Es windete

Gestern war einer der windigsten Tage, seit ich in Schweden lebe. Zwar kann man noch nicht direkt von einem Sturm sprechen, aber zumindest von Sturmböen. Es wurde vor Windgeschwindigkeiten von bis zu 30 m/s gewarnt, was 108 km/h entspricht und somit Orkangeschwindigkeiten (117 km/h und mehr) nicht weit verfehlt. Das Gehen wurde jedenfalls erheblich erschwert.

Als junger Feuerwehrmann durfte ich einst den Orkan Lothar mit den zahlreichen Zerstörungen allerorten miterleben. An diese Dimensionen reichte das gestern freilich nicht heran, aber es fielen Kleinigkeiten auf. So flog bei McDonald’s in Nacka die rechte Hälfte des McDrive-Schildes weg. Auf der Straße lag ein Stück Dachrinne, das sich gelöst hatte. Als wir nach hause kamen, ging das Internet nicht.

Dabei war landesweit schon ein bisschen Chaos ausgebrochen: der Schienenverkehr hatte erhebliche Probleme und in fast 40.000 Haushalten fiel der Strom aus.

Wenn etwas Schlimmes passiert, dann sind nachher alle schnell damit, zu belehren, dass man doch Warnungen hätte hören müssen. Hatten wir gestern aber nicht, und so fiel uns nur auf, dass es windig war, mehr nicht.
Denn ausgerechnet gestern stand ein Ausflug zum Globen Skyview an, und wir dachten uns nichts weiter. Dort hatte man den Betrieb zwar kurzzeitig unterbrochen, aber fuhr dann doch. Wir waren vermutlich die letzte Tour des Tages. Sobald wir die Spitze erreichten, wurde es sehr laut und die Kabine wackelte. Nach Rückkehr fragte der Mann am Ausgang, wie es denn so war, und die zwei hinter uns antworteten, dass es sich unbehaglich anfühlte.

So weit würde ich nicht unbedingt gehen – ich stand während der ganzen Fahrt – aber es klingt nach einer guten Idee, einen Lift, der eine Glaskugel an die Spitze eines 85 Meter hohen Gebäudes transportiert, bei solchen Bedingungen außer Betrieb zu nehmen.

SkyView auf dem Globen

Wieviele Berliner besuchen regelmäßig das Brandenburger Tor? Wieviele Londoner die Westminster Abbey?

Nicht allzuviele, möchte ich annehmen. Die Sehenswürdigkeiten nimmt man also Einwohner eines touristisch interessanten Ortes selten wahr. Es sei denn, es kommt Besuch.

Ein solcher war soeben hier, und als Geburtstagsgeschenk hatte ich mir gedacht, dass wir einmal mit dem Globen SkyView fahren. Das war nicht ganz ohne Eigennutz, denn auch ich habe dieses Gefährt bislang nur von weitem gesehen.

Es handelt sich um eine Seilbahn, die am Globen, einer kugelförmigen Veranstaltungshalle im Süden Stockholms, hochfährt. Das Gebäude selbst existiert schon seit 1989, aber erst seit 2009 gibt es auch die Bahn. Eigentlich ein naheliegender Standort, denn das Gebäude ist das größte Schwedens (laut Werbung), auch wenn sich das wohl eher auf das Volumen bezieht, denn der Fernsehturm Kaknästornet ist deutlich höher. Es handelt sich natürlich um eine geplante Touristenattraktion und wird auch dementsprechend vermarktet. Der angeschlossene Shop verkauft Shirts, Tassen und anderen Krimskrams.

Eine Fahrt kostet 130 kr, also gut 13 €. Man kann sich fragen, ob sich das lohnt, denn der ganze Spaß dauert gerade einmal 20 Minuten. Den ersten Teil dieser Zeit verbringt man in einem kleinen Kino, wo einem etwas über die Geschichte des Globen gezeigt wird. Am Ende des Films kommen „Sicherheitshinweise“, die man sich auch denken kann. Die Tür öffnet automatisch, und eine Ecke später ist man in der kugelförmigen Gondel.

Ich habe meine Gäste fairerweise darauf hingewiesen, dass eine der Kugeln vor einiger Zeit stehen blieb und alle Fahrgäste über ein Brett in die andere Kugel umsteigen mussten. Wir fuhren trotzdem, gemächlich und wieder runter.

Oben nahm ich, wie oben im Bild zu sehen, den großen Sehenswürdigkeitensichtbarkeitscheck vor. Einzige immer geöffnete Konkurrenz dürfte besagter Fernsehturm sein, und mit diesem teilt sich der Globen ein Manko: zentrumsnah sind beide nicht. Das Stadshuset ist denn auch die einzige große Sehenswürdigkeit Stockholms, die man vom SkyView sofort sieht. Wenn man etwas genauer hinsieht, erblickt man auch einige Dinge auf Djurgården, z.B. den Kirchturm in Skansen. Schwierig zu erkennen sind hingegen die zentralen Teile der Stadt. Die Türme der Altstadtkirchen konnte ich mit letzter Sicherheit erst nachträglich auf den Fotos identifizieren. Der Königspalast verschwindet fast völlig. Dagegen sieht man Södermalms Wahrzeichen wie die Sofia Kyrka recht gut.

Aber: welcher Tourist fährt schon wegen des Skatteskrapan oder der Götgatan auf einen Aussichtspunkt?

Mich würde einmal interessieren, wie sich der Turm des Stadshuset im Vergleich schlagen würde.

WSEAML Teil 2: Saukrates

Wie angekündigt war gestern abend Konzert angesagt. Kritische Geister werden anmerken, dass man nicht unbedingt zu einem Nelly Furtado-Konzert müsse. Das mag stimmen, aber aus deutscher Sicht stellt sich die Sache auch etwas anders dar, da man, wie mir berichtet wurde, dort 90 € für eine Karte berappen musste. Ich kam mit schlappen 35 € davon.

Erst dachten wir, die Veranstaltungshalle Hovet im Süden Stockholms wird gar nicht voll. Die Schweden sind aber recht schlau und wissen, dass man zu Beginn erst einmal mit einer Stunde Wartezeit abgespeist wird. Also kamen sie einfach dementsprechend später.

Saukrates on the stage in Stockholm

Klar zu erkennen: Saukrates rockt die Halle

Eine Vorband gab es auch noch: der HipHopper „Saukrates“ beglückte die Halle mit seiner Musik – dieses Verb verbietet sich in dem Fall nicht, weil die Musik in den Pausen derart schlecht war, dass man Agressionen bekam. Es war so eine komische House-Lounge-Musik, die aber derart monoton daher kam, dass man das bald nicht mehr anhören wollte.

Saukrates war übrigens einer der Drummer Furtados, was sich später dann herausstellen sollte. Geige spielen kann er auch, so dass er mehr auf dem Kasten hat als so manch anderer seiner Zunft. Ich würde ihm nur eine Namensänderung raten – mit Saukrates kommt man in Deutschland nicht so weit.

Nelly Furtado Concert Stockholm

Im Vordergrund: Nelly Furtado

Um 20:30 Uhr ging es dann los – die Setlist bestand fast nur aus bekannten Titeln, wobei sie sogar auf Disco-Klassiker und derlei zurückgriff. Die Qualität war teilweise derart gut, dass man sich fragen musste, ob es sich Playback handelt.

Crazy

Sie hatte sich auch vorbereitet und wusste, dass man in Europa weiß, was Fußball ist. Dementsprechend bei „Forca“ flogen auch ein paar Fußbälle (bzw. eher Wasserbälle mit Fußballaufdruck) ins Publikum.

Insgesamt eine überzeugende Vorstellung, wenn auch natürlich von vorne bis hinten durchchoreographiert. (Meine treuen Leser werden merken, dass ich ein äußerst uninspirierter Konzert-Rezensent bin)