Stockholm City ist tot – ein Nachruf

Time to say goodbye – Stockholm verliert ein herausragendes Presseorgan. Stockholm City ist nach langer schwerer Krankheit von uns gegangen. Noch vor einem Jahr sah es so aus, als könne sie sich noch einmal erholen. Nun ist es zum hoffentlich unabänderlichen gekommen.

Sie hat Stockholm mit ihrer Anwesenheit bereichert, und ich schätze mich froh, dieses Druckerzeugnis in den späten seiner insgesamt 9 Jahre erlebt zu haben. Wie dröge wäre unser Leben doch gewesen, wenn nicht ab und zu ein Lichtstrahl des mutigen, weil ethisch vollkommen untragbaren Journalismus, uns gewärmt hätte. Die Veranstaltungstipps erfüllten mich immer mit Freude, wenn ich die wie immer inhaltlich unzureichend bestückte Studentenradiosendung mit irgendetwas füllen musste. Die Wärme spürten wir v.a. im Winter, wenn City jedes Jahr zur Wahl von Stockholms Lucia aufrief. Junge Damen, die von ihren Kochkünsten erzählten, stellten sich zur Wahl, und wir Leser wussten, dass hier ein großes kulturelles Ereigneis stattfand.

Einmal durfte ich auch selbst erleben, wie die Lucia sang. Nachdem sie und ihre Helferinnen Liedchen im NK geträllert hatten, fuhren sie ins Skansen, wo wir uns gerne 60 Kronen Eintritt abknöpfen ließen, um bei eisiger Kälte dieselben Lieder noch einmal zu hören. Die Menschen jubelten, als ein Vertreter Siziliens der Lucia eine Reise in dieses südliche Land schenkte, nachdem ein Moderator die kaum 20 Minuten Musik mühsam um ein paar Minuten gestreckt hatte. Fast vergessen ist dieser Wintertag. Nur das polnische Fernsehen war dort, um diese Farce zu dokumentieren.

Die späten Jahre waren ja von einem gesundheitlichen Auf und Ab geprägt. Zwar schienen die Texte von früheren Tippfehlern erholt, aber sie vermochte nur noch an wenigen Tagen in der Woche zu erscheinen. Doch in wachen Momenten gelangen immer noch die alten, belanglosen und an den Haaren herbeigezogenen Geschichten. Diese gingen tief, ganz tief, so wie die Onanieschule vor gut zwei Jahren, die Frauen unnötigerweise erklärte, wie Masturbation denn geht, und mir bis heute einen regen Strom Besucher auf dieser Seite beschert. Doch am Ende war das Leben unerbittlich, und ein herzloser Mutterkonzern war nicht bereit, der bereits verlorenen Milliarde Kronen das eine oder andere Milliönchen hinterher zu werfen.

Wir werden es vermissen, dieses sympathische Schundblatt ohne Belang. Bald wird die letzte Ausgabe vom Winde verweht sein und nur noch vergilbte Seiten in ungereinigten Ecken davon künden, was City einst war. Möge sie in Frieden ruhen. Für immer. Bitte.

Die Angehörigen bitten darum, von Beileidsbekundungen am Altpapiercontainer abzusehen.

Weihnachten in Schweden

Kaum zu glauben, aber in 30 Stunden sitze ich schon im Flieger nach Deutschland.

Einige Highlights der Weihnachtszeit:

  • Interessanterweise habe ich das Lied „Last Christmas“ noch nicht in voller Länge gehört.
  • Die Stadt Gävle, ca. 150 km nördlich von Stockholm, stellt jedes Jahr einen grossen Weihnachtsbock aus Stroh auf. Der Bock ist ein schwedischer Brauch, aber einen Bock der Grösse gibt es wohl nur in Gävle. Diese Tradition besteht in der Stadt nun schon seit 40 Jahren, und fast genauso traditionell ist es, dass fiese Brandstifter das Strohtier anzünden wollen. In dem daraus entstandenen Kampf zwischen Stadtverwaltung und Brandstiftern liegen letztere leicht vorne: 22 mal in den 40 Jahren brannte der Bock ab. Dieses Jahr waren sie aber (bislang) erfolglos, was aber auch daran liegt, dass die Stadt eine norwegische Firma beauftragt hat, den Bock vor einem Brand zu schützen. Nun ist er feuerfest beschichtet. Ein erster Attentsversuch ist bereits fehlgeschlagen.
  • Sankta Lucia, das Lichterfest am 13. Dezember, gehört natürlich zu schwedischer Weihnacht dazu. Die U-Bahn-Zeitung „Stockholm City“ liess aus 10 Kandidatinnen eine wählen, die dann „Stockholms Lucia“ werden sollte. Als Chefredakteur würde ich mich ziemlich ärgern, denn auch nach 4 Wochen eifrigen Trommelns in der Zeitung kamen nicht allzuviele Besucher. Es begann auch wenig beschaulich im Nobelkaufhaus NK, wo die gewählte Lucia sekundiert von 8 ehemaligen Konkurrentinnen vor Publikum sangen. Die armen Mädels mussten lange auf Applaus warten. Danach ging es weiter per Kutsche nach Skansen, wo sich einige hundert Leute den Eintrittspreis von 50 kr (ca. 5 €) abgerungen haben, um ein kleines Chorkonzert anzuhören, das von einem Moderator künstlich in die Länge gezogen wurde. Höhepunkt war der Vertreter der sizilianischen Tourismusindustrie, der die Lucia nach Sizilien einlud. Alles in allem eine PR-Veranstaltung ohne eigenen Charakter. Nächstes Jahr wieder richtiges Lucia-Konzert, würde ich sagen.
  • Christer Fuglesang ist als erster Schwede im All und hat vier Weltraumspaziergänge gemacht. Sein deutscher Kollege fand schwedische Süssigkeiten anscheinend ganz gut – was mit der Elchwurst passiert ist, weiss ich nicht. Es ist jedenfalls sicher, dass Fuglesang wie ein Held empfangen werden wird.
  • Heute abend wird es richtiges schwedisches Weihnachtsessen geben: Julbord – letztes Jahr verpasst, so dass ich dieses Jahr gespannt bin, wie gut das denn ist.
  • Noch vor Jahresende ist meine grosse Politonovela beendet: Anna Sjödin ist zurückgetreten. Im Verband steht man natürlich voll hinter ihr, aber man meinte wohl, dass es so nicht weitergehen könne. Schuld waren natürlich die bösen Medien. Sie bereut nichts, ausser dass sie an dem Abend in besagten Nachtclub ging. Ausserdem habe sie eh nie etwas anderes vorgehabt als SSU-Vorsitzende zu werden. Ja, ja – deine Mudder, sage ich da nur. Man kann jetzt schon Wetten darauf abschliessen, wo sie 2010, wenn über die ganze Sache Gras gewachsen ist, kandidieren wird.
  • Kurioses zum Schluss: in Helsingborg wurde der Journalist Kristian Lundberg gefeuert, weil er eine Buchkritik über einen Roman geschrieben hat, den es gar nicht gibt. Die Autorin in spe Britt Marie Mattsson hat die Pläne für das Buch nämlich nie veröffentlicht. Gut so, würde ich sagen, denn Lundberg hatte schon messerscharf erkannt, dass die Geschichte „vorhersagbar“ und die Charaktere „eindimensional“ sein würden, sofern das Buch denn geschrieben würde. Da hat sich Mattsson ja viel Arbeit erspart.

The Ultimate Nobel Experience Reloaded (Deluxe Edition, Part 1)

Sweden in winter – that is coldness and darkness in the eyes. While the latter is guaranteed, low temperatures have only stopped by for a few days in late October and moved on to the far north. They have been above zero centigrade ever since despite German media claiming that people in the queue for the new Nintendo Vii console waited in sub-zero temperatures. I was not among them anyway – I would not even spend money on a game console.

My actual point is that Alfred Nobel died in San Remo, Italy, on 10th December 1896, most likely in much nicer weather than here in Scandinavia. Ironically this very special birth date has brought Stockholm on of the highlights of the year: The Nobel Prizes. Along with the Swedish holiday of Lucia it makes the first half of December very special in this city.

The laureates, accompanied by their family, arrive a few days before the actual festivities which marks the beginning of a whole Nobel week. While the Prize itself has only three major events, the laureates are invited to a large number of other events, e.g. visits to schools.

The first official event are the Nobel lectures. By the statutes of the Nobel foundation, every laureate is required to give such a lecture. If they cannot attend personally, they have to do it through video or in writing. While the lecture of the Nobel Peace Prize laureate takes place during the awarding ceremony, all other laureates hold theirs two days in advance. The lectures for Physics, Chemistry and the Economy Prize take place at the Aula Magna of Stockholm University, the Medicine lecture at the Karolinska Institute and the Literature lecture at the Swedish Academy. Most of them are scientific lectures with certain acknowledgments of their colleagues and their families.

The Peace and Literature lectures are often more like speeches about political topics.

So far I have only visited the lectures at the Aula Magna. This has practical reasons – the Medicine lectures are on the same day, but some kilometers away, and the Literature lecture may be the one which attracts the public attention, but requires that the visitors get a ticket in advance.
The Aula Magna however is near to my place and antrance is free.

The stage for this year’s Physics Prize lecture

During the lecture the taking photos is not allowed. This was the audience on Friday.

And the audience in 2005 – it seemed to be considerably smaller

The same stage in 2005

Enough for today – I can already say here that I don’t have photos from the awarding ceremony, simply because it is limited to a small number of honorary guests. However, I have pictures of last year’s Nobel banquet which I was able to attend. But more about that tomorrow.

Vagnbrist

Eigentlich hätte dieser Artikel schon vor Stunden erscheinen sollen. Zu der Zeit saß ich in Kista und wollte mich auf das Großereignis des Dezembers in ganz Schweden einstimmen. Das wurde aber leider nichts, weil Flickr das Bild nicht hochladen wollte. Auch beim Flickr-Betreiber Yahoo leistet man sich wohl ab und zu mal Aussetzer.

Nicht dass technische Probleme etwas vollkommen Unbekanntes wäre dieser Tage. Die Stadt leidet seit Tagen unter massiver „Vagnbrist“ – übersetzt „Wagenmangel“. Das Scheechaos vor kurzem hat derart viele Wagen beschädigt, dass man auf manchen Linien die üblichen Taktzeiten nicht einhalten kann. Erstaunlich ist allerdings, dass diese Phänomen erst seit dem Wochenende so richtig zu Tage tritt, obwohl schon am 3. November die Meldung herausgegeben wurde.

Nun aber zum eigentlichen Hauptthema. Nur noch einen Monat bis zum Lucia-Fest. Kurz der Sachverhalt: in weiße Wänder gekleidete Kinder tragen bei diesem Lichterfest Kerzen und singen Lieder. Ein Mädchen darf dabei die Lucia mit der Lichterkrone sein. In Stockholm gibt es hierzu auch einen großen Umzug – und eines der lokalen U-Bahn-Blätter lässt dazu die offizielle Lucia wählen, die dann auch nach Sizilien fahren darf. Hier kann man die Kandidatinnen begutachten. Auch dieses Mal überrascht mich, dass wenige Blondinen dabei sind. Schon letztes Mal war die Lucia Stockholms eine Brünette. Klischees sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.