Es ist herrlich, im Moment anzusehen, wie sich zwei ehemalige Staatsmonopolisten im Detail unterscheiden.
Auf der einen Seite ist die Deutsche Bahn (DB). Sie ist eines der unbeliebtesten Unternehmen des Landes. Da fielen im Winter schon massenhaft Züge wegen des ungewöhnlich kalten Wetters aus. Nun im Sommer streiken die Klimaanlagen des ICE. Kommt es mir nur so vor oder bringt es bei der Bahn wirklich keiner zustande, einfach zu sagen „Sorry, das ist dumm gelaufen. Unser Fehler und wir werden uns bessern.“ ? Stattdessen speisen sie Leute, die in einem Sauna-ICE mitfahren durfte, zunächst mit eineinhalb Reisegutscheinen ab und und zahlen dann widerwillig ein Schmerzensgeld.. Jetzt schieben sie die Schuld auf die Zughersteller ab.
Auf der anderen Seite ist die schwedische Bahn (SJ). Auch sie ist eines der unbeliebtesten Unternehmen des Landes. Auch ihr fielen im Winter massenhaft Züge wegen eingefrorener Weichen aus. Und kürzlich blieb ihnen ein Zug stehen, der dann prompt auch zur Sauna wurde. Und was sagen die Oberen bei SJ? Ulf Adelsohn, Vorstandsvorsitzender bei SJ, sagte z.B.:
So etwas darf nicht passieren.
Alles ist verschlissen. Wir haben unsere Systeme nicht ordentlich gewartet.
Heute morgen in der DN (leider nicht online) waren Zitate des Geschäftsführers Jan Forsberg zu lesen. Er sprach davon, dass man nun den Tiefpunkt erreicht habe.
Vielleicht wirkt es nur so, aber bei der Deutschen Bahn scheint man die gleiche PR-Beratungsfirma wie BP zu haben. Man glaubt, man sieht gut aus, wenn man die Schuld abschiebt und sich selbst ein bisschen bemitleidet. Bei SJ hingegen kann man immerhin so etwas wie Demut herauslesen. Dort scheinen einige begriffen zu haben, dass man als Dienstleister auch mal die Schuld auf sich nehmen muss, wenn man gar nichts dafür kann. Eine Lektion, die man bei der Bahn wohl noch lernen muss.
Eine interessante Sache bei SJ, wenn man nach einigen Schwedenmentalität-Erfahrungen eher die Situation kennt, dass niemand klar an den Pranger gestellt wird oder Schuld eingesteht. Ändert sich das allmählich? Oder ist das ein menschlicher Akt, bei dem ich wiederum die Mentalität herauskramen muss, die besagt, dass niemand perfekt ist und auch mal Fehler gemacht werden.
Ich denke, das ist der Detailunterschied, der zum großen Unterschied wird.
Vier Feinde haben die SJ: Frühling, Sommer, Herbst und Winter.
Forsberg meint, daß die SJ auf einem Tiefpunkt angekommen sind. Meine Erfahrung aber ist: Es gibt für alles noch eine Steigerung.
Um es sprachlich auf die Spitze zu treiben: SJ ist auf _einem_, nicht auf _dem_ Tiefpunkt angelangt. Der Tiefpunkt wäre wohl gar keine SJ mehr bzw. wenn kein Zug mehr fahren würde.