Wunder sind selten

Ende August dachte ich mir, dass ich endlich meinen Hintern hochkriegen muss. Das habe ich im Grunde eigentlich auch schon die 5 Jahre davor gedacht. Es ist aber nie passiert.

Nachdem ich Mitte August beim Midnattsloppet erneut ohne jegliches Training angetreten war und ebenso erneut eine äußerst mäßige Zeit, nämlich die drittschlechteste meiner Läuferkarriere, einfuhr, war ich doch irgendwie angefixt. Entscheidend ist aber letztendlich folgender Gedankengang: im Jahr 2004 habe ich meinen ersten und einzigen Marathon bislang gemacht. Das ist folglich nächstes Jahr genau 10 Jahre her, und wenn man zu so einem Jubiläum dann doch nicht mal anfängt, dann kann man es im Grunde gleich bleiben lassen.

Mit so einer Attitüde kommt man denn auch sehr schnell sehr weit: seither habe ich 10 kg verloren und mache im Training zum ersten Mal seit vielen Jahren auch mal 10 km pro Einheit. Die Anfänge waren vielversprechend wie im Frühjahr 2012.

Der Plan sah in etwas so aus: im Herbst mache ich mit Hässelbyloppet und Tömilen zwei 10-km-Läufe, ab dann einige Halbmarathons, und im Herbst 2014 schließlich einen Marathon. Schnell träumte ich davon, mal eben schon zu Beginn die beste Zeit der letzten drei Jahre einzufahren.

Hat aber nicht so ganz geklappt, denn Herbst ist auch Erkältungszeit. Wenn man erst so kurz wieder trainiert, sind offenbar knapp zwei trainingsfreie Wochen fatal – insbesondere, da die Erkältung heute noch nicht ganz durch war.

Also habe ich den Beschluss gefasst, ab heute morgen wieder gesund zu sein, und bin in Hässelby losgelaufen. Das Wetter war sonnig und warm, mein Handydisplay in Folge praktisch unlesbar. Die elektronische Dame, die mir sonst immer erzählt, wie langsam ich denn laufe, hatte ich gleich mal deaktiviert. Daher wusste ich auch nicht, wie schnell ich lief.

Bei Kilometer 5 stand Holger, der nicht nur netterweise zum Lauf vorbeigeschaut hat, sondern gleich auch noch Fotos von dem epochalen Ereignis geschossen hat:

Hässelbyloppet 2013

Danke dafür – die anderen Fotos gibt es hier.

Bei Kilometer 5 war auch der einzige Messpunkt der Strecke, und dort wurde mir klar, dass es nicht nur mit der neuen Spitzenzeit nichts wird, sondern dass auch in Frage steht, ob ich es unter einer Stunde schaffe. Ich lief kurz vor der 30-Minuten-Marke durch.

Um Kilometer 7 hatte ich schon ein bisschen zu kämpfen. Von der erhofften Leichtigkeit war nichts zu spüren. Dazu trug der in Grün im obigen Foto auch etwas bei. Nicht dass ich ihm irgendeinen Vorwurf machte. Im Gegenteil: Er war mächtig am Niesen und Stöhnen, blieb aber immer dicht hinter mir – was für seine große Hartnäckigkeit oder für meine schlechte Leistung spricht, womöglich für beides. Dass ich mich nicht von ihm absetzen konnte, war dann auch die Bestätigung, dass es nicht allzu gut laufen kann. Auf den letzten zwei Kilometern vorm Ziel sah ich ihn plötzlich vor mir.

Da war klar: mit einer tollen Bestzeit wird es nichts. Die Uhr sagte letzten Endes 1:00:58.

Ich twitterte folgendes:

Aber soll man jetzt nun wirklich mit so etwas zufrieden sein? Eigentlich war es ja ganz gut: ich bin trotz einer auslaufenden Erkältung 10 km in einem Stück in einem für meine aktuellen Verhältnisse hohen Tempo durchgelaufen. Da dies mein 8. Hässelbyloppet war, kann man sogar die Statistik bemühen und konstatieren, dass ich schonmal schlechter war und dass ich noch nie zuvor vom Midnattsloppet bis zum Hässelbyloppet eine derartige Leistungssteigerung hatte (immerhin über 10 Minuten besser).

So recht glücklich sein kann ich jedoch nicht. Wozu habe ich 10 km auf härterem Terrain im Training gemacht, wenn ich am Schluss trotzdem um eine eher mäßige Zeit kämpfe? Zwar konnte ich nie auf die Uhr schauen, aber selbst wenn, so hatte ich keine Reserven nach oben.

Wunder im Laufsport sind selten, und so kann der einzige Schluss nur sein, das Training baldmöglichst neu zu starten. Noch 34 Tage zur Tömilen. Ich bin wieder da.

4 Gedanken zu „Wunder sind selten“

    1. Eigentlich versuche ich immer, bei selbstreferenziellen Dingen etwas ironisch zu bleiben. Das wäre hier nicht möglich, weswegen ich auch keinen Beitrag dazu anstrebe. Es ist schlicht ein Gemisch aus Unlust sowie privaten wie beruflichen Veränderungen, das mich so lange vom Blog fern hielt.

      Die Unlust speist sich ein bisschen daraus, dass ich ein wenig ziellos bin mit dem Blog. Da ich sehr viele verschiedene Themen abdecke, verfranst es sich gerne. Publizistische Durchbrüche sind nicht mehr zu erwarten. Vorher hatte ich da kein Problem damit: die Finger juckten öfters, und ich hatte auch genug Zeit, Artikel zu schreiben. In den Monaten seither juckten die Finger eigentlich nie, und wenn man das Blogschreiben nicht vermisst, dann sollte man es zumindest für einige Zeit auch lassen. Die Lust ist ein bisschen zurückgekehrt, aber es ist vollkommen klar, dass ich weder in Sachen Umfang noch Frequenz in vorigem Maße weitermachen werde.

      Ich denke auch, dass ich mich künftig vermehrt auf einige Kernthemenbereiche konzentrieren werde, damit es nicht zu sehr an Fokus verliert. Dazu wird in jedem Fall das Laufen gehören, mit dem ich jetzt wieder angefangen habe. Was sonst noch, wird sich zeigen.

Schreibe einen Kommentar zu Fabian Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.