Ein historischer Tag

Ich musste schon eine Träne verdrücken, als Winfried Kretschmann heute morgen zum Minischderpräsident des Landes Baden-Württemberg gewählt wurde. Dass nach der Wahl Ende März nun das Realität wird, was ich nie zu erleben glaubte. Dass ein Nicht-CDU-Mann in dieses Amt gewählt wird, haben nicht einmal meine Eltern erlebt.

Geradezu erbärmlich dieses mitleidige Gelaber im Fernsehen über die CDU-Abgeordneten, die nun ihre Lebensträume durchkreuzt sehen. Wer Wahlen als Bestätigungsveranstaltungen ansieht und eine politische Karriere als unaufhaltsamen Karrierezug, der kann einem bestenfalls leid tun, dass er ein Produkt der Verfilzung Baden-Württembergs ist. Demokratieverständnis muss bei der CDU erst noch einsickern. Vielleicht ist das auch schonmal der erste positive Effekt dieses Wechsels.

Ich bin aber auch Realist genug, zu wissen: in 5 Jahren ist es wieder vorbei. In einer gigantischen Ausnahmesituation wurde die CDU unter 40% gedrückt und die FDP fast über den 5%-Abgrund geschoben. Die grün-rote Regierung, die das allein durch überzeugende Arbeit noch einmal schaffen will, kann ich mir kaum vorstellen. Dazu waren die letzten Woche zu verhalten und unharmonisch, als dass man allzu große Hoffnungen haben könnte. Selbst wenn die Regierung ihre Arbeit gut macht, wird es für eine Wiederholung kaum reichen.

Eigentlich müssten sie jetzt 5 Jahre lang regieren, als ob es keinen Morgen gäbe. Eine spektakuläre Maßnahme nach der anderen, damit die Leute auch etwas davon merken, dass sie von jemand anderem regiert werden. Nur ist Deutschland nicht anfällig für einen reißerischen Politikstil, und Baden-Württemberg schon zweimal nicht. Natürlich wäre dann auch die Frage, ob dabei etwas vernünftiges herauskäme, und das darf doch in den klassischen Landespolitikfeldern Bildung und Justiz bezweifelt werden.

Aber die Zeiten ändern sich auch und mit ihr die politische Landschaft. Es bleibt eben nicht immer alles so, wie es ist – und das ist ab heute auch in Baden-Württemberg so. Ich wünsche Winfried Kretschmann jedenfalls viel Erfolg bei ihrer Arbeit. Sie haben einiges vor sich.

[Danke an Franzi für den Link]

Heute: Volksabstimmung in Baden-Württemberg

Wer dachte, dass es sich heute in BaWü nur um eine schnöde Landtagswahl handele, irrt.

Heute ist eine Volksabstimmung, in der es im Grunde darum geht, ob man in Baden-Württemberg künftig überhaupt noch Wahlen durchführen muss. Wenn nämlich die CDU gewinnt, dann kann man sich künftig die Abhaltung dieses teuren Regierungsbestätigungsinstruments auf absehbare Zeit sparen. Wer ca. so lange an der Macht ist wie Gaddafi und Honecker zusammen, dann ziemlich eindrücklich darlegt, dass es doch egal ist, was die Leute denken und anschließend von der Jahreshauptversammlung des Atomkraftfanclubs direkt zum Castorprotest geht, und trotzdem wiedergewählt wird – der ist unabwählbar, und zwar im besten demokratischen Sinne, weil die Leute es nicht anders wollen. So einfach ist das.

Wie man inhaltlich so aufgestellt ist, legte folgende Anzeige gestern dar:

Wahlanzeige der CDU (Ausriss aus dem Badischen Tagblatt vom 26. März 2011)

Besonders perfide ist der dritte Punkt: als wäre die Schlichtung die Erfindung der CDU, soll man nun der Garant dafür sein, dass der Kompromiss umgesetzt wird.
Auch der Rest ist fragwürdig: neben einem fast schon adenauerschen „Keine Experimente“, die man bei einer so selbstgefälligen Partei wohl erwarten muss, bleibt für mich vor allem die Frage, welche Steuern denn grün-rot bitteschön erhöhen kann. Liegen irgendwelche Steuern, die den Durchschnittsmenschen betreffen, überhaupt in der Gewalt der Länder? Oder noch allgemeiner: haben die Länder überhaupt die Kontrolle über Steuern jenseits der Mitwirkung im Bundesrat?

Schauen wir mal kurz zur Konkurrenz:

Wahlanzeige der SPD mit dem lokalen Landtagskandidaten Ernst Kopp (Ausriss aus dem Badischen Tagblatt vom 26. März 2011)

Ich bin natürlich als Sozi vorbelastet. Zudem kommt Ernst Kopp auch noch aus dem Ort, aus dem ich selbst stamme. Ich bemühe mich trotzdem um eine nüchterne Betrachtung. Die üblichen „Zukunft ist gut für uns alle“-Versprechen sind natürlich nicht wirklich etwas Neues. Ich finde es erfreulich, dass man sich nicht dem Populismus hingegeben hat und das offenkundige Atom-Thema nicht gleich als erstes bringt. Die Umschiffung des Themas Stuttgart 21 ist irgendwo auch nicht verwunderlich, denn die SPD hat dabei auch keine gute Figur gemacht. Man darf gespannt sein, ob das viele Wähler überzeugen wird.

Die Grünen, vielleicht heute abend die zweitstärkste Kraft im Land, haben übrigens keine Anzeige in der Zeitung geschaltet.

Dafür aber die FDP, und zwar dieses geniale Stück:

Wahlanzeige der FDP-Kandidatin Irene Ritter (Ausriss aus dem Badischen Tagblatt vom 26. März 2011)

Mit Verlaub, liebe FDP: wenn eine Kandidatin betonen muss, dass sie hellwach und somit gerade in vollstem Besitz ihrer geistigen Kräfte ist – was ist dann der Standard bei der FDP?

Das muss man vor allem fragen, wenn man diesen hochnotpeinlichen PR-Ausrutscher anschaut:

Da ist noch Luft nach oben in Sachen Wahlwerbung. Hoffentlich jedoch nicht in den Wahlergebnissen. Wer immer noch nicht eingesehen hat, dass die FDP eine populistische Klientelpartei mit nur einem Programmpunkt ist, kann in den letzten zwei Jahren nicht so oft hellwach gewesen sein.

Ich bin gespannt auf 18 Uhr und darauf, ob ich in meinem Leben doch tatsächlich mal einen Regierungswechsel in Baden-Württemberg erleben darf.

Meine 5 Cent zu Stuttgart 21

Ich sage ganz offen: mir ist Stuttgart 21 egal.

Es ist ein tolles Projekt, aber irrsinnig teuer. Man kann es machen, aber es bleibt jedem selbst überlassen, zu beurteilen, ob sich das Geschäft lohnt.
Das Ganze riecht nach der Art Größenwahnsinn, die auch die Bayern beseelt hat, als sie den Transrapid in München haben wollten. Wenn man schon hinnehmen muss, dass Nauru ein souveräner Staat ist und man selbst nicht. Dass Berlin weit weg ist und man von dem Rest der Republik als putzig-bieder belächelt wird. Dann muss man eben auf anderem Gebiet zeigen, dass man in Wirklichkeit der Größte ist.

Die Gegner wurden erst dann laut, als die Bagger schon rollten. Dabei hätten zahlreiche Bedenken wie die Gefährdung der Heilwasserquellen und die vermeintlich mangelnde Kapazität des neuen Bahnhofs schon vor Jahren geäußert werden können. Man kann es nicht nur auf die Finanzen schieben, die nun aus scheinbar heiterem Himmel aus dem Ruder liefen. Die Befürworter haben sich aber auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert durch die Ignoranz, mit der man dies alles nun durchpeitschen will.

Ich habe gestern mit an Entsetzen grenzenden Erstaunen die Räumungsaktion bei Twitter und entsprechenden Livestreams verfolgt. Auf die dort oft verwendete Hausbesetzerargumentation lasse ich mich nicht ein. Ein Projekt ist nicht erst dann demokratisch legitimiert, bis man auch den letzten Sitzblockadler überzeugt hat, aufzustehen. Demokratie ist nicht, dass der Wille des Einzelnen geschieht, sondern der der Mehrheit. Rechtstaat ist nicht, dass es immer gerecht zugeht, sondern dass ein Staat sich an die Spielregeln hält.

Wie Baden-Württemberg regiert wird

Deswegen gilt meine Kritik auch nicht der Polizei, sondern denen, die dies angeordnet haben, denn über die sagt der ganze Vorgang sehr viel aus. Nämlich, dass Baden-Württemberg von einer Gruppe selbstgefälliger Politiker regiert wird, die glaubt, sie hätte die Macht gepachtet.

Die CDU passt in ihrer Biederkeit erschreckend gut zum Ländle, und so regiert sie seit 1953 ununterbrochen. Das Ergebnis ist, dass jeder, der politisch etwas auf dem Kasten hat, früher oder später nach Berlin geht. In Stuttgart bleiben übermäßig wohl genährte Politbürokraten zurück, die nicht einmal den Anschein erwecken wollen, sie seien einst wegen idealistischer Ziele zur Politik gekommen. Ob Teufel, Oettinger oder Mappus: sie würden es in den USA nichtmal zum Kleinstadtbürgermeister bringen.

In BaWü saßen bzw. sitzen sie aber fest im Sattel, denn das Volk wählt „ihre“ CDU aus Gewohnheit immer wieder. Die Situation ist derart deprimierend, dass bei SPD und Grünen die Talente auch nach Berlin geflohen sind und sich im Landtag die gleiche Sorte provinzieller Langeweile als immerwährende Opposition eingerichtet hat.

Wenn man wie Stefan Mappus 25 Jahre lang erlebt hat, dass eigentlich immer das gemacht wird, was CDU (und ggf. FDP) untereinander ausgekungelt haben, dann ist das absolute Unverständnis über die aktuelle Entwicklung kein Wunder. So etwas hat man in diesen Kreisen noch nicht erlebt und man ist auch nicht darauf vorbereitet.

Desillusionierte Jugend

Der eklatante Mangel an Feingespür wird tiefe Spuren hinterlassen, denn nun hat auch das konservative CDU-freundliche Milieu gemerkt, dass es der Partei und v.a. ihrer Führung ziemlich egal ist, was die Leute über ihre Vorhaben denken. Wäre es anders, hätte man gewusst, dass das Vertreiben weitgehend friedlicher Demonstranten – zu guten Teilen Kinder und Jugendliche – unter Einsatz solcher Mittel nur kontraproduktiv sein kann.

Wie haben diese Leute sich das vorgestellt? Unsummen in Polizei und Sicherheitsdienste stecken, um zehn Jahre lang unter Hochsicherheitsbedingungen zu bauen?

Die derzeitigen Ereignisse haben und werden tiefe Wunden reißen, die lange nicht verheilen werden. Man schafft sich eine Zeitbombe, indem man jungen idealistischen Menschen vermittelt, dass ihre Meinung nichts zählt und sie das im Fall der Fälle auch mit Gewalt zu spüren bekommen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie nach Hause gekommen sind mit dem Gefühl, in einer Demokratie zu leben. Sie tun es trotz allem – aber werden sie sich künftig an ihr beteiligen?

Die Landesregierung hat mit ihrem Vorgehen offenbart, wie es wirklich steht um die Landespolitik im Ländle. Ich hoffe, die Wähler werden am 27. März dafür die Quittung präsentieren.

And the winner is

Die SPD eilt zur Rettung – oder nicht?

Wenige Tage vor der Wahl ist es Zeit, meine große Serie voll enorm wichtiger Informationen für den geneigten Wähler zu beenden. Manche werden eine gewisse Spaßpartei vermisst haben. Ich persönlich finde die aber so unlustig, dass ich mir nicht mal die Mühe gemacht habe, nach einem albernen Video über sie zu suchen.

Während ich diese Zeilen schreibe, weile ich aus beruflichen Gründen in Caen in der Normandie. Aber nicht nur deswegen habe ich schon vor Abfahrt meine Stimme abgegeben. Auslandsdeutsche können ohnehin nur per Briefwahl wählen. Eine beliebte Frage scheint zu sein, wie und wo man denn als solcher wählt. Die Antwort ist schlicht: man ist Briefwähler in dem Wahlkreis, in dem man zuletzt in Deutschland gelebt hat. Allerdings muss man die Eintragung ins Wählerregister bei jeder Wahl neu beantragen, und dass man sich den Wahlkreis nicht aussuchen kann, ist für alle diejenigen schade, die keinen Bezug zu ihrem letzten Wohnortswahlkreis haben. Elegant ist die Lösung aber schon, denn Briefwähler sind so selten nicht, und wer noch nie in Deutschland gelebt hat, hat ohnehin kein Wahlrecht.

Nun ist gewählt, und zwar Erststimme SPD, Zweitstimme B’90/Grüne. Und natürlich ist mir bewusst, dass die Erststimme in einem rabenschwarzen Wahlkreis nur symbolischen Wert hat – sie ist auch mehr als Unterstützung für die gute Arbeit von Nicolette Kressl gedacht.

Grüne zu wählen ist eine schwere Entscheidung, wenn man seit fast 11 Jahren SPD-Mitglied ist. Ich möchte auch nicht andere dazu aufrufen, mir es am Sonntag gleich zu tun.

Meine Gründe für diese Wahl sind vielfältig, aber ich will es an fünf Punkten festmachen:

  • Ich bin weit davon entfernt, in heißspornige Rundumschläge wie diesen zu verfallen. Wer die Politik an ihrem Ideal misst, muss enttäuscht werden. Dennoch sollte Politik zumindest dem Ideal folgen, soll heißen: nur wer große Ziele hat, kann auch Fortschritt bewirken. Ein Ausbruch aus der Kleingeisterei ist aber in keiner politischen Partei wirklich zu beobachten. Ich schreibe dies zu guten Teilen der großen Koalition zu. Alle warten ab, bis sie vorbei ist, und das ist für sich genommen schon ein Grund, ihr Weiterbestehen zu verhindern.
  • Man könnte den Eindruck gewinnen, der Klimawandel sei wegen der Krise abgeblasen worden. Stattdessen wird eine Phantomdebatte um die Kernkraft geführt. Neue AKW können in Deutschland ohnehin nicht gebaut werden, und so ist die Atomkraftdebatte nur ein Placebo für echte Umweltpolitik. Hier haben die Grünen ihre Kernkompetenz.
  • Der fast zum Dogma erhobene Müntefering-Spruch, dass Opposition Mist sei, verdeckt nur unzureichend, in welchem desolaten Zustand die SPD ist. Man kann den Eindruck gewinnen, die ganzen Idealisten seien entweder zur Linke gewechselt, ausgetreten oder in die innere Emigration gegangen. 1998 war man die mitgliederstärkste Partei Deutschlands, die über 40% der Stimmen auf sich vereinigen können. Heute ist man hinter der CDU nur noch die Nummer zwei, und man kann es schon als Erfolg betrachten, wenn man die 30% mal aus der Nähe betrachten darf. Es grenzt an Masochismus. Dieser Niedergang kann meines Erachtens nur gestoppt werden, wenn man entweder in die Opposition geht, um neue Kraft zu schöpfen. Oder man hört endlich auf, sich mit der zweiten Geige zufrieden zu geben.
  • Programmatisch sind die Grünen und die SPD in weiten Teilen identisch. Jedoch stößt mir bei der SPD ein Programmpunkt ziemlich auf: 300€ Prämie für das Nichteinreichen der Steuererklärung. Nach meinen Erfahrungen in Schweden sehe ich die Ausgestaltung der Steuern in Deutschland als ein vordringliches Problem. Ein Steuersystem sollte gerecht und verständlich sein. Das deutsche versagt in beiden Punkten kläglich, und gerade einer sozialdemokratischen Partei müsste daran gelegen sein, dies zu ändern. Dabei geht es nicht um das Verschieben irgendwelcher Steuersätzen, sondern einem grundlegenden Umbau des ganzen Systems. Daher ist die Sache mit den 300 € nicht nur ein Wahlkampfgag, sondern auch die Aufgabe des Ziels, ein gerechtes System zu schaffen. Anstatt die Mängel zu beheben, ist man bereit, Steuerhinterzieher mit Nichtkontrolle und 300€ zu belohnen. Es ist ein Schlag ins Gesicht der Arbeitnehmer, die sich ihr Gehalt nicht durch unzählige Steuertricks kleinrechnen können. Genau diese sollte die SPD aber vertreten. Liebe Genossen, hier muss sich etwas ändern! Die Grünen bleiben zwar in ihren Absichten ähnlich vage, aber solche Ausreißer nach unten scheint es da nicht zu geben.
  • Zu guter Letzt will ich – gähn – noch die Internetsperren erwähnen. Schweden hat solche, und daher kann ich mich nicht so ganz darüber aufregen, denn die realen Auswirkungen sind minimal. Abseits der unnötig zugespitzten Polemik und der offenkundigen Unsinnigkeit der Maßnahme ist die Angelegenheit aber ein trauriges Beispiel dafür, wie wenig die SPD-Spitze die junge Generation versteht und wie man geradezu grob fahrlässig Chancen ziehen lassen kann. Die jungen Menschen kreiden dies in besonderem Maße der Sozialdemokratie an, denn die CDU wird in diesem Kontext zumeist als hoffnungsloser Fall gesehen. Hier hat die SPD junge Wähler und potentielle Aktive verloren. Die Passivität in so einer Frage zeigt auch den Drang, mit kleinen sinnlosen Maßnahmen gut aussehen zu wollen. Aber auch im weiteren Kontext zeigt sich, dass man noch nicht verstanden hat, wie Demokratie im 21. Jahrhundert funktionieren könnte und sollte. Willy Brandt hat in einer berühmten Rede die Formel „Mehr Demokratie wagen“ geprägt. Die SPD sollte auch heute noch einen solchen Anspruch erheben. Doch verstanden hat kaum einer der Abgeordneten, dass es nicht reicht, ein bisschen zu twittern, ein Facebook-Profil zu haben und gelegentlich mal eine Frage bei Abgeordnetenwatch zu beantworten. In der Realität bleibt das Muster: wir machen unsere Politik, und wenn ihr Wähler dagegen seid, dann ist nicht die Politik falsch, sondern wir haben sie euch nicht gut genug erklärt. Dies muss sich ändern! Es reicht eben nicht mehr, alle 4 Jahre fieberhaft den Dialog mit dem Wähler zu suchen. Es wird Zeit, dass Internetpetitionen und Kommunikation mit dem Wähler ernst genommen werden. Dies alles war auch ein Grund, von einer Stimme für die SPD etwas Abstand zu nehmen.

Kurzum: in der SPD und für die SPD muss sich einiges ändern, und die Wahrscheinlichkeit, dass dies in einer Neuauflage der großen Koalition geschieht, ist gering. Daher gebe ich meine Stimme einer hoffentlich irgendwann vorhandenen Mitte-Links-Regierung, die den derzeitigen Zustand beenden wird.

Koalitionen, Wahlen, Qualen und Gewissensbisse

2. September 2005, noch 16 Tage bis zur Bundestagswahl. Die SPD liegt 11 Prozentpunkte hinter der Union. Am Wahltag liegen beide Parteien annähernd gleichauf.

11. September 2009, noch 16 Tage bis zur Bundestagswahl. Die SPD liegt 13 Prozentpunkte hinter der Union.

Zwischendrin waren 14 Landtagswahlen – in 7 von diesen konnte die SPD ihren Stimmenanteil erhöhen, in 7 verlor sie. An derzeit 7 Landesregierungen ist sie beteiligt, was sich in Kürze auf 8 erhöhen könnte.

Diese Zahlen sind trotzdem Schönfärberei. In den vier Jahren hat sich in der politischen Landschaft viel geändert.

Auch ich habe mir gestern das Duell angeschaut und fand wie eine leichte Mehrheit Steinmeier etwas besser. Es sind heute noch 13 Tage bis zur Wahl, und da ich Ende der Woche verreise, muss ich mich in Kürze entscheiden. Das Duell gestern abend war hier eigentlich nur kontraproduktiv, denn dass ich Frau Merkel nicht wählen würde, war sowieso klar. Nur wählen wir Parteien, und ich frage mich immer noch, in welcher Wahl meine persönlichen Interessen am besten gespiegelt werden.

So sehr es mir gefallen hat, dass die SPD langsam zu ihrem ureigensten Thema, der sozialen Gerechtigkeit, zurückfindet, so schwer fällt es mir, irgendeine Situation nach der Wahl zu sehen, in der die SPD dies auch umsetzen kann. In der Frage, welche für mich in Frage kommende Wahl – SPD oder Grüne – dem Ziel der Schadensminimierung am nähesten kommt, bin ich nicht viel weiter.

Nun also der Versuch, das ganze mal koalitionsstrategisch zu sehen. Folgende Koalitionsszenarien sind realistisch:

  • Schwarz-Gelb: die denkbar schlechteste Variante für das Land, wenn ein wieder erstarkter konservativer CDU-Flügel auf eine in permanenter Steuersenkungsmanie befindliche FDP trifft. Gut für die SPD ist das nur, weil sie sich in der Opposition wieder finden und den Grundstein für eine eventuelle spätere rot-rot-grüne Koalition legen kann. Dennoch: Land geht vor Partei, und so gilt es, dieses Szenario zu verhinden – in der Hinsicht ist es aber vollkommen egal, ob man SPD oder Grüne wählt.
  • Schwarz-Gelb-Grün: Relativ unwahrscheinlich, und es bleibt auch fraglich, ob die Grünen als Korrektiv diese Koalition in erträgliche Bahnen lenken können. Auf der anderen Seite bestünde die Opposition dann nur noch aus SPD und Linken, was bei beiden eine entsprechende Ausrichtung bewirken könnte. Insofern als eine Überbrückung eine Option – um das zu erreichen, müsste man Grüne wählen.
  • Schwarz-Rot: für mich das zweitschlimmste Szenario, denn nach 4 Jahren in dieser Konstellation ist die SPD am Boden und außer einem halbwegs erfolgreichen Krisenmanagement ist nicht viel herumgekommen. Bei einer Fortsetzung sind weder richtungsweisende Reformen noch eine Erholung der SPD zu erwarten. Auch ist fraglich, ob auf dieser Basis 2013 eine rot-rot-grüne Koalition möglich wird (und damit die einzige realistische Option für eine Mitte-Links-Politik). Also gilt es in erster Linie, diese Konstellation zu verhindern: also Grüne wählen. Sollte es jedoch dazu kommen, wäre es natürlich wünschenswert, dass die SPD einen möglichst großen Anteil hat. Auch würde eine vergleichsweise starke SPD die Möglichkeit haben, nach 2 Jahren die Koalition aufzukündigen und durch eine bis dahin vielleicht erfolgte Annäherung an die Linke die Möglichkeit haben, eine rot-rot-grüne Koalition zu bilden. Das Argument ist allerdings zweischneidig, denn gerade eine schwache SPD könnte versuchen, sich aus dem „Würgegriff“ einer starken Union zu lösen und versuchen, mit einer linken Mehrheit zu regieren. Auch hier ist also nicht klar, ob Grüne oder SPD die bessere Wahl ist.

Alle weiteren Konstellationen sind entweder der Ausschließeritis zu Opfer gefallen (rot-rot-grün, rot-gelb-grün und sonst alles, was mit der Linken zu tun hat) oder haben schlichtweg keine realistische Perspektive (rot-grün, rot-schwarz).

Bei den beiden wahrscheinlichsten Optionen ist es entweder egal oder nicht sicher, ob die Stimme bei der SPD oder den Grünen besser aufgehoben ist.

Auf diese Art komme ich also nicht weiter. Ich könnte mir da das Leben auch einfach machen und sagen, dass ich mit der Erststimme SPD und Zweitstimme Grüne die perfekte Mischung gefunden habe. Im Wahlkreis Rastatt ist eine Erststimme an einen SPD-Kandidaten (in dem Fall eine Kandidatin) aber mehr symbolischer Natur, denn hier wurde zumindest seit 1990, wahrscheinlich aber schon immer, der CDU-Kandidat gewählt.

Es hilft wohl nur noch ein neuerlicher Blick in die Details der Programme.

Wahl-O-Mat ist da: warum ich (vielleicht) nicht SPD wählen werde

Ich habe ihn lange erwartet: der Wahl-O-Mat ist mittlerweile online.

Warum ich ihn erwarte: weil ich mir überlege, zum ersten Mal meiner Partei untreu zu werden. Der Titel dieses Posts ist also durchaus ernst gemeint.

Und ich werde darin auch bestärkt:
versuch1a

Was mich bedrückt, ist, dass unter den kleinen Parteien eine bei mir gleichauf mit der SPD liegt:
versuch1b

Die Piraten, das kann ich gleich sagen, werde ich nicht wählen.

Ich habe den Test wiederholt, aber dieses Mal auf die Verwendung der Möglichkeit „neutral“ verzichtet, um mich eindeutiger festzulegen. Das Ergebnis ist nicht unbedingt erbaulicher:
versuch2

Die Linke, auch soviel sei schon gesagt, werde ich ebenfalls nicht wählen.

Eine hoffentlich geschliffene Analyse meiner Gedanken zu dieser Wahl werde ich in der nächsten Zeit nachlegen.

Langsam wird es für mich auch ernst: Auch lange erwartet habe ich nämlich meine Briefwahlunterlagen. Diese sind heute angekommen.

Ich möchte es kurz auf die folgenden Punkte bringen:

  • Die Piraten werde ich nicht wählen, weil ich einer Partei, die eigentlich nur ein Thema hat, nicht meine Stimme gebe. Es wird die meisten Piraten überraschen, aber es gibt in der Tat noch andere wichtige Themen außer Datenschutz und Informationsfreiheit.
  • Die Linke werde ich nicht wählen, weil ich in bestimmten Grundpositionen, z.B. Afghanistankrieg, mit dieser Partei überhaupt nicht d’accord bin. Abgesehen davon finde ich das Führungspersonal wenig, ähm, überzeugend. Diese Partei werde ich aber noch einer näheren Analyse unterziehen.
  • Die CDU werde ich schon alleine deswegen nicht wählen, weil schicke Führungsfiguren vor einer Partei mit einem vollkommen anderen Programm nicht so recht zusammenpassen. Auch was Themen wie Atomkraft, Wehrpflicht, Familien- und Informationspolitik angeht, sehe ich wenig Übereinstimmung.
  • Die FDP ist alleine deswegen unwählbar, weil damit ausgerechnet die Krisengewinner wären, die vorher am lautesten für den freien Markt getrommelt haben. Außerdem hat das Programm der FDP nur zwei Worte: Steuern senken.
  • Die SPD war, ist und wird auch in Zukunft meine Partei sein, aber ich tue mir sehr schwer mit ihr. Vollkommen verbraucht nach 11 Jahren Regierung, ziel- und ideenlos, hat sie ein Programm vorgelegt, das als plakative Aufmacher Schnapsideen (300 € Nichtsteuererklärungsprämie) und utopische Wirtschaftsideen (Vollbeschäftigung) enthält, die von einer erbärmlichen schwachen Führungstruppe präsentiert werden. Kein Mensch glaubt, dass FW Bundeskanzler werden wird – nichtmal er selber. Weitere vier Jahre große Koalition wären eine Katastrophe für diese einst stolzen Partei. Daher frage ich mich, ob ich ihr keinen Gefallen damit tue, sie in die Opposition zu schicken.
  • Bleiben Die Grünen, die programmatisch nahe der SPD liegen, soweit ich das gesehen habe, aber auf 300€-Schwachsinn verzichten. Sie wären für mich wählbar, und damit die naheliegendste Alternative zur SPD.

Noch ist meine Entscheidung aber nicht gefallen. Daher mehr in Kürze…

Noch 180 Tage

Vor wenigen Tagen las ich diesen Artikel hier, in dem Ärzte die SPD auf 15 Prozent drücken wollen. Gestern demonstrierten auch Ärzte in Gaggenau nahe meiner Heimat.

Es liegt ohne Frage in der Natur der Gesundheitspolitik, dass niemand mit ihr zufrieden ist. Das soll keine Verteidigung sein, denn in der Tat liegt einiges im Argen. Gerade in Diskussionen mit Leuten, die in Schweden den perfekten Sozialstaat sehen, erlebe ich aber immer wieder, dass ein Kritikpunkt am schwedischen System damit abgetan wird, dass es woanders (d.h. Deutschland) vermeintlich noch schlimmer sei. Viermonatige Wartezeiten, wie ich sie erlebt habe, sind dann anscheinend dadurch zu rechtfertigen, dass in Schweden der Fernseher im Krankenhaus kostenlos ist. Das Thema wird jedenfalls leidenschaftlich debattiert, denn wenn es um die eigene Gesundheit geht, fühlt man sich nie perfekt behandelt.

Vor allem hat mir jener Bericht aber bewusst gemacht, dass die Bundestagswahl 2009 doch tatsächlich am 27. September stattfindet. Ich werde selbstverständlich wählen, und wollte die entsprechenden bürokratischen Schritte unternehmen. Als Auslandsdeutscher wählt man nämlich nicht in der Botschaft oder dem Konsulat, sondern als Briefwähler. Sinnigerweise muss man dies in dem Wahlkreis, in dem man zuletzt gemeldet war. Ob man noch irgendeinen Bezug zu der Region hat, spielt keine Rolle. Eine der wenigen Voraussetzungen neben der deutschen Staatsbürgerschaft ist, dass man in seinem Leben mindestens 3 Monate in Deutschland gelebt hat.

Bei mir ist es zum Glück so, dass ich einen Bezug zu meinem letzten Meldeort habe, und so wähle ich gerne dort. Die bürokratische Hürde ist zum Glück nicht so hoch, auch wenn man wie immer ein Formular ausfüllen darf. Dieses erhält man auch bei der Botschaft, aber ein am Computer ausfüllbares PDF-Dokument ist definitiv praktischer.

In Kürze bin ich also hoffentlich Briefwähler.

Zeit, sich auf die Bundestagswahl vorzubereiten.

Ich habe dieser Tag mit einer Freundin aus Juso-Tagen gesprochen, die seit kurzem im Vorstand der Linksjugend ist. Ich gehöre zwar zu denjenigen, die der Meinung sind, dass es links der SPD nicht nur eine Partei geben kann, sondern dass man mit dieser auch koalieren kann und sollte. Trotzdem ist mir Die Linke mit dem teilweise schon demagogischen Gebahren ihres Führungspersonals sowie den doch noch reichlich vorhandenen Betonkommunisten und Ostalgikern weder sympathisch noch erscheint sie mir direkt wählbar.
Besagte Freundin meinte, es käme weniger auf die Personen als auf die Programme an. Damit hat sie prinzipiell natürlich recht, auch wenn es nur zu oft so ist, dass Programme prächtig nebulös sind und die Mandatsträger letztendlich doch machen, was ihnen gerade richtig erscheint (sollen sie ja auch). Ich werde das aber zum Anlass nehmen, die Wahlprogramme durchzuschmökern.

Dazu werde ich mich aber bei den großen Parteien etwas gedulden müssen, denn das sind die Termine der Wahlparteitage:

  • CDU/CSU: keine Ahnung. Die CDU hat außer ihrem Tagesgeschäft anscheinend gar nichts zur Bundestagswahl auf ihrer Webseite, und die CSU nur wenige bescheidene Seiten ohne brauchbaren Inhalt. Auch sonst war meine Suche fruchtlos.
  • SPD: 14. Juni 2009 in Berlin – gefunden nicht auf der SPD-Website, aber immerhin hier
  • FDP: 15. bis 17. Mai in der Messe Hannover, siehe hier.
  • Bündnis ’90/Die Grünen: 8. bis 10. Mai im Velodrom Berlin, siehe hier.
  • Die Linke: 20. bis 21. Juni in Berlin, siehe hier – übrigens die einzige Partei, die auch schon einen Vorschlag fürs Wahlprogramm online zu haben scheint.

Manche Leute sind jedoch der Meinung, man sollte gar nicht wählen. Der Leiter des Washington-Büros des SPIEGEL, Gabor Steingart, hat gerade ein Buch mit dem Titel „Die Machtfrage. Ansichten eines Nichtwählers“ veröffentlicht. Darin legt er dar, wieso er dieses Mal nicht wählen wird. Er tat dies auch kürzlich in einer SWR1-Leute-Sendung (zum Anhören). Auch wenn ich seine Haltung nicht unterstütze, Politikern einen Denkzettel zu verpassen, den sie ohnehin nicht verstehen würden, so ist es doch einmal interessant, die Meinung eines Nichtwählers zu hören, der über die übliche Stammtischrhetorik hinaus geht. Bei echten Gegenvorschlägen bleibt er aber leider etwas kleinlaut, denn wenn man sagt, dass das bisherige System schlecht ist, sollte man zumindest überlegen, wie es verbessert werden könnte. Vielleicht tut er es in seinem Buch. In der Sendung war er in der Hinsicht recht abweisend.

In einem Punkt muss ich ihm aber rechtgeben: dass das deutsche Wahlrecht einige massive Schwächen hat. Zwar bin ich nach wie vor klarer Gegner von bundesweiten Referenden. Jedoch halte ich es für möglich, den Bundespräsidenten direkt zu wählen. Die größte Schwäche ist aber das Listenwahlrecht zum Deutschen Bundestag. Es kann nicht sein, dass Leute nur deswegen ein Mandat erhalten, weil sie von ihrer Partei in der Liste nach oben gesetzt wurden. Das bisherige Listenwahlrecht bringt den Wählerwillen in vielen Fällen wenig zum Ausdruck. Steingart brachte als Beispiel, dass Andrea Ypsilanti, obwohl sie in ihrem Wahlkreis fast 20% der Stimmen einbüßte, immer noch im hessischen Landtag sitzt. Dass die Wähler ihr hierfür ein Mandat gegeben haben sollen, ist da kaum nachzuvollziehen.

Das ist nichts neues. Interessant ist das Thema aber trotzdem, denn der Bundespräsident hat sich erst kürzlich für eine Änderung des Wahlrechts ausgesprochen, aber das verhallte im Nichts – schade.

Ja! Für eine Urwahl des Kanzlerkandidaten

sxc.hu - Democracy

Endlich! Ich hätte ja jetzt gerne über das Wetter geschrieben (ernsthaft!), aber angesichts einer solchen Meldung spielt das keine Rolle mehr.

Mir schwirren schon seit einiger Zeit Bedenken durch den Kopf, was den Zustand der nationalen Demokratie im Allgemeinen und der innerparteilichen Demokratie im Besonderen angeht.

Letztere ist nämlich nicht so lupenrein, wie es die Granden der Partei vielleicht gerne sehen. Ich als einfaches Mitglied werde zwar eingeladen, meinen Ortsvereinsvorsitzenden und den Vorstand zu wählen – hier ist kein Defizit zu erkennen. Schaut man aber weiter, hört es sehr bald auf. Bei der Listenzusammenstellung für die Gemeinderatswahlen 2004 waren beispielsweise die ersten fünf Plätze schon gesetzt. Eine Umsortierung war nicht möglich, lediglich die Ablehnung oder Enthaltung, wenn man nicht einverstanden war. Im Ergebnis zeigte sich dann auch, dass die höheren Listenplätze teilweise weniger Stimmen erhalten hatten als die niedrigen.

Noch schlimmer ist es aber bei den Wahlen auf der höheren Ebene. Die Delegierten für den Kreisparteitag durften wir ja noch selbst wählen, aber jede weitere Ebene weiter oben liegt außerhalb der Gewalt des einfachen Mitglieds. Meine Partei hat seit meinem Eintreten vier neue Parteivorsitzende bekommen. Keinen einzigen davon habe ich gewählt, denn ich wurde gar nicht erst gefragt. Sieht so Demokratie aus?

Die Parteien sollen zur demokratischen Willensbildung beitragen und bei der Vetretung des Volkes in der Legislative mitwirken. Meiner Ansicht nach bedeutet politische Emanzipation auch, dass das einzelne Parteimitglied an der Zusammensetzung des Parteivorstands ein Mitspracherecht hat, das sich nicht nur über eine mehrfach verschachtelte Delegiertenauswahl ergibt.

Die Zusammensetzung von Parteilisten bei öffentlichen Wahlen und die Auswahl von Spitzenkandidaten werden praktisch ausschließlich von den höheren Kadern der Partei beschlossen. Was die Parteimitglieder oder gar der einfache Bürger wollen, spielt in diesem System keine Rolle mehr.

Dieser Konstruktionsfehler setzt sich leider auch im allgemeinen Wahlrecht fort. Bei der Bundestagswahl wird dem Wähler eine Liste untergejubelt, die die Parteien vorher intern ausgemacht haben. Auf diese Art werden die Erstplatzierten auf der Liste gewählt, selbst wenn die Wähler dies gar nicht wollen. Die Bürger dürfen wählen, welche Partei sie in den Bundestag setzen, aber nicht, wer sie dann als Person vertritt. Die Erststimme ist ein gut gemeinter Ansatz, scheitert aber im Detail doch daran, dass die Wähler nur einen Kandidaten pro Partei vorgesetzt bekommen, der auch nicht basisdemokratisch ausgewählt wurde.

Gerade in Zeiten, wo manche Bevölkerungsschichten den Glauben an das bestehende System zu verlieren drohen, muss an solchen Defiziten gearbeitet werden.

Wir geben uns ja gerne arrogant als die besseren Demokraten und belächeln die Amerikaner, die mit unbrauchbaren Wahlmaschinen ihre Wahlen veranstalten und bestenfalls 40% Wahlbeteiligung erreichen. Dass aber zahlreiche Kommunal- und Bürgermeisterwahlen schon in dieser Region angelangt sind, nehmen wir resigniert hin.
Dabei machen uns die USA derzeit in beeindruckender Weise vor, wie eine Kandidatenkür unter Einbeziehung des einfachen Bürgers zu einer öffentlichen Auseinandersetzung mit den Inhalten und Kandidaten einer Partei führen kann. Auch hier in Schweden sehe ich erfreuliche Ansätze. Man kann bei der Wahl auch einen bestimmten Kandidaten einzeln wählen, und die Zusammensetzung der Liste für die Stockholmer Stadtratswahl wurde per Briefwahl durch alle Mitglieder durchgeführt.

Wenn die Parteien in Deutschland damit beginnen würden, zumindest ihre Spitzenkandidaten per parteiöffentlicher oder sogar öffentlicher Urwahl zu bestimmen, wäre dies ein erfreuliches Signal für Demokratie. Offensichtlich sehen das auch 91 Prozent der SPD-Anhänger so.

Interessant

Während Beck wohl doch Rückendeckung von der Partei bekommen hat und Merkel ihren Segen für Schwarz-Grün in Hamburg gibt, habe ich gerade noch eine Kleinigkeit über die Wahlkampfpraktiken der FDP gefunden. Wie bei Hillary und Obama ist das Internet wohl noch nicht Wahlkampfmedium Nr.1, aber wird es in zunehmenden Maße.