Asche zu Asche

Letzten Freitag wurde ich gefragt, ob denn schon die Vulkanasche runterkäme. In der Tat konnte man solche Witze zu dem Zeitpunkt noch machen. Man wusste ja nicht, dass kurz darauf ganz Europa erfasst werden würde.

Meine Reisegeschichte ist daher auch nur eine von vielen in diesen Tagen. Dementsprechend abgedroschen ist auch die Überschrift dieses Artikels.

Von den meisten unterscheiden dürfte sich meine Reise nur darin, dass ich trotz der Wolke losfuhr.

Ich wollte mir den Workshop, den ich betreuen sollte, nicht entgehen lassen – schließlich wollte ich meine Kollegin nicht hängen lass und seit von der ersten Überlegung bis zur endgültigen Realisierung war auch weit über ein Jahr vergangen.

Der Hinweg ging dann auch glatt. Ein netter Abend in Lund mit fettigem Essen und Bier – man merkt, dass man weiter nach Süden kommt. Dann eine gemütliche Nacht im Zug. Überraschenderweise war das Bett unter mir leer, was mich mal wieder schmerzlich darauf aufmerksam machte, dass man bei Buchung von Nachtzügen zur Vermeidung von Akrobatik immer nach den unteren Betten fragen sollte. Kurz nach Abfahrt bekam ich dann doch noch Gesellschaft. Ein Geschäftsreisener auf dem Weg nach Stuttgart hatte den Schaffner gefragt, ob noch etwas frei sei. Eine Dame aus Köln hatte mit derselben Methode Glück. Bemerkenswert war die Zahlung: es kam eines dieser Kreditkartenbretter zum Einsatz, das man aus amerikanischen Filmen der 80er Jahre kennt.

So war ich einigermaßen ausgeruht pünktlich zum Frühstück im Hotel in Berlin-Lichtenberg.

Der Weg zurück sollte sich als weitaus schwieriger erweisen. Noch während des Seminars hatte ich meinen Rückflug von Montag auf Dienstag umgebucht. Ich fand schon erstaunlich, dass überhaupt noch etwas frei war. Meine Annahme ist, dass Ryanair vergleichsweise wenige Geschäftsreisende transportiert und daher die meisten Wochenendurlauber lieber ihr Geld zurück haben wollten als umzubuchen.

Am Sonntag stand fest: der Flug am Dienstag fällt aus, und der am Mittwoch gleich mit.

Den Donnerstag wollte ich mich nicht abwarten. Als Ersatzlösung wurde mir telefonisch eine Fahrt nach Danzig mit anschließender Fährfahrt nach Nynäshamn ca. 60 km südlich von Stockholm vorgeschlagen.

Eine gute Idee – spannend und nicht allzu unbequem. Und bezahlbar dazu, denn die Bahn kostete nur knapp 50 €, die Fähre weitere 100 €.

Nur einen Haken hatte die Sache: ich hatte mich im Datum vertan. Bei Polferries muss man mindestens 24 Stunden vor Abfahrt buchen, somit fiel der Montag schonmal aus, und mir wurde der Dienstag als erstes angeboten. Der war aber auch schon voll, weswegen ich eins weiterklickte. Blind annehmend, ich buche den Dienstag, war es in Wirklichkeit schon der Mittwoch. Da hätte ich gleich fliegen können. Glücklicherweise merkte das meine Kollegin, die mir bei der ganzen Aktion zur Seite stand (Danke!).

Also fiel Danzig aus. Es blieb nur die ultimative Ochsentour: mit dem Zug nach Rostock, weiter mit der Fähre nach Trelleborg, und der Bus nach Malmö. Übernachtung auf der Fähre wäre zu teuer. Also blieb nur die Tagfahrt und eine Übernachtung in einer Jugendherberge in Malmö. Die letzte Etappe verlief dann mit dem Fernbus, denn Züge waren samt und sonders ausgebucht.

Das lief alles mehr oder weniger auch so. Außer dass ich in Rostock das Taxi nahm, weil ich mich im Vorfeld besser mit dem Nahverkehr hätte auseinandersetzen sollen. Die Fähre hatte weit mehr Fußpassagierverkehr als üblich, wie mir die Busfahrerin sagte. Wenig überraschend war auch die Zusammensetzung der Busreisenden. Eine Schulklasse oder Jugendgruppe aus Deutschland auf dem Weg nach Stockholm und eine Gruppe finnischer Schüler, die anscheinend gerade Deutschland besucht hatte und der nach einem Hotelaufenthalt in Kopenhagen nun die Weiterreise nach Stockholm sowie anzunehmenderweise die anschließende Fährfahrt nach Finnland bevorstand.

So kam ich in Stockholm an – 35 Stunden nach Abreise in Berlin. Das muss man wohl unter Abenteuer verbuchen.

Einigermaßen grotesk ist aber das, was mir Scandlines heute als Werbung zugeschickt hat:

Lämna landet och njut av våren i Tyskland istället!

Übersetzt:

Verlassen Sie das Land und genießen Sie stattdessen den Frühling in Deutschland!

Nicht dass mir der deutsche Frühling nicht lieber wäre – hier hat es heute nochmal geschneit.

Aber mit der Fähre? Nö, fürs erste nicht mehr.

Eine Brücke nach Schweden

Nun ist es absolut schlussendgültig (mit Brief und Siegel sowie einer Tüte Chips dazu) beschlossen: die Brücke über den Fehmarnbelt wird gebaut. Damit soll es ab 2018 möglich sein, mit dem Auto oder Zug ohne Fährfahrt in 2 Stunden von Deutschland bis nach Schweden durchzufahren, und zwar ohne den 160 km langen Umweg über den Storebaelt.

Die Ratifizierung des Staatsvertrags durch das dänische Parlament war hierfür der letzte Schritt. Zuvor hatten schon der deutsche Bundestag und der Bundesrat ihre Zustimmung zu dem im September 2008 unterzeichneten Vertrag gegeben.

Vorausgegangen waren jahrelange Verhandlungen. Deutschland hat sich dabei ziemlich praktisch aus der Affäre gezogen: den Bau der Brücke überlässt man praktisch komplett der dänischen Seite, während man selbst nur die Autobahn nach Fehmarn bauen wird.

Kritik an dem Projekt gibt es durchaus. Die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern stimmte als einzige im Bundesrat dagegen – offiziell, weil sie Subventionen unfair verteilt sah. Weniger offiziell allerdings mehr deswegen, weil sie lieber eine Brücke von Rostock nach Gedser gehabt hätte und damit die wirtschaftlich wichtige Strecke durch ihr Bundesland gelaufen wäre.
Umweltschützer warnen vor ökologischen Risiken. Neben dem NABU ist auch Greenpeace sehr kritisch, u.a. weil die dort lebenden Schweinswale bedroht seien.

Die deutsche Politik maß dem offenbar wenig Bedeutung zu. Selbst den Grünen scheint das Geld näher gewesen zu sein als die ökologischen Folgen. Mittlerweile hat die Bundesregierung den Vertrag als Gesetzesentwurf vorgelegt, so dass er bald auch als Teil der Bundesgesetzgebung verabschiedet werden kann.
Auch in der dänischen Politik griffen die Argumente der Gegner anscheinend wenig: es gab 104 Stimmen dafür, aber nur drei dagegen.

Das spiegelt ungefähr auch mein Meinungsbild wider. Vielleicht bin ich da einfach etwas zu wenig naturverbunden veranlagt, aber die ökologischen Bedenken gehen mir kaum nahe.
Umso begeisterter bin ich jedoch von den Aussichten auf eine Brücke. Gerne wird vorgebracht, dass es doch so schön sei, wenn man im Urlaub einen Zwischenstopp hätte und etwas Schiff fahren darf. Auf manche Urlauber mag das zutreffen, aber weder Dänemark noch Schweden oder Norwegen leben vom Tourismus. Er macht gerade einmal 3% der schwedischen Wirtschaft aus, und das ist viel zu wenig, als dass die Überfahrt alleine der schönen Urlaubsreise wegen erhaltenswert wäre.

Zudem kann ich gerne darauf verzichten, wenn ich sehe, wie praktisch die Öresund-Brücke ist. Dort stoppt man im Idealfall für weniger als eine Minute, und schon ist man wieder unterwegs. Bei der Fähre Puttgarden-Rödby steht man, wenn man Pech hat, ewig lang in der Schlange, bis man aufs Schiff darf, und selbst wenn man sofort hinein darf, so ist mit Be- und Entladen letztendlich doch eine ganze Stunde weg.

Abgesehen von den offensichtlichen Vorteilen für den Güterverkehr (und damit die skandinavische Wirtschaft) ist die Sache aber auch aus Sicht des Personenverkehrs in der Bahn interessant. Der schnellste ICE von Hamburg nach Kopenhagen braucht derzeit 4:43 Stunden, wovon alleine 55 Minuten für die Strecke Puttgarden-Rödby veranschlagt sind. 40 Minuten Einsparpotenzial sind da problemlos drin.
Ich erhoffe mir ja immer noch einen direkten Nachtzug nach Deutschland – allerdings muss ich da wohl annehmen, dass dies weniger an einer Brücke sondern mehr an der Unfähigkeit (oder auch Unwilligkeit) der Bahn besteht, mit dem Flugzeug zu konkurrieren.