Stockholm, Stockholm, wir fahren nach Stockholm

Nach durchwachsenen Partien in der schwedischen Erstliga „Allsvenskan“ wollten wir uns mal ein echtes Highlight geben: Pokalhalbfinale, und das Losglück brachte die Partie nach Stockholm.

Es spielte für uns Hammarby IF aus dem gleichnamigen Stockholmer Stadtteil, der der beste Verein von, nun ja, ganz Hammarby ist. Traditionell der kleinste der drei großen Stockholmer Vereine mit nur einem Meistertitel bislang ist „Bajen“, wie sie genannt werden, letztes Jahr in die zweite Liga abgestiegen. Da sind sie immer noch, denn von einem Aufstiegsplatz können sie nur träumen.

Wie das aber so ist: der Pokal hat seine eigenen Gesetze (Pling! 10 Kronen ins Phrasenschwein).

Nach zwei formidablen 3:1-Siegen gegen Trelleborg und Elfsborg wurde es für die Spieler gegen die Brommapojkarna, eine akute abstiegsgefährdete Erstligamannschaft aus dem Nordwesten der Stadt, schwierig: 2:2 nach Verlängerung, und auch das Elfmeterschießen wurde erst mit 7:6 entschieden.

Der Fall gegen Kalmar schien klar: die sind Siebte in der ersten Liga und haben noch rechnerische Chancen, in den Europa-League-Bereich vorzudringen. Da würde Hammarby verlieren. Zeitweise war Kalmar in der Tat besser, aber nach einer starken Phase in der ersten Halbzeit stand es 2:0. Hammarbys Fans konnten schon frohlocken.
Dann aber ein böser Fauxpas. Ein Spieler von Hammarby blieb verletzt liegen, der Schiedsrichter sah es nicht und auch nicht der direkt daneben stehende Linienrichter. Er pfiff nicht ab, und schon war es passiert: 2:1. Es folgt eine sehr nervöse Phase von Bajen. Nach regulärer Spielzeit stand es 2:2, und auch die Verlängerung konnte nichts daran ändern.

Beim Elfmeterschießen zeigten beide Mannschaften schwache Nerven: auf beiden Seiten gingen 2 Schüsse daneben. Dann in der 6. Runde traf Hammarby und Kalmar verschoss. Hammarby im Finale, Kalmar am Boden.

Ich muss sagen, nach dem langweiligen Gegurke, das ich bei AIK und Djurgården betrachten durfte, war das Spiel eine Wohltat. Die Stimmung war auch gut. Leider ist wohl zu befürchten, dass das mehr der Pokaleffekt ist. Auf der anderen Seite: die Tickets bei Hammarby sind billig.
Das geringe Interesse finde ich erstaunlich. Obwohl es bei diesem Wettbewerb einen Europa-League-Platz zu holen gibt, war das Stadion nicht voll, und das Spiel wurde auch nicht im Fernsehen übertragen.

Mittlerweile ist auch entschieden, wie es weitergeht. Im anderen Halbfinale hat Helsingborg den Verein aus Mjällby mit 2:0 besiegt. Das Finale wurde als Heimbegegnung für Hammarby zugelost, denn im Gegensatz zu Deutschland gibt es keinen festen Austragungsort. Also ist das Finale in Stockholm – prima!

Der Gegner ist allerdings eine harte Nuss: Helsingborg ist Tabellenzweiter mit besten Chancen auf die Meisterschaft. Sollten sie Meister werden, wäre Hammarby auf alle Fälle in der Europa League. Das wäre natürlich eine feine Sache, auch wenn europäische Wettbewerbe meist bedeuten, dass die schwedischen Mannschaften spätestens in der zweiten Runde gegen den moldawischen Meister oder so rausfliegen.

Gewinnt Hammarby hingegen die Partie – wovon ich natürlich fest ausgehe – dann ist der Platz auf alle Fälle sicher. Man könnte glatt Fan werden…

Djurgården gegen GAIS 1:1

Es ist fast genau drei Jahre her, dass ich im Stockholmer Olympiastadion mein erstes Spiel der höchsten schwedischen Fußballliga, der Allsvenskan, sah. Damals ging es gegen Halmstads BK.

In der Zwischenzeit bin ich fremd gegangen und schaute ein Match von AIK gegen IF Elfsborg im letzten Jahr. Ein langweiliges Spiel mit dem Ergebnis 0:0.

Heute ging es gegen GAIS, einen Klub im guten Mittelfeld der Liga. Gut ist aber in Schweden sehr relativ. Selbst die besten Mannschaften schaffen es weder in der Champions League noch in der Europa League durch die Qualifikationsphasen. Bei dem AIK-Spiel schafften es die Torhüter mehrfach, den Ball beim Abschlag ins Aus zu schießen. Die Kader der Mannschaften enthalten kaum Ausländer, und die paar, die es gibt, sind anscheinend entweder zweite Wahl von anderswo oder hoffen, in Europa von einem Talentscout gesehen zu werden.

Meine Erwartungen waren deswegen auch nicht sonderlich hoch.

Das eher geringe Niveau und der mangelnde internationale Erfolg hat aber keinen Effekt auf den Fanatismus der Anhänger. Auch hier gibt es Ultras, und das Stadion war auch an einem Donnerstagabend einigermaßen gefüllt, auch wenn das Spiel mit 6900 Besuchern weit unter dem Verfassungsvermögen blieb. Sogar eine versprengte Gruppe auswärtiger Fans schaffte es ins Stadion.

Das Spiel selbst war das aufregendste bislang, was aber nicht schwer war. GAIS war meines Erachtens etwas besser, aber nicht deutlich. Nach einer lethargischen Anfangsphase ging Djurgården durch ein sehr glückliches Tor in Führung. Bald nach der Pause konnte GAIS ausgleichen – glauben wir zumindest, denn wirklich sehen konnte man das Tor von unserer Seite nicht. Ich nahm zuerst an, dass der Ball hinter dem Tor gelandet wäre.

Die zweite Halbzeit war deutlich lebhafter und hatte auch ein paar bemerkenswerte Dinge zu bieten.

Der Schiedsrichter hat wahrlich nicht mit Pappe gespart – ein halbes Dutzend gelbe Karten dürften es am Ende gewesen sein. Eine rote wurde es am Ende dann auch noch, aber erst, nachdem ein Linienrichter und der vierte Offizielle den Schiedsrichter überzeugt hatten, dass ein Delinquent nun schon zwei gelbe Karten haben. Das kommt aber bekanntermaßen in den besten Schiri-Familien vor, wie wir seit der letzten WM wissen.

Trotz der gelben Karten gab es kaum Spielunterbrechungen, was den vierten Offiziellen nicht davon abhielt, 5 Minuten Nachspielzeit (!) zu empfehlen. Nach der Rote-Karten-Diskussion waren es dann stolze 7 Minuten.

Bemerkenswert waren mich vor allem aber zwei Fankulturerscheinungen. Die Fans stimmten doch tatsächlich „Voulez-Vous“ von Abba an – freilich nur den Refrain. Ein ungewohntes Geräusch war auch das Geklimper von Geld: Jugendlich liefen mit Eimern durch die Reihen und sammelten Geld für…, ja für irgendetwas. Keine Ahnung wofür, aber ich habe auch eine Kleinigkeit hineingeworfen.

Der ultimative Ligatest

Stadionpanorama

Das Stockholmer Stadion – gut besetzt vor dem Spiel

Stimmung zum Anfang des Spiels

Passend zum Pokalhalbfinale heute einmal ein Fußballbeitrag. Letzten Sommer durfte ich ja schon erleben, wie man es mit dem Fußball in Schweden so hält.

Christine und ich wollten uns aber am letzten gemeinsamen Abend dann auch Fußball vor Ort gönnen. Es sopllte ein Spiel der Spitzenklasse sein, bei dem Real Madrid alt aussehen würde. Unser Ziel war daher klar: die Fotbollsallsvenskan, das schwedische Pendant zur Bundesliga. Zwar spielen insgesamt vier Stockholmer Clubs in der Liga, aber die einzige terminlich passende Begegnung war Djurgården IF gegen Halmstads BK. Ersterer ist der Stockholmer Club – die anderen drei wären übrigens AIK Solna, Hammarby IF und die neu aufgestiegenen Brommapojkarna (übersetzt „die Brommajungs“) gewesen.

Halmstad ist eine kleine Stadt an der Westküste, und der Verein ist laut Wikipedia finanziell nicht sonderlich stark. So ist es auch nicht verwunderlich, dass kaum Ausländer im Team sind. Allerdings trifft diese Aussage auch auf alle anderen schwedischen Clubs zu. Ausländer verirren sich selten hierher, und das ist auch verständlich – die Liga ist schwach und mit Ausnahme eines UEFA-Cup-Gewinns des IFK Göteborg im Jahr 1982 ist kein Verein jemals weit gekommen.

Djurgården IF war in dem Spiel ganz klar Favorit insofern, als dass sie in den letzten 6 Jahren 3mal Meister geworden sind. Allerdings hatten sie in der ersten Begegnung der Saison etwas geschwächelt gegen die Brommapojkarna und daher gleich einmal verloren.

Ein Sieg musste also her. Die Stimmung war gut, das Stadion voll – bei einem geringen Fassungsvermögen von vielleicht 15000 Zuschauern war es mit 10747 Besuchern auch leicht zu füllen. Wir hatten die billigen Plätze und saßen dementsprechend hinter dem Tor.

Gegnerische Fans

Die gegnerischen Fans

Am beeindruckendsten war allerdings die großartige Anwesenheit gegnerischer Fans. Erst dachte ich, es wären gar keine da. Dann habe ich sie doch entdeckt, und zwar direkt neben uns. Das Häufchen war so armselig, dass man sie kaum entdecken konnte.

Das Spiel selbst war nicht minder armselig. Ich bin zwar in Sachen Fußball nun wirklich keine Koryphäe, aber brauchbare Pässe sah man selten. So etwas wie Spielaufbau habe ich jedenfalls kaum gesehen, und die Deckung funktionierte so wahnsinnig gut, dass einige Spieler auch öfters vollkommen ungedeckt Bälle entgegennehmen konnten. Lauffreude war ebenso Fehlanzeige.

Das erste Tor war höchst seltsam hineingestolpert, das zweite dann halbwegs brauchbar. Djurgården führte also 2:0, und Halmstad machte keinerlei Anstalten, dass Spiel vielleicht noch zu drehen. Man hatte eher den Eindruck, sie fügten sich in ihr Schicksal.

Viele dieser Beobachtungen mag an mangelndem Sachverstand oder dem schlechten Blickwinkel gelegen haben. Dennoch war ich doch einigermaßen überrascht, was ich da so in den Zeitungen las.

Aftonbladet feierte Mattias Jonson für seine Leistung und bezeichnete das Spiel als „Jonsons show“ – er habe hinter dem „Erwachen Djurgårdens“ gelegen.

Ein Tor ist gefallen

Ähnlich begeistert von Jonson war Expressen.

Super Stimmung – kein Wunder, wenn man gewinnt

Dagens Nyheter schrieb gar:

Djurgården revanchierte sich

In Frage gestellt und verhöhnt nach dem 0:1 gegen die Brommapojkarna im Råsunda-Stadion. Da sammelte sich Djurgårdens Fußballmannschaft ernsthaft. Der 2:0-Sieg gegen Halmstad im Stadion war laut dem Giganten des Platzes, Mattias Jonson, das beste Spiel des Teams 2005.

Metro nicht minder positiv über Jonson:

Fliegende Heimpremiere

[…]“Er war lebensgefährlich für Halmstad in 90 von 93 Minuten“, sagte Djurgårdens Trainer Paul Lindholm[…]

Stockholm City zog auch eine positive Bilanz, wenn auch eher in Richtung Mikael Dahlberg:

Dahlbersg schöne Revanche

[…]Ein ganz anderes Djurgården als vor einer halben Woche, das wir da gestern sahen.

Gewonnen

Vielleicht habe ich falsche Erwartungen, ein anderes Spiel gesehen oder: die Allsvenskan ist einfach grottenschlecht. Christine und ich waren uns jedenfalls einig, dass das Spiel wirklich nicht gut war und Djurgården nur deswegen gewonnen hat, weil Halmstad einfach noch weniger gebacken kam.

Ich werde das in Kürze noch einmal austesten müssen schätze ich. Dann aber wohl bei einem anderen Club.