Was von der Grippe(impfung) blieb

Vor gut 7 Monaten schrieb ich einen Artikel über die Schweinegrippeimpfung und über das wissenschaftlich halbgare Geschwätz, das über sie verbreitet wurde.

Nachdem sich der Staub gelegt hat und der Planet nach wie vor alle 24 Stunden um seine Achse rotiert, ist es möglich, zumindest in Ansätzen eine Art Zusammenfassung zu schreiben. Denn mittlerweile liegt der Abschlussbericht der schwedischen Arzneimittelbehörde vor – und da Schweden das Land ist, das wohl am konsequentesten geimpft hat, sind diese einen Blick wert. Über diesen Bericht würde freilich so gut wie gar nichts geschrieben, weil man damit kein Aufsehen erregen kann.

Die Zahlen sind nämlich so banal und harmlos, dass dieser ganze Sumpf aus Verschwörungstheorie und Impfgegnerschaft irgendwie ziemlich albern daherkommt.

Hier einige Dinge zusammengefasst:

  • Bis Mitte April 2010 waren rund 5,6 Millionen Dosen in Schweden verabreicht worden, wobei die Regionen Halland und Uppsala in dieser Erfassung fehlen. Auf der allgemeinen Seite ist von 6,1 Millionen Impfungen die Rede. Es dürften also rund zwei Drittel aller Einwohner Schwedens geimpft worden sein.
  • Der Anteil derjenigen unter den Geimpften, die Nebenwirkungen meldeten, pendelte sich knapp unter 0,5 Promille ein. Insgesamt wurden ca. 2150 Meldungen eingeschickt, die 3500 Reaktionen beschrieben.
  • 659 allergische Reaktionen traten auf, darunter 163 als ernsthaft eingestufte.
  • 769 neurologische Reaktionen traten auf, darunter 187 als ernsthaft eingestufte.
  • Das u.a. von dem Chef des Arznei-Telegramm, Wolfgang Becker-Brüser, in Interviews beschriebene Risiko, man könne an dem Lähmungserscheinungen hervorrufenden Guillain-Barré-Syndrom erkranken, ist ebenso statistisch an der Grenze zur Insignifikanz. Die Befürchtung bezog sich ja darauf, dass nach einer Grippewelle in den USA im Jahr 1976 dieses Syndrom etwas gehäuft bei Geimpften aufgetreten war. Deswegen legt der Bericht auch Augenmerk speziell hierauf. Sein Schluss:

    Es sind insgesamt 13 Berichte über das Guillian-Barré-Syndrom (GBS) eingesandt worden. Das Alter der Patienten variierte von 5 bis 82 Jahren. Sämtliche Fälle wurden von Neurologen beurteilt, und 12 der 13 Fälle hatten dokumentierte diagnostische Resultate, entweder mit CSF-Analyse [Anm.: vermutlich Rückenmarksflüssigkeitsanalyse] oder mit Elektroneurographie, die mit GBS übereinstimmten. […] Nach Untersuchung der berichteten Fälle sowohl in Schweden als auch von anderen Ländern in Europa ist die Schlussfolgerung, dass ein Zusammenhang zwischen den Pandemieimpfungen und GBS nicht ausgeschlossen werden kann, aber es keinen Grund zur Annahme gibt, dass das Risiko für GBS größer ist als bei einer saisonalen Grippeimpfung.

    Um das nochmal zu verdeutlichen: selbst wenn alle Fälle durch die Impfung hervorgerufen worden wären, läge das Risiko, an GBS zu erkranken, immer noch bei ca. 1:470.000. Zum Vergleich: in Deutschland erkrankt im Schnitt ca. einer von 80.000 Einwohnern im Jahr an GBS. Das reguläre Risiko für GBS dürfte also um ein mehrfaches höher liegen als das impfbedingte.

  • Nun zur großen Preisfrage: die Toten – manche Berichte wirkten ja fast so, als sterben durch die Impfung mehr Leute als durch die Grippe selbst. Insgesamt wurden 27 Todesfälle gemeldet, die nach der Impfung auftraten. Nach der Untersuchung dieser Fälle blieben noch vier Verstorbene übrig, bei denen ein Zusammenhang mit der Impfung nicht ausgeschlossen werden kann. Angenommen, diese wären alle impfbedingt, dann starb also einer von 1,5 Millionen Geimpften daran. In anderen Worten: um die Zahl der Schweinegrippentoten zu übersteigen, hätte man mindestens 13 Milliarden Menschen impfen müssen.

Bleibt eigentlich nur ein Fazit: sich gegen Schweinegrippe impfen zu lassen ist weniger gefährlich als eine Straße zu überqueren.

Soweit die medizinischen Risiken.

Bleibt der zweite Teil der Verschwörungstheorie: die Pharmaindustrie, die ihre unnötigen Impfdosen gegen Steuergelder austauschen ließ.

Auch hier bleibe ich dabei: es nachher besser wissen ist immer einfach. Bei SARS und Vogelgrippe, als die Leute umfielen wie die Fliegen, warf man der WHO vor, zu zögerlich gehandelt zu haben. Dieses Mal haben sie also überreagiert, was sich natürlich besonders leicht sagen lässt, wenn die betreffende Krankheit sich nachträglich als relativ harmlos herausstellt.

Ich frage mich, was die betreffenden Leute sagen werden, wenn irgendwann ein Virus kommt, der die Gefährlichkeit von SARS mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit von H1N1 kombiniert. Dann ist vermutlich die Regierung samt Pharmaindustrie daran schuld, dass nicht schnell genug geimpft wurde.

Die zentrale Lehre ist also, dass die WHO erneut ihr Verhalten ändern muss, um beim nächsten Mal weder über- noch unterzureagieren (dazu auch mehr hier). Eine taugliche Impfung steht jedenfalls zur Verfügung – und wenigstens in Schweden weiß man, wie man die Verteilung organisiert, was ich von Deutschland nicht unbedingt behaupten möchte. Dass so eine einmal gebraucht werden könnte und man schon vorgesorgt hat, finde ich eher beruhigend.

Schweinegrippeimpfungserfahrungen und andere lange Wörter aus meinem Umfeld

Wie hier bereits erwähnt – für diejenigen, die den letzten Artikel bis zum Ende durchgehalten haben – ließ ich mich am Mittwoch impfen.

Ich war gerade passenderweise im Einkaufszentrum Mörby Centrum, so dass ich in der dortigen Vårdcentral vorbeiging, um zu schauen, ob sie nicht ein bisschen von dem Stoff da haben. Am Eingang hing ein Zettel, dass man nicht die normalen gelben Wartezettel nehmen, sondern bitte auf eine Krankenschwester warten solle, die dann blaue Wartenummern ausgibt. Im Foyer warteten nur drei Männer, inklusive mir. Nach einigen Minuten kam dann auch wirklich jemand und gab uns die Zettel – mit dem Hinweis, dass ziemlich viele da seien und man ziemlich lange warten müsse, schätzungsweise ein bis eineinhalb Stunden.

Wir gingen also nach hinten. Es war ein Konferenzzimmer geöffnet worden, denn auf den Wartebänken im Gang fanden nicht alle Platz. Ich hatte die Nummer 859, wobei in der Regel bei dem System nur die letzten zwei Ziffern relevant sind. Die erste Nummer, die aufgerufen wurde, war die 90 – vermutlich die 790. Dass nun 58 Leute vor mir sein sollten, konnte ich nicht so recht glauben. Beim Hineingehen hatte ich 30-40 Personen gesehen. Was ich nicht wusste, war, dass es um die Ecke noch ein Stückchen weiterging. Eigentlich ist so eine Impfung ja eine Sache von drei Minuten. Vermutlich impfte zunächst nur eine Krankenschwester. Dementsprechend zog sich die Veranstaltung.

Nach zweieinhalb (!) Stunden Wartezeit war ich dann endlich dran. Ich hatte zwar schon in Betracht gezogen, aufzugeben, wusste aber, dass der Aufwand bei einem zweiten Anlauf nicht geringer sein würde.
Ich gab ihr meinen Fragebogen und meinen Ausweis. Zwei Minuten später war die Sache erledigt.

Typisch ist dieser Ablauf nicht unbedingt – an anderer Stelle brauchte man anscheinend kaum 5 Minuten zu warten.

Ungewöhnlich ist allerdings, dass diese Impfung nichts kostet und man auch keine Praxisgebühr bezahlen muss. Im Normalfall wird man in beiden Fällen zur Kasse gebeten.

Nun sind zwei Tage vergangen, und, sehr überraschend, ich lebe noch. Außer leichten Schmerzen im Oberarm bei bestimmten Bewegungen, die ich aber auch schonmal nach der Hepatitis-Impfung hatte, gab es keinerlei Nebenwirkungen.

Einige Leute aus meinem erweiterten Umfeld haben sich auch impfen lassen. Dort kam es zu Schwellungen des Oberarms sowie leichten Grippesymptomen. Freilich alles noch im Rahmen des Erwartbaren und auch nicht sonderlich verschieden von dem, was bei einer normalen Grippeimpfung zu erwarten wäre.

Die Schweinegrippenimpfung – von Verschwörern, Halbwahrheiten, der unfähigen Politik und der bösen Pharmaindustrie

Neulich habe ich gelesen: eine halbe Wahrheit ist schon fast eine ganze Lüge.

Daran fühlte ich mich stark erinnert, als ich mich in den letzten Tagen mit der Schweinegrippe und der dazugehörigen Impfung auseinandergesetzt habe.
Es ist erschreckend, wie bereitwillig Fakten verzerrt und offenkundig zweifelhaftes zur reinen Lehre erklärt wird, wenn es darum geht, die große Geschichte von der bösen Pharmaindustrie zu erzählen, die einem so gut gefällt. Denn sie ist so einfach und naheliegend, dass Details nur noch stören.

Die Vorwürfe sind ein bunter Strauß von kruden Halbwahrheiten, von denen bei genauerer Betrachtung nicht mehr wahnsinnig viel übrig bleibt:

  • Mit Begeisterung wird über den vermeintlich so gefährlichen Stoff Thiomersal geschrieben. Zur Erinnerung: es handelt sich dabei um einen Wirkverstärker, um mit weniger Serum auszukommen. Gar wunderliche Dinge werden über ihn berichtet.
    • Er soll Quecksilber enthalten, erschreckenderweise angeblich der giftigste nichtradioaktive Stoff. Das stimmt sogar. Nur sollte man vielleicht nicht vergessen, dass auch Zyankali gut bekömmlich ist, wenn man es nur in entsprechend niedrigen Mengen zu sich nimmt. So enthält eine Dose Pandemrix weit weniger Quecksilber als man jede Woche durch Nahrung zu sich nimmt. In dem verlinkten Artikel ist von maximal 12,4 Mikrogramm in einer Dose die Rede, was aber nicht alles von Thiomersal stammen kann, denn davon sind in einer Dose gerade einmal 5 Mikrogramm enthalten.
    • Ebenso wird behauptet, Thiomersal wäre seit 2005 in den USA verboten oder hätte allgemein schon 2004 verboten werden sollen. Einen Beleg kann man dazu aber nirgends finden. Die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA schreibt nämlich

      Conducted in 1999, this review found no evidence of harm from the use of thimerosal as a vaccine preservative, other than local hypersensitivity reactions (Ball et al. 2001).

      und gibt heute eine empfohlene Maximaldosis von 0,1 Mikrogramm Ethylquecksilber pro Kilogramm Körpergewicht und Tag an, die WHO sogar 0,47 Mikrogramm. Selbst wenn man ersteren Wert zugrunde legt, würde jeder mit mehr als 50 kg Körpergewicht die erlaubte Dosis bei der Impfung nicht überschreiten. Die europäische Arzneimittelagentur EMEA findet den Stoff auch ziemlich gut.

    • Gerne wird auch kolportiert, Thiomersal löse vermehrt Autismus aus. Ein stichhaltiger Nachweis dieser Vermutung wurde nie erbracht.
  • Der andere mysteriöse Zusatz heißt Squalen. Bei dem ist kein Quecksilber erhalten, denn es handelt sich um einen Kohlenwasserstoff, der auch beim Stoffwechsel im Körper gebildet wird. Er ist also harmlos, sollte man annehmen. Das einzige, was gegen ihn ins Feld geführt werden kann, ist, dass Kriegsveteranen, die das sogenannte Golfkriegssyndrom haben, vermehrt Squalen-Antikörper im Blut haben. Das ist ein Indiz, was aber für sich alleine steht, denn bis auf unklare Einzelbefunde konnte kein Nachweis erbracht werden. Die FDA hat den Stoff nicht zugelassen. Die europäische Behörde EMEA tut dies aber. Die WHO konstatiert jedenfalls, dass bei 22 Millionen Grippeimpfungen mit Squalenzusatz in mehr als 10 Jahren keinerlei relevanten Nebenwirkungen beobachtet werden konnten. Insofern deutet das darauf hin, dass Squalen höchstens einer von mehreren Faktoren für das Golfkriegssyndrom sein kann.
  • Mit viel Verve wird über die vermeintlich so gefährlichen Nebenwirkungen geschrieben. Leider trägt auch die Presse ihren Teil dazu bei. Der bekannte Effekt tritt ein, dass eine Einzelmeldung schon als eine allgemeingültige Tatsache betrachtet wird. Die Meldungen aus Schweden sind dabei die pefekte Spielwiese, denn hier wurde schon früh mit der Impfung begonnen. Bis Ende Oktober wurden rund 200 Fälle in Zusammenhang mit registriert. 37 Patienten zeigten allergische Symptome. Das klingt nach viel, zumal auch von 5 Todesfällen in Zusammenhang mit der Impfung berichtet wurde. Keiner davon ist aber bislang eindeutig dieser zuzuordnen. Bei schätzungsweise mehreren zehntausend Impfungen bislang sind diese Meldungen am Rande der statistischen Bedeutungslosigkeit. Insofern sind die Behauptungen, es könne zu allergischen Nebenwirkungen kommen, ohne den entsprechenden Kontext grob irreführend.
  • Weitere Halbwahrheiten ranken sich um die rechtliche Haftung der Impfstoffhersteller. So wird behauptet, die Hersteller hätten eine umfassende Immunität erhalten.
    • In Deutschland sollen angeblich die Hersteller per Vertrag von der Haftung ausgenommen werden. Ich bin ja kein Jurist, aber seit wann können zivilrechtliche Verträge Gesetze außer Kraft setzen? Eventuelle strafrechtlich relevante Tatbestände wie der der groben Fahrlässigkeit oder ähnliches sind ja wohl kaum damit außer Kraft zu setzen.

      Laut Innenministerium kommen §84 Arzneimittelgesetz und das Infektionsschutzgesetz zum tragen.

      In §84 Arzneimittelgesetz heißt es:

      Wird infolge der Anwendung eines zum Gebrauch bei Menschen bestimmten Arzneimittels […] ein Mensch getötet oder […] nicht unerheblich verletzt, so ist der pharmazeutische Unternehmer, der das Arzneimittel […] in den Verkehr gebracht hat, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht besteht nur, wenn
      1.
      das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen oder
      2.
      der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist.

      Ich glaube nicht, dass man sich dieser Pflicht schon einmal vorsorglich per Vertrag entledigen kann. Dass man einen Arzt, der sich an die gelten Vorschriften gehalten hat, für Nebenwirkungen wird belangen können, ist wohl eher im Reich der juristischen Märchen angesiedelt.

    • Eine weitere Tatsachenverzerrung ist, dass behauptet wird, der Staat übernehme die Haftung. Auch dies stimmt nicht. Dies zielt auf das Infektionsschutzgesetz, wo in §60 festgelegt ist, dass der Bund für die Versorgung von Impfgeschädigten aufkommt, wenn er die Impfung empfohlen oder angeordnet hat. Der Bund übernimmt dabei das Restrisiko, das der Patient bei jeder anderen Impfung selbst tragen müsste. Das ist nur recht und billig, denn wenn der Staat seine Bürger zu einer Impfung drängt, dann sollte dieser nicht so behandelt werden, als habe er sich der Sache vollkommen freiwillig unterzogen. Es handelt sich also um keine Entschädigung, denn die Haftung des Herstellers ist davon nicht berührt.
    • In den USA gibt es in der Tat eine Immunität, und zwar zum ersten Mal in dieser Form. Prompt wird behauptet, die Politik wäre nicht viel mehr als eine Marionette der Pharmaindustrie. Selbst wenn es so wäre: dass es gute Gründe für diese Immunität gibt, wird dabei natürlich gerne übersehen. 1976 gab es eine Grippewelle samt dazugehöriger Impfung. Dieser folgte eine Klagewelle, die viel Geld kostete. Da so ein Prozess in den USA gerne mal zweistellige Millionenbeträge an Schadensersatz kostet, wäre es für die Impfstoffhersteller wirtschaftlich äußerst riskant, an die USA zu liefern – ein 1 Milliarden-Dollar-Markt kann so zu einem Verlustgeschäft schrumpfen. Kurzum: ohne die Immunität wäre kein Hersteller bereit, den Stoff überhaupt zu liefern. Die Immunität ist übrigens kein Willkürakt, sondern basiert auf einem Gesetz, das 2006 gegen Bioterrorismus erlassen wurde.
  • Besonders gemütlich in diesen Wintertagen wird die Verschwörung aber erst, wenn es um die böse Pharmalobby geht, die der Politik eingeredet hat, dass diese Impfung so nötig ist.

    Leider lassen sich auch seriöse Medien davon etwas anstecken:

    Es möge sich nach diesem Beitrag jeder einmal fragen, was er in folgender Situation tun wird:

    Sie sind Geschäftsführer einer Firma. Ein potentieller Kunde bestellt bei ihnen eine Million Teile seines Produkts. Sie müssen einige Entwicklungsarbeit und Lizenzgebühren hineinstecken, um überhaupt das Produkt zur Verfügung stellen zu können. Darüber hinaus müssen sie ihre Maschinen monatelang auf Hochtouren laufen lassen, um die Menge bereitzustellen. Welche Vertragskonditionen verlangen sie:
    A. Ich produziere erst einmal und der Kunde kann dann nach Verfügbarkeit bestellen.
    B. Ich verlange eine verbindliche Zusage über eine bestimmte Menge.

    Man braucht kein Betriebswirt zu sein, um zu wissen, dass nur ein Narr Variante A wählen wird.

    Plusminus bekleckert sich in dem Beitrag wahrhaftig nicht mit Ruhm. Auch die Aussagen dieses Arzt und Apothekers nach dem Muster „Es kann passieren, dass…“ haben ungefähr soviel Aussagekraft wie „Man kann beim Spazierengehen von einem Meteoriten erschlagen werden“.

    Es ist in der Tat anzunehmen, dass die Pharmalobby kräftig für den Impfstoff geworben hat. Die Darstellung einer regelrechten Erpressung halte ich jedoch nur für bedingt glaubhaft – immerhin gab es drei Impfstoffe zur Auswahl. Man hätte also auch zur Konkurrenz gehen können.

    Auch wird gerne außer Acht gelassen, dass eine Entscheidung, die von einer Lobbygruppe befördert wird, nicht automatisch falsch sein muss.

  • Das interessante an dieser ganzen Sache ist, dass sich bevorzugt diejenigen, die sich noch nie mit Zivilschutz auseinandergesetzt haben, plötzlich zu Experten in diesem Bereich berufen fühlen. So ist letzten Endes die zentrale Kritik die, dass diese ganze Impfung eigentlich vollkommen unnötig ist. Einige Gedanken dazu:
    • Vor knapp 10 Jahren durfte ich als Feuerwehrmann den Orkan Lothar live miterleben – und damit auch, wie beträchtliche Teile des zivilen Lebens von umstürzenden Bäumen empfindlich gestört wurden. Fließendes Wasser, Strom und Telefon sind keine Geschenke des Himmels, nur weil sie immer funktionieren. Sie müssen von Menschen funktionsfähig gehalten werden. Und diese sollten möglichst gesund sein.
    • Wiederholt durfte ich das Argument lesen, an anderen Krankheiten wie der normalen Grippe stürben doch viel mehr Menschen, so dass die Verwendung von Ressourcen in diesem Fall unangebracht ist. Jedoch ist die normale Grippe jährlich wiederkehrend und deren Effekte bewegen sich in einem vorhersehbaren Rahmen und können abgefedert werden. Es ist ja nicht so, dass wegen der Schweinegrippe weniger Menschen an der normalen Grippe erkranken würden. Der allgemeine Krankenstand kann sich durch die Schweinegruppe durchaus erheblich erhöhen.
    • Zudem entbehrt dieses Argument nicht einer gewissen Zynik. Nichts gegen eine Krankheit zu tun kann wohl schwerlich damit gerechtfertigt werden, dass eine andere Krankheit ja viel schlimmer sei. Es wird hierdurch auch unterstellt, das Geld wäre woanders automatisch besser angelegt, d.h. es würden an anderer Stelle erheblich mehr Menschen gerettet.
    • Das sei doch alles gar keine Pandemie, liest man immer wieder. Unter Pandemie scheinen sich die Leute wohl eine Krankheit vorzustellen, bei der die Menschen sterben wie die Fliegen. Dies stimmt nicht, denn auch eine mildere Krankheit kann sich weltweit ausbreiten und erheblichen Schaden anrichten.
    • Die Menschen scheinen von ihrer Regierung geradezu hellseherische Fähigkeiten zu erwarten. Die hätte natürlich schon im Juni wissen müssen, dass die Grippe nicht nur mild verlaufen würden. Dann hätte man einen Impfstoff ja gar nicht erst kaufen brauchen. Umgekehrt stelle man sich einmal vor, die Regierung hätte nichts getan und die Epidemie forderte tausende Tote. Dann wäre natürlich die Regierung schuld gewesen. Sowas kann man wohl eine Lose-Lose-Situation nennen.
    • Praktisch zu jeder häufig auftretenden Infektionskrankheit gibt es entweder eine Impfung oder eine Therapie. Bei der Schweinegrippe gibt es letzteres nicht – sollen wir dann auch auf ersteres verzichten?

Nach alledem komme ich für mich zum Schluss, dass gegen die Impfung an sich und die Impfaktion als gesamtes wenig einzuwenden ist. Die Argumente dagegen werden aus der Warte gemacht, dass diese Krankheit nicht ernstzunehmen ist. Wie bei der Finanzkrise wissen es nachher alle besser.

Übrigens: ich habe mich heute geimpft. Dazu aber ein anderes Mal – bis dahin weiß ich auch, ob es Nebenwirkungen gab.

Snakes on the road

Ich stehe ja nicht so gerne um 5:30 Uhr auf – aber was tut man nicht alles, um Bus zu fahren. Um 7:30 Uhr dann Fahrstunde. Spektakuläre Ereignisse: eine Schlange mitten auf der Straße am Norrtull, was so zu den meistbefahrensten Straßen der Stadt gehört. Außerdem hupte mich ein LKW-Fahrer an, weil ich mich etwas ungeschickt in einem zweispurigen Kreisverkehr anstellte. Nichtsdestotrotz war es ganz ok, und ich bin auch nur gegen eine Straßenkante gefahren. Meine Fahrlehrerin war zudem nicht so glücklich über meine leichte Spiegelguckfaulheit in Kurven und beim Anfahren. Ich gelobe Besserung.

Dann ging es weiter zur Impfung. Kein billiger Spaß, denn ich war in den letzten Monaten mehrfach dort und bin jetzt gegen FSME, Hepatitis, Polio, Diphterie und Tetanus geimpft. Demnächst kann ich auch fliegen.

Amüsant fand ich diese Geschichte im SPIEGEL. Hier in Schweden gab es nämlich kürzlich ein Skandälchen, dass der Arbeitsminister Sven Otto Littorin einen Master of Business Administration in seinem Lebenslauf stehen hat, der von einer sehr fragwürdigen Hochschule kommt. Littorin beteuerte, dass er da wirklich fernstudiert habe, entfernte den Eintrag im Lebenslauf letztendlich doch, auch weil der Master in Schweden ohnehin nicht anerkannt wäre. Ich frage mich, wieso er sich die Mühe macht – bei den Diploma Makers hätte er für viel weniger Aufwand das gleiche bekommen. Ich würde mir ja auch gerne zum Jux einen falschen Doktor bestellen, aber 199$ ist mir dann doch zuviel. Vielleicht kommt ja irgendein findiger Webdienst auf die Idee, das Diplom gleich zum Download anzubieten. Das macht die Sache bestimmt noch viel billiger.

Der Titel dieses Eintrags ist übrigens eine schlechte Anspielung auf „Snakes on a plane“, was mich wiederum daran erinnert, dass ich gestern abend „United 93“ gesehen habe. Ich kann mich an keinen Film erinnern, der mich so in emotionale Spannung versetzt hat wie dieser – nicht wegen großen Gefühle und Pathos, sondern der Authentizität, mit der die Ereignisse des 11. September 2001 dort dargestellt werden. Sehr empfehlenswert auf alle Fälle.