Kvalet av valet

Vor ein paar Jahren durfte ich den Kirchenrat meiner Gemeinde oder irgendsoetwas wählen – es gab sechs Plätze zu vergeben, und genau sechs Kandidaten. Den knallharten Wahlkampf kann man sich ansatzweise vorstellen. Und das TV-Duell erst – spektakulär.

Hier sind morgen Kirchenwahlen, und es geht ganz anders zu. Parteien treten an, Wahlkampf in der Fußgängerzone. Nicht, dass die Kirche mehr zu melden hätte als in Deutschland, aber es ist ein Stimmungsbarometer. Zudem sind die Wahlen für den schwedischen Reichstag ziemlich genau ein Jahr entfernt.
Bei allem Interesse für die Politik hier interessiert mich die andere große Wahl morgen freilich deutlich mehr.

Gestern war ich auf der Party des SSK. Vier Stunden war ich dort, und circa dreieinhalb davon habe ich über die Wahl geredet. Es ist bemerkenswert, wie gut die Leute hier informiert sind. So musste ich erhebliche Defizite meiner Kenntnisse der Merkelschen Biografie feststellen – ich dachte, sie sei im Osten geboren und wäre schon erhebliche Zeit vor der Wende in der CDU gewesen. Einer erwähnte sogar das Bad Godesberger Programm. Und alle fragten mich, wie ich denn die Lage einschätze. Fünf Lättöl (Bier mit maximal 3,5 % Alkohol) später lief ich leicht beschwingt heim.

Mich beschäftigt die Wahl fast mehr als vor 3 Jahren, wo ich noch aktiv im Wahlkampf war. Man spricht mit allen Deutschen darüber. Briefwahl wollen alle machen, und bis auf wenige Ausnahmen sind die Präferenzen eigentlich recht deutlich ausgeprägt: eigentlich kann man keinen mit dem eigenen Vertrauen ausstatten, aber im Zweifelsfall dann doch eher Schröder als Merkel.

Mein Resümee über den Wahlkampf, beziehungsweise das, was ich hier davon mitbekommen habe, fällt recht ähnlich aus.
Die Union hat einen interessanten Wahlkampf geführt – aus verschiedenen Gesichtspunkten. Vor einem halben Jahr glaubten manche in der Partei noch, sie würden ab morgen alleine regieren. Weit gefehlt, nicht zuletzt wegen des doch etwas holprigen Auftritts. Stoiber sprach von frustrierten Ossis, und alles sprach über ihn, aber nicht über Merkel oder womöglich darüber, was man denn nach dem 18. September bei der ganzen Regiererei mal so machen könnte. Daraufhin wurde ein honoriger Mann losgeschickt, der genauso in einer der Schröderschen Kommissionen sitzen hätte können: Paul Kirchhof. Leute wie er werden üblicherweise zu harmlosen Veranstaltungen eingeladen. Wenn eine Kirche oder eine politische Stiftung eine Podiumsdikussion aufwerten und damit bei PHOENIX landen wollen, dann holen sie ihn. Nun holte ihn aber Merkel, und er sollte die Ideen, die er sonst in Festtagsreden als theoretische Überlegungen darbot, als konkretes Regierungsprogramm auslegen. Auch wenn man honorieren muss, dass sich endlich einmal jemand öffentlich Gedanken darüber gemacht hat, wie wir das deutsche Steuersystem generalüberholen – so kann es nicht funktionieren.
Das kam der SPD freilich deutlich entgegen – auch nicht zu Unrecht, denn trotz der eigenen anfänglichen Ratlosigkeit und Münteferings Kreislaufschwäche ging es besser als erwartet. Alle kämpften, der Kanzler zeigte seinen Garten und konnte erklären, dass er seine Frau liebt. Ob das reichen wird, sei dahingestellt. Mir persönlich ist es schwergefallen, groß für meine eigene Partei zu agitieren, denn plötzlich zu behaupten, Schröder habe einen Masterplan für die Probleme, wäre verfehlt. Lediglich der Verweis, was uns mit einer Kanzlerin Merkel und einem Außenminister Westerwelle blühen würde, bot eindeutigen Gesprächsstoff – die haben nämlich auch keinen solchen Plan.

Vor vier Wochen beklagte ich mich hier über den dahinsiechenden Wahlkampf. Eine kleine Flut und einige abgestürzte Flugzeuge später ging es dann doch rund – eine NPD-Kandidatin verstarb, und es kann durchaus sein, dass Dresden die kommenden zwei Wochen ein noch nie dagewesenes Wahlkampfspektakel erlebt. Das TV-Duell hatte dieses Mal auch einen Effekt, nämlich stolze drei Prozent. Letztes Mal ging es nachher nur um die Krawatten.

Ob das die Stimmung bis morgen umdreht, wird sich zeigen – in jedem Fall ist erfreulich, dass der Wahlkampf nicht so langweilig wurde wie zuerst zu erwarten war. Nicht nur wegen der PARTEI, sondern auch wegen der zahlreichen Netzangebote.

Es ist letztendlich doch noch spannend geworden. Gerade diese Vorfreude macht es so interessant. Wenn Union/FDP keine Mehrheit bekommt, ist alles offen – und alles möglich.

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