Die kleine nordkoreanische Presseschau

Die offizielle Nachrichtenagentur Nordkoreas, die KCNA, hat in den letzten Tagen mehr Aufmerksamkeit erfahren als wohl jemals zuvor in ihrer Geschichte. Wenn man einen Blick auf deren Nachrichten wirft, weiss man auch, warum.

Die nördliche Hälfte der koreanischen Halbinsel ist Niemandsland. Die Nacht ist dort noch richtig dunkel, wie man auf Satellitenbildern sehen kann, denn in Nordkorea gibt es nachts keinen Strom. Auch tagsüber gibt es nicht immer welchen. Das ist aber auch schon ein beträchtlicher Teil davon, was man wirklich über dieses seltsame Land weiss, das in den letzten Tagen die ganze Welt mit seinem Atombombentest in Aufruhr versetzte. Die Informationskanäle nach Nordkorea sind nämlich dünn, um nicht zu sagen kaum vorhanden. Touristen dürfen sich nur überwacht bewegen, Journalisten können nicht frei arbeiten, wodurch das Land auch souverän seit langer Zeit den letzten Platz der Weltrangliste von „Reporter ohne Grenzen“ belegt. Mobiltelefone wurden nach weniger als zwei Jahren wieder eingezogen. Praktisch jedes Land der Welt hat mittlerweile zumindest einen rudimentären Internetzugang, Nordkorea nicht. Es herrscht die nahezu totale Abschottung jeglicher Information, was die wildesten Spekulationen ermöglicht und die Grenzen zwischen Wahrheit und Fiktion verschwimmen lässt.

Es gibt aber Ausnahmen – um genauer zu sein, zwei. Zum Einen die staatliche Nachrichtenagentur KCNA, zum anderen das ominöse Blatt „Pyongyang Chronicles“. Weitere aktuellen Quellen sind rar. Trotz meiner mittlerweile monatelangen Beschäftigung mit dem Phänomen Nordkorea konnte ich jedenfalls keine finden.

Die KCNA spuckt jeden Tag – mit Ausnahme von Sonntag – rund ein Dutzend Meldungen aus. Natürlich geht es darin um Korea. Man könnte nun meinen, dass man hierüber Fakten über die Vorgänge in Nordkorea erfährt oder zumindest die Verlautbarungen der nordkoreanischen Regierung erfahren kann. Dem ist aber nicht so. Die Nachrichten sind weder aktuell noch geben sie irgendwelche nennenswerten Informationen. Gelogen wird dabei kaum, aber agitiert.

Als am 3. Oktober die Nachricht um die Welt ging, dass Nordkorea einen Atomtest plane, fand sich beispielsweise diese Meldung, die um ein Vielfaches umfangreicher ist als die über den Atomtest selbst. Umso erstaunlicher ist dabei, dass der Atomtest in ersterer Meldung nur in einem Satz erwähnt wird.
Es scheint, als könne man an der Zahl der antiamerikanischen und antijapanischen Meldungen den Stand der Dinge abschätzen. Vor einem Monat war noch business as usual. Kim Jong Il bekam Blumenkörbe und Grussbotschafte bzw. versandte sie. Ein Dauerbrenner in den KCNA-Nachrichten sind nämlich die Jahrestage Nordkoreas. Irgendetwas oder irgendjemand hat nämlich immer gerade Jahrestag – wenn nicht Kim Jong Il oder Kim Il Sung Geburtstag haben, dann Nordkorea oder die Arbeiterpartei. Diese Tage werden auch auf 2 Wochen ausgedehnt, so dass es genügend Gelegenheiten gibt, jeden Tag über Blumenkörbe zu berichten. Ein weiteres Highlight sind natürlich die Ankünfte von Delegationen in Nordkorea, oder deren Geschenke an Kim Jong Il. Wenn dessen Bücher dann irgendwo veröffentlicht werden, ist das auch eine Nachricht wert.
Dass in einem Land von 20 Millionen auch einmal eine Fabrik eröffnet oder eine Strasse gebaut wird, kommt in den Nachrichten nicht vor. Weder erfährt man über interne Politik noch über Statistiken.

Pyongyang Chronicles hingegen ist ein Medium ganz anderen Schlages. Diese vermeintliche Hauptstädter-Zeitung berichtet in erstaunlich gutem Englisch, bemerkenswert aktuell – und lügt, dass sich die Balken biegen.

Dass man nicht übermässige Neutralität erwarten kann, kann man schon an der durchlaufenden Schrift „Long Live the Great Leader!“ erkennen.

Dort erfährt man Bemerkenswertes. Wer weiss z.B. schon, dass im Dezember Präsidentenwahlen in Nordkorea sind. Das ist umso erstaunlicher, als dass es eigentlich keinen Präsidenten mehr gibt, weil Kim Il Sung diesen Posten als „Ewiger Präsident“ inne hat. Natürlich muss es aber ein lebendes Staatsoberhaupt geben, und das wird anscheinend gewählt. Ein Umfrageergebnis gibt es auch schon:

Kim Jong Il – Korean Workers‘ Party – 70.33%
Kim Yong Dae – Social Democratic Party of Korea – 22.69%
Lee Jung-Mi – Green Party of Korea – 5.07%
Ryu Mi Yong – Chondoist Chongu Party – 1.83%

Bei dem komfortablen Vorsprung bräuchte Kim Jong Il ja kaum Wahlkampf machen. Tut er aber:

Unser lieber General Kim Jong Il zeigt wieder einmal seinen Einsatz für das koreanische Volk, während er Wahlkampf für seine Wiederwahl im Dezember macht. Er wurde wieder einmal bei einem öffentlichen Auftritt gesehen, dieses Mal beim Fahren in der vielgenutzten U-Bahn von Pjöngjang. Die Bürger waren sowohl geschockt als auch beeindruckt, dass sie zusammen mit dem grossen Führer des Landes in der U-Bahn fuhren. […] Er verbrachte mehr als eine Stunde damit, mit den Bürgern mitzufahren […] Der Trip wurde sogar noch interessanter, […] was dazu führte, dass viele Bürger um ihn scharten, um die natürliche Luft seiner Grösse einzuatmen. […] Trotzdem wird erwartet, dass sein sozialdemokratischer Gegner, Ryu Mi Yong, unserem lieben General beim Rennen um die Führung einen harten Kampf bescheren wird.

Nachdem er also mächtig eine Stunde lang Wahlkampf betrieben hat, ist der Fall natürlich sonnenklar. Sicherheitshalber wird die Konkurrenz aber gleich noch diffamiert. Wenn das eine Parteizeitung wäre, könnte man einen Teil des Textes sogar noch rechtfertigen. Dass in Nordkorea aber kein echter Wahlkampf stattfindet, merkt man schon beim Lesen.

Übrigens: Kim Jong Il, der begehrteste Witwer der Welt, ist vergeben. Seine Neue heisst Eun-Hye Yoo, ist schätzungsweise 40 Jahre jünger als er und Professorin an der Kim-Il-Sung-Universität. Die Meldung ist wohl das nordkoreanische Äquivalent zu den Eskapaden Paris Hiltons.

Trotzdem hat Kim aber noch etwas Zeit, seine eigene Fernsehshow „Dancing with Kim Jong Il“ zu machen.

Richtig dreist werden die Meldungen aber, wenn es um das Ausland geht. Allen voran dieser Artikel über den tragischen Flugzeugunfall von Baseballstar Cory Lidle:

Imperialisten töten mehr Koreaner und Zivilisten für Propaganda

Cory Lidle war bei Pitcher beim Baseballteam der New York Yankees – wie auch ein engagiertes Mitglied der kommunistischen Partei, bis er von den amerikanischen Imperialisten gezwungen wurde, ein fanatischer Faschist gegen seinen eigenen Willen zu werden

Die amerikanische Imperialistenregierung hat eine neue kranke Tat im Namen der Propaganda begangen – dieses Mal durch den Angriff auf Zivilisten in einem Wohngebäude.

Gestern früh flog eine kleine Passagiermaschine in ein Wohngebäude und tötete über 50 Zivilisten. Unter diesen Zivilisten waren drei koreanischen Familien, die lange gegen ihren eigenen Willen in Amerika festgehalten wurden. In einem Land, wo der Durchschnittslohn lediglich 17.000 Won im Monat (ungefähr 100 US-Dollar) beträgt, waren diese koreanischen Familien dazu gezwungen, für noch weniger zu arbeiten und mussten elektronische Fesseln tragen, damit ihre Bewegungen jederzeit festgehalten werden konnten, falls sie beschliessen sollten, in ihr Heimatland zu fliehen.

Das muss man eigentlich nicht weiter kommentieren…

Alarm, Alarm

Bei den Ereignissen heute muss natürlich auch noch ein ernsthafter Kommentar zu Nordkorea her. Das Land ist neuerdings mein Lieblingsthema und steht ganz oben auf meiner Wunschurlaubsliste – nach den heutigen Ereignissen fragt sich allerdings, wie lange noch.

Wie immer bei Nordkorea weiss man nicht, was wahr ist und was Dichtung. Fest steht aber, dass dieses Mal etwas passiert ist. Ich sitze hier ja nahe an der Quelle, wenn man so will. FOI, meine Diplomarbeitsstelle, wird zwar nicht mittels der Detektoren, mit denen ich auch zu tun habe, feststellen können, dass etwas passiert ist, aber die seismische Messstelle Hagfors hat etwas gemessen:

FOI kann bestätigen, dass am 9. Oktober 2006 eine Sprengung mit einer Stärke von ungefähr einer Kilotonne in Nordkorea stattgefunden hat. Seismische Daten, unter anderem von der Station in Hagfors, registrierten eine Sprenungn um 1:35:28 GMT (3:35:27 MESZ). Die Stärke war ungefähr 4 auf der Richterskala […]
Die Explosionsstärke von einer oder wenigen Kilotonnen ist bemerkenswert niedrig für eine erste Probesprengung einer plutoniumbasierten Implosionsladung. Die typische Stärke för eine Ladung der ersten Generation ist eher in der Grössenordnung von einigen 10 Kilotonnen. Ein nordkoreanischer Atomtest mit der Stärke einer Kilotonne kann aber nicht von vorne herein als fehlgeschlagen angesehen werden.

Meine Chefin ist auf der Seite als Kontakt angegeben und hat daher auch viel zu tun heute.

Mein persönliche Einschätzung ist zwar, dass sich nicht allzu viel ändern wird, ausser dass Nordkorea nun auch seine letzten Freund endgültig verlieren wird und damit noch mehr in die Isolation gehen wird als sowieso schon. Eine einfache Lösung für diesen Konflikt wird es ohnehin nicht geben. Es bleibt abzuwarten, was der Sicherheitsrat heute beschliesst. Allerdings sind die Folgen für die Nordkoreaner fatal, die weiterhin im Glauben gehalten werden, die USA würden sie in Kürze angreifen – die Amerikaner sind neben den Japanern nämlich in der nordkoreanischen Propaganda Sündenbock für alles und jeden. Die zaghafte Öffnung des Landes vor einigen Jahren ist in jedem Fall zum Stillstand gekommen, denn die Sonderwirtschaftszonen nach chinesischem Vorbild zum Aufbau der Wirtschaft werden bei der derzeitigen Situation keine Investoren anlocken. Sollte es zu einer neuerlichen Hungersnot kommen, würde dies massiv Menschenleben kosten, weil das keinerlei Reserven für solche Fälle hat.
Propagandistisch hat es Nordkorea allerdings in einer Hinsicht etwas gebracht: die staatliche Nachrichtenagentur KCNA dürfte bis vor kurzem bei den meisten Redaktionen der westlichen Welt eher als Realsatire gegolten haben. Das wird sich nun zumindest vorübergehend ändern.

Update: Wer sich nicht so recht vorstellen kann sicher ist, ob man denn vor Nordkoreanern Angst haben muss:

Manfred Schneider KPA-Vorsitzender
Manfred Schneider – Vorsitzender der „Korean Friendship Association in Deutschland“

Media Markt Sverige 6




Media Markt Sverige

Originally uploaded by HansBaer.

Um die Serie abzuschliessen, hier das letzte Bild. Ich denke, es ist selbsterklärend.

Ein Plakatmotiv – das mit den blonden weiblichen Fussballfans – habe ich leider verpasst. Auf der anderen Seite möchte ich nicht noch mehr Werbung für eine Ladenkette machen, die ich persönlich alles andere als schätze.

(Wenig) Neues

Eigentlich sollte an dieser Stelle ein überragender Erlebnisbericht von meinen ersten Schwimmversuchen stehen, aber ich habe bisher noch nicht recht die Muse dazu gefunden.

Die Schwimmerei ist Teil meines Masterplans zur Erlangung überragender Fitness in diesem Winter. Außerdem will ich noch Saunagänge, mittellange Läufe (5-15 km) und etwas Fitnessstudio (es gibt eines hier im Lappis) einbauen.

Apropos Lauf: der Staffellauf mit den Genossen war recht erfolgreich. Zwar waren wir mit 2:08 Stunden natürlich viel langsamer als letztes Jahr, waren aber immerhin die zweitschnellste Sozi-Staffel – von drei, nur damit da keine falschen Rückschlüsse aufkommen.

Der Wahlkampf geht in die Endphase. Leijongate ist fast vergessen und andere dicke Skandale zeichnen sich auch nicht ab. Stattdessen wird mir mehr und mehr einer der Hauptgründe klar, warum die Regierungsmehrheit gefährdet scheint: Göran Persson. In den Beliebtheitsumfragen ist Persson nicht einmal unter den Top 5, weshalb es auch nicht verwundert, dass man bei den Sozis erst seit kurzem Personen auf den Wahlplakaten zeigt, und dann auch nur mit Ministern zusammen. Eine auf Persson zugeschnittene Kampagne brächte keine Vorteile. Nach 12 Jahren Persson haben die Leute keine rechte Lust mehr auf ihn, und das zeigt sich wohl oder übel auch beim Wahlverhalten. Meine Genossen sagen zwar, dass es vor vier Jahren genauso aussah und dann doch noch ein klarer Sieg herauskam. Aber damals hatte man noch Anna Lindh, eine Lichtgestalt und Ministerpräsidentin in spe. Die letzten Wahlduelle liefen trotzdem ganz gut für uns, wenn auch der Vorstoß Perssons Richtung Volkspartei und Zentrumspartei eher als unbeholfener Versuch gewertet wurde, sich an der Macht festzuklammern. Die beiden Parteien lehnten das natürlich prompt ab – ob das nur Wahlkampftaktik ist, wird sich nur dann zeigen, wenn der Sonntag sehr überraschend verläuft. Ansonsten heißt es Persson gegen Reinfeldt, links gegen bürgerlich, rot gegen blau. Und am Sonntagabend wissen wir mehr.

Rechtsradikale muss man hier glücklicherweise wenig fürchten. Die Sverigedemokraterna, auf den ersten Blick zumindest ein rechtspopulistischer Haufen im Stile der Republikaner, liegen zwar unter 4%, könnten aber wohl durch ein paar unglückliche Konstellationen mit einem Abgeordneten einziehen – das ist aber recht unwahrscheinlich. Sehr schön übrigens dieser Bericht. Wie man in die Parlamente reinkommt, haben die Nazis offenbar mittlerweile gelernt. Wie man aber auch wirklich was erreicht, nicht. Nach Muster 1933 kann es nicht funktionieren – seien wir froh drum.

Und nun zu etwas völlig Anderem: Meine unglaubliche Radiokarriere geht weiter. Heute abend moderiere ich ab 21 Uhr die Studentradio Top 20 – also die Charts der schwedischen Studentenradios. Zugegebenermaßen nicht übermäßig anspruchsvoll, aber eine neue Spielweise mit Potenzial.
Wer reinhören will: die Webseite von THSRadio.

Konsequent sind sie ja…

nur wie die Redakteure bei der Stockholmer U-Bahn-Zeitung Stockholm City in ihrer WM-Beilage auf die Schreibweise gekommen sind, ist mir schleierhaft.

Auf alberne Obstwitze verzichte ich jetzt mal.

Ein Kollege bei DASDING hat angefragt, ob ich nicht ein paar böse schwedische Fußballsprüche kenne. Leider ist bei meiner Recherche nichts herausgekommen. Die Schweden sind zuversichtlich, aber schlagen werden wir sie trotzdem 🙂

Am Wochenende wird meine Superstarkarriere einen ungeahnten Schub erhalten. Weil ich eventuell sogar gleich zweimal von Fritz, dem Jugendsender des RBB, interviewt werden werde – und zwar live. Ich befürchte Schlimmes…