Mehr im Geldbeutel – was die Regierung so plant

Nach dem gestrigen Beitrag sollte man vielleicht noch erklären, was die Regierung genau vorhat. Schweden kommt ziemlich gut aus der Krise, und das will die Regierung gleich zu weiteren Steuersenkungen nutzen.

Eine Reihe Reformen wurde gerade auf den Weg gebracht:

  1. Weitere Senkung der Einkommenssteuer: Nachdem die Regierung schon in der vorigen Legislaturperiode die Steuern gesenkt hat, will sie das wieder tun. Soweit ich das verstehe, funktioniert das so, dass je nach Bruttoeinkommen ein Teil des Einkommens als eine Art Grundfreibetrag abgezogen wird. Dieser Teil soll nun nochmals erhöht werden. Genaueres kann man hier berechnen lassen.
  2. Die Grenze zur staatlichen Einkommenssteuer wird erhöht: im schwedischen Steuersystem wird abzüglich der erwähnten Freibeträge alles Einkommen einer Steuer unterworfen, die an die Kommunen und die Provinzen geht. Erst ab einer gewissen Grenze wird das darüber hinausgehende Einkommen mit eine Steuer belegt, die an den Gesamtstaat geht. Diese Grenze soll nun angehoben werden.
  3. Für im Ausland Wohnende wird die Steuer gesenkt: wer sich weniger als das halbe Jahr in Schweden aufhält, unterliegt einer anderen Besteuerung. Dies soll nun auch gesenkt werden.
  4. Absenkung der Mehrwertsteuer für Catering- und Restaurantdienste
  5. Steuersenkung für Pensionäre: diese profitieren nicht von den oben erwähnten Steuersenkungen und erhalten getrennt eine Senkung.
  6. Mehr Geld an die Justiz
  7. Weiterhin gesenkter „Vorteilswert“ für umweltfreundliche Autos (bis 2013): besonders umweltfreundliche Autos werden in einigen Bereichen steuerlich besser gestellt. Der „Vorteilswert“ (Förmånsvärde) betrifft Dienstwagen. Da die Bereitstellung eines solchen einen geldwerten Vorteil darstellt, wird der Wagen berechnet wie eine Art zusätzliches Einkommen, das dann zu versteuern ist. Der „Vorteilswert“ gibt die Höhe dieses zusätzlichen Einkommens an. Durch den gesenkten Vorteilswert ist es also steuersparend, einen solchen Dienstwagen zu haben anstatt eines weniger umweltfreundlichen Modells.
  8. Absetzbarkeit von Spenden an gemeinnützige Organisationen: bisher kann man spenden, soviel man will – steuerlich macht es keinen Unterschied.
  9. Steuern auf Alkohol und Tabak werden erhöht: die einzige Steuererhöhung, die mir bislang untergekommen ist. Zigaretten wird 10% höher besteuert, Snus 13%, Wein und Bier 12,7% sowie Spirituosen mit 5%.

Am meisten Wellen schlägt freilich die zuerst genannte Steuersenkung für Arbeitnehmer – daher auch der gestrige Beitrag. Von linker Seite wird kritisiert, dass diese Steueränderungen die Reichen begünstigen. Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen.

Geschönte Zahlen

Das Finanzministerium führt nämlich in seinen Berechnungen auf, dass eine Pflegehelferin mit 23.200 kr Bruttoeinkommen im Monat um ganze 189 kr Steuern erleichtert wird. Klingt gut, aber der Haken ist: man muss erstmal eine Pflegehelferin finden, die derart viel verdient, um ihr die frohe Botschaft mitzuteilen. Schon 20.000 kr im Monat sind für diesen Job ziemlich ambitioniert. Auch die Krankenschwester mit 28.800 kr ist die absolute Ausnahme. Allgemein hat die Regierung also die Zahlen etwas aufgehübscht, um die Steuersenkungen größer aussehen zu lassen.

Ich bin allgemein sehr skeptisch gegenüber diesen Änderungen. Zwar entlasten sie den Bürger, aber wie ich gestern dargelegt habe, darf durchaus bezweifelt werden, dass dies zur Verbesserung der finanziellen Situation der Haushalte beiträgt. Es dürfte in erster Linie den Konsum ankurbeln.

Verkomplizierung des Steuersystems

Besonders kritisch sehe ich es in der Hinsicht, dass die Stärke des schwedischen Steuersystems die Einfachheit ist. Mit zusätzlichen Detaillösungen und Korrekturen wird es komplizierter – und wie das deutsche System eindrücklich zeigt, haben solche Verschiebungen oftmals kaum positive Effekte, machen das System aber weniger gerecht und erhöhen den bürokratischen Aufwand.

Ich frage mich auch, ob man damit nicht den Kommunen das Leben schwermacht. Die Einkommenssteuer geht schließlich größtenteils an die Kommunen, und mit einem weiteren Freibetrag sinkt das Steueraufkommen in diesem Bereich.

Mehrwertsteuersenkung für Restaurants: Unfug

Ziemlich ärgerlich finde ich die Mehrwertsteuersenkung für Restaurants und Catering.

Ich bin der Meinung, dass jegliche Mehrwertsteuerausnahmen nicht sinnvoll sind. Sie werden vom Verbraucher nicht wahrgenommen, weil sie in der allgemeinen Preisentwicklung untergehen – der Markt ist viel schneller als die Steuergesetzgebung, und jede Steuersenkung ist bald kaum noch wahrnehmbar. Will man sie abschaffen, ist das fast nicht mehr möglich, weil die betroffenen Gruppen aufschreien.

Das gilt insbesondere in diesem Fall. In Frankreich hat vor knapp zwei Jahren die Mehrwertsteuer in Restaurants massiv von 19,6% auf 5,5% gesenkt. Dort wurde das heftig diskutiert, weil man zurecht befürchtete, die Restaurants würden einfach ihre Gewinnmarge erhöhen. Man verpflichtete die Restaurants zu Preissenkungen, und dies wird bis heute auf vielen Speisekarten dem Gast präsentiert.

Genau dies wird in Schweden angesichts der geringen Aufmerksamkeit kaum passieren. Ich gehe davon aus, dass schon wenige Monate nach der Steuersenkung die Preise wieder das vorige Niveau erreicht haben werden. Es landet dann nicht mehr im Steuersäckel sondern irgendwo anders – vermutlich nicht in den Lohntüten der Arbeitnehmer.

Steuerbefreiung von Spenden

Auch für die Steuerbefreiung von Spenden kann ich nicht viel erübrigen. Mir kommt gerade dies in Deutschland immer als eine Art Schattenwirtschaft vor, bei dem die Gelder hin- und hergeschoben werden, wobei vollkommen unklar ist, wieviel das Ganze der Allgemeinheit wirklich bringt. Haben denn gemeinnützige Organisationen in Schweden Finanzprobleme? Das Thema scheint vom heiteren Himmel zu fallen.

Hätte man besser verwenden können

Ich hätte es wieder einmal begrüßt, wenn man zuerst geschaut hätte, was man mit den Überschüssen so alles machen kann, anstatt sie sofort in Kanäle zu leiten, die vermutlich keinen großen Nutzen erbringen werden.

Eigentlich hätte man erwarten müssen, dass die Regierung diese Änderungen erst kurz vor der nächsten Wahl macht, um Popularität zu gewinnen. Vielleicht will sie aber ihre Stammklientel beglücken, wie sie es schon vor vier Jahren machte. Restaurantbesuche, Dienstwagen und hohe Einkommenssteuer betreffen vor allem die Reichen. Man darf gespannt sein, welche Bonbons sie zum Ende der Legislaturperiode verteilen wollen.

Wohnungskatastrophe reloaded

Wie ich kürzlich in meinem Auswandererguide beschrieben habe, ist der schwedische Mietmarkt alles andere als unkompliziert. Aus meiner Sicht ist er zudem auch wenig effizient organisiert und bräuchte dringend eine grundlegende Reform.

Etwas dieser Art hat auch die bürgerliche Regierung vor. Bei Untervermietungen gibt es bislang enge Grenzen, was erlaubt ist. Diese werden zwar allzugerne überschritten, aber Abzocke ist nur bedingt möglich, weil der Untermieter und Vermieter (also der offizielle Bewohner der Wohnung) als Partners in Crime im gleichen Boot sitzen – der Untermieter kann den Vermieter auch auffliegen lassen, wenn es ihm zu bunt wird, was für letzteren dann mit dem Verlust der Wohnung enden kann. Offiziell darf der Zuschlag also allenfalls 10% bis 15% betragen, der üblicherweise als Mietgebühr für die Möbel erhoben wird.

Nun kommt die Regierung also mit ihrer Schnapsidee der Woche: man will diese Einschränkungen wegnehmen und Steuererleichterungen, um den Zugang zu Wohnungen zu erleichtern. Die von der Regierung beauftraget Christina Jacobsson wird im Oktober dazu Vorschläge machen.

Mir klingt das nach dem endgültigen Super-GAU für den hiesigen Wohnungsmarkt. Denn das Problem ist ja nach wie vor, dass es nicht genügend Mietwohnungen gibt. Es werden auch nicht mehr werden, wenn man die Preispolitik ändert. Stattdessen liefern sich alle qualifizierten Mieter einen Wettlauf, um nicht zu sagen eine Auktion. Die Preise werden also an die Decke gehen, und da die Untervermietung ohnehin oft vertragswidrig ist, wird der Untermieter weiter entrechtet.

Meines Erachtens liegt hier auch der Knackpunkt. Entweder lässt man sich auf einen Knebelvertrag ein oder man hat eben Pech gehabt.

Die Absurdität des Marktes bleibt aber bestehen. Wenn man eine Wohnung kauft und sie dann nicht vermieten darf, ist es kein Wunder, dass dies oft an Hauseigentümer und Steuern vorbei geschieht. Um den Markt zu verbessern, müssten zum Ersten mehr Wohnungen gebaut werden und zum Zweiten Vermietungen erleichtert werden – dann kann man auch die Regelungen zur Miete lockern.

Erfahrungsgemäß setzt die Regierung aber jede ihrer halbgaren Ideen auch sofort um. Hoffnungen, dass dieser Wohnungsmarkt irgendwann mal der einer normalen deutschen Großstadt entspricht, sind also wohl weitgehend vergebens.

Euroisiert

Euro - sxc.hu

Meine Freunde kennen mich als großen Fan der EU und des Euro. Umso betrüblicher ist es für mich, dass mein Wohnland sich so zurückhaltend in Sachen EU verhält. Bei den Schweden geht es immer ums Prinzip, und bei einem Bürokratiemonster mit oft nicht mehr wirklich durchschaubaren Strukturen, wie es die EU heutzutage ist, halten sie lieber Abstand.

Es ist dennoch erstaunlich, dass sich in der letzten Zeit das Thema Euro hierzulande wieder mehr zu bewegen scheint. Die bürgerliche Koalition nähert sich nämlich langsam dem Thema an: die Zentrumspartei, bei der Volksabstimmung 2003 noch klar ablehnend gegenüber dem Euro, ließ durchblicken, dass man zumindest über eine Kursänderung nachdenken könnte. Aus der liberalen Volkspartei kamen kürzlich sogar Vorschläge, man könne schon 2010 wieder eine Volksabstimmung durchführen.

Kurz zu den Fakten: der Euro geht bekanntermaßen auf den Vertrag von Maastricht aus dem Jahr 1992 zurück. Alle Länder, die danach der EU beigetreten sind, haben damit gleichzeitig die Einführung zugesichert. Die Länder, die vorher schon Mitglied waren, haben ein Ausstiegsricht (sogenanntes Opt-Out). Da Schweden erst seit 1995 in der EU ist, muss der Euro also eigentlich eingeführt werden. Man behilft sich allerdings mit einem Trick: für die Euro-Einführung muss die eigene Währung erst einmal 2 Jahre lang im sogenannten Wechselkursmechanismus II (WKM II) fest an den Euro gekoppelt werden. Die Älteren werden sich erinnern: ein Euro war mal 1,95583 DM. Schweden geht aber nicht in den WKM II und kann somit den Euro nicht einführen. Eine Volksabstimmung im Jahr 2003 brachte eine Ablehnung von 56% – das nächste Mal wollte man eigentlich erst 2013 abstimmen lassen. Die schwedische Währung bewegt sich also nach wie vor frei, wobei man natürlich versucht, allzu große Schwankungen zu vermeiden. Normalerweise pendelt die Krone irgendwo um 9,20 kr pro Euro, momentan ist sie aber bei fast 9,40 kr pro Euro, was sich auf den Import durchaus auswirken dürfte.

Die Reichsbank hat reagiert und den Zinssatz von 3,25 % auf 3,5 % angehoben. Der Markt reagierte nicht sonderlich begeistert darauf. Da ich kein Wirtschaftsexperte bin, kann ich hierzu kaum qualifizierte Kommentare abgeben. Manchmal frage ich mich allerdings, ob Schweden mit dem „Euro light“, wie ihn die Dänen haben, nicht besser fahren würde. Dort hat man die Währung früher an die D-Mark und heute an den Euro gekoppelt. Die Währung hängt also fest am europäischen Markt – und sollte man sich irgendwann doch zur Einführung des Euro-Bargelds entscheiden, könnte man das schneller machen als hier in Schweden. Das einzige, was dagegen spricht, ist der Druck der EU, wenn man die Konvergenzkriterien alle erfüllen sollte und trotzdem den Euro nicht einführt.

Gestern ging übrigens diese Meldung herum: 54% der Schweden sind laut der Umfrage gegen den Euro. Das bemerkenswerte daran ist, dass 2007 sicher nicht als Jahr der Euro-Euphorie in die Geschichte eingehen wird und dennoch 26% der Befragten nicht wussten, ob sie dafür oder dagegen sind. Wenn man dieser fragwürdigen Stichprobe glaubt, dann hat man einen erheblichen Anteil der Bevölkerung, die sich noch vom Euro überzeugen lassen würden. Sollten wieder bessere Zeiten für die EU kommen, wird auch die Mehrheit dagegen etwas abschmelzen. Ob es aber für eine Mehrheit dafür reichen wird, steht noch in den Sternen. Zweifel an einem neuen Referendum gibt es jedenfalls genügend. Ich bin der Ansicht, dass sich in zwei bis drei Jahren aber auch einiges verändern kann.

Meine größte Hoffnung ist, dass die baltischen Länder den Ausschlag geben werden. Wenn diese auch den Euro einführen, vereinsamt Schweden langsam aber sicher als Ostseeanrainer ohne Euro-Anbindung.

Media Markt (2)




Media Markt 2 (Drottningholm)

Originally uploaded by HansBaer.

Eines muss man dem Media Markt lassen: die Kampagne ist mal wieder gut.

Dieses Motiv überschreibt Schloss Drottningholm, dem Wohnsitz der königlichen Familie, mit „Danke Schweden, dass ihr unserer Olympiahostess ein so schönes Heim gegeben habt. Nun wird Stockholm das Heim für superniedrige Preise“.
Mehr in den nächsten Tagen.

Derweil ist Schweden von ganz anderen Dingen eingenommen. In Göteborg ist zum zweiten Mal innerhalb von zwei Tagen ein Auto explodiert. Gestern war es eine Handgranate – was es heute war, weiss man noch nicht.

Die neue Regierung fängt schon an, sich zu zanken, bevor sie überhaupt zustande gekommen ist. Während die Zentrumspartei und die Volkspartei, welche schon im Wahlkampf teilweise Gleichstellungsthemen aufgriffen, Frauen und Männer zu gleichen Teilen in der Regierung haben wollen, sind hingegen die Christdemokraten, denen wohl der Abstand zwischen Frau und Herd allgemein zu gross geworden ist, und die Moderaten dagegen. Das wird noch lustig.