10 Jahre

Dan Rather brachte es noch am selben Abend auf den Punkt:

You will remember this day as long as you live.

Heute vor 10 Jahren war ich zum ersten Mal in Schweden. Ich stand in einem Souvenirgeschäft in Kiruna, und der Verkäufer erzählte mir entgeistert, dass es in New York einen Terroranschlag gegeben habe. Es waren mehrere Leute im Laden, und alle hörten gebannt dem Radio zu. Es schien surreal. Ich war perplex. In der Jugendherberge gab es kein internationales Fernsehen, und die schwedischen Kanäle zeigten immer wieder dieselben Abschnitte. Ich fühlte mich sehr weit weg von allem.

Es gäbe noch mehr zu erzählen, und jeder hat so eine Geschichte. Sie heute zu erzählen ist aber fast schon Folklore. Es macht etwas traurig, wie banal dieses Ereignis geworden scheint. Manche instrumentalisieren es für krude Verschwörungstheorien, die die Opfer verhöhnen unter dem Deckmantel einer angeblichen Suche nach der Wahrheit. Für andere ist es kaum mehr als ein Anlass, auf die Dinge abzuheben, die nach dem 11. September falsch gelaufen sind.

Wie tief es uns alle getroffen hat, wollen wir uns dabei nicht eingestehen. Wir vergessen, wie unvorstellbar, wie unfassbar dieses Ereignis war. Wir können heute fast nicht verstehen, wie wir damals so naiv sein konnten, zu glauben, niemand würde ein Flugzeug unter Aufopferung seines Lebens zerstören oder gar als Waffe einsetzen wollen. Jede Tragödie, und sei sie auch noch so schrecklich, wird danach ein bisschen Normalität. Könnte ein neues Winnenden, ein neuer Breivik uns noch einmal derart schockieren? Ich glaube nicht.

Auch wenn wir es verdrängen, so ist der 11. September eine Zäsur. Und wir haben immer noch keine Antworten für die Zeit danach.

Darum heute einen sehr interessanten Dokumentarfilm, den ich noch nicht kannt und der etwas die menschliche Dimension zeigt:

Snakes on the road

Ich stehe ja nicht so gerne um 5:30 Uhr auf – aber was tut man nicht alles, um Bus zu fahren. Um 7:30 Uhr dann Fahrstunde. Spektakuläre Ereignisse: eine Schlange mitten auf der Straße am Norrtull, was so zu den meistbefahrensten Straßen der Stadt gehört. Außerdem hupte mich ein LKW-Fahrer an, weil ich mich etwas ungeschickt in einem zweispurigen Kreisverkehr anstellte. Nichtsdestotrotz war es ganz ok, und ich bin auch nur gegen eine Straßenkante gefahren. Meine Fahrlehrerin war zudem nicht so glücklich über meine leichte Spiegelguckfaulheit in Kurven und beim Anfahren. Ich gelobe Besserung.

Dann ging es weiter zur Impfung. Kein billiger Spaß, denn ich war in den letzten Monaten mehrfach dort und bin jetzt gegen FSME, Hepatitis, Polio, Diphterie und Tetanus geimpft. Demnächst kann ich auch fliegen.

Amüsant fand ich diese Geschichte im SPIEGEL. Hier in Schweden gab es nämlich kürzlich ein Skandälchen, dass der Arbeitsminister Sven Otto Littorin einen Master of Business Administration in seinem Lebenslauf stehen hat, der von einer sehr fragwürdigen Hochschule kommt. Littorin beteuerte, dass er da wirklich fernstudiert habe, entfernte den Eintrag im Lebenslauf letztendlich doch, auch weil der Master in Schweden ohnehin nicht anerkannt wäre. Ich frage mich, wieso er sich die Mühe macht – bei den Diploma Makers hätte er für viel weniger Aufwand das gleiche bekommen. Ich würde mir ja auch gerne zum Jux einen falschen Doktor bestellen, aber 199$ ist mir dann doch zuviel. Vielleicht kommt ja irgendein findiger Webdienst auf die Idee, das Diplom gleich zum Download anzubieten. Das macht die Sache bestimmt noch viel billiger.

Der Titel dieses Eintrags ist übrigens eine schlechte Anspielung auf „Snakes on a plane“, was mich wiederum daran erinnert, dass ich gestern abend „United 93“ gesehen habe. Ich kann mich an keinen Film erinnern, der mich so in emotionale Spannung versetzt hat wie dieser – nicht wegen großen Gefühle und Pathos, sondern der Authentizität, mit der die Ereignisse des 11. September 2001 dort dargestellt werden. Sehr empfehlenswert auf alle Fälle.