Es regnet, ich mache Frühstück. Es gibt wohl die letzten Erdbeeren dieses Jahres. Am Küchentisch sitzt Hector, mein neuer mexikanischer Mitbewohner, und unterhält sich mit einem der Chinesen über eines der Topthemen unter den Studenten hier: Unterkunft, d.h. wie die jetzige ist und wie man möglichst an eine bessere kommen könnte.
Ich diskutiere etwas mit. Die eigenwilligen Essgewohnheiten mancher Chinesen treibt groteskere Blüten, als ich erwartet hatte. Am Nebentisch sitzen zwei Chinesinnen. Eine von ihnen verfeinert ihr Frühstück – was auch immer es sein mag – mit Ketchup.
Es ist die letzte komplett freie Woche, bevor der so fürchterlich sprichwörtliche Ernst des Lebens wieder beginnt. Auch so ist sie gut gefüllt.
Heute nachmittag steht der letzte Termin des Information Searching Course an, über den ich heute morgen einen kleinen Beitrag gepostet habe.
Am Dienstag war ich in Vaxholm auf den Schären, einer riesigen Inselgruppe, die Stockholm vom Meer trennt. Nach einer Stunde Fahrt zwischen malerischen Inseln, auf denen teilweise nur ein einziges Haus steht (für viel mehr wäre oft auch kein Platz) kamen wir an. Vaxholm selbst ist weniger spannend, weil es neben einer kleinen Burg keine Sehenswürdigkeiten gibt. Es ist ansonsten ein kleines Touristenstädtchen mit einer Fußgängerzone und einigen Restaurants. Unspektakulär, aber hübsch. Es wird später am Tag auch noch einige Panoramen dazu geben.
Über drei Wochen nach der Ankunft hier steht zwar endlich fest, dass ich während des Semester einen Schwedischkurs an der KTH werde belegen können, aber meine Fortschritte im Allgemeinen stellen mich nicht zufrieden. Gerade Hörverstehen des Schwedischen ist bei mir extrem schlecht. Daher hatte ich gestern Schwedisch-Tandem mit Diana, die beabsichtigt, ein Doppeldiplom zu machen. Sie kommt offenbar aus einer lateinamerikanischen Familie, denn den schwedischen Klischees von blonden Haaren und blauen Augen entspricht sie nicht. Zudem sprach sie gerade spanisch mit jemandem, als wir uns trafen. Sie scheint also deutlich mehr sprachlich begabt zu sein als ich. Ich brach mir eine Stunde lang auf Schwedisch einen ab, was sogar halbwegs funktionierte. Wenn sie mir etwas erzählte, blieb aber viel vom Inhalt auf der Strecke. Interessant war, dass es eben die „Leitsprache“ deutsch im Gegensatz zu meinen bisherigen Tandems nicht gab, weil sie die Sprache bisher auch nur aus Kursen kennt. Zum Glück mussten wir selten auf englisch wechseln, was ich sehr gut fand. Allerdings weiß ich jetzt, dass noch ein weiter Weg vor mir liegt.
Der Container füllt sich immer mehr. Es sind anscheinend noch mehr Chinesen angekommen, aber auch andere Nationen sind hinzugekommen. So wohnen nun ein Mexikaner, ein Indonesier, eine Brasilianerin, eine Kanadierin und eine Deutsche hier. Letztere kommt aus Ingolstadt und heißt interessanterweise Daniela Jensen – bei DASDING gibt es eine Kollegin gleichen Namens. Ich war etwas überrascht, dass ich als Deutscher nicht mehr alleine hier bin. Das Problem ist natürlich die sprachbedingte Cliquenbildung. Wir werden wohl ziemlich daran arbeiten müssen, dass sich auch auf dem ganzen Flur eine Gemeinschaft bildet.
Gestern abend haben wir – Daniela, Miral aus Kanada und ich – uns noch kurz mit Ruben in Södermalm getroffen. Dabei war auch Augustin aus Frankreich, der noch mit dem Rucksack unterwegs war, also wohl direkt vom Flughafen kam. Es war allerdings eine kurze Angelegenheit, weil die beiden Mädels recht müde waren und schnell zurückfuhren. Wir statteten einem „Geheimtipp“ unter den Kneipen einen Besuch ab. In einer Nebenstraße gibt es die Bar „Carmen“, die einen halben Liter Bier ab 29 Kronen anbietet, was für die Verhältnisse hier spottbillig ist.
Heute abend gibt es wohl eine Physikerparty, morgen eine in Lappis, am Montag eine von der Student Union – es liegen also noch erlebnisreiche Tage vor mir, bevor ich Mittwoch morgen um 8 das erste Mal in Beräkningsfysik gehen muss.