Deutschland ist Weltmeister: eine Nachlese

Es ist zugegebenermaßen ein exotisches Vorhaben, sich für eine U20-WM der Frauen zu interessieren. Schon die männlichen Pendants spielen scheinbar unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Aber dann auch noch bei der Frauen: das riecht nach Begeisterung für die Wasserball-Regionalliga.
Doch war es nach der großen WM eine schöne Gelegenheit, sich auf eine Veranstaltung zu konzentrieren, die im Ambiente ähnlich ist und doch eine Spielfreude der anderen Art bietet. Man muss sich nicht in den gewöhnlichen Vereinsfußball begeben, sondern kann sich an den klaren Sympathiebindungen erfreuen, die ein solches internationales Turnier mit sich bringt. Dass beide für mich relevanten Mannschaften auch noch ziemlich gut sind, versüßt das Ganze.

In einem Punkt lag ich falsch: auch wenn viele Spiele am medialen Katzentisch (sprich Eurosport 2) ausgestrahlt wurden und man Berichte teilweise mit der Lupe suchen musste, so war das Interesse weitaus größer als gedacht. Nämlich so, dass die Bild-Zeitung sogar Spitznamen für die Spielerinnen erfand. Und auch sonst war etwas los. Nicht nur zum Finale waren über 20.000 Zuschauer anwesend – von solchen Zahlen konnte Frauenfußball vor nicht allzu langer Zeit nur träumen. Bei den verwendeten Stadien bedeutete dies praktisch volle Besetzung, und das macht die Atmosphäre aus. Klar, dass bei einer Vorrundenpartie wie z.B. Ghana-Südkorea die Bude nicht voll wird. Das wurde sie aber auch bei der großen WM bei einer Reihe von Spielen nicht. Die Zeiten, als die ganze Fan-Gemeinde aus Freunden und Familien der Spielerinnen bestand, sind jedenfalls vorbei.

Auch das Spielniveau sollte man nicht unterschätzen. Gäbe es einen absoluten Maßstab für spielerische Qualität, so würden die Partien vermutlich ein gutes Stück unter denen der männlichen Kollegen landen. Aber nur im Durchschnitt, und selbst der ist höher als man bei der viel geringeren Zahl an aktiven Spielern meinen sollte.

Das betrifft nicht nur die Spielgeschwindigkeit, die nicht wesentlich langsamer war als bei den Männern – zumindest gefühlt. Wenn man die Ergebnisse anschaut, sieht man kein 17:0 oder dergleichen. Überhaupt wurden nur 6 der 32 Spiele mit mehr als 2 Toren Unterschied gewonnen, also knapp 19%. Bei der Junioren-WM der Männer 2009 waren es knapp 29% (15 von 52 Spielen). Da sollte man sicher nicht zuviel hinein interpretieren. Doch es deutet darauf hin, dass sich nicht irgendwelche Gurkentruppen zur WM qualifiziert haben, die an einem schlechten Tag auch vom FC Hintertupfingen vorgeführt würden. Hier begegnen sich fast nur Teams auf Augenhöhe, und die ist recht hoch.

Natürlich habe ich auch Szenen wie aus der F-Jugend gesehen, sozusagen „der Ball im Spielerhaufen“. Es gab auch dämliche Szenen wie der kuriose Handelfmeter der Südkoreanerin aus dem Halbfinale. Auch fielen einige Tore, die nun wirklich nicht hätten sein müssen. Wenn ich mir aber überlege, mit welchen idiotischen Aktionen unglaublich gut bezahlte Weltklassespieler in enorm wichtigen Entscheidungsspielen vom Platz geflogen sind (siehe Zidane im WM-Finale 2006), dann sollte man hier denselben Maßstab anlegen. Und der kann nicht sein, dass bei den Männern solche Dinge zu Anekdoten verklärt werden, während man bei den Frauen hierüber bescheinigt, dass sie es einfach nicht drauf haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es bei der Junioren-WM der Männer weniger dämliche Aktionen gibt.
Das gilt übrigens auch für die Schiedsrichterseite: angesichts der Kette von Fehlentscheidungen bei der großen WM wirkte die Leistung der Schiedsrichterinnen recht solide, wenn man einmal von dem fälschlich nicht gegebenen Tor der Französinnen im Spiel gegen Deutschland absieht.

Festzuhalten bleibt, dass am Ende trotz meiner Zweifel zwei würdige Teams im Finale standen, auch wenn ich den Eindruck hatte, dass Nigeria nur durch ein glückliches frühes Tor dahin gekommen war. Das Finale war so ausgeglichen, dass es dieser Veranstaltung angemessen war.

So schaffen unsere Mädels ein sehr versöhnliches Ende für diese Saison, das sehr viel Hoffnungen macht für kommendes Jahr. Ich träume schon von einem Sommermärchen.

Viertel-/Halbfinale (oho)

Leider habe ich es nicht mehr geschafft, mir die Viertelfinals von letztem Wochenende zu Gemüte zu führen. Soweit ich das beurteilen kann, waren die Schwedinnen klar schlechter und haben deswegen auch verdient verloren. Das zweite Tor, das sie erhielten, war zwar ein selten dämliches, aber das ändert nichts an der spielerischen Überlegenheit der Kolumbianerinnen. Bei den deutschen Mädels war der Fall anscheinend genau umgekehrt.

Morgen kommen nun die Halbfinals ab 15 Uhr. Da spielt Deutschland gegen Südkorea und Kolumbien gegen Nigeria. Letzteres Spiel kann ich nicht wirklich beurteilen. Nigeria hat nur mit etwas Glück beim Elfmeterschießen das Halbfinale erreicht. Allerdings waren die Amerikanerinnen hoch gehandelt worden, so dass es gegen Kolumbien vielleicht nicht so schlecht aussieht. Beim Spiel unserer Mädels gegen Südkorea mache ich mir hingegen wenig Sorgen. Südkorea ist kein leichter Gegner, aber nach dem Sieg über die Favoritinnen aus Nordkorea sollte dies machbar sein.

Mit etwas Glück schaffe ich einen Live-Blog.

Die heutigen Spiele…

© Rainer Sturm/PIXELIO

…habe ich nicht wirklich gesehen.

Ich habe etwas in Japan-England und Ghana-Schweiz hineingeschaut. Detailliert werde ich das wohl erst auf Eurosport sehen können. Dort ist mir auch der Kommentar lieber. Zwar soll man geschenkten Huftieren nicht ins Maul schauen, aber der Kommentar der FIFA-Leute ist stark verbesserungsbedürftig. Ich habe nun endlich auch den zweiten FIFA-Kommentator (ich glaube, er heißt Gary Brooks) gehört, aber auch der bleibt weit unter den Möglichkeiten. Während Brooks immerhin etwas Gefühlsregungen zeigt, beschränkt sich sein Kollege fast nur auf das Kommentieren des Offensichtlichen und das Vorlesen der FIFA-Statistiken. Deswegen kriegt man ständig zu hören, wer schon vor 2 Jahren bei der WM dabei, aber nie, wo das Mädel herkommt, oder zumindest, wie sie sich im Turnier bislang so geschlagen hat. Es sei denn, sie hat ein Tor geschossen und es steht damit in der Statistik. Auf der einen Seite ist der Kommentar vollkommen steril – Nordkorea heißt fast ausnahmslos FIFA-politisch korrekt „Korea DPR“ – aber auf der anderen Seite werden dann Längenangaben in Yards und Fuß gemacht, was wirklich nur Amerikaner und Engländer ansprechen dürfte. Liebe FIFA: ich stehe für 2012 bereit.

Ach ja, die Engländer. Kommen wir zu den Spielen.
Die Gruppe C, in der rechnerisch alles offen war, herrschte die reine Langeweile, wie mir scheint. Bei Japan-England schien sich nicht viel zu regen. Aber selbst wenn sich etwas geregt hätte, wäre es egal gewesen, denn bei einem Unentschieden zwischen Nigeria und Mexiko wären diese beiden Mannschaften ohnehin weiter – und genau das ist passiert.

Leid tun mir die Schweizerinnen. Die haben, soweit ich es beurteilen kann, in diesem letzten Spiel tapfer gekämpft und blieben trotzdem torlos. Stattdessen schenkte ihnen Ghana zwei Tore ein, das zweite davon sehr unglücklich. Auch nicht wirklich schön war das, was sich sonst so auf dem Platz tat: eine Schweizer Spielerin musste mit dem Krankenwagen abtransportiert werden. Warum, habe ich leider verpasst. Der Schweizer Trainner Yannick Schwery war sehr um seine Mädels besorgt und stritt sich am Spielfeldrand mit einigen Offiziellen. Kurz vor Ende wurde er dann auch noch vom Platz geworfen, weil er sich etwas zu lautstark bei der Schiedsrichterin beschwerte. Die Schweizer Torhüterin Pascale Küffer wurde nach einer Aktion direkt vom Tor am Boden liegend von einer Ghanaerin am Kopf getroffen, worauf sie erst liegen blieb und dann benebelt schien. Die Ghanaerin blieb unbestraft – ich denke, eine gelbe Karte wäre durchaus angemessen gewesen, weil die Aktion eine Verletzung in Kauf nimmt. 5 Minuten Nachspielzeit waren dann irgendwann auch endlich einmal vorbei.

So reisen die Schweizerinnen ab ohne ein einziges Tor, zwei ziemlich angeschlagenen Spielerinnen und einem unterirdischen Torverhältnis von 0:11. Die Ghanaerinnen fahren aber auch nach hause.

Übrig bleiben also folgende Mannschaften (gleich mit den Begegnungen):

  • Schweden – Kolumbien (Samstag, 24. Juli 2010, 11:30 Uhr in Bielefeld); live auf Eurosport
  • Deutschland – Nordkorea (Samstag, 24. Juli 2010, 18:00 Uhr in Bochum); live auf Eurosport
  • USA – Nigeria (Sonntag, 25. Juli 2010, 11:30 Uhr in Augsburg); live auf Eurosport 2
  • Mexiko – Südkorea (Sonntag, 25. Juli 2010, 18:30 Uhr in Dresden); live auf Eurosport

Leider habe ich keine Zeit dafür am Wochenende. Ich rechne aber fest mit einem Weiterkommen der deutschen Mannschaft, auch wenn Nordkorea kein leichter Gegner ist. Bei Schweden bin ich mir unsicher, aber wenn sie sich so halten wie gegen die Nordkoreanerinnen, kann das schon etwas werden. „Meine“ beiden Mannschaften werden bei der Konstellation auch erst im Finale aufeinander treffen können.

3. Spieltag

Die Begeisterung kennt keine Grenzen. So eine FIFA-U20-Frauenfußball-WM ist schließlich nur alle zwei Jahre, und dann ist diese auch noch im (mehr oder weniger) eigenen Land!
Mittlerweile habe ich auch Nordkorea einen Wikipedia-Artikel verpasst, und er steht ihnen gut. Weiß jemand, wo man einen Schal der Sportgruppe 25. April bekommen kann? Der Verein scheint nämlich in jeder Hinsicht der Spitzenverein in Nordkorea zu sein. Dem geliebten Führer wird’s gefallen.

Ich habe zwar keine Ahnung, aber das hat bisher wenige Menschen davon abgehalten, sich über Fußball zu äußern. Daher ist es Zeit, auf die morgigen Spiele zu blicken:

  • Frankreich -Deutschland (Dienstag, 11:30 Uhr): Die Französinnen können mit einem Sieg den Einzug ins Viertelfinale klar machen. Dummerweise treten sie gegen unsere Mädels an, die das schon vor einem Spiel erledigt haben. Ich sehe da auch schlechte Chancen für die Nachbarinnen aus dem Westen, denn Aktionen wie diese deuten doch erhebliche Schwächen in der Verteidigung an

    Da dürfen sie Alexandra Popp nicht vor das Tor kommen lassen.
    Weitere Details kann man sich in den FIFA-Spielzusammenfassungen der Spiele gegen Kolumbien und Costa Rica anschauen. Ich tippe jedenfalls ganz klar auf einen dritten deutschen Sieg.
  • Costa Rica – Kolumbien (Dienstag, 11:30 Uhr): die Mädels aus Costa Rica (Costaricanerinnen? Costa-Ricinen?) haben ihre Koffer schon gepackt. Ihre kolumbianischen Konkurrentinnen haben damit noch gewartet, aber das kann man als Zweckoptimismus betrachten. Denn auch wenn die Französinnen noch eine Chance aufs Ausscheiden haben: sie ist klein. Kolumbien müsste beim letzten Spiel vier Tore gut machen. Insofern müsste schon einiges passieren, dass sich da noch etwas dreht. Ich tippe mal auf Costa Rica – die wollen doch bestimmt auch mal gewinnen.
  • Neuseeland – Brasilien (Dienstag, 14:30 Uhr): die Verhältnisse in Gruppe B sind punktemäßig identisch, aber tormäßig nicht. Wenn die Schwedinnen verlieren, hat Brasilien eine gute Chance, ins Viertelfinale zu kommen. Der Sieg muss aber hoch ausfallen, denn bei gleicher Tordifferenz haben die Schwedinnen die Nase vorn, weil sie mehr Tore geschossen haben. Bei dem Aufwärtstrend der Brasilianerinnen nach deren schwachem Auftakt ist das denkbar. Mein Tipp: klarer Sieg Brasiliens.
  • Nordkorea – Schweden (Dienstag, 14:30 Uhr): die Nordkoreanerinnen sind sicher nicht so gut versichert wie der Herr hier.

    Also werden sie so spielen wie zuletzt: geschlossen als Mannschaft, effektiv aber nicht spektakulär (soweit ich das beurteilen kann). Die Schwedinnen müssen da über ihre bisherigen Leistungen hinausgehen, denn weder das Spiel gegen Neuseeland noch das gegen Brasilien war sonderlich überzeugend. Ich hoffe auf einen schwedischen Sieg, schon weil ohne diesen schon das Viertelfinalduell vermutlich Deutschland-Schweden lauten würde.

  • Japan – England und Nigeria – Mexiko (Mittwoch, 15 Uhr): die Gruppe C ist offen, und zwar sowas von offen. Das ist auch so ziemlich das einzige, was ich darüber weiß. Die Torverhältnisse sind so knapp, dass beide Spiele eine Art Achtelfinale darstellen. Die Engländerinnen liegen zwar im Moment formal noch hinten, aber die Torwartleistung beim Gegentor von Nigeria war doch nicht ganz so englisch, wie ich es in Erinnerung hatte, und da kann sich noch einiges bewegen. Zumindest England – Japan dürfte spannend werden, denn bei einem Unentschieden sind beide raus. Tippen lasse ich hier lieber bleiben.
  • Südkorea – USA (Mittwoch, 18 Uhr): hier werden die beiden Gruppenersten ausgespielt, was angesichts dessen, dass man gegen den Sieger der Gruppe C (offen, weit offen!), eher etwas von Würfeln hat. Dem Sieger winkt aber die exklusive Möglichkeit, erst im Finale gegen Deutschland verlieren zu müssen. Irgendwie bezweifle ich aber, dass das in deren Kalkül eine Rolle spielt. Mein Tipp ist dennoch Südkorea. Warum? Keine Ahnung.
  • Ghana – Schweiz (Mittwoch, 18 Uhr): Vermutlich hat der Schweizer Trainer eine Theoriesitzung abgehalten und erklärt, dass der Zweck dieses Spiels das Schießen von Toren ist, bevorzugterweise von mehr Toren als der Gegner. Bislang hat das nämlich so ziemlich exakt überhaupt gar nicht funktioniert, wie man hier sehen kann. 9 Kisten in zwei Spielen reingekriegt, und nach mehrmaligem Nachrechnen noch keines geschossen. Das ist eine dürftige Bilanz. Ausgeschieden sind de facto beide Mannschaften, denn Ghana müsste 7 Tore Differenz gutmachen, um noch eine Chance auf das Weiterkommen zu haben. Not gonna happen. Mein Tipp: die Eidgenössinnen berappeln sich und verabschieden sich mit einem würdigen Sieg aus dem Turnier.

Wer die Spiele sehen will: alle Spiele laufen live auf fifa.com – man muss nur ein bisschen suchen.

In normalen Fernsehen ist das Angebot weitgehend auf Eurosport 2 verschoben, denn in Frankreich wird nicht nur Rad gefahren, sondern auch die UEFA U19-Europameisterschaft der Männer ausgetragen.

Hier die Termine, die ich finden konnte:

  • Frankreich -Deutschland: live um 11:30 Uhr auf Eurosport 2, und als Aufzeichnung 17:30 Uhr und 23:30 Uhr auf Eurosport sowie um 21:00 Uhr auf Eurosport 2. Am Mittwoch dann nochmal auf Eurosport um 8:30 Uhr und 13:45 Uhr.
  • Costa Rica – Kolumbien: als Aufzeichnung um 13:30 Uhr auf Eurosport 2
  • Neuseeland – Brasilien: als Aufzeichnung um 16:30 Uhr und 22 Uhr auf Eurosport 2. Am Mittwoch dann nochmal um 12:45 Uhr auf Eurosport.
  • Nordkorea – Schweden: live um 14:30 Uhr auf Eurosport 2. Am Mittwoch dann als Aufzeichnung um 11:30 Uhr in Eurosport.
  • Japan – England: live um 15 Uhr auf Eurosport 2 und als Aufzeichnung um 17 Uhr auf Eurosport.
  • Nigeria – Mexiko: als Aufzeichnung um 17 Uhr auf Eurosport 2. Am Donnerstag dann nochmal um 11:30 Uhr auf Eurosport 2.
  • Südkorea – USA: erst am Donnerstag um 15:30 auf Eurosport 2.
  • Ghana – Schweiz: live um 18 Uhr auf Eurosport 2.

Die Aufzeichnungen sind meist gekürzt. Immerhin die Hälfte der Spiele läuft also live, aber es ist schon irgendwo schade, dass so ziemlich allem anderen mehr Bedeutung zugemessen wird. Wenn ich mir anschaue, dass das ehemalige DSF – jetzt als Sport1 bekannt – sein Programm mit Dauerwerbesendungen füllt, muss man aber froh sein, dass auf Eurosport immerhin noch so etwas wie Programm kommt.

Ich werde mir jedenfalls einige Teile ansehen und bin gespannt.