Snakes on the road

Ich stehe ja nicht so gerne um 5:30 Uhr auf – aber was tut man nicht alles, um Bus zu fahren. Um 7:30 Uhr dann Fahrstunde. Spektakuläre Ereignisse: eine Schlange mitten auf der Straße am Norrtull, was so zu den meistbefahrensten Straßen der Stadt gehört. Außerdem hupte mich ein LKW-Fahrer an, weil ich mich etwas ungeschickt in einem zweispurigen Kreisverkehr anstellte. Nichtsdestotrotz war es ganz ok, und ich bin auch nur gegen eine Straßenkante gefahren. Meine Fahrlehrerin war zudem nicht so glücklich über meine leichte Spiegelguckfaulheit in Kurven und beim Anfahren. Ich gelobe Besserung.

Dann ging es weiter zur Impfung. Kein billiger Spaß, denn ich war in den letzten Monaten mehrfach dort und bin jetzt gegen FSME, Hepatitis, Polio, Diphterie und Tetanus geimpft. Demnächst kann ich auch fliegen.

Amüsant fand ich diese Geschichte im SPIEGEL. Hier in Schweden gab es nämlich kürzlich ein Skandälchen, dass der Arbeitsminister Sven Otto Littorin einen Master of Business Administration in seinem Lebenslauf stehen hat, der von einer sehr fragwürdigen Hochschule kommt. Littorin beteuerte, dass er da wirklich fernstudiert habe, entfernte den Eintrag im Lebenslauf letztendlich doch, auch weil der Master in Schweden ohnehin nicht anerkannt wäre. Ich frage mich, wieso er sich die Mühe macht – bei den Diploma Makers hätte er für viel weniger Aufwand das gleiche bekommen. Ich würde mir ja auch gerne zum Jux einen falschen Doktor bestellen, aber 199$ ist mir dann doch zuviel. Vielleicht kommt ja irgendein findiger Webdienst auf die Idee, das Diplom gleich zum Download anzubieten. Das macht die Sache bestimmt noch viel billiger.

Der Titel dieses Eintrags ist übrigens eine schlechte Anspielung auf „Snakes on a plane“, was mich wiederum daran erinnert, dass ich gestern abend „United 93“ gesehen habe. Ich kann mich an keinen Film erinnern, der mich so in emotionale Spannung versetzt hat wie dieser – nicht wegen großen Gefühle und Pathos, sondern der Authentizität, mit der die Ereignisse des 11. September 2001 dort dargestellt werden. Sehr empfehlenswert auf alle Fälle.

Restart

Nach 13 Tagen Ruhe hier wird es Zeit für ein kleines Update:

  • Ich habe meine Masterarbeit präsentiert. Es lief ganz gut, fand ich. Ich hatte nur 5 Besucher, aber das war auch zu erwarten. Einer machte sich die ganze Zeit Notizen, und ich erwartete, dass er mich am Schluss in die Pfanne hat. Dem war aber nicht so – es wurde eher ein Nostalgietrip darüber, wie man solche Messungen vor 40 Jahren durchführte.
  • Die Klausuren liefen nicht gut. Same old story.
  • Zwischenzeitlich hatte ich gute Hoffnungen, zusammen mit Anita eine Wohnung zu kriegen. Diese Hoffnung hat sich zerschlagen. Nun beobachten wir etwas den allgemeinen Wohnungsmarkt. Über das irrwitzige schwedische System und Parallelen zwischen Trabis und diesem System in Kürze mehr.
  • Ich habe mittlerweile schon eine Menge Busfahrstunden gehabt. So ein Bus ist schon verdammt lang – 12 Meter, um genau zu sein. Das bedeutet, dass man in Kurven sehr weit ausholen und rechtzeitig gegenlenken muss, damit man nicht gegen die Ecke fährt. Allgemein wirkt die Fahrspur auch sehr klein. Die Regel, dass man in einem Tempo-50-Bereich nach Möglichkeit auch 50 fahren soll, sofern es vertretbar ist, sollte man ignorieren. Tempo 30 in der Stadt geht vollkommen in Ordnung, weil mit Autos am Rand möchte man ungern heizen. Das Ganze läuft mittlerweile ganz gut, aber es müssen nun nur noch wenige Ecken daran glauben, und ich übe nun an dem wohl schwierigsten: Kreisverkehre. Sobald die Sachen einigermaßen im Griff sind, hoffe ich, dass es dann auch bald losgeht.
  • Mittsommer steht vor der Tür. Ab Freitag verbringen die allermeisten Schweden ihre Zeit damit, Schnaps und Milch zu trinken, Erdbeeren zu essen und um eine Art Maibaum herumzutanzen. Ich weiß noch nicht so recht, was ich machen werde. Es ist allerdings gut möglich, dass mir das Wetter die Entscheidung abnimmt. Es ist nämlich Regen angekündigt.
  • Ich habe den längst überfälligen Schritt vollzogen und mich aus Deutschland abgemeldet. Das heißt für mich nun, dass ich meine Erwerbseinkünfte aus Deutschland hier versteuern muss, womit ich sicherlich noch viel Freude haben werde. Der Anlass ist am ehesten, dass in Kürze mein Pass abläuft und ich nicht ewig in zwei Ländern gemeldet bleiben kann – anderen Länderm mag das egal sein, aber das deutsche Melderecht mag das gar nicht.
  • Etwas schade ist nur, dass ich im Herbst bei der Rastatter OB-Wahl nicht mitstimmen kann. Eigentlich betrifft es mich ja nicht mehr direkt, aber nach all den Ausfällen von Klaus-Eckhard Walker in den letzten Jahren hätte ich gerne aktiv abgewählt. Die Rastatter sind auch selbst schuld, wenn sie ihm für all die Geschichten noch einmal das Vertrauen aussprechen würden. Umso schockierter war ich, dass die Parteien anscheinend nicht beabsichtigen, Gegenkandidaten aufzustellen. Der CDU war es letztes Mal immerhin gelungen, mit ihrer recht schwachen Kandidatin Margret Mergen fast den Sieg einzufahre. Dieses Jahr sollte dies mit einem anständigen Kandidaten ein leichtes sein. Zum Glück ist ein Gegenkandidat in Sicht, der Interesse angemeldet hat.
  • Zur anderen Politik: Michael Moores neuer Film „Sicko“ geistert schon herum. Ich habe ihn einmal angeschaut. Es ist natürlich wie immer die gleiche Leier: böse Wirtschaftsbosse in den USA und deren Komplizen aus der Politik sind daran interessiert, ein System am Laufen zu halten, das ihnen selbst am meisten nützt. Das ganze wird gewürzt mit plakativen Einzelbeispielen – eines aus Moores Heimatstadt Flint im Staat Michigan – und etwas Bush-Bashing. Letzteres ist aber erfreulicherweise nur in einer stark abgeschwächten Form vorhanden. Eine Weiterentwicklung im filmischen Bereich ist jedoch kaum zu erkennen. Es wäre schön, wenn Moore auch einmal neue Konzepte ausprobieren würde. Sein Anliegen ist wie jedes Mal nicht abwegig: erhebliche Teile der amerikanischen Bevölkerung haben keine Krankenversicherung. Hinzu kommt, dass die Krankenhäuser auch für kleine Behandlungen Unsummen verlangen und die auf Gewinnmaximierung bedachten Krankenversicherungen gerne jede Leistung zweimal in Frage stellen, bevor sie bezahlt wird. Das muss sich ändern, sagt Moore, aber wie immer legt er keine Alternativkonzepte vor. Immerhin zeigt er Gegenbeispiele – wie in „Bowling for Columbine“ ist das Kanada, wo laut ihm alles besser sein soll. Das zweite Beispiel ist Großbritannien, wo der National Health Service für jeden kostenlos sorgt. Dass die Briten mit der kränkelnden Struktur des NHS massive Probleme haben, erwähnt er freilich nicht. Großbritannien erscheint als das Paradies der Sozialgesetzgebung, was für europäische Standards nur sehr bedingt zutrifft – ich erinnere nur an Rentner, die in ihren Häusern erfrieren, weil sie kein Geld für die Heizung haben. Das dritte Beispiel ist Frankreich, was auch eine volle Salve Lob abbekommt. Auch hier gibt es schöne Sozialparadiesaufnahmen, auf die ghettoartige Bilder aus den USA folgen. Ein paar Bilder aus den Banlieus hätte das Bild durchaus abgerundet. Mit dem vierten und letzten Beispiel hat sich Moore meiner Meinung aber zu weit aus dem Fenster gelehnt: Kuba. Michale Moore hat dafür zwar einen wunderschönen Aufhänger gefunden, aber der Rest des Teils macht ihn zunichte. Er hat nämlich herausgefunden, dass die US-Basis auf Guantanamo Bay – für alle, die es nicht wissen: das liegt auf Kuba und ist von den USA durch einen exzellenten Knebelvertrag bis in alle Ewigkeit gemietet – kostenlose medizinische Versorgung für alle Gefangenen auf hohem Niveau hat. Also charterte er ein Boot und wollte von Florida aus mit Kranken, die sich keinen Arztbesuch leisten können, dorthin fahren. Was daraus wird, ist nicht zu sehen, da es, wie es im Film heißt, durch Vorschriften im Heimatschutzgesetz der USA nicht erlaubt, dies zu zeigen. Man kann es sich denken: die Küstenwache fängt ihn ein, bevor er in kubanische Gewässer fährt. Stattdessen fliegt er wohl mit einigen Kranken nach Kuba und chartert dort wiederum ein Boot. Wenig überraschend erhält er keine Antwort. Und weil er da ja schon einmal in Kuba war, kann man gleich dort schauen, wie es um die Gesundheitsversorgung steht. Eigentlich eine nette Überleitung. Meines Wissens ist das kubanische Gesundheitssystem tatsächlich richtig gut. Mit einer „Es ist ja nicht alles schlecht“-Attitüde kann man aber auch die DDR nachträglich zum Paradies auf Erden machen, was sie erwiesenermaßen nunmal nicht war. Also zeigt er keine Bilder von ärmlichen Verhältnissen, gleichgeschalteter Presse und polizeilicher Repression. Stattdessen fährt er in ein Krankenhaus, wo man die Kranken – schätzungsweise nach kurzer Rücksprache mit dem entsprechenden Ministerium – kostenlos und herzerweichend freundlich behandelt.So täuschen die Computertomographie-Geräte schön darüber hinweg, dass nicht alles in Kuba toll ist. Ausgerechnet den US-Erzfeind Kuba zum netten Diktatürchen zu verniedlichen und die dortige Gesundheitsversorgung anzupreisen, wird sogar die eher liberalen Zuschauer in den USA vergrätzen. Das zeigt leider zu deutlich, was Moores Botschaft ist: wir machen es schlecht, und nahezu alle anderen machen es besser. Kuba als Gegenbeispiel darzustellen zeigt nur zu deutlich, wie oberflächlich Moore in der Sache ist. Hätte er besser mit den Briten abgeschlossen – die stehen den USA in vielen Dingen nahe und könnten ein schönes Gegenmodell abgeben. Dennoch muss ich sagen, dass der Film bei mir besser wegkommt als „Fahrenheit 9/11“. Weniger Pathos, weniger herumheulende Leute, obwohl das Thema und die dahinter liegenden Geschichten nicht sehr erbaulich sind. Moore sollte sich nach diesem Film aber einmal etwas Neues überlegen, denn mit dieser Art Film wird er nicht auf ewig volle Kinosäle haben.
  • Zweiter Film des Tages: „Befreiung“, ein Fünfteiler aus der Sowjetunion, der die zweite Hälfte des Zweiten Weltkriegs darstellt. Neben exzellenten Darstellern für Stalin, Hitler, Churchill und Roosevelt hat er auch eine detailgetreue und dennoch propagandistisch hingebogene Version der Ereignisse zu bieten. So ist Graf von Stauffenberg laut dem Film zwar kein Kommunist, aber hält diese für den Wiederaufbau von Deutschland für notwendig – die in den Mund gelegte Aussage kann natürlich nie widerlegt werden. Die „Anglo-Amerikaner“, wie sie nach offizieller DDR-Sprache hießen, haben ohnehin nur Probleme, während Stalin als schlauer Fuchs genau weiß, was abläuft, und den Krieg praktisch alleine gewinnt. Die Franzosen werden als Weiberhelden dargestellt, die die hübschen Sekretärinnen der Sowjets angraben. Rotarmisten, die nicht heldenmütig sind, finden sich nur vereinzelt und werden zur Strafe entweder erschossen oder degradiert. Als sie dann nach Berlin einmarschieren, versuchen sie auch sogleich, die deutsche Bevölkerung mit Wodka und netten Phrasen aus dem Wörterbuch für sich zu gewinnen. Immerhin wurde die Reaktion der Deutschen als skeptisch zurückhaltend dargestellt, damit die Tatsachen nicht vollkommen verzerrt sind. Alles in allem sehr sehenswert und mit gewaltigem Aufwand gemacht.

45

Führerschein

Gestern 8 Uhr. Das Telefon klingelt.
„Fabian, weißt du, was ich für dich habe“, sagt eine Frau auf schwedisch.
„Ja“, lüge ich perplex und unwissend. Sie scheint das nicht zu irritieren
„Ich habe einen Prüfungstermin für die Theorieprüfung. Nämlich morgen um 9.45 Uhr“
„Aber ich habe kommende Woche Prüfungen an der Uni, und außerdem habe ich ohnehin schon einen Termin für kommende Woche Donnerstag.“, argumentiere ich zurück. Wegen der langen Verzögerung beim Umtausch meines Führerscheins bin ich gelinde gesagt auch etwas aus der Übung.
„Ja, aber du machst ja schon seit März, und wird jetzt langsam Zeit.“
Widerwillig akzeptiere ich den neuen Termin. In der Tat ist ja auch etwas Eile geboten, denn meine ersten Kontakte mit der Busfahrerwelt sind schon mehr als drei Monate her, und schon in einem Monat soll ich die Straßen unsicher machen. Nachmittags sitze ich dann am Computer in der Fahrschule und mache Testprüfungen. Nach rund 12 Durchläufen habe ich wirklich auch die letzte Frage einmal gesehen und kenne viele Antworten schon auswendig. Das ist trügerisch, denn die Fragen sind natürlich nicht identisch mit denen in der offiziellen Prüfung. Also pauke ich mir noch Arbeitszeitregelungen und Achslasten ein.

Heute morgen dann einmal wieder die Begegnung mit dem modernen schwedischen Staat. Der helle Vorraum der Prüfungsräume beherbergt eine Reihe Fotokabine, wo man selbst das Foto für den Führerschein machen kann – alles elektronisch, versteht sich. Spaßeshalber nehme ich bei der Sprachenauswahl deutsch. Daher könnte ich mir auch ein Lächeln nicht verkneifen, denn die Computerstimme spricht vernehmbar mit österreichischem Akzent.
Die Prüfung selbst ist auch am Computer, und zwar browsergestützt. 60 Fragen gibt es. 5 sind Dummy-Fragen, die anscheinend Kandidaten zur Übernahme in den offiziellen Fragekatalog sind und die man zuerst an realen Versuchskaninchen testen will. Leider kriegt man bei diesen Fragen auch keine Punkte. Von den verbleibenden 55 Fragen muss man mindestens 44 richtig beantworten. Nach knapp 40 Minuten (so viel Zeit hat man) dann der Moment der Spannung. Ich klicke auf „Avsluta“ (Abschließen) und das Ergebnis erscheint. 45 richtige! Bestanden!

Netterweise zeigt das System dann auch an, welche Fragen falsch waren. Weniger nett ist allerdings, dass einem nur gesagt wird, dass die Antwort falsch war, aber nicht, welche richtig gewesen wäre.

Ist ohnehin egal – auch knapp bestanden ist bestanden, und wenn man rund 24 Stunden vorher bescheid kriegt, dass man Prüfung hat, schaut man weniger auf die Punktzahl.

Nächste Woche geht es also auf die Piste, hoffe ich.

PS: das Bild oben zeigt meinen neuen schönen schwedischen Führerschein. Ein Detail wurde vom deutschen Führerschein nicht übernommen: mit diesem darf ich keine Lastzüge mehr fahren, bei denen der gesamte Zug schwerer ist als 12 Tonnen. Da das Zugfahrzeug nur 7,5 Tonnen wiegen darf und der Anhänger nur eine Achse haben darf, ist dieser Fall aber ohnehin hypothetisch. Ein weiterer kleiner Nachteil: der Führerschein muss alle 10 Jahre verlängert werden. Das ist aber auch nicht weiter tragisch, denn das wird in Deutschland – wenn auch mit großzügigen Übergangsfristen – auch kommen. Ein Schmankerl hat die ganze Sache in jedem Fall: da ich ja die alte Klasse 3 gemacht habe und somit Inhaber des Führerscheins CE (Lkw mit Anhänger, in meinem Fall natürlich auf 7,5 t beschränkt) bin, kriege ich beim Erwerb des Busführerscheins nicht etwa Klasse D (Bus), sondern gleich Klasse DE (Bus mit Anhänger). Das beruht wohl darauf, dass die Macher der Regeln davon ausgingen, dass jemand, der einen Lkw mit Anhänger fahren kann, auch einen Bus mit Anhänger fahren kann. Eine kleine Lücke im System in diesem Fall, denn natürlich ist nicht bedacht worden, dass man in Deutschland früher auch einen CE-Führerschein, wenn man gar kein Lkw fahren konnte, schon gar nicht mit Anhänger. Ich selbst bin auch nicht gerade ein Anhängervirtuose, aber den DE-Führerschein nehme ich gerne. Dass ich jemals einen Bus mit Anhänger fahren werde, ist ohnehin unwahrscheinlich. Ein Gelenkbus zählt nämlich nicht als Bus mit Anhänger.

Verkehr in der Theorie

Polis
(Ausriss: Du&Jag i Trafiken)

Nachdem von meiner Masterarbeit der erste Entwurf (voller Fehler natürlich) fertig ist, kann ich einmal eine Sache hier erwähnen, die mich noch so beschäftigt – neben den vielen anderen.

Ich meine den vormals schon erwähnten Führerschein. Am Montag durfte ich zur Voruntersuchung antanzen. Zum obligatorischen Drogentest wurde mir eine Urinprobe genommen und Blut abgezapft – selten so viel Spaß gehabt. Beim Augentest brillierte ich wie gewohnt – allerdings musste ich peinlicherweise meine Wissenslücken im Bereich Alphabet auf Schwedisch anmerken. Da habe ich in meinen Kursen nämlich verpasst. Ich wusste daher schlichtweg nicht, wie J ausgesprochen wird: Je. Nachdem das im Vorfeld geklärt war, war das Lesen der kleinsten Zeile kein Problem. Der Blutzucker war auch normal. Die Urinprobe war, mmh, interessant – ich musste meine Taschen ausleeren und der Wasserhahn wurde abgeklebt, damit ich ja nicht bescheiße. Gesamtergebnis der Untersuchung: alles ok.

Nun habe ich schon drei Theoriestunden gehabt. Herausfordernd ist die Theorie nur in ihrer Menge, nicht wirklich inhaltlich. Gestern fand ich es ausgesprochen ermüdend, mir eine Stunde lang am Stück die Funktionsweise eines Fahrtenschreibers erklären zu lässen. Am Computer konnte ich die ersten beiden Level der Fragebögen bestehen. Das erste Level zwar erst nach drei Versuchen, dann aber mit 59 von 60 Fragen richtig. Das zweite schaffte ich dann auf Anhieb, und beim dritten scheiterte ich nur knapp. Bei der ganzen Sache beschäftigt mich eher, wie die Fahrstunden mit meinem Stundenplan kollidieren werden.

Besonders interessant ist allerdings Trafiksvenska – man lernt Wörter, die man im Schwedischkurs nie hören würde und oft auch gar nicht hören möchte. Es handelt sich um Verkehrsschwedisch, d.h. Vokabular, das den Straßenverkehr betrifft. Interessanter Zufall, dass Thomas auf Fiket gestern einige Fachvokabeln aus dem Bereich Astronomie präsentierte.

Hier also eine kleine Liste ganz anderer Fachvokabeln:

  • väjningsplikt: Die Pflicht, Vorfahrt zu gewähren
  • tuta: hupen
  • vägren: Seitenstreifen
  • körfält: Fahrspur (hört man leider oft in den Verkehrsnachrichten)
  • bogsering: Abschleppen
  • blinker: Ein sehr ungewöhnliches schwedisches Wort, denn Wörter, die im Deutschen auf „er“ enden, enden im Schwedischen normalerweise auf „are“ – wie z.B. lärare (Lehrer), hammare (Hammer). „blinkare“ wäre also die logischere Variante gewesen. Noch ungewöhnlicher ist allerdings der Plural „blinkers“ – einen s-Plural kennt das schwedische nämlich eigentlich nicht. Laut pauker.at gibt es auch „körriktningsvisare“ (also Fahrrichtungsanzeige), aber ich vermute stark, das ist genausowenig Alltagsschwedisch wie „Fernsprecher“ alltagsdeutsch ist.
  • medlut: ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, weil es im Wörterbuch nicht drinsteht. Ich vermute aber, es heißt „in Fahrtrichtung“. motlut gibt es nämlich auch – und das heißt vermutlich „gegen die Fahrtrichtung“.
  • prestationsförmåga: Leistungsvermögen – eigentlich kein Verkehrbegriff, aber eine der Fragen im Fragebogen, über die ich zuerst stolperte. Die richtige Antwort war, dass etwas Stress das Leistungsvermögen erhöht. Kann schon sein.

Sehr beschäftigt ist der Fragebogen übrigens mit dem Einfluss auf das Fahrverhalten, wenn man mehrere Leute im Fahrzeug hat. Die seltsamste Antwort war bislang aber, dass Erwachsene sich selbst ums Anschallen zu kümmern haben. Ist der Fahrer also nicht haftbar, wenn außer ihm keiner angeschnallt ist?

Noch ein Kuriosum:

Hörselskadade

Dieses Schild ist eine sogenannte „Tilläggstavla“, also ein Schild, das zu einem anderen hinzugefügt wird. In diesem Fall geht es um eine Behinderung. Drei Punkt auf gelbem Grund? Na, klingelts? Falsch! Das Zeichen steht groteskerweise für Hörgeschädigte.

Synskadade

Dieses Zeichen wiederum steht für Sehgeschädigte.

Eine Logik kann man wohl nur darin erkennen, dass das schwedische Wort für taub, „döv“, drei Buchstaben hat, „blind“ hingegen fünf.

Ein weiteres Fundstück ist das Bild in der Einleitung. Damit teilt ein Polizist mit, man solle die Geschwindigkeit senken. Sollte es dieses Zeichen in Deutschland jemals gegeben haben, so gehe ich davon aus, dass es nach 1945 abgeschafft wurde…

King of the Road

Buss Stockholm - sxc.hu

Kennt hier jemand jemanden, der jemanden kennt, der Bewerbungsgespräche mag? Ich nicht.

Heute morgen hatte ich eines, und zwar auf schwedisch, was die Angelegenheit nicht leichter macht. Unter meinen vielen Bewerbungen befand sich ja auch eine an Busslink, einer der Betreiber von Buslinien in Stockholm. Die allgemeine Urlaubszeit hier in Juli und August bringt nämlich mit sich, dass so ziemlich alle in Urlaub sind und damit massig Stellen frei sind, die unbedingt mit Sommervertretungen besetzt werden müssen. Die Not ist so groß, dass man halbwegs qualifiziert wirkenden Menschen (z.B. mir) den Busführerschein bezahlt, damit diese dann im Sommer einen roten Bus (manche sind auch blau) durch Stockholm fährt.

Es lief erstaunlich gut – ich konnte ihm in flüssigem Schwedisch meine halbe Lebensgeschichte erzählen, und seine Hauptsorge war nur, dass ich meinen deutschen EU-Führerschein gegen sein schwedisches Pendant austauschen müsse, bevor ich anmelden kann. Den Job hätte ich jedenfalls.

Mein persönliches Hindernis war, dass ich mich ja zum Löcherbohren in der Antarktis freiwillig gemeldet habe und der Vorkurs hierzu im Sommer sein würde.

Insofern harre ich der Dinge und habe auf alle Fälle schonmal das Verfahren zum Führerscheinumtausch in die Wege geleitet.

PS: Soviel grün wie oben im Bild würde ich jedenfalls selten sehen – meine Anstellung läuft wahrscheinlich auf die Innenstadtlinien hinaus.

Flagge raus

Namnsdag Victoria

Neustockholmern fällt im Laufe der Zeit auf, dass es Tage gibt, an denen die Busse ähnlich Staatskarossen Flaggen vorn an ihren Dächern haben. Das deutet meist darauf hin, dass gerade etwas ein wahnsinnig wichtiger Tag sein muss, und ein Blick in den Kalender verrät schnell, um was es sich handelt. Neben dem Nationalfeiertag (6. Juni) gehören dazu der Wahltag zum Reichstag und der 24. Oktober (Ratifizierung der Vereinten Nationen). Am wichtigsten sind aber natürlich die Namens- und Geburtstage der königlichen Familie. Heute hat beispielsweise Viktoria Namenstag, so das überall geflaggt ist, wie man auf dem Bild auch unheimlich deutlich erkennen kann.

Auch sonst bahnt sich grosses an – so wurde mein Beitrag vom Samstag bei einem anderen Schweden-Blog verlinkt, was mich natürlich sehr freut. Ausserdem habe ich heute morgen die Vorprüfung für den Beginn der Ausbildung zum Busfahrer bestanden. Meiner grossartigen Karriere auf Stockholms Strassen steht also nichts entgegen.

Es sei denn, ich kriege einen anderen Job, der weitaus abenteuerlicher ist als das Fahren eines Busses: Löcher bohren am Südpol. Ja, ich habe mich für ein Wissenschaftsprojekt beworben, das tiefe Löcher in das ewige Eis am Südpol bohrt und dort dann Messgeräte hinunterschickt. Ich bin gespannt, ob das klappen wird.

Wandel leichtgemacht

Meine unglaublich vielen treuen Leser wissen ja, dass mein Verhältnis zum Nahverkehrsverbund in Stockholm, Stockholms Länstrafik, kurz SL, etwas zwiespältig ist.

Das Problem, dass Busfahrer ausgeraubt wurden, wollte man dadurch lösen, dass man gar keine Fahrkarten mehr im Bus verkaufen wollte. Da gab es nur ein kleines Hindernis: SL hat schlichtweg keine Fahrkartenautomaten. Das ist für so ein modernes Land schon recht grotesk. Umso überraschender die Ankündigung, man wolle bis April welche anschaffen. Ich hatte mich natürlich gefragt, wie man diese Neuentwicklung so schnell über die Bühne kriegen will – und hatte die SL-Menschen etwas unterschätzt, denn man hat dort eine recht pragmatische Lösung gefunden: man nimmt einfach entsprechende Parkscheinautomaten. Ich habe nämlich einen dieser Automaten entdeckt:

Fahrkartenautomat Stockholm

So simpel die Lösung auch ist, so elegant ist sie. Nur der Verkauf von Monatskarten wird hiermit natürlich nicht gehen.

Am Montag mache ich einen Anstellungstest, damit ich im Sommer als Busfahrer in Stockholm arbeiten kann. Drückt mir die Daumen!

Verkehrssicherheit




Stockholm City bus driver drunk

Originally uploaded by HansBaer.

Skandalöses bringt heute mal wieder die kostenlose U-Bahn-Zeitung „Stockholm City“ – ein Busfahrer sei „rattfull“, also sturzbetrunken, zur Arbeit erschienen. Die Polizei bemerkte sein seltsames Fahrverhalten und stoppte ihn noch, bevor er die ersten Fahrgäste der Morgenschicht aufnehmen konnte. Prompt werden von der Verkehrssicherheitsorganisation NTF die permanent im Kommen zu sein scheinenden „Alkolås“ für Busse gefordert. Bei diesen „Alkoholschlössern“ ist eine Vorrichtung gemeint, die ähnlich einer Wegfahrsperre das Starten des Motors verweigert, sofern man nicht durch Pusten in ein Röhrchen die eigene Nüchternheit nachgewiesen hat.
Wie Citys Konkurrenzblatt Metro vor im September zeigte, sind diese Vorrichtungen aber auch nach dem Genuss von zwei wenig leckeren schwedischen Dosenbieren zu überlisten. Nichtsdestotrotz will man diese Schlösser ab 2012 in allen PKWs verpflichtend einführen. Ab 2010 schon sollen LKWs und Busse ausgerüstet werden. Womit die Forderung von NTF natürlich Makulatur ist.
Schockierend übrigens auch das Ergebnis des Alkoholtests bei dem erwischten Busfahrer: 0,36 Promille! Auch wenn Alkohol am Steuer ein unentschuldbares Vergehen ist, muss ich doch sagen: Wenn der schon bei so einem Blutalkoholwert in keiner geraden Linie fahren kann, sollte er besser gar keinen Bus mehr fahren. Wird er jetzt wohl auch nicht mehr so schnell…

Kleine Anmerkung noch zum Thema Verkehrssicherheit: bei dem Wintereinbruch letzte Woche habe ich entdeckt, was schwedische Winterreifen sind: Spikes! Das, was man in Deutschland als Winterreifen bezeichnet, dürfte hier wohl kaum als solche durchgehen. Sollte ich mein Auto hier also noch ummelden, wäre in jedem Fall ein neuer Satz Reifen vonnöten.