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Führerschein

Gestern 8 Uhr. Das Telefon klingelt.
„Fabian, weißt du, was ich für dich habe“, sagt eine Frau auf schwedisch.
„Ja“, lüge ich perplex und unwissend. Sie scheint das nicht zu irritieren
„Ich habe einen Prüfungstermin für die Theorieprüfung. Nämlich morgen um 9.45 Uhr“
„Aber ich habe kommende Woche Prüfungen an der Uni, und außerdem habe ich ohnehin schon einen Termin für kommende Woche Donnerstag.“, argumentiere ich zurück. Wegen der langen Verzögerung beim Umtausch meines Führerscheins bin ich gelinde gesagt auch etwas aus der Übung.
„Ja, aber du machst ja schon seit März, und wird jetzt langsam Zeit.“
Widerwillig akzeptiere ich den neuen Termin. In der Tat ist ja auch etwas Eile geboten, denn meine ersten Kontakte mit der Busfahrerwelt sind schon mehr als drei Monate her, und schon in einem Monat soll ich die Straßen unsicher machen. Nachmittags sitze ich dann am Computer in der Fahrschule und mache Testprüfungen. Nach rund 12 Durchläufen habe ich wirklich auch die letzte Frage einmal gesehen und kenne viele Antworten schon auswendig. Das ist trügerisch, denn die Fragen sind natürlich nicht identisch mit denen in der offiziellen Prüfung. Also pauke ich mir noch Arbeitszeitregelungen und Achslasten ein.

Heute morgen dann einmal wieder die Begegnung mit dem modernen schwedischen Staat. Der helle Vorraum der Prüfungsräume beherbergt eine Reihe Fotokabine, wo man selbst das Foto für den Führerschein machen kann – alles elektronisch, versteht sich. Spaßeshalber nehme ich bei der Sprachenauswahl deutsch. Daher könnte ich mir auch ein Lächeln nicht verkneifen, denn die Computerstimme spricht vernehmbar mit österreichischem Akzent.
Die Prüfung selbst ist auch am Computer, und zwar browsergestützt. 60 Fragen gibt es. 5 sind Dummy-Fragen, die anscheinend Kandidaten zur Übernahme in den offiziellen Fragekatalog sind und die man zuerst an realen Versuchskaninchen testen will. Leider kriegt man bei diesen Fragen auch keine Punkte. Von den verbleibenden 55 Fragen muss man mindestens 44 richtig beantworten. Nach knapp 40 Minuten (so viel Zeit hat man) dann der Moment der Spannung. Ich klicke auf „Avsluta“ (Abschließen) und das Ergebnis erscheint. 45 richtige! Bestanden!

Netterweise zeigt das System dann auch an, welche Fragen falsch waren. Weniger nett ist allerdings, dass einem nur gesagt wird, dass die Antwort falsch war, aber nicht, welche richtig gewesen wäre.

Ist ohnehin egal – auch knapp bestanden ist bestanden, und wenn man rund 24 Stunden vorher bescheid kriegt, dass man Prüfung hat, schaut man weniger auf die Punktzahl.

Nächste Woche geht es also auf die Piste, hoffe ich.

PS: das Bild oben zeigt meinen neuen schönen schwedischen Führerschein. Ein Detail wurde vom deutschen Führerschein nicht übernommen: mit diesem darf ich keine Lastzüge mehr fahren, bei denen der gesamte Zug schwerer ist als 12 Tonnen. Da das Zugfahrzeug nur 7,5 Tonnen wiegen darf und der Anhänger nur eine Achse haben darf, ist dieser Fall aber ohnehin hypothetisch. Ein weiterer kleiner Nachteil: der Führerschein muss alle 10 Jahre verlängert werden. Das ist aber auch nicht weiter tragisch, denn das wird in Deutschland – wenn auch mit großzügigen Übergangsfristen – auch kommen. Ein Schmankerl hat die ganze Sache in jedem Fall: da ich ja die alte Klasse 3 gemacht habe und somit Inhaber des Führerscheins CE (Lkw mit Anhänger, in meinem Fall natürlich auf 7,5 t beschränkt) bin, kriege ich beim Erwerb des Busführerscheins nicht etwa Klasse D (Bus), sondern gleich Klasse DE (Bus mit Anhänger). Das beruht wohl darauf, dass die Macher der Regeln davon ausgingen, dass jemand, der einen Lkw mit Anhänger fahren kann, auch einen Bus mit Anhänger fahren kann. Eine kleine Lücke im System in diesem Fall, denn natürlich ist nicht bedacht worden, dass man in Deutschland früher auch einen CE-Führerschein, wenn man gar kein Lkw fahren konnte, schon gar nicht mit Anhänger. Ich selbst bin auch nicht gerade ein Anhängervirtuose, aber den DE-Führerschein nehme ich gerne. Dass ich jemals einen Bus mit Anhänger fahren werde, ist ohnehin unwahrscheinlich. Ein Gelenkbus zählt nämlich nicht als Bus mit Anhänger.

Investigativ

Ich bin ja sehr begeistert, dass ich bei Fiket verlinkt wurde – bei aller Schreibbegeisterung ist es auch mal schön, nicht jeden Besucher persönlich zu kennen.

Ein kleiner Nachtrag zum gestrigen Beitrag: „medlut“ könnte auch bergauf bzw. bergab heißen. Ich bleibe weiter dran.

Den größten Knüller habe ich gestern ohnehin vergessen. Wenn an einer Kreuzung zwei Linksabbieger aufeinandertreffen, dann biegen die laut deutscher Fahrschule tangential zueinander ab – für wen das Fachchinesisch sein sollte: sie fahren so aneinander vorbei, dass es nicht kracht. In der schwedischen Fahrschule ist das anscheinend nicht die Standardprozedur – laut Buch fährt man normalerweise umeinander herum oder spricht sich wohl ab. Das Bild ist da nicht so eindeutig. Tangentiales Abbiegen ist aber erlaubt. Der Hammer ist aber die Bezeichnung dafür: Stockholmssväng.

Und morgen: die Tücken, wenn man sich in Schweden ein Paket zuschicken lässt bzw. verschickt. Heute bin ich auf die fünfte Variante gestoßen, und morgen gibt es dazu die knallharten Fakten.

In diesem Sinne: Frohe Ostern, oder glad påsk, wie man hier sagt.

Verkehr in der Theorie

Polis
(Ausriss: Du&Jag i Trafiken)

Nachdem von meiner Masterarbeit der erste Entwurf (voller Fehler natürlich) fertig ist, kann ich einmal eine Sache hier erwähnen, die mich noch so beschäftigt – neben den vielen anderen.

Ich meine den vormals schon erwähnten Führerschein. Am Montag durfte ich zur Voruntersuchung antanzen. Zum obligatorischen Drogentest wurde mir eine Urinprobe genommen und Blut abgezapft – selten so viel Spaß gehabt. Beim Augentest brillierte ich wie gewohnt – allerdings musste ich peinlicherweise meine Wissenslücken im Bereich Alphabet auf Schwedisch anmerken. Da habe ich in meinen Kursen nämlich verpasst. Ich wusste daher schlichtweg nicht, wie J ausgesprochen wird: Je. Nachdem das im Vorfeld geklärt war, war das Lesen der kleinsten Zeile kein Problem. Der Blutzucker war auch normal. Die Urinprobe war, mmh, interessant – ich musste meine Taschen ausleeren und der Wasserhahn wurde abgeklebt, damit ich ja nicht bescheiße. Gesamtergebnis der Untersuchung: alles ok.

Nun habe ich schon drei Theoriestunden gehabt. Herausfordernd ist die Theorie nur in ihrer Menge, nicht wirklich inhaltlich. Gestern fand ich es ausgesprochen ermüdend, mir eine Stunde lang am Stück die Funktionsweise eines Fahrtenschreibers erklären zu lässen. Am Computer konnte ich die ersten beiden Level der Fragebögen bestehen. Das erste Level zwar erst nach drei Versuchen, dann aber mit 59 von 60 Fragen richtig. Das zweite schaffte ich dann auf Anhieb, und beim dritten scheiterte ich nur knapp. Bei der ganzen Sache beschäftigt mich eher, wie die Fahrstunden mit meinem Stundenplan kollidieren werden.

Besonders interessant ist allerdings Trafiksvenska – man lernt Wörter, die man im Schwedischkurs nie hören würde und oft auch gar nicht hören möchte. Es handelt sich um Verkehrsschwedisch, d.h. Vokabular, das den Straßenverkehr betrifft. Interessanter Zufall, dass Thomas auf Fiket gestern einige Fachvokabeln aus dem Bereich Astronomie präsentierte.

Hier also eine kleine Liste ganz anderer Fachvokabeln:

  • väjningsplikt: Die Pflicht, Vorfahrt zu gewähren
  • tuta: hupen
  • vägren: Seitenstreifen
  • körfält: Fahrspur (hört man leider oft in den Verkehrsnachrichten)
  • bogsering: Abschleppen
  • blinker: Ein sehr ungewöhnliches schwedisches Wort, denn Wörter, die im Deutschen auf „er“ enden, enden im Schwedischen normalerweise auf „are“ – wie z.B. lärare (Lehrer), hammare (Hammer). „blinkare“ wäre also die logischere Variante gewesen. Noch ungewöhnlicher ist allerdings der Plural „blinkers“ – einen s-Plural kennt das schwedische nämlich eigentlich nicht. Laut pauker.at gibt es auch „körriktningsvisare“ (also Fahrrichtungsanzeige), aber ich vermute stark, das ist genausowenig Alltagsschwedisch wie „Fernsprecher“ alltagsdeutsch ist.
  • medlut: ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, weil es im Wörterbuch nicht drinsteht. Ich vermute aber, es heißt „in Fahrtrichtung“. motlut gibt es nämlich auch – und das heißt vermutlich „gegen die Fahrtrichtung“.
  • prestationsförmåga: Leistungsvermögen – eigentlich kein Verkehrbegriff, aber eine der Fragen im Fragebogen, über die ich zuerst stolperte. Die richtige Antwort war, dass etwas Stress das Leistungsvermögen erhöht. Kann schon sein.

Sehr beschäftigt ist der Fragebogen übrigens mit dem Einfluss auf das Fahrverhalten, wenn man mehrere Leute im Fahrzeug hat. Die seltsamste Antwort war bislang aber, dass Erwachsene sich selbst ums Anschallen zu kümmern haben. Ist der Fahrer also nicht haftbar, wenn außer ihm keiner angeschnallt ist?

Noch ein Kuriosum:

Hörselskadade

Dieses Schild ist eine sogenannte „Tilläggstavla“, also ein Schild, das zu einem anderen hinzugefügt wird. In diesem Fall geht es um eine Behinderung. Drei Punkt auf gelbem Grund? Na, klingelts? Falsch! Das Zeichen steht groteskerweise für Hörgeschädigte.

Synskadade

Dieses Zeichen wiederum steht für Sehgeschädigte.

Eine Logik kann man wohl nur darin erkennen, dass das schwedische Wort für taub, „döv“, drei Buchstaben hat, „blind“ hingegen fünf.

Ein weiteres Fundstück ist das Bild in der Einleitung. Damit teilt ein Polizist mit, man solle die Geschwindigkeit senken. Sollte es dieses Zeichen in Deutschland jemals gegeben haben, so gehe ich davon aus, dass es nach 1945 abgeschafft wurde…