Hyresgäst ohne Förening – Mieter ohne Bund

Vorgestern, 20:50 Uhr: es klingelt an der Tür. Das kommt nicht so oft vor, schon gar nicht um diese Zeit. Vor der Tür steht ein Mann mit einer Liste. Er ist von der Hyresgästföreningen, und daher ist das eigentlich ein Besuch, den ich schon vor längerem erwartet habe. Ich bin nämlich vor einiger Zeit aus dem Verein ausgetreten.

Der schwedischer Mieterverband – eine eigenwillige Konstruktion

Die Hyresgästföreningen (Hyresgäst = Mieter) ist sozusagen der schwedische Mieterverband. Die Mitgliedschaft ist keine Pflicht, aber üblich. De facto verhandelt der Verein nahezu alle Mieten in Schweden. Der Vermieter schließt eine Art Tarifvertrag ab, dass die Hyresgästförening die Mieter vertritt, egal ob der Mieter nun Mitglied ist oder nicht.

Das ist für den Vermieter bequem, denn er könnte durchaus mit dem Mieter direkt verhandeln, was aber sicher mehr Aufwand darstellt. Im schwedischen System ist es nachvollziehbar, einen professionellen Verhandlungsführer zu haben, denn die Mieten sind streng reguliert. Würde der Mieter selbst verhandeln, würde er sich wohl über den Tisch ziehen lassen und müsste die Miete bei einem Disput von der Mietbehörde Hyresnämnden prüfen lassen. Die Hyresgästföreningen lässt es dazu erst gar nicht kommen, weil sie Gesetze und Fakten kennen.

Ein prinzipielles Problem, das ich damit habe, ist die Art der Vertretung. Nicht nur, dass ich mir nicht aussuchen kann, von wem ich vertreten werde. Die Hyresgästföreningen betreibt ihre interne Demokratie so, dass einmal im Jahr Hauptversammlung ist. Verpasst man sie, erhält man nur Briefe und Magazine, die Lobeshymnen auf die Heldentaten des Vereins singen. Das ist schon ein höchst fragwürdiges Vertretungsmodell, zumal ich davon ausgehe, dass die Wahlen bei der Hauptversammlung auf typisch schwedische Art laufen: von einem Wahlkomitee vorgelegte Vorschläge werden durch gemeinsames „JA!“-Rufen bestätigt. So kann auch eine Minderheit einen Kandidaten wählen, und was das Wahlkomitee vorschlägt, ist letzten Endes Gesetz.

Auf diese Art gibt es natürlich auch kaum eine Möglichkeit, über irgendwelche Sachfragen zu entscheiden. Was der Vorstand beschlossen hat, wird gemacht. Das erinnert mich sehr an die Gewerkschaft, der ich als Busfahrer angehörte. Dort wurde man auch nicht gefragt, ob man nun streiken will. Man hatte gefälligst zu streiken.

Das eigentliche Problem: Lobbyismus

Das ist aber nicht der Grund, weswegen ich ausgetreten bin, denn gewohnt bin ich diese Verhältnisse schon aus anderen Zusammenhängen.

Es ist vielmehr das Selbstverständnis und die Politik der Vereinigung: die meisten Mieter treten nicht aus Idealismus für eine bestmögliche Vertretung bei. Sie wollen schlicht eine Absicherung für den Fall, dass es Ärger mit dem Vermieter gibt. Die Hyresgästföreningen ist sozusagen eine Rechtsschutzversicherung für Mieterprobleme.

Das Problem entsteht dadurch, dass die Hyresgästförening sich auf dieser fragwürdigen Basis die Legitimation nimmt, in der Wohnungspolitik als Vertreter der Mieter zu agieren. So formuliert der Verband mit seinen 500.000 Mitgliedern im Rücken Forderungen an die Politik, was nun zu tun sei. Das erinnert mich an den ADAC, der nie um eine verkehrspolitische Forderung verlegen ist, obwohl die allermeisten Mitglieder nur wegen Pannenschutz, Versicherung, Reisen und derlei Dingen dabei sind.

Da stelle ich mir die Frage: mit welchem Recht eigentlich? Mit keinem, für meine Begriffe. Zwar kann man die Hyresgästföreningen nicht mit einem sehr industriefreundlichen konzernartigen Gebilde wie dem ADAC gleichsetzen, aber das ändert nichts am Problem. Die Mitglieder werden schön aus dem Blickwinkel des Vereins informiert und dürfen dann einmal im Jahr zu allem Ja und Amen sagen. Eine solche Organisation mag ja noch einigermaßen legitimiert sein, anständige Mieten auszuhandeln. Aber eine politische Vertretung ihrer Mitglieder ist sie mitnichten.

Wenn wenigstens die Richtung stimmen würde

Wenn die Politik des Verbandes wenigstens irgendwie mit meinen Ansichten übereinstimmen würde. Aber das ist natürlich nicht zu erwarten. Sie zielt nur darauf ab, ein System, das seit 40 Jahren permanent scheitert, zu zementieren. Es soll am besten alles so bleiben, wie es war – und natürlich müssen mehr Mietwohnungen gebaut werden. Als ob das jemals den Bedarf decken würde.

Daher habe ich mir die Frage gestellt, ob ich allen Ernstes dem größten Lobbyverband gegen alles, was ich in der Wohnungspolitik für richtig halte, angehören soll.

Ansichten, die man selten hört

Der Mann an der Tür rechnet damit natürlich nicht. Er fragt nach, ob ich mit den Leistungen unzufrieden gewesen sei. Das verneine ich, denn ich habe die Hilfe des Verbandes ja nie gebraucht. Auf Nachfrage sage ich ihm dann, dass ich mit der Politik nicht einverstanden bin und das ganze System mit stark regulierten Mieten für eine sehr schlechte Idee halte.

Er ist sehr überrascht, denn so eine Ansicht hört er von Schweden natürlich so gut wie nie. Den Schweden wird seit vielen Jahren das Horrorszenario vorgehalten, dass die Mieten in enorme Höhen steigen werden, wenn man das System auch nur irgendwie ändert. Ich erkläre ihm kurz das deutsche System: Marktmieten, aber mit umfänglichen Mieterrechten und Schutz vor horrenden Mieterhöhungen. Seine Antwort ist bezeichnend: „Also nicht so wie in den USA, wo der Vermieter die Mieten beliebig erhöht?“

Nein, so nicht. Aus irgendeinem Grund scheinen das die beiden einzigen Optionen zu sein, die die Schweden kennen: entweder purer Sozialismus wie hierzulande, der die Mieten niedrig hält, aber bei der Bedarfsdeckung vollkommen versagt und einen Schwarzmarkt erzeugt. Oder purer Kapitalismus, wo nur der Reichste eine Wohnung kriegt. Wenn man in solchen Schubladen denkt, ist es kein Wunder, dass jede Diskussion über einen vernünftig regulierten Mietmarkt ein Tabu ist.

Vielleicht irgendwann einmal wieder

Er will keine lange Diskussion haben, aber mir scheint, dass das für ihn doch einmal ein interessanter Denkanstoß war. Er lässt mir seine Visitenkarte und ein paar Infos mit den Forderungen des Verbandes da.

Darin steht, dass 150.000 Wohnungen in den nächsten 10 Jahren gebaut werden sollen. Was sinnvoll ist, aber vollkommen unglaubwürdig, weil es in den vergangenen Jahrzehnten nie gelungen ist, ausreichend Wohnungen zu bauen. Wenn also 150.000 genügen würden, so ist wirklich nicht damit zu rechnen, dass auch nur etwas in der Nähe dieser Größenordnung gebaut wird.

Weiterhin heißt es dort, dass man Steuervergünstigungen für Mieter einführen soll, um die mangelnde wirtschaftliche Attraktivität für Vermieter zu beheben. Mit anderen Worten sollen die Abzugsmöglichkeiten, die schon bei Eigentumswohnungen einen vollkommen verzerrten Markt geschaffen haben, nun auch noch auf die Mietwohnungen ausgedehnt werden. Dass man mit Miethäusern keinen Gewinn machen kann, soll der Staat durch Steuersenkungen ausbügeln. Bravo!

Ich fühle mich in meiner Entscheidung bestätigt.

Dabei will ich eine neuerliche Mitgliedschaft gar nicht ausschließen, wenn ich den Verband einmal für das brauchen sollte, was meiner Ansicht nach seine Hauptaufgabe sein sollte: als Dienstleister in Mietrechtsfragen.

Wohnungsmisere in Stockholm

Jeder weiß davon, aber kaum einer sagt es jemals öffentlich: die Verhältnisse auf den Mietmärkten schwedischer Großstädte sind grotesk verzerrt.

Was ich im Auswandererguide aus etwas Marktbeobachtung und etwas Logik beschrieben habe, wurde heute morgen einmal mit festen Zahlen belegt.

Zur Erinnerung: die Mietpreise in Schweden sind gesetzlich eng begrenzt, weswegen es kaum interessant ist, zu vermieten. Das begrenzt das Mietangebot. Man vergibt Wohnungen nach einem Wartezeitsysten. Weil aber keiner seine ergatterte Wohnung mehr hergeben will, gelangt nur ein Teil der Wohnungen wieder in den Kreislauf, was die Wartezeiten stark erhöht. Stattdessen werden die Wohnungen schwarz untervermietet – zu entsprechenden Preisen versteht sich.

Nun war heute morgen in der DN zu lesen, dass zwei große Stockholmer Wohnungsvermietungen überprüft haben, wieviele Wohnungen illegal vermietet sind.

Das Ergebnis ist erschreckend. Bei Stockholmshem war jede zweite (!) Wohnung nicht vertragskonform belegt, sprich schwarz untervermietet. Bei Familjebostäder ist es ähnlich: rund 40% der Wohnungen sind nicht legal vermietet.

Die offensichtlichste Frage stellt sich dabei anscheinend keiner: welchen Sinn hat ein System der Mietpreisregulierung, in dem fast die Hälfte der Wohnungen nicht regelkonform, sprich illegal und zu Marktpreisen, vermietet werden?

Dass dies kein Stück besser ist als die Einführung marktbasierter Mieten scheint keiner verstanden zu haben, wie man an den Kommentaren zu dem Zeitungsartikel sieht. Und es betrifft nicht nur Stockholm, sondern auch Malmö. Göteborg hingegen scheint das Problem nur in kleinem Umfang zu haben.

Nicht einmal die konservativen Parteien scheinen diese heilige Kuh schlachten zu wollen – ein Trauerspiel, wie ich finde. Die Hyresreglering sollte abgeschafft werden.

Neues im Auswandererguide: Mietwohnungsinformationen überarbeitet

In den letzten Tagen habe ich den Artikel über die Mietwohnungen überarbeitet. Nun wird der Unterschied zwischen Stockholm und anderen Teilen Schwedens hoffentlich deutlicher. Außerdem sind einige Links zu weiteren Vermietern hinzugekommen und einige andere praktische Details. Verbesserungen und Vorschläge sind wie immer herzlich willkommen.

Förstahandskontrakt

Unverhofft kommt oft – in dem Fall aber nicht ganz so oft. Wir bemühen uns derzeit um einen richtigen Förstahandskontrakt. Das ist ein Mietvertrag für eine vollwertige (d.h. nicht untervermietete) Mietwohnung und damit im Großraum Stockholm ein begehrenswertes Gut. Auf unerwartete Weise sind wir vom einstigen Platz irgendwo in den Top 15 auf Platz 1 nach vorne gerutscht. Eigentlich hatten wir nicht mehr damit gerechnet, zumal wir derzeit überall auf vollkommen aussichtslosen Warteplätzen stehen. Nun gilt es, die Mietfirma von unserer Seriösität und insbesondere unserer finanziellen Potenz zu überzeugen. Es sieht eigentlich nicht schlecht aus, aber die Regeln hier sind recht strikt, und so gilt es, Überzeugungsarbeit dafür zu leisten, dass wir uns eine Wohnung leisten können, die genausoviel kostet wie unsere bisherige. Wir geben unser bestes und hoffen…

Tvättstuga-Blues

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Dieser 21. Januar markiert ein geradezu historisches Datum – heute geht das Haus, in dem wir wohnen, vom Hyresrätt ins Bostadsrätt übergeht. Die vormalige Mietwohnung ist jetzt also eine Art Eigentumswohnung.
Leider ändert sich dadurch etwas, anders als bei der Umstellung von Raider auf Twix. Die Tvättstuga ist nämlich ab heute für uns gesperrt, weil sie zur Mietgesellschaft gehört.

Bei einer Tvättstuga handelt es sich um eine Art Waschsalon, wo die Mieter eines Hauses waschen können. Dazu gibt es ausgeklügelte Computersysteme, so dass nur waschen kann, wer vorher auch gebucht. Selbst das Betreten des Waschsalons ist nicht möglich, wenn man nicht gerade dort wäscht. In einem Wohngebiet größeren Stils kann es sein, dass die Tvättstuga in einem anderen Haus ist. In unserem Fall war das so, was bei jedem Mal waschen fünf Minuten Fußweg bedeutete. Eigentlich nicht schlimm, aber mit Säcken voller Wäsche schon.
Insofern werde ich nicht allzusehr weinen, dass nun diese Möglichkeit nicht bestehen.

Dass es trotzdem ein Umbruch ist, liegt vor allem daran, dass man ja seine Klamotten gelegentlich waschen sollte. Daher bin ich auch über meinen Schatten gesprungen und habe den ersten Media Markt Schwedens besucht. Nun steht bei uns obige Waschmaschine – ein deutsches Produkt erster Güte mit allerlei Schnickschnack. Zwar zahlen wir jetzt unsere Waschgänge selbst – dafür ist der Weg definitiv nicht mehr so weit.

PS: Wer sich über die Belanglosigkeit dieses Beitrags ärgern sollte: ich bitte, mir das nachzusehen – er entstand zwischen zwei Vorlesungen.

Auswandererguide Teil V – Der Wohnungssuche vierter Teil: Andra Hand

Zum Thema Wohnungssuche habe ich mittlerweile das englischsprachige Stockholm Accommodation Wiki gestartet. Dieses soll Informationen besser sammeln und strukturieren, als es der Auswandererguide kann. Die Adresse: http://stockholmaccommodation.wikia.com

Lieber Leser, sie haben die rechtlich abgesicherte Zone von Bostadsrätt und Hyresrätt verlassen und befinden sich nun im Niemandsland. Hier weiß man nie genau, woran man ist, und es regiert der Kapitalismus. Es hat auch einen Namen: es heißt Andra Hand.

„Andra Hand“ bedeutet nichts anderes als „zweite Hand“. Gemeint sind Untervermietungen – konkret also die Anmietung einer Wohnung bei jemandem, der selbst nur Mieter oder Inhaber des Bostadsrätts ist. Man steht also nicht direkt mit dem Hauseigentümer – üblicherweise eine gemeinnützige Wohnungsgesellschaft – in Kontakt.

Wie es zu einer Untervermietung kommt, hat unterschiedliche Gründe. Denkbare Szenarien sind:

  • Der Mieter oder Bostadsrättsinhaber geht für eine Zeit lang ins Ausland oder andere Teile Schwedens.
  • Der Mieter oder Bostadsrättsinhaber steht vor einem größeren Umbruch im Leben (Zusammenzug mit dem Partner, Erwerb eines Hauses) und will sich nicht ohne „Sicherheitsnetz“ in die neue Situation begeben. Es gibt dafür sogar ein Wort: „provsambo„, was übersetzt ungefähr „Probezusammenwohnen“ heißt.
  • Wegen schwerer Krankheit eines Familienmitglieds will der Bewohner vorübergehend ausziehen, um den Verwandten pflegen zu können. Auch wenn man selbst krank wird oder aus Altersgründen umziehen muss, ist eine Untervermietung möglich.
  • Der Mieter, der oft jahrelange Wartezeiten aufbringen musste, um einen Mietvertrag zu ergattern, will die Wohnung nicht aufgeben, da sonst die Wartezeit unwiederbringlich verloren wäre. Stattdessen vermietet er die Wohnung unter, auch um sie später für eine eventuelle Eigennutzung zur Verfügung zu haben. Da es sich durchaus um jahrzehntelange Zustände handeln kann, ist sogar eine spätere Nutzung für die eigenen Kinder denkbar.
  • Ähnliche Motive dürften auch zahlreiche Inhaber eines Bostadsrätts antreiben. Da die Preise für Wohnungen permanent steigen, kann es sehr lohnend sein, einfach die weitere Preisentwicklung abzuwarten und dann zu verkaufen, wenn es sich lohnt. Die Mieter können derweil die anfallenden monatlichen Kosten tragen. Eventuell benötigt man ja auch die Wohnung vielleicht irgendwann selbst noch einmal.

Wer sich die beiden vorangegangenen Teile durchgelesen hat, weiß, dass nur die ersten drei Szenarien zulässig sind. Eine Untervermietung ist nämlich nur dann vertragskonform, wenn die Wohnungsgesellschaft zustimmt. Diese Zustimmung wird aber in der Regel nur erteilt, wenn es gute Gründe hierfür gibt und diese beinhalten, dass mit einer Rückkehr zu rechnen ist. So kann es auch zu einer mehrjährigen Untervermietung kommen. Irgendwann wird die Gesellschaft dann dazu drängen, entweder wieder einzuziehen oder den Zustand zu beenden. Dies bedeutet eine Kündigung des Mietvertrags oder der Verkauf des Bostadrätts, welcher ggf. auch zwangsweise eingeleitet werden kann.

Eine solche vertragskonforme vorübergehende Untervermietung ist für den Untermieter in spe also an bestimmte Bedingungen geknüpft, an denen auch der Vermieter nichts mehr ändern kann.

  • Die Mietzeit ist begrenzt, häufig auf ein Jahr oder weniger. Dieser Umstand macht vor allem junge Menschen in den Großstädten zu Nomaden, die mindestens einmal im Jahr umziehen müssen.
  • Die Wohnung ist unter Umständen schon möbliert, was eine individuelle Einrichtung kaum möglich macht. Man wird sich hierbei auch kaum heimisch fühlen. Der Vermieter darf für die Möbel auch einen Aufschlag auf die Miete erheben, der allerdings auf 10 bis 15 Prozent der Grundmiete beschränkt ist.
  • Diese Grundmiete darf ebenfalls nicht beliebig festgesetzt werden. Der Preis muss sich an vergleichbaren Mietwohnungen orientieren.

Unter dem Strich kommt also für den Bostadsrättinhaber ein Gewinn heraus, der sich allerdings in einem recht begrenzten Rahmen bewegt. Der Mieter auf der anderen Seite hat zumindest für einen gewissen Zeitraum eine einigermaßen gesicherte Unterkunft und bezahlt eine marktübliche Miete.

Bei einer vertragswidrigen Untervermietung, also ohne Zustimmung der Gesellschaft, kann es zur Kündigung des Mietvertrags bzw. dem Zwangsverkauf des Bostadsrätt kommen. Beides geschieht zwar mit Kündigungsfristen, macht die Situation des Untermieters nicht unbedingt leichter, da dieser dann ganz schnell etwas neues finden muss.

Wie man sich denken kann, findet diese Art der Vermietung unter etwas eigenwilligen Umständen statt:

  • Offiziell sind die Bewohner nur sogenannte Inneboende (vielleicht „darin wohnende“), d.h. sie leben in einer Art Wohngemeinschaft mit dem eigentlichen Bewohner – mit der Besonderheit, dass dieser in Wirklichkeit nie zuhause ist. Daher ist man nach außen hin auch nur einer von mehreren in der Wohnung, so dass die eigene Adresse lautet „Eigener Name, c/o Vermieter“. In vielen Andrahandswohnungen steht der Name des Untermieters erst gar nicht an der Tür, um noch unverdächtiger zu wirken.
  • Da wenn überhaupt nur ein formloser Mietvertrag besteht, ist man natürlich auf den guten Willen des Vemieters angewiesen. Will dieser seine Wohnung zurück, kann man dagegen kaum etwas tun.
  • Zwar wird der Vermieter etwas vorsichtig sein mit überzogenen Mietforderungen, da er sonst den Unmut des Mieters auf sich zieht, der ihn wiederum auffliegen lassen könnte. Jedoch wird ein Aufschlag immer drin sein. Die ganze Sache soll sich ja auch irgendwo lohnen.
  • Gerüchteweise kann man sich als Untermieter auch an die Wohngesellschaft wenden. Die würde einem dann einen richtigen Mietvertrag anbieten, um den Zustand der wenig erwünschten Untervermietung zu beenden. Ob da etwas dran ist und wo die Risiken sind, ist mir aber nicht bekannt.

Es ist also festzustellen, dass beide Formen der Untervermietung schon akzeptabel, aber mit Risiken behaftet sind und meist nur als mittelfristige Lösung herhalten können. Soweit ich es beurteilen kann, ist das auch genau die Nutzungsart, für die sie eingesetzt werden: um vorübergehend eine Wohnung zu haben, bis man irgendwann auf ein Hyres- oder Bostadsrätt umsteigen kann.

Bei der ganzen Sache sollte man aber auch erwähnen, dass die Wohnungsgesellschaften sich nicht sonderlich dafür einsetzen, Untervermietungen zu verhindern. Zwar gibt es schon Kontrollen, aber angesichts der Tatsache, dass in Schweden die Einwohnermeldedaten für jedermann öffentlich zugänglich sind, bleiben sie recht inaktiv. Hinzu kommt, dass die Webseiten der Kommunen sogar selbst auf bekannte Andra-Hand-Vermittlungen hinweisen, obwohl sie selbst nur zu gut wissen, dass viele Wohnungen dort gegen die Regeln der eigenen kommunalen Wohnungsbaugesellschaft vermietet werden.

Naturgemäß ist dieser Teil des Wohnungsmarkts erheblich versteckter, so dass meine Eindrücke hier täuschen können. Zum Einen werden viele Wohnungen an Bekannte und Verwandte vermietet. Wenn man eine Wohnung vermieten möchte, sucht man natürlich erst unter den Leuten, die man schon kennt. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass man einen vertrauenswürdigen Untermieter haben möchte. Ein weiterer Grund ist außerdem, dass man Mietgewinne als Einkommen angeben müsste, was viele natürlich nicht wollen.

Die Vermittlung findet heutzutage meist über das Internet statt. Hierzu gibt es einige Seiten, die mal mehr, mal weniger Erfolg versprechen. Hier eine Liste derer, die ich kenne – man möge mir bitte nachsehen, dass ich keine eigenen Erfahrungen mit solchen Portalen habe:

  • Blocket: Bis heute ist mir ein Rätsel, wieso dieses graphisch und bedienungsmäßig eher bescheiden daher kommende Portal so erfolgreich ist in Schweden, während Ebay bzw. dessen schwedischer Ableger tradera.com kaum populär sind. Es handelt sich im Wesentlichen um einen Anzeigenmarkt, der online steht. Unter anderen Dingen gibt es auch Wohnungen, die man mieten kann. Man merkt allerdings schon die Marktmacht, denn dort gibt es auch Wohnungen für 10000 kr im Monat. Diese Preise werden in der Bostadskö unter normalen Umständen nicht oder nur bei sehr großen Wohnungen erreicht. Ich kenne jemanden, der hierüber eine nette Wohnung gefunden hat.
  • Andrahand.se: Das offensichtlichste Portal – ich habe keinerlei Erfahrungswerte damit.
  • bovision.se: ein bei einigen kommunalen Websites verlinktes Portal.
  • hyralya.se
  • Hyrestorget
  • BoPunkten
  • Hemnet.se
  • BostadsPorten
  • Bostaddirekt: eine Webseite mit einer kleinen Besonderheit. Der Zugang zum System kostet Geld und gilt auch nur zeitlich beschränkt. Dies hat den Vorteil, dass Suchende und Anbieter ein relativ kleiner Club sind, die es aber auch alle ernst meinen. Man bezahlt 695 kr für einen Zugang für Stockholm bzw. 295 kr für den Rest des Landes. Ich kannte einmal einen Amerikaner, der auf diesem Wege schnell fündig wurde.
  • easyroommate.com: es handelt sich hierbei zwar in erster Linie um eine Zimmervermittlung, aber als ich dort angemeldet war, bekam ich relativ schnell ein paar Zimmerangebote. Man kann also schon von einer positiven Erfahrung sprechen.
  • Der Anzeigenmarkt der Stockholmer Universität: vor allem für Studenten, aber auch für viele andere interessant sind die dort angebotenen Untervermietungen.

Das sind höchstwahrscheinlich längst nicht alle Portale, die es gibt, aber zumindest einmal ein Anfang für Wohnungssuchende.

Eine Wohnform ist bislang hier noch nicht angesprochen worden: Eigenheime. Auch diese kann man mieten, aber nur vereinzelt. Soweit ich das sehen kann, ist das sogar legal, da man das Haus ja auch wirklich selbst besitzt. Auf dem Markt gibt es davon aber nicht übermäßig viele, und billig dürfte es auch nicht sein. Zudem dürfte die Zahl der unbefristet zu vermietenden Häuser recht gering sein. Ich kenne allerdings eine Gruppe Isländer, die einige Zeit ein tolles Haus gemietet hatten – allerdings sind Isländer, was die allgemeinen Kosten angeht, von Haus aus erheblich toleranter.

Zurück zu den Wohnungen. Andra Hand ist also etwas für jemanden:

  • der sich dem Stress aussetzen kann und will, bei jeder Annonce nach Möglichkeit der erste zu sein, der anruft und somit die besten Chancen hat.
  • der bereit ist, zu akzeptieren, dass er halb-anonym in der Wohnung lebt und sie eventuell nicht anders einrichten darf.
  • der bei Bedarf auch schnell die Wohnungssuche neu startet und umzieht.

Wer sich dem aussetzen möchte, kann hier fündig werden. Etwas beständiges wird man aber nur bei Bostadsrättern und Hyresrättern finden.

Ein Aspekt, der auch in vielen Andrahandsportalen abgedeckt wird, habe ich noch nicht angesprochen: bostadsbyte. Dazu gibt es mehr im nächsten Teil.