Schweinegrippeimpfungserfahrungen und andere lange Wörter aus meinem Umfeld

Wie hier bereits erwähnt – für diejenigen, die den letzten Artikel bis zum Ende durchgehalten haben – ließ ich mich am Mittwoch impfen.

Ich war gerade passenderweise im Einkaufszentrum Mörby Centrum, so dass ich in der dortigen Vårdcentral vorbeiging, um zu schauen, ob sie nicht ein bisschen von dem Stoff da haben. Am Eingang hing ein Zettel, dass man nicht die normalen gelben Wartezettel nehmen, sondern bitte auf eine Krankenschwester warten solle, die dann blaue Wartenummern ausgibt. Im Foyer warteten nur drei Männer, inklusive mir. Nach einigen Minuten kam dann auch wirklich jemand und gab uns die Zettel – mit dem Hinweis, dass ziemlich viele da seien und man ziemlich lange warten müsse, schätzungsweise ein bis eineinhalb Stunden.

Wir gingen also nach hinten. Es war ein Konferenzzimmer geöffnet worden, denn auf den Wartebänken im Gang fanden nicht alle Platz. Ich hatte die Nummer 859, wobei in der Regel bei dem System nur die letzten zwei Ziffern relevant sind. Die erste Nummer, die aufgerufen wurde, war die 90 – vermutlich die 790. Dass nun 58 Leute vor mir sein sollten, konnte ich nicht so recht glauben. Beim Hineingehen hatte ich 30-40 Personen gesehen. Was ich nicht wusste, war, dass es um die Ecke noch ein Stückchen weiterging. Eigentlich ist so eine Impfung ja eine Sache von drei Minuten. Vermutlich impfte zunächst nur eine Krankenschwester. Dementsprechend zog sich die Veranstaltung.

Nach zweieinhalb (!) Stunden Wartezeit war ich dann endlich dran. Ich hatte zwar schon in Betracht gezogen, aufzugeben, wusste aber, dass der Aufwand bei einem zweiten Anlauf nicht geringer sein würde.
Ich gab ihr meinen Fragebogen und meinen Ausweis. Zwei Minuten später war die Sache erledigt.

Typisch ist dieser Ablauf nicht unbedingt – an anderer Stelle brauchte man anscheinend kaum 5 Minuten zu warten.

Ungewöhnlich ist allerdings, dass diese Impfung nichts kostet und man auch keine Praxisgebühr bezahlen muss. Im Normalfall wird man in beiden Fällen zur Kasse gebeten.

Nun sind zwei Tage vergangen, und, sehr überraschend, ich lebe noch. Außer leichten Schmerzen im Oberarm bei bestimmten Bewegungen, die ich aber auch schonmal nach der Hepatitis-Impfung hatte, gab es keinerlei Nebenwirkungen.

Einige Leute aus meinem erweiterten Umfeld haben sich auch impfen lassen. Dort kam es zu Schwellungen des Oberarms sowie leichten Grippesymptomen. Freilich alles noch im Rahmen des Erwartbaren und auch nicht sonderlich verschieden von dem, was bei einer normalen Grippeimpfung zu erwarten wäre.

I will survive

Montagabend, 23:30 Uhr: Ich wasche mich mit „DesCutan“, einem desinfizierenden Waschmittel. Es besteht aus einem lustigen Schwamm, der aufgeht, wenn man Wasser hinzugibt. Ich fühle mich ziemlich keimfrei.

Dienstagmorgen, 6:30 Uhr:
Ich trinke anweisungsgemäß nur ein Glas Wasser. Dann dusche ich mich nochmals mit „DesCutan“. Nachdem ich meinen lädierten Popo gründlichst abgeschrubbt habe, fällt mir ein, dass noch ein zweiter Durchgang fällig ist. Ich beschließe, die Rückseite des Schwamms zu verwenden.

8:30 Uhr: wir kommen im Krankenhaus an. Man weiß von meiner Operation nichts. Das ist schade, gerade jetzt, wo ich mich doch so schön geduscht habe.

8:40 Uhr: in der Zwischenzeit hat sich herausgestellt, dass ich in einer anderen Abteilung operiert werde. Dort angekommen darf ich warten.

8:50 Uhr: Ich werde hineingerufen und erhalte ein sehr modisches Hemd, das ich exklusiv zur Operation tragen darf. Ansonsten darf ich allerdings nur noch meine Unterhosen tragen.

9:15 Uhr: Die Ärztin erscheint und fragt mich, ob ich denn brav alle Anweisungen beachtet habe. „Ja“, antworte ich mit einem großen Grinsen. Sie fragt mich, was ich denn habe. Das ist natürlich nicht allzu beruhigend. Sie fragt außerdem, ob ich schon einmal unter Vollnarkose gewesen sei. Ich sage ja, aber das sei schon sehr lange her, und frage etwas verduzt, ob ich denn eine Vollnarkose bekäme. „Ja“, sagt sie daraufhin, „das machen wir normalerweise so.“

9:20 Uhr: Ich habe die Nachricht noch nicht ganz verdaut, da setzt mir die Krankenschwester eine Kanüle an der linken Hand. Es tut weh und sie sitzt nicht gut. Der zweite Versuch passt. Nach einer Spülung erhalte ich direkt die erste Portion Drogen.

9:25 Uhr: Ein Happy Hippo und Doktor Bob aus der Muppet-Show kommen zu Besuch. Wir diskutieren angeregt über die Spargelernte des letzten Jahres.

10:00 Uhr: Ich warte immer noch. Ich solle mit leerer Blase in den OP, so dass ich brav aufs Klo gehe. Selten mit einer Kanüle an der Hand gepinkelt, aber was tut man nicht alles für den Weltfrieden. Da der Schrank mit meinen Sachen abgeschlossen ist, muss ich mir mit den ausliegenden Magazinen behelfen.

11:15 Uhr: Mir wurde gerade beim Lesen des Yacht-Magazins langweilig, da kommt die Nachricht, dass es jetzt losgehe. Ich helfe, mein Bett in den OP zu schieben. Mittlerweile wird mir klar, dass die Ärztin, die ich getroffen habe, die Anästhesistin war. Meinen echten Arzt habe ich noch nicht gesehen. Die OP-Schwestern stellen sich alle sehr nett vor. Die eine, die die Operation direkt betreuen soll, ist gekleidet, als wolle sie danach gleich noch ein Kernkraftwerk dekontaminieren. Ich kriege irgendein komisch schmeckendes Zeug zu trinken und man klebt mir einige Dioden für das EKG an. Ich darf mich hinliegen und ganz diskret die Unterhosen ausziehen. Im Grunde genommen ist das albern, die werden mich sowieso in Kürze nackt sehen. Ich scherze etwas mit den Schwestern („Ich habe heute eigentlich nichts mehr vor!“), da bekomme ich die Narkose, und es fühlt sich seltsam an. Es läuft Musik. Ich nehme mir vor, mir den Titel zu merken. Es ist jedenfalls nicht „Stairway to heaven“ oder „Knockin‘ on heaven’s door“, denn diese genießen einen allgemeinen Bann in allen OPs dieser Welt. Ich darf etwas durch eine Maske einatmen. Selten so guten Sauerstoff gehabt.

13:00 Uhr: Ich erwache in einem dunklen Raum. Eigentlich hatte ich erwartet, dass man langsam entgleiten würde wie im Film. Pustekuchen. Den Titel, der vor der Operation lief, habe ich auch vergessen. Ich frage die Schwester, ob denn überhaupt Musik da drin liefe – könnte ja auch nur Halluzination gewesen sein. Sie bejaht. Ich erzähle ihr irgendwelche wirren Dinge davon, dass ich das Gefühl gehabt hätte, einen Podcast über meinen MP3-Player zu hören. Sie akzeptiert das direkt – vermutlich ist sie in Sachen Patienten, die nach der Narkose Blödsinn verzapfen, außerordentlich erfahren.

13:15 Uhr: Mein Blutdruck (140/77 oder so) ist ganz ok. Ich werde in mein Zimmer geschoben und meine Freundin darf zu mir kommen. Ich hänge an einem Tropf, der so langsam leer läuft.

13:30 Uhr: Ich fühle mich etwas schwach. Die Schwester bietet an, etwas zum Essen zu bringen. Ich warte noch etwas ab.

13:50 Uhr:
Es geht mir besser, und ich esse etwas. Lecker Käsestulle und Tee. Ich verzichte darauf, Schampus zu bestellen. Ich bin immer noch etwas blass, aber es wird besser.

14:20 Uhr: Tropf sei Dank muss ich auf die Toilette. Meine Freundin kommt diskreterweise als Tropfhalterin mit. Beim Aufstehen spüre ich erstmals Schmerzen in meinen Beinen. Meine Vermutungen gehen dahin, dass so ein OP-Tisch nicht gerade bequem ist. Ansonsten tut mir aber nichts weh, was man als positives Zeichen deuten könnte.

15:30 Uhr: Mein Arzt kommt. Er ist jung, sympathisch und fragt mich, ob ich denn schwedisch könne. Dann erklärt er mir die Details. Wenn alles gut geht, ist die Sache in 2 Wochen vorbei. Da die Wunde sauber ist, konnte sie nämlich genäht werden, was den Prozess beschleunigt. Allerdings muss die Wunde trocken bleiben – ansonsten müssen die Fäden raus.

15:50 Uhr: Die Kanüle wird abgezogen. Ich verlasse das Krankenhaus. Eine begeisterte Menschenmenge erwartet mich am Ausgang. Ich fühle mich sehr fit, beschließe aber, heute nicht mehr joggen zu gehen.

16:30 Uhr: Ich bin zuhause. Beherzt sinke ich in einen Stuhl. Entweder habe ich wirklich keine Schmerzen oder die Drogen wirken noch hervorragend.

23:30 Uhr: Ich gehe zu Bett.

Mittwochmorgen, 7:00 Uhr: Ich stehe auf. Mir tut alles weh, vor allem der Nacken. Der OP-Tisch muss meinen Knochen doch mehr angetan haben, als ich zunächst vermutete. Auf der Toilette sehe ich plötzlich Blut. Es tropft auch noch etwas weiter und beunruhigt mich, denn sollte es so bleiben, würde mir die fadenlose Heilung blühen, die erheblich länger dauert.

10:00 Uhr: Ich gehe zu meinem Hausarzt. Zwar wurde es mir nicht ausdrücklich angeraten, aber ich lasse lieber dort den Pflasterwechsel machen, denn nach 4 Monaten Wartezeit gehe ich keine Risiken mehr ein. Ich warte eine geschlagene Stunde im Stehen. Wir beschließen, noch einen Tag abzuwarten.

16:00 Uhr: Ich schlafe. Den ganzen Tag über fühle ich mich schlapp.

Donnerstagmorgen, 7:00 Uhr: Die Nackenschmerzen sind besser. Dafür tut mein Hintern weh. Eine Hose mit Gürtel tragen ist unangenehm bis schmerzhaft. Sitzen geht auch nur mit Einschränkungen. Schuhe binden ist nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich.

10:30 Uhr: Beim Hausarzt ist leider nicht eindeutig feststellbar, wieviel Flüssigkeit aus der Wunde kommt. Ich war nämlich zuvor duschen, und der Verband hat sich bis oben hin vollgesogen. Die untere Wunde sieht sehr gut aus, aber die obere ist leicht gerötet. Man gibt mir lustige Damenbinden mit für eventuellen weiteren Ausfluss. Es ist bemerkenswert, wie weit die Peinlichkeitsschwelle ansteigt, wenn man einmal vier Monate lang eine Fistel am Hintern hat (dieser Beitrag ist der Beweis).

Freitag:
Sitzen ist immer noch schwierig, aber zumindest der Verband kann auf ein wasserdichtes Pflaster reduziert werden. Ich gehe trotzdem wie ein alter Mann und sitze in seltsamen Verrenkungen. Wenn es zwischenzeitlich gar nicht geht, muss die liebe Pharmaindustrie etwas nachhelfen. Insgesamt bin ich aber recht zufrieden und zuversichtlich, dass ich in zwei bis drei Wochen meine Fäden los bin und damit letztendlich auch dieses unsägliche Problem…

Doctor, Doctor, give me the news…

*Plopp* machte es, und mein linkes Ohr war zugefallen. Das war vor rund 10 Tagen.

Am Freitag dann wieder *Plopp* – mit etwas Beunruhigung beschloss, ich am Wochenende, dass es Zeit wäre, zum Doktor zu gehen. Eine Herausforderung für ganz harte, wie sich herausstellen konnte – nicht die potenzielle Krankheit, sondern der Arztbesuch.

In Schweden gibt es keine freie Arztwahl in dem Sinne wie in Deutschland. Es gibt sogenannte Vårdcentralen, die wie früher in der DDR eine zentrale Anlaufstelle sind. Es gab auch eine für mich, denn ich bin hier ja superoffiziell registriert. Nicht nur das, genaugenommen bin ich derzeit dreifach versichert: einmal hier beim Staat, einmal in Deutschland beim Staat, und einmal hier bei einer privaten Versicherung. Da kann eigentlich nichts schiefgehen beim Doktor.

Versuch 1: Weil mir am nähesten gelegen und auch am besten zu erreichen, fahre ich nach Mörby Centrum, wo gleich im Gebäude auch die Vårdcentralen ist. An der Rezeption sitzt eine Dame, die auch als Exorzist arbeiten könnte. Sie teilt mir schroff mit, dass ich in Danderyd wohnen muss, um dort behandelt werden zu können. Stockholm selbst ist nämlich eigentlich recht klein – die umgebenden Orte sind alle eigenständig, gehören aber zu Stockholms Län, einer Art größeren Landkreises. Administrativ wohne ich also am äußersten nördlichen Ende von Stockholm.

Versuch 2: Also bin ich zur Gärdet Vårdcentralen gegangen, etwas südlich von hier und hoffentlich die richtige. Nach etwas Herumirren habe ich es auch tatsächlich gefunden – sehr einladend untergebracht in einem Altersheim. Aber Fehlanzeige: nicht zuständig für mein Wohngebiet. Man kann nach einigem Hin und Her konnte man mir sagen, wohin ich muss.
Versuch 3: Narvavägens Husläkare sind die Hausärzte meiner Wahl. Ich habe einen Termin für heute bekommen – großartig.

In der Zwischenzeit fand ich heraus, dass meine Symptome hervorragend zu einem Hörsturz passen würden. Ich war ziemlich beunruhigt – Leute treten von Parteivorsitzen zurück deswegen.

Heute die Entwarnung – wohl eher nur eine Schwellung infolge einer Erkältung oder so. Da bin ich ja froh.

Frelich weniger froh bin ich über die Vorgänge in meiner Partei – aber das ist eine Geschichte für das nächste Mal.