und 154 mm (zwischen 500 Kronen und 1000 Kronen, ungefähr so breit wie ein 200-Euro-Schein).

Es wird sich also einiges ändern bis ca. 2014/15, wenn diese ganzen Neuerungen im Umlauf sein werden.

Ich frage mich allerdings, ob der Aufwand in einem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen steht. Die Münzumstellung wird volkswirtschaftlich einiges kosten, ohne dass dadurch irgendein Vorteil entstehen wird. Die Scheinumstellung wird vielleicht eine bessere Sicherheit bringen – ich gehe einmal davon aus, dass die Euroscheine hier voraus sind – aber auch hier stellt sich die Frage, ob die Umrüstung unzähliger Automaten Sinn macht. Es kann gut sein, dass die Scheine den Bürger erreichen, wenn die Euroeinführung schon beschlossene Sache ist. Im Extremfall wird dieser ganze Aufwand also betrieben, um ohne Not einige wenige Jahre andere Scheine zu haben.

Bargeld ade?

Der SPIEGEL hat heute einen interessanten Bericht über die vermeintliche Abschaffung von Bargeld in Schweden. Einen aktuellen Bezug scheint es nicht zu geben. Für mich als Einwohner des Landes erscheint der Artikel aber schon einigermaßen seltsam.

Ironischerweise stand nämlich heute morgen in der Zeitung, welche Beschlüsse der Reichstag in Sachen Scheine und Münzen gefällt hat. Diese sind:

  • Der 20-Kronen-Schein mit Selma Lagerlöf (weswegen er oft auch einfach „Selma“ genannt wird) bleibt trotz der Empfehlung der Reichsbank im Verkehr.
  • Eine Zwei-Kronen-Münze wird eingeführt.
  • Außerdem wird ein 200-Kronen-Schein eingeführt.

Von wegen Schluss mit Bargeld.

Der SPIEGEL-Bericht scheint in erster Linie die Ansichten bestimmter (kleiner) Interessengruppen darzustellen, verzichtet aber fast vollständig darauf, darüber zu schreiben, wie sich schon jetzt der Bargeldalltag in Schweden darstellt. Dieser sieht nämlich so aus, dass der größte Schein, der 1000-Kronen-Schein (ca. 100 €), im normalen Zahlungsverkehr praktisch nichtexistent ist. Der 500-Kronen-Schein ist also der größte wirklich im Umlauf befindliche Schein.

Ich selbst laufe oft mit annähernd null Bargeld herum. Hier eine kurze Erhebung meines aktuellen Barbestandes:

  • Zwei 20-Kronen-Scheine
  • Eine 10-Kronen-Münze
  • Drei 5-Kronen-Münzen
  • Sechs 1-Kronen-Münzen
  • Zwei 50-Öre-Münzen (die ab November aus dem Zahlungsverkehr genommen werden)
  • Ein 2-Euro-Stück, das sich irgendwie da hinein verirrt hat.

Macht als 2*20 + 10 + 3*5 + 6*1 + 2*0,50 = 72 Kronen Bargeld, was nach aktuellem Stand 7,56 € sind. Das ist übrigens seit gut einer Woche so. An meinen letzten Geldautomatenbesuch kann ich mich jedenfalls nicht mehr erinnern. Ich denke, so untypisch bin ich damit nicht.

Und das Ganze wohlgemerkt trotz der Tatsache, dass Bargeld in diesem Land erheblich leichter verfügbar ist als in Deutschland. Es gibt Geldautomaten zuhauf, und im Gegensatz zu Deutschland zahlt man keine Gebühren, weil es ein standardisiertes System der Banken gibt. Außerdem ist es vollkommen normal in vielen Geschäften, bei der Zahlung einer Ware einfach eine bestimmte Summe draufzulegen und sich diesen Überschuss dann in bar auszahlen zu lassen.

Warum ist das so? Weil man in diesem Land alles mit Karte bezahlen kann. In Supermärkten wird die Karte sogar bei Kleinstbeträgen akzeptiert. Sobald der Betrag 5 € übersteigt, wird die Karte anstandslos angenommen, und auch darunter ist Kartenzahlung häufig möglich, wenn auch oft gegen eine kleine Gebühr.

Schweden ist also der Abschaffung des Bargeldes weit näher als Deutschland, wo man in Restaurants und Kneipen immer noch zu hören bekommt, dass nur Bargeld genommen wird.

Insofern erscheint mir der Bericht eher wie eine Parade von kleineren Lobbygruppen, die Probleme beheben wollen, die ohnehin nur in vergleichsweise geringem Umfang vorhanden sind. Gegen die Abschaffung der 1000-Kronen-Scheine hätte ich nichts einzuwenden, aber in einem annähernd bargeldlosen Land zum Kampf gegen die Scheine und Münzen zu blasen ist irgendwo schon grotesk.

Gedanken zum Tage

  • Etwas kurios ist dieser Artikel von Liza Marklund, der aus einem Merian-Heft stammt und bei SPIEGEL Online veröffentlicht wurde. Das ist schon deswegen so, weil Liza Marklund in letzter Zeit viel Kritik dafür bekommen hat, dass ein von ihr geschriebener dokumentarischer Roman wohl doch nicht ganz so faktentreu wahr, obwohl der Untertitel „eine wahre Geschichte“ dies andeuten sollte. Marklund schreibt über ihr Stockholm, also anscheinend jenes für alle, die soviel Geld haben, dass der Preis keine Rolle mehr zu spielen scheint. Zu denen gehört sie offenkundig, und so ist ihre Beschreibung von Stockholm zwar irgendwo passend, aber auch ansatzweise snobistisch. Es ist nicht verwunderlich, dass sie nur einen Steinwurf vom Mälaren entfernt wohnt und ihr Büro in der Altstadt hat. Die Vorstädte erwähnt sie vor allem im Zusammenhang mit dem Arlanda Express, einem reichlich teuren Direktzug vom Flughafen in die Stadt. Von Betriebsunfällen spricht sie, wenn sie über diese hässlichen Betonburgen erzählt. Und sie hat recht. Aber man hat gut reden, wenn man in so privilegierter Lage wohnt, und unweit des Stureplan, der offiziellen Sammelstelle für unbezahlbare Nobelboutiquen, seine Klamotten einkauft. Kurios ist auch eine Bildunterschrift. Dort heißt es

    Starke Schwedenkrone: Der Kurswert Stockholms bei Touristen, die hier von Skeppsholmsbron nach Gamla Stan hinüberschauen können, ist genauso hoch

    Interessant, Anspielungen auf einen starken Kronenkurs zu machen, während die Krone gerade in der schwächsten Phase überhaupt ist und im letzten halben Jahr über 10% gegenüber dem Euro nachgegeben hat – vom Dollar erst gar nicht zu reden. Das ist fast schon ein Fall für die Spiegelkritik

  • Letzte Woche Mittwoch war mein Rekord leider vorbei. In den genau 1269 Tagen seit meiner Ankunft in Schweden hatte ich es geschafft, einen eisbedingten Sturz zu vermeiden. Ich bin gerutscht, aber nie gestürzt. Nun eben doch – der Weg vom Schwimmbad zur U-Bahn war spiegelglatt. Ich begann sofort einen neuen persönlichen Rekordversuch. Die 1269 Tage werden erst am 13. Juli 2012 vorbei sein. Drückt mir die Daumen!
  • Ich habe es endlich angegangen, mein Auto nach Schweden umzumelden. Das Verfahren ist unglaublich schnell. Vom Antrag am 13. Januar vergingen gerade einmal 6 Tage bis zur fertigen Bearbeitung. Gestern hatte ich dann den Termin bei Bilprovningen (schwedischer TÜV), bei dem die Identität des Autos und den einwandfreien technischen Zustand des Gefährts bescheinigt wurde. Die zukünftige Autonummer bekam ich gleich mit. Ab dem Moment war ich also aktenkundig, und das Auto ist als „stillgelegt“ verzeichnet. Eine Versicherung zu buchen ist leider nicht so leicht, denn importierte Autos fehlen im Computer, so dass man nicht eben online nachschauen kann, was das denn kosten würde. Ich habe verschiedene Angebote eingeholt, die zwischen 210 € und 350 € pro Jahr schwanken. Da habe ich natürlich bei den 210 zugeschlagen. Derweil fertigt die neue Behörde Transportstyrelsen die Schilder. Sobald ich den neuen Fahrzeugbrief/-schein habe, kann ich das Auto in den Verkehr bringen, indem ich es einfach online anmelde und die Steuer entrichte. Manchmal ist die schwedische Bürokratie echt beeindruckend: vom Antrag bis zum ersten Tag im Verkehr sind es drei Wochen, wenn man sich etwas beeilt.
  • Interessant ist auch, dass ich dank der Steuersenkung der Regierung nun trotz Umzugs in eine höher besteuerte Kommune mehr Gehalt bekomme – glaube ich zumindest, denn ich weiß noch nicht, ob mein Umzug schon in die Berechnung mit einfließt.