Das royale Großereignis morgen: Grattis Kungen – Carl XVI. Gustaf wird 65

Es wird ihm nicht ganz unrecht sein: es schauen alle nach London und keiner zu ihm. König Carl XVI. Gustaf wird morgen 65, und im Gegensatz zu 2006 erzeugt das nicht viel Interesse bislang.

Das wird sich vielleicht noch ändern, aber man kann auch ahnen, dass er angesichts der aktuellen Situation auch nicht allzu große Wellen machen will. Denn im Gegensatz zur britischen Monarchie haben die schwedischen Royals nach wie vor ein Popularitätsproblem. Die Popularität nach dem Skandalbuch im letzten Jahr sind die Umfragewerte noch schlechter als nach dem peinlichen Ausrutscher 2004 in Brunei. Der Schub letztes Jahr nach der Hochzeit war wohl nur ein Zwischenhoch.

In der jetzigen Lage scheint es so, dass die schwedische diejenige unter den europäischen Monarchien ist, deren Abschaffung zu unseren Lebzeiten Realität werden kann. Die stark säkularisierte und prinzipientreue Gesellschaft wird den Spagat zwischen eigenem Anspruch und Wirklichkeit nicht beliebig lange aushalten können.

Das mag sich alles ändern, wenn der König einmal abtritt. Das hat er nicht vor, auch wenn er morgen das Pensionsalter erreicht hat. Die Dagens Nyheter waren zumindest so nett und haben den Artikel zum Thema heute nicht online gestellt. Eine Diskussion darum kann dem Königshaus nicht wirklich recht sein. Sie wird früher oder später trotzdem kommen.

Und vorerst im Hochzeitsfieber des heutigen Tages untergehen – gleich geht es schließlich los.

Unköniglich

Ein mittelschwerer Skandal schwappt durch Schweden: Geliebte und Besuche in illegalen Bordellen sind nicht gerade das, was man mit Schwedens sonst sehr braven, wenn auch gelegentlich medial etwas ungeschickten König verbindet. Ein gerade erschienenes Buch „Carl XVI Gustav – den motvillige monarken“ („Carl XVI Gustav – der widerwillige Monarch“) tut aber genau dies und geht noch weiter. Der Sicherheitsdienst soll Wohnungen durchsucht und unschmeichelhafte bzw. kompromittierende Fotos beschlagnahmt haben.

Starker Tobak also, das Ganze. Eine an dem Buch beteiligte Journalistin des schwedischen öffentlichen-rechtlichen Rundfunk wurde auch gleich beurlaubt. Das Buch verkauft sich blendend. Die erste Auflage ist fast vergriffen und eine zweite wird vorbereitet.

Und was macht der König selbst? Er äußerte sich bei einer improvisierten Pressekonferenz zu allem möglichen, aber nur teilweise zum Buch.

Hier die relevanten Passagen aus seinem Statement:

[…] und es gibt ja ein großes Interesse […] für ein Buche, das sozusagen zu meinen Ehren erschienen ist. Das kommt darauf an, wie man es sieht. Und ich habe, nur damit ihr das versteht, es bislang nicht geschafft, das Buch zu lesen. Wir erhielten es sehr spät gestern Nachmittag, und ich war den ganzen oder zumindest den halben Tag gestern bei einem anderen Auftrag. Ich habe leider nicht den ganzen Tag Zeit, mich hinzusetzen und Bücher zu lesen, wie ihr es vielleicht macht, sondern ich war in der Sankt-Klara-Kirche in Stockholm, was ein sehr interessanter Besuch war.
[…] ich kann kein Buch rezensieren, das ich nicht gelesen habe. Ich habe mittlerweile wegen einer ganzen Reihe Schlagzeilen mitbekommen, um was dieses Buch handeln kann […] Es ist klar, dass es nicht so lustig ist, ein Buch zu rezensieren, wo man, ja, verschiedene Schlagzeilen bekommt, die man vielleicht nicht so nett anzuschauen findet. Und mit dem Gedanken an diese Schlagzeilen habe ich natürlich mit der Familie und der Königin gesprochen. Und wir blättern jetzt um, ungefähr wie ihr es in euren Zeitungen macht, und schauen stattdessen nach vorne. Weil das etwas ist, das, wie ich es verstanden habe, laut dem Buch und meinen Informationen eine sehr lange Zeit her ist. Wir schauen nach vorne und es soll schön und interessant für uns werden, zu arbeiten.
Aber um arbeiten zu können müssen wir eine Möglichkeit haben – und nun wende ich mich an euch – zur Ruhe zu kommen. Wir haben gewisse Verpflichtungen zu erfüllen und wir haben fast jeden Tag zu arbeiten.

Sprach’s und schritt zur Elchjagd.

Nun ist es mir seit jeher schleierhaft, warum der europäische Hochadel als selbsterklärte Elite und moralische Instanz praktisch durchweg dem fragwürdigen Hobby nachgeht, irgendwelche Tiere über den Haufen zu schießen. Dass man auf sein Hobby verzichten sollte, wenn man sich in der Öffentlichkeit ungeheuerlichen Vorwürfen ausgesetzt sieht, versteht sich aber eigentlich von selbst.

Er hätte sich das Buch in der Zwischenzeit ja durchaus mal durchlesen können. Ich konnte zwar nicht herausfinden, wieviele Seiten es hat, aber zum Durchschmökern sollte es auf alle Fälle reichen. Vielleicht hat er es auch getan. Jedenfalls wurde von ihm selbst anscheinend beschlossen, keine rechtlichen Schritte gegen die Verfasser einzuleiten. Man werde nichts weiter dazu sagen.

Das Ganze liest sich wie die Blaupause eines PR-Debakels. Dass es sich vielleicht für einen König nicht ziemt, bei einer Klage gegen ein Schmutzgeschichtenbuch vor Gericht auszusagen, mag ja noch nachvollziehbar sein. Aber nicht einmal ein Dementi?

Durch seine Wortwahl sagt er eigentlich nur: das ist lange her, lasst uns in Ruhe, ich will nicht darüber reden. Damit lässt er die Tür für Spekulationen weit offen und setzt sich dem Verdacht aus, dass etwas dran sein könnte. Man sollte sich an der Stelle auch vor Augen führen, dass Prostitution in Schweden illegal ist und die besagten Nachtclubs damals in der Hand von Kriminellen waren. Damit geht es nicht nur um Seitensprünge, sondern möglicherweise sogar um Rechtsverletzungen.
Man hätte zumindest etwas Haltung bewahren können, wenn man gesagt hätte, dass man sich nichts zu Schulden kommen lassen hat und haltlose Stellungen nicht kommentieren wird. So wirkt das aber nur wie ein Ausweichmanöver, um die Sache auszusitzen, weil man glaubt, so fest im Sattel zu sitzen, dass das schon irgendwie vorbeigehen wird. Moralische Überlegenheit und vorbildhaftes Verhalten sieht anders aus.

Die Unterstützung für das Königshaus ist seit 15 Jahren am Sinken und liegt weit unter dem Niveau anderer Monarchien in Europa. Wenn der König nun nicht nur durch unglückliche Statements auffällt, sondern auch durch Eskapaden, dann wird das den Trend nur noch verstärken. Schweden wird jetzt zwar nicht gleich republikanisch werden, aber ein Ruhmesblatt ist die ganze Aktion nun wirklich nicht.

Wer die Öre nicht ehrt, …

Meine Restbestände im Geldbeutel: ab morgen kein Zahlungsmittel mehr

Selbst wenn es ein solches Sprichwort im Schwedischen gäbe: ab Morgen wäre es obsolet.

Ab 1. Oktober 2010 ist die kleinste schwedische Münze im offiziellen Zahlungsverkehr das 1-Kronen-Stück. Ab dann wird es also die Öre nur noch als theoretische Einheit geben, ohne dass es eine reale Münze hierzu gibt. Bei Barzahlungen wird einfach auf ganze Kronen gerundet. Bis Ende März kann man die Münzstücke noch bei der Bank eintauschen. Danach haben die Münzen nur noch Sammler- und Materialwert, und auch davon jeweils nicht viel.

Untersuchungen haben ergeben, dass die meisten Schweden die 50-Öre-Münze kaum noch verwenden. Das kann ich nur bestätigen: man erhält sie ab und zu als Wechselgeld, aber wird sie dann kaum noch los, weil sie zu wenig wert sind und die meisten Automaten sie nicht nehmen. Als Beispiel obige Münzen, die wohl schon seit geraumer Zeit in meiner Tasche herumlungern. Ein guter Grund für eine Abschaffung also.

Diese Runderei hat übrigens schon eine längere Tradition, wie mir scheint. 1-Öre- und 2-Öre-Stücke wurden schon ab 1971 nicht mehr geprägt. 5-Öre-Münzen und 25-Öre-Münzen folgten 1984, während sich die 10-Öre-Münzen noch bis 1991 hielten. Letztere wurden dann 1993 aus dem Verkehr gezogen, und seither wird auf 50 Öre genau gerundet. Mit der Praxis der Rundung ist Schweden allerdings nicht alleine. Finnland und die Niederlande verwenden die 1-Cent- und 2-Cent-Münzen nicht und runden daher auf 5 Cent. Allerdings sind sie per EU-Regelung dazu verpflichtet, die nicht gebräuchlichen Münzen anzunehmen, was dazu führt, dass sie in Finnland nicht selten auf dem Müll landen. Schweden dürfte mit der Ein-Kronen-Rundung (also auf ca. 10 Cent genau) nun aber das gröbste Raster Europas, wenn nicht der Welt einführen. Während so etwas in Deutschland vielleicht den Volkszorn erregen würde, weil man mal wieder befürchtet, übers Ohr gehauen zu werden, nimmt der weitgehend bargeldlose Schwede das gelassen hin. Ich auch.

Interessant finde ich die schwedische Bargeldpolitik allerdings schon. So erlebe ich nun in meinen fünf Jahren hier schon die zweite nennenswerte Umstellung. Als ich hierher kam, gab es nämlich noch silberfarbene 50-Öre-Münzen und 20-Kronen-Scheine, die einen bläulicheren Farbton als die jetzigen hatten und etwas größer waren. Diese wurden 2006 ungültig mitsamt älteren Versionen größerer Scheine, die noch keine neueren Sicherheitsmerkmale hatten.

Man sollte also annehmen, dass die Riksbank sehr konsequent alte Scheine und Münzen aus dem Verkehr zieht. Das ist aber keineswegs so. Die 2-Kronen-Münze, die bis 1971 noch mit dem Konterfei des damaligen Königs Gustav VI. Adolf geprägt wurde, ist bis heute gültig, obwohl sie natürlich seit geraumer Zeit nicht mehr im Alltag anzutreffen ist. Bei der 1-Kronen-Münze ist es gar so, dass sämtliche seit 1875 geprägten Stücke noch gültiges Zahlungsmittel sind. Münzen sind hartnäckig und überleben lange im Zahlungsverkehr. Genauso wie es in Deutschland bis 2002 noch viele 10-Pfennig- und 50-Pfennig-Stücke aus dem Jahr 1949 („Bank Deutscher Länder“) und dem Jahr 1950 gab, sind die 1-Kronen-Stücke in älteren Varianten im Umlauf.

Hier drei der üblichsten:

Übliche 1-Kronen-Münzen. v.l.n.r. Variante aus den Jahren 1968-1973 mit dem Bildnis Gustav VI. Adolfs, Variante aus den Jahren 1976-2000 mit dem Bildnis von Karl XVI. Gustav, neuere Variante seit 2001

Dazu gab es noch im Jahr 2000 eine Milleniumsausgabe in etwas anderem Stil, die mir persönlich aber noch nie untergekommen ist, und letztes Jahr zum zweihundertjährigen Juiläum der Trennung von Schweden und Finnland. Letztere sah sehr ungewöhnlich aus, da die Vorderseite Wellen als Stilisierung des Meeres zeigte und damit zunächst nicht klar als gültiges Zahlungsmittel zu erkennen war.

Trotz der mittelfristig zwangsläufigen Euro-Einführung wird man bei der Riksbank aber nicht müde, das bisherige Geld weiterzuentwickeln. So wurde mittlerweile der Beschluss gefasst, ein neues Zwei-Kronen-Stück und einen 200-Kronen-Schein einzuführen. Wann das passieren wird und wie diese aussehen sollen, ist aber noch nicht klar. Man kann sogar Vorschläge einreichen.

Während ich diese Umwälzungen abwarte, sortiere ich schonmal meine 50-Öre-Stücke aus. Da ich früher mal Münzsammler war, behalte ich gerne die paar, die mir geblieben sind.

Heiße Society-News

Wie Expressen berichtet, wird heute die Verlobung von Kronprinzessin Victoria mit ihrem Freund Daniel Westling bekanntgegeben. Offiziell ist das noch nicht, aber heute ist das übliche Treffen von König und Ministerpräsident. Angeblich sollen auch die Königin und die Kronprinzessin anwesend sein. Entweder passiert heute also etwas wichtiges, oder sie wollen einfach zusammen Semlor essen, wie man das am heutigen Faschingsdienstag in Schweden üblicherweise macht.

Nachtrag 10:30 Uhr: Sogar die Republikanska Föreningen, also der Verband der Monarchiegegner in Schweden, gratuliert und meint „Kärlek är härligt“, also „Liebe ist herrlich“. Das mag überraschen, aber eigentlich wollen sie natürlich nur die Gelegenheit nutzen, ihre Positionen weiter zu verbreiten. So kritisieren sie, dass die Hochzeit den Steuerzahler teuer zu stehen kommt, und dass Victoria erst um Erlaubnis fragen muss. Alle Mitglieder der schwedischen Thronfolge brauchen nämlich die Erlaubnis des Monarchen, und im zweiten Range auch der Regierung, um heiraten zu dürfen, ohne ihr Recht auf den Thron zu verwirken. Beim Aftonbladet kann man schonmal Glückwünsche hinterlassen.