Loslaufen

Symbolbild: Ich demnächst (Foto: Thomas Fan, CC-BY-NC 2.0)

Das Jahr 2011 war sportlich für mich ein Jammertal. Training betrieb ich bestenfalls sporadisch. Der innere Schweinehund war übergroß, und das Gewicht wuchs. Ich weiß nicht, ob ich überhaupt abgenommen habe, doch seit einigen Wochen trainiere ich fleißig.

Es zeigt Wirkung. Gestern hatte ich den ersten Lauf des Jahres. Die Premiärmilen ist so ziemlich der erste Lauf des Jahres. Två sjöar runt ist zwar noch eine Woche früher, aber hat es mit seinen ungewöhnlichen Streckenlängen (u.a. 5,7 km und 11,2 km) und kleinem Marketingetat schwer. Die Premiärmilen hingegen wird von der Organisation arrangiert, die auch den Stockholmer Marathon und das dazugehörige Trainingsteam veranstaltet. Letztere hat die Premiärmilen als festen Trainingslauf im Programm, und nicht nur deswegen ist die Teilnehmerzahl sehr beachtlich. Rund 2.000 Läufer waren auch gestern dabei.

Nach den desaströsen Ergebnissen bei den beiden Läufen im letzten Jahr – 1:19 beim Midnattsloppet und 1:14 beim Hässelbyloppet – waren meine Ziele bescheiden: unter 70 Minuten hätte ich gerne gehabt. Dafür durfte ich schlicht nicht gehen, denn das kostet massiv Zeit und war letztes Jahr auch das Hauptproblem. Im Training der letzten Wochen war ich jedoch schon nach 6 Kilometern fertig, auch wenn ich sie gut unter dem Schnitt von 7 Minuten pro Kilometer schaffte.

Training zahlt sich aus, kann ich nur sagen. Zwischenzeitlich empfand ich zwar die Hoffnung auf eine Zeit unter 65 Minuten als Hybris, doch mir war schon bald klar, dass 70 Minuten kein Problem darstellen würden, wenn ich mich nur zusammenreiße. Bei Kilometer 8 hatte ich das Gefühl, es könnte zu einem Krampf kommen – dieses Problem habe ich immer in der linken Wade, wenn ich mich übernommen habe. Dieses Mal blieb es aber aus, und der letzte Kilometer lief sehr gut. 63:19 Minuten war das Ergebnis, und damit weit besser als erhofft. Bemerkenswert fand ich die Konstanz, mit der ich lief. Meine Geschwindigkeit sank gegen Ende hin nicht ab, sondern blieb auf einem annähernd gleichmäßigen Niveau. Ich ging fröhlich nach Hause.

Es bleibt also das größte Problem zu beseitigen: das Gewicht. Mit einem BMI unter 30 wären auch deutlich bessere Zeiten drin, und auch ein Halbmarathon ist dieses Jahr wohl im Bereich des Möglichen. Die Hoffnungen auf einen Marathon habe ich aber aufgegeben – wieder einmal. Das ist diesmal doppelt schade, denn im Juli ist der Jubiläumsmarathon, ein Marathonlauf zum 100. Jahrestag des entsprechenden Laufs bei den Olympischen Spielen 1912 in Stockholm.

Ich war angemeldet, aber habe die letzte Gelegenheit genutzt, meinen Startplatz zurückzugeben. Nicht nur habe ich Geld zurückbekommen. Der Platz konnte nun auch an jemanden gehen, der realistische Chancen hat. Selbst zu starten wäre unvernünftig gewesen, den Startplatz wieder einmal verfallen zu lassen unfair gegenüber all denen, die keinen bekommen konnten.

Mein Horizont sind nun Åland im Oktober – diesen habe ich 2011 ganz realistisch ausgesetzt, ausgerechnet zu dessen 30. Jubiläum – und der Stockholmer Halbmarathon im September.

Für alle Nichtläufer und Läufer möchte ich auch noch etwas empfehlen. Die BBC brachte kürzlich eine Reportage über einen der seltsamsten Marathons der Welt, den Marathon in Gaza. Ich kann die Sendung nur empfehlen, denn es ist schon beeindruckend, wenn man sieht, unter welchen Umständen manche Leute laufen.

Åland Halbmarathon 2010

Es ist zu einer Tradition geworden: jedes Jahr Ende Oktober geht es pünktlich zur Zeitumstellung nach Åland, um den wahrscheinlich langweiligsten Halbmarathon Skandinaviens zu bestreiten.
Was es mit diesen Inseln auf sich hat und warum der Lauf im Grunde so uninteressant ist, gibt es schon in meinen Berichten aus den Jahren 2007, 2008 und 2009 zu lesen.

Weltgeschichtliche Kuriosität, Exotik und (relativ) billiges Bier – da habe ich auch dieses Jahr nicht nein gesagt, wie auch meine Mitstreiter. Es waren dieses Jahr drei, wobei einer wie ich den Halbmarathon lief, einer den „Fun Run“ über 10 km, und einer als Unterstützer dabei war.

Also kehrten wir bei Akilles Taverna ein, dem mit Abstand besten griechischen Restaurant von ganz Grisslehamn. Nach 2 Stunden Fährfahrt, 40 km Autofahrt, dem obligatorischen Pastadinner ruhten wir im Hotell Adlon – wie der Name schon sagt, eine vorzügliche Adresse mit angeschlossener Pizzeria und Sportsbar.

Den Versuch, einen Vorsprung auf meine Wunschzeit herauszulaufen, um dann nachher davon zehren zu können, habe ich in den letzten Jahren mehrfach vergeblich unternommen. Am Schluss macht ein Krampf schnell mal jede Zeitplanung zunichte. Stattdessen habe ich beschlossen, etwas unter dem Limit zu laufen, um länger durchzuhalten.

Bis Kilometer 18 ging das auch ganz gut. Dann wurden die Beine sehr schwer und ich ging ein Stück. Als ich wieder laufen wollte, tat das Sprunggelenk mächtig weh, so dass ich nur noch kurze Abschnitte schaffte. Am Krampf bin ich zwar mehrfach vorbeigeschrammt, aber ich musste nie stehenbleiben. Immerhin.

Die Zeit war dennoch nicht berauschend: fast 2:30 Stunden und damit mein zweitschlechtester Halbmarathon überhaupt.

Dennoch bin ich nicht niedergeschlagen. Das Sprunggelenk wollte mir nämlich sagen, dass ich zuviel wiege, und damit hat es verdammt recht. Bei meiner aktuellen Fitness und Körperfülle kann ich froh sein, überhaupt durchgehalten zu haben. Ich hoffe nur, dass ich den Winter so trainierend überstehe, dass ich vielleicht doch noch einen Marathon im kommenden Jahr machen kann.

Mein Halbmarathonmitstreiter musste schon früh abbrechen, weswegen ich groteskerweise mit meiner Leistung unsere Fahne hochgehalten habe. Der 10-km-Lauf ging aber gut.

Nach einer umfänglichen Åland-Rundfahrt – mittlerweile habe ich sämtliche 4 Nationalstraßen durch – ging es mit der Fähre zurück. Auf der waren allem Anschein nach nicht viele Läufer, was auch die Verhältnisse beim Åland-Marathon widerspiegelt: zwar behauptet die Homepage steif und fest

Evenemanget har vuxit rejält de senaste åren.

also

Die Veranstaltung ist in den letzten Jahren unheimlich gewachsen.

Worin dieses Wachstum aber bestehen soll, ist fraglich. In den letzten 5 Jahren war die Veranstaltung mindestens genauso groß, wenn nicht sogar größer: jeweils 200 Läufer bei Marathon und Halbmarathon, zuzüglich ca. 40 Läufer beim Fun Run.

Andreas vom Läuferblog „Spring, för faaan!“ begeisterte es jedenfalls so sehr, dass er in Anlehnung an Kennedy schreibt: „Ich bin ein Mariehamner“. Das Gefühl habe ich mittlerweile auch, denn nach 4 Teilnahmen bei dem Lauf kenne ich die Innenstadt Mariehamns hinreichend, und es beschleicht mich leider die Ahnung, dass es auf der Hauptinsel Ålands nicht viel mehr zu sehen gibt – zumindest nicht zu dieser Jahreszeit. Nächstes Jahr wird es wohl eine Kirchentour werden, um Fotos der schönen Åländer Kirchen zu schießen.

Ein paar Fotos hat Andreas auch online gestellt.
Apropos Fotos: Danke an die Unterstützer für Bilder und Streckenrandmotivation!

Wunderlauf

Es ist schon erstaunlich: vor einigen Wochen kämpfte ich mich bei einem 5-Kilometer-Lauf auf recht flacher Strecke auf 28:35 Minuten. Nun schaffe ich einen sogar leicht besseren Schnitt auf der doppelten Strecke: 57:25 Minuten beim Hässelbyloppet.
Die Strecke in Hässelby ist wohl so ziemlich die flachste der ganzen Region, aber es ist doch bemerkenswert, wie hier jedes Jahr spielend die Jahresbestzeit aufgestellt wird. Und es scheint nicht nur mir so zu gehen.

Meine Zeit ist sogar leicht besser als die von 2007, was auf der einen Seite erfreulich ist, denn es ist ausnahmsweise mal kein neuer Tiefpunkt meiner Läuferkarriere. Allerdings muss ich auch sagen, dass ich 2007 kurz danach den Åland-Halbmarathon in äußerst schwachen 2:28 Stunden lief. Ich hoffe, das wird dieses Mal nicht so schlimm.

Åland Halbmarathon 2009

Die Strecke des Åland Halb-/marathon ist nach wie vor die langweiligste, die man sich denken kann: 10 km hin, wenden und dann zurück. Das alles wie immer im åländischen Herbswetter, d.h. Nieselregen bei ein paar Grad über Null.

Man könnte sich fragen, wieso man überhaupt zu einer solchen Veranstaltung reisen möchte. Für mich ist der Hauptgrund nach wie vor die Exotik des ganzen. Dort hinzufahren ist auch ein preiswerter Wochenendausflug – mit dem Marathonpaket der Eckerölinjen gibt es Startgebühr, Fährfahrt, Übernachtung und Pasta-Dinner zum Preis von 90 €. Normalerweise würde man nämlich kaum auf die Inseln fahren. Weder ist das touristische Angebot so groß noch unterscheidet sich die Landschaft so stark von den Schären vor Stockholm, als dass man den Weg dorthin unbedingt auf sich nehmen müsste.

Leider hat das Marathonpaket nicht viel mehr Menschen angelockt. Zwar ist der Lauf seit 2006 deutlich größer als in den Jahren davor, aber in diesem Jahr lag die Teilnehmerzahl beim Marathon zum ersten Mal seither wieder unter 200. Beim Halbmarathon nahmen dieses Jahr zum ersten Mal mehr Menschen teil als beim Marathon.

Bei mir lief es bis Kilometer 15 wieder recht gut. Ich wollte eine Zeit unter 2:15. Jedoch kamen bei Kilometer 19 wieder Krämpfe, was Zeit kostete. Es wurde dann doch fast 2:18.

Mittlerweile steht auch fast, dass dies der letzte Halbmarathon für dieses Jahr war. Insgesamt denke ich, dass ich mein Laufprogramm etwas reduzieren muss. Am Ende dieses Jahres werden es 10 Läufe sein, an denen ich teilgenommen haben werde. Das wäre vollkommen in Ordnung, wenn der Trainingsaufwand dazu in einem vernünftigen Verhältnis stehen würde.

Tut er aber nicht. Das Training durch die Teilnahme an Läufen zu ersetzen bringt nicht nur bescheidene Ergebnisse. Es bereitet vor allem unzureichend auf alles vor, das länger als 10 km ist. Wenn ich nächstes Jahr eine Chance auf einen halbwegs würdigen Marathon haben will, muss ich die Prioritäten künftig anders setzen.

Dennoch muss ich hier anmerken, dass der Lauf der beste Halbmarathon in einem insgesamt ziemlich schwachen Jahr war.

Wir nutzten den Rest des Tages für eine Rundfahrt über die Inseln, in deren Rahmen wir kurz bei der Festung Bomarsund (bzw. das, was davon fertiggestellt wurde) und der Burg Kastellholm gehalten haben. Da es vom einen bis zum anderen Ende gerade mal so 60 km sind, gelang es uns, von den 4 Landsvägar (sozusagen die Bundesstraßen) die Nr. 1, 3 und große Teile der 2 abzufahren. Nächstes Mal ist also definitiv die 4 dran.

Ärgerlich

Beim Stockholm Halvmarathon gestern war ich auf dem besten Wege, die beste Zeit seit 2005 hinzubekommen oder zumindest meine Vorjahreszeit von 2:09:57 zu unterbieten. Bis Kilometer 15 lief das auch ganz gut und ich lag 49 Sekunden vor meiner Vorjahreszeit. Bei Kilometer 17 dann der Einbruch – ich konnte mich nicht mehr zwingen, weiterzulaufen, ging ein Stück. Der Faden war gerissen, denn als ich wieder loslief, kam schon nach wenigen Meter ein Krampf. Anstatt dem üblichen Problem, dass die Abstände zwischen den Krämpfen immer kürzer werden, kamen sie nun nahezu sofort. Also ging ich: Kilometer 18, Kilometer 19. Bei Kilometer 20 lief ich dann wieder in einem mäßigen Trott, aber immerhin. Die Zeit war natürlich bescheiden: 2:20:01

Schade – aber es macht auch Hoffnung, denn Åland steht Ende Oktober an, wo man auf einer flachen Strecke nochmal zur Bestform auflaufen kann. Allerdings gilt es dort, eine Zeit von 2:06:23 zu unterbieten.

Danke an meine drei Unterstützer. Stefan und Lutz haben auch ein paar Fotos online gestellt.

Gegen den Wind

Da sage nochmal einer, es wäre etwas für Weicheier, die Brustwarzen abzukleben.

Wie schnell kann man sich steigern? Dieser Sommer ist definitiv vorbei, und von über 100 kg Kampfgewicht bin ich auf unter 90 kg gekommen. Jetzt stehen die letzten Läufe an, und nachdem ich mich schon beim Lidingöloppet bemerkenswert geschlagen hatte, war nun doch fraglich, was bei einem Halbmarathon auf flacher Strecke drin sein würde.

Nach dem spaßigen Wochenende im Vorjahr wollte ich auch dieses Jahr den Åland-Halbmarathon nicht verpassen. Das Event glänzt nach wie vor mit einer extrem langweiligen Laufstrecke, die nicht für den Straßenverkehr gesperrt wird. Überrascht war ich dennoch darüber, dass die Teilnehmerzahl niedriger war als im Vorjahr, denn das Marathonpaket von Eckerölinjen war schon ausgebucht, so dass wir mit einem anderen Hotel ohne Pastadinner vorlieb nehmen mussten.

Andreas und Arne konnten dieses Jahr nicht, aber dafür Marcus. Das Hotel war schlicht, aber vollkommen in Ordnung, und das Abendessen auf extrem niedrigen Preisniveau – Essen mit Getränk gerade einmal 11,50 €.

Der von mir angekündigte Inga-Lindström-Abend auf SVT2 entpuppte sich als eine ganze deutsch-schwedische Breitseite. Neben zwei Lindström-Filmen die angesprochene Schären-Dokumentation und abschließend „Brottsplats: Kiel“.

Der Lindström-Film, den wir anschauten, war nicht ganz so zum Fremdschämen wie befürchtet. Die Dialoge waren bis auf die letzten 20 Minuten nicht so dick aufgetragen, so dass es sich in Grenzen hielt. Jedoch hätte ich gerne live mitgebloggt, den offenkundige „Fehler“ – Dinge, die es in Schweden einfach nicht gibt – fanden sich im Minutentakt. Da gab es allein praktizierende Ärzte, die nicht nach der Personnummer fragen, und eine florierende Bäckerei. Der dazugehörige Bäcker ist nicht nur Bürgermeister – ein in Schweden in der gezeigten Form nicht mehr existentes Amt – sondern auch offenkundig der reichste Vertreter seiner Zunft auf der Nordhalbkugel. Er hat zwei Boote, fährt einen Mercedes, und hat ein traumhaftes Haus mit Bootssteg. Die Aufzählung ließe sich noch fortsetzen.

Die folgende Dokumentation war nicht schlecht, aber die Macher hatten sich vorwiegend auf Utö herumgetrieben, das nur noch im weiteren Sinne vor Stockholm liegt. Zwar ist die Insel durchaus touristisch erschlossen, aber mit den Massen, die nach Grinda, Finnhamn und v.a. nach Vaxholm fahren, ist das aber wohl kaum ein Vergleich.

Der Knüller war allerdings „Brottsplats“, was nichts anderes als „Tatort“ heißt. Die Tatort-Reihe wird auch ansonsten in Schweden ausgestrahlt, wenn auch nicht als feste Institution am Sonntagabend. Zu dieser Gelegenheit haben die SVT-Oberen eine besondere Folge ausgewählt. In dieser geht Axel Milberg als Kieler Kommisar dem seltsamen Verschwinden des Kapitäns der Fähre nach Göteborg nach. Der Film hat alles, was Inga Lindström eben nicht hat: echte Schweden, die mit echten schwedischen Akzenten sprechen. Großartig.

So wurde es doch spät abends, bis wir zur Ruhe kamen. Glücklicherweise findet der Åland-Marathon immer am Wochenende der Zeitumstellung statt, was einem eine Stunde extra gibt.

Wettermäßig mussten wir mit dem schlimmsten rechnen. Regen, 10 °C. Das Positive: der Regen blieb weitgehend aus. Das Negative: dafür gab es Böen mit annähernd Orkanstärke. Das lag mir gar nicht, wie ich bald feststellen musste – dann doch lieber Hügel wie beim Lidingöloppet. Meinen ursprünglichen Plan, auf meine Wunschzeit von 2 Stunden einen Vorsprung herauszulaufen, von dem ich dann in der zweiten Hälfte zehren kann, musste ich bald aufgeben. Beim Wendepunkt war ich gerade mal schnell genug wie der gewünschte Schnitt. Natürlich fiel ich ab da immer weiter zurück. Letztendlich ging ich nach 2:06:23 übers Ziel, und damit gerade noch rechtzeitig vor den 2:06:36, die einen Schnitt von 6 Minuten pro Kilometer repräsentieren.
Nicht perfekt also, aber unter den Gegebenheiten vollkommen akzeptabel – und ganz nebenbei wieder einmal mein zweitbester Halbmarathon.

Schmerzhaft wurde es im Nachhinein – auf dem Weg zum Hotel wies mich Marcus darauf hin, dass ich blute. Das war mir echt noch nie passiert, obwohl ich die Startnummer immer mit Sicherheitsnadeln anbringe. Mir war es nicht einmal aufgefallen bis auf ein leichtes Ziehen, was aber bei solchen langen Läufen echt nicht ungewöhnlich ist. Nächstes Mal passe ich sicher mehr auf, denn das Duschen danach war echt kein Spaß.

Nach der Rückkehr ging es direkt ins Bett, und Montagmorgen dann nach Frankreich – aber davon ein anderes Mal.

Durchgelaufen

Schon mit lädierter Startnummer, aber noch einigermaßen fröhlich bei Kilometer 12. Danke an Stefan, der die Fotos gemacht hat (und bei dem auch das Copyright liegt)

Das Wetter wurde nicht deutlich besser – im Gegenteil. Ich hatte mich schon mit Mülltüte darauf vorbereitet, dass zumindest meine abgegebenen Sachen nach dem Lauf noch trocken sind. Stefan war so nett, den Schirm mitzunehmen, so dass wir uns noch bis zum Start etwas vor dem Regen schützen konnten. Wir, das waren Andreas, Marcus und ich.

Mein Rücken war schon halb durchnässt, als ich in meine Startgruppe ging. Ärgerlich war etwas, dass man die Absperrung zwischen den Startgruppen nicht geregelt hatte. So rannten alle nach vorne, sobald es vorne leer war. Ich merkte nicht sofort, dass ich nur noch von den Leuten der Startgruppe hinter mir umgeben war, und als ich mich zum Start begab, stand ich dann natürlich ganz hinten.

Nach meinen sehr schlechten Halbmarathons in den letzten beiden Jahren hatte ich mir drei Ziele gesetzt:

  1. Eine Zeit unter 2:13:48 Stunden, denn das war meine Zeit beim Baden-Marathon vor 4 Jahren, und sie war bis zu diesem Lauf auch meine zweitbeste. Da ich damals mäßig trainiert und ähnlich schwer war wie im Moment, wollte ich keinesfalls schlechter laufen. Natürlich muss man immer bedenken, dass die Strecke des Baden-Marathons fast durchgehend flach ist, was man vom Stockholm Halvmarathon nicht behaupten kann. Aber das durfte bei diesem Primärziel keine Rolle spielen.
  2. Eine Zeit unter 2:06:30 Stunden. Ich versuche, in meinen Laufen immer einen Schnitt von 6 Minuten pro Kilometer zu unterbieten. Diese Zeit entspricht genau diesem Schnitt.
  3. Eine Zeit unter 2 Stunden. Das war natürlich sehr ambitioniert, aber sollte ich in der Lage sein, konstant unter 6 Minuten pro Kilometer zu bleiben, so dürfte dies ausreichen, um ausreichend Vorsprung herauszulaufen.

Dass ich ankommen würde, stellte ich definitiv nicht in Frage, denn solange mich keine ernsthaften gesundheitlichen Probleme plagen, habe ich noch jeden Halbmarathon beendet.

Der Regen machte weniger aus als gedacht. Ich hatte erwartet, dass ich nach einem Kilometer so nass sein würde, dass ich schon alleine deswegen schneller rennen, um das Elend so schnell wie möglich zu beenden. Frieren musste ich jedoch nicht.

Nervig hingegen war etwas, dass in meiner Gruppe – die vierte, die losgelaufen war – vorwiegend Leute waren, die mir sehr langsam vorkamen. Da ich hinten gestartet war, musste ich mir so meinen Platz erkämpfen und an engen Stellen sogar mehrmals komplett abbremsen. Hinzu kam, dass irgendwann die fünfte Startgruppe, die 5 Minuten später gestartet war, von hinten kam, denn die Fächerung in diesen Gruppen ist sehr groß. Sehr gute Läufer landen bei ihrem ersten Halbmarathon oft in einer schlechten Startgruppe und rollen das Feld dann von hinten auf. So holte mich auch Marcus, der auch in der fünften Startgruppe, nach rund 6 Kilometern ein. Er war beim Midnattsloppet 6 Minuten schneller als ich und lief dementsprechend gerade in der frühen Phase des Rennens gute Zeiten.

Ich konnte auf die gewünschten 2:06:30 auch etwas Vorsprung herauslaufen. In der ersten Hälfte lag ich rund 80 Sekunden voraus. Laut offiziellem Ergebnis hatte ich auf den ersten 5 Kilometern einen Schnitt von 5:44 Minuten pro Kilometer. Allerdings hatte ich, wenn man das so nennen kann, auch eine Strategie: nämlich nicht zu vergessen, dass der Lauf doppelt so lange ist wie der Midnattsloppet. So verausgabte ich mich nicht zu sehr, um am Ende noch Reserven zu haben.
Dass ich selten mehr als 10 km laufe, machte sich aber trotzdem bald bemerkbar. Auf der Strecke 5 bis 10 km sank mein Schnitt auf 6:01 Minuten, und ab Kilometer 12 merkte ich, dass meine Beine schwer wurden. Zu dem Zeitpunkt war mir klar, dass das Unter-2-Stunden-Wunder nicht mehr zu machen war.

Besonders Ärger bereitete mir auch meine Startnummer. Eines der vier Löcher für die Sicherheitsnadeln riss aus, und wenn das einmal passiert ist, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich der Rest löste. Also riss ich die Nummer hab und hielt sie in der Hand. Leider ließ ich sie dabei auch zweimal fallen, wodurch ich kurz stehenbleiben musste.

Meine persönlichen Supporter standen zwar bei Kilometer 12, aber gegen die Macht übersäuerter Muskeln kommt auch solche Unterstützung bald nicht mehr an. Ab Kilometer 16 merkte ich, dass nicht mehr viel drin war. Wenig angenehm war auch, dass ich ausgiebig zu Mittag gegessen hatte – ich bin etwas empfindlich in dieser Hinsicht, und noch über 4 Stunden später merkte ich das Essen im Magen.

Auf dem Weg zu Kilometer 20 schon ziemlich angespannt – die Startnummer mittlerweile in meiner Hand. (Bild ebenfalls von Stefan)

Meine Zeiten zeugen davon – auf dem letzten Kilometer hatte ich nur noch einen Schnitt von 6:36 Minuten pro Kilometer.

Marcus kam mit 1:53:23 ins Ziel und unterbot damit auch meine Halbmarathonbestzeit knapp. Auch er hatte gegen Ende schwächere Zeiten, aber da er so stark gestartet war, konnte da nichts mehr schief gehen.
Hart war es aber für Andreas. Er lief zwar eine Zeit von 1:44:18 und verbesserte sich erneut, hatte aber schwere Magenprobleme und musste zweimal die Dixi-Klos am Streckenrand aufsuchen. Wenn ich ehrlich bin, hätte ich wohl abgebrochen.

Meine Endzeit: 2:09:57 – auf den letzten Metern hatte ich noch einen kleinen Sprint am Rande des Krampfes hingelegt, um noch unter 2:10 zu bleiben.

Meine Zeit war damit schlechter als gehofft, aber noch im Rahmen. Angesichts der Fortschritte der letzten Monate kann ich eigentlich zufrieden sein, denn ich habe mit 14 kg Übergewicht und erheblich schwereren Bedingungen den ersten Halbmarathon seit drei Jahren gemacht, bei dem ich durchlaufen konnte.

Das gibt Ansporn zu weiteren Leistungen. Neben einem weiteren Versuch beim Åland-Halbmarathon beabsichtige ich, mich in den kommenden Tagen beim Stockholm Marathon anzumelden. Im Frühjahr werde ich vielleicht sogar noch ein Los für den New York City Marathon in den Lostopf werfen.

Åland-Nachschlag

Wer es noch nicht kennt, hier die Kurzfassung:

Åland ist eine Inselgruppe, die zu Finnland gehört, aber auf der man schwedisch spricht. Daher haben sie einen sehr speziellen Autonomiestatus. Dieser gibt ihnen auch innerhalb der EU ein besonderes Recht: auf Fahrten von und nach Åland ist der steuerfreie Verkauf von Alkohol und Tabak erlaubt.
Das nutzen die Schweden gerne aus, da der Alkohol hierzulande steuerbedingt sehr teuer ist.
Daher gibt es Rundfahrten („Kryssning“), die alleine dem Verkauf und Verzehr von Alkohol dienen. Diese fahren abends um 18 Uhr in Stockholm los, legen morgens um 7 Uhr in der åländischen Hauptstadt Mariehamn an, fahren um 9 Uhr wieder ab, um dann um 15:30 Uhr wieder zurück in Stockhom zu sein. Von Bord geht da in Åland kaum jemand, und so ist der Weg das Ziel.
Der Alkohol an Bord ist nicht wirklich billig, aber eben deutlich billiger als in Schweden, was je nach anwesendem Publikum zu Exzessen führt.
Wir durften auch dieses Mal eingeschlafene und umgefallene Betrunkene betrachten. Da tun sich schon menschliche Abgründe auf, denn selbst Rentner geben sich an Bord die Kante. Am Morgen danach kann man dann die furchtlosesten sehen, die noch einmal nachtanken. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass solche Fahrten für Leute mit Alkoholproblem eine regelmäßige Freizeitbeschäftigung sind.

Leider gab es an Bord keinerlei besonderes Programm, so dass es in der Hinsich unspektakulär blieb. Lediglich ein peinlicher Entertainer namens Tony Irving führte am Morgen mit englischem Akzent durch einen nicht minder peinlichenTanzwettbewerb.

Hier ein paar Fotos:

Bloggers on the run

Nach meinem Bericht zum Åland-Marathon habe ich mal etwas in der Blogosphäre dazu herumgesucht. Ich war überrascht, wieviel ich gefunden habe:

  • MGK bemängelt in seinem Blog „42195„, dass der Åland-Marathon gar nicht so flach sei, wie die Homepage vollmundig behauptet. Er vergleicht das dort angegebene Profil mit den Aufzeichnungen seiner GPS-Uhr und kommt zu de, Ergebniss, dass u.a. die höchste Steigung nicht 35 m über dem Ausgangspunkt liegt, sondern rund 50 m. Das ist eine interessante Beobachtung, aber auch etwas Haarspalterei, denn auf eine GPS-Uhr kann man sich nicht so gut verlassen. Außerdem steht fest, dass Åland im alpinen Bereich in direkter Konkurrenz zu den Niederlanden steht. Flachere Marathons wird es jedenfalls nicht allzuviele geben.
  • Asfaltsjoker hat den Lauf in sehr respektablen 3:43 gemacht und ist etwas verletzt im Gluteus Maximus, aber nicht mehr so schlimm. Da sich Läufer grundsätzlich über ihre Wehwehchen auslassen, ist das ganz normal. Er hat übrigens schon munter für nächstes Jahr geplant. Das habe ich übrigens auch. Über 20 in Frage kommende Läufe stehen auf meiner Liste.
  • Allan hat ein Läuferblog mit dem Namen „Runners High and The Lowest Low“ – dieser Titel trifft auf mich voll zu. Er trainiert unter professioneller Anleitung und Trainingsplänen. Das ist sehr vernünftig und effekt – und wohl auch der Grund dafür, dass ich selbst bei intensivstem Training nie auch nur in die Nähe seiner famosen 3:30 Stunden kommen werde. Vielleicht ist das aber auch genetisch, denn seine Familie hat eine beeindruckende Bilanz. Sechs Läufer in der näheren Verwandschaft, und die 4:38 Stunden seines Bruders bezeichnet er noch als schlecht. Einbrecher sollten sich also hüten, bei dieser Familie einzubrechen, denn die Chancen, bei einer Flucht rechtzeitig wegzukommen, sind ausgesprochen gering.
  • Sehr bitter wird es, wenn man Jennys Blog „Only a heartbeat away“ liest. Sie ist anscheinend eine in Schweden wohnende Amerikanerin (daher auch das gute Englisch) und wollte den Åland-Marathon in 3:30 Stunden schaffen. Kurz vorher landete sie allerdings mit einer lange verschleppten Infektion im Verdauungstrakt im Krankenhaus. Mittlerweile geht es ihr besser, aber sie nimmt immer noch Medikamente. Ihre Einträge lassen die Sehnsucht nach dem Laufen spüren, wenn sie von der Frustration darüber spricht, dass die Medikamente nicht viel von ihrem Körper übrig gelassen haben.
  • Die Läuferrubrik bei SPIEGEL online hat ein „Achilles‘ Ferse Spezial“ ausgerufen. Leser sollen Fotos von ihrem heiligsten, d.h. ihren Schuhen einschicken. In der Tat sind Schuhe äußerst wichtig, auch als ideeller Wert. Die Schuhe, mit denen ich meinen ersten (und immer noch einzigen) Marathon gemacht habe, wurden mir ja leider geklaut.

Das Nachfolgepaar ist zwar auch schon zerschlissen, wird aber noch bis Weihnachten durchhalten müssen, bis es durch ein neues Paar ersetzt wird.

Bis dahin trainiere ich schonmal fleißig, denn 2008 ist Marathonjahr.