3. Spieltag

Die Begeisterung kennt keine Grenzen. So eine FIFA-U20-Frauenfußball-WM ist schließlich nur alle zwei Jahre, und dann ist diese auch noch im (mehr oder weniger) eigenen Land!
Mittlerweile habe ich auch Nordkorea einen Wikipedia-Artikel verpasst, und er steht ihnen gut. Weiß jemand, wo man einen Schal der Sportgruppe 25. April bekommen kann? Der Verein scheint nämlich in jeder Hinsicht der Spitzenverein in Nordkorea zu sein. Dem geliebten Führer wird’s gefallen.

Ich habe zwar keine Ahnung, aber das hat bisher wenige Menschen davon abgehalten, sich über Fußball zu äußern. Daher ist es Zeit, auf die morgigen Spiele zu blicken:

  • Frankreich -Deutschland (Dienstag, 11:30 Uhr): Die Französinnen können mit einem Sieg den Einzug ins Viertelfinale klar machen. Dummerweise treten sie gegen unsere Mädels an, die das schon vor einem Spiel erledigt haben. Ich sehe da auch schlechte Chancen für die Nachbarinnen aus dem Westen, denn Aktionen wie diese deuten doch erhebliche Schwächen in der Verteidigung an

    Da dürfen sie Alexandra Popp nicht vor das Tor kommen lassen.
    Weitere Details kann man sich in den FIFA-Spielzusammenfassungen der Spiele gegen Kolumbien und Costa Rica anschauen. Ich tippe jedenfalls ganz klar auf einen dritten deutschen Sieg.
  • Costa Rica – Kolumbien (Dienstag, 11:30 Uhr): die Mädels aus Costa Rica (Costaricanerinnen? Costa-Ricinen?) haben ihre Koffer schon gepackt. Ihre kolumbianischen Konkurrentinnen haben damit noch gewartet, aber das kann man als Zweckoptimismus betrachten. Denn auch wenn die Französinnen noch eine Chance aufs Ausscheiden haben: sie ist klein. Kolumbien müsste beim letzten Spiel vier Tore gut machen. Insofern müsste schon einiges passieren, dass sich da noch etwas dreht. Ich tippe mal auf Costa Rica – die wollen doch bestimmt auch mal gewinnen.
  • Neuseeland – Brasilien (Dienstag, 14:30 Uhr): die Verhältnisse in Gruppe B sind punktemäßig identisch, aber tormäßig nicht. Wenn die Schwedinnen verlieren, hat Brasilien eine gute Chance, ins Viertelfinale zu kommen. Der Sieg muss aber hoch ausfallen, denn bei gleicher Tordifferenz haben die Schwedinnen die Nase vorn, weil sie mehr Tore geschossen haben. Bei dem Aufwärtstrend der Brasilianerinnen nach deren schwachem Auftakt ist das denkbar. Mein Tipp: klarer Sieg Brasiliens.
  • Nordkorea – Schweden (Dienstag, 14:30 Uhr): die Nordkoreanerinnen sind sicher nicht so gut versichert wie der Herr hier.

    Also werden sie so spielen wie zuletzt: geschlossen als Mannschaft, effektiv aber nicht spektakulär (soweit ich das beurteilen kann). Die Schwedinnen müssen da über ihre bisherigen Leistungen hinausgehen, denn weder das Spiel gegen Neuseeland noch das gegen Brasilien war sonderlich überzeugend. Ich hoffe auf einen schwedischen Sieg, schon weil ohne diesen schon das Viertelfinalduell vermutlich Deutschland-Schweden lauten würde.

  • Japan – England und Nigeria – Mexiko (Mittwoch, 15 Uhr): die Gruppe C ist offen, und zwar sowas von offen. Das ist auch so ziemlich das einzige, was ich darüber weiß. Die Torverhältnisse sind so knapp, dass beide Spiele eine Art Achtelfinale darstellen. Die Engländerinnen liegen zwar im Moment formal noch hinten, aber die Torwartleistung beim Gegentor von Nigeria war doch nicht ganz so englisch, wie ich es in Erinnerung hatte, und da kann sich noch einiges bewegen. Zumindest England – Japan dürfte spannend werden, denn bei einem Unentschieden sind beide raus. Tippen lasse ich hier lieber bleiben.
  • Südkorea – USA (Mittwoch, 18 Uhr): hier werden die beiden Gruppenersten ausgespielt, was angesichts dessen, dass man gegen den Sieger der Gruppe C (offen, weit offen!), eher etwas von Würfeln hat. Dem Sieger winkt aber die exklusive Möglichkeit, erst im Finale gegen Deutschland verlieren zu müssen. Irgendwie bezweifle ich aber, dass das in deren Kalkül eine Rolle spielt. Mein Tipp ist dennoch Südkorea. Warum? Keine Ahnung.
  • Ghana – Schweiz (Mittwoch, 18 Uhr): Vermutlich hat der Schweizer Trainer eine Theoriesitzung abgehalten und erklärt, dass der Zweck dieses Spiels das Schießen von Toren ist, bevorzugterweise von mehr Toren als der Gegner. Bislang hat das nämlich so ziemlich exakt überhaupt gar nicht funktioniert, wie man hier sehen kann. 9 Kisten in zwei Spielen reingekriegt, und nach mehrmaligem Nachrechnen noch keines geschossen. Das ist eine dürftige Bilanz. Ausgeschieden sind de facto beide Mannschaften, denn Ghana müsste 7 Tore Differenz gutmachen, um noch eine Chance auf das Weiterkommen zu haben. Not gonna happen. Mein Tipp: die Eidgenössinnen berappeln sich und verabschieden sich mit einem würdigen Sieg aus dem Turnier.

Wer die Spiele sehen will: alle Spiele laufen live auf fifa.com – man muss nur ein bisschen suchen.

In normalen Fernsehen ist das Angebot weitgehend auf Eurosport 2 verschoben, denn in Frankreich wird nicht nur Rad gefahren, sondern auch die UEFA U19-Europameisterschaft der Männer ausgetragen.

Hier die Termine, die ich finden konnte:

  • Frankreich -Deutschland: live um 11:30 Uhr auf Eurosport 2, und als Aufzeichnung 17:30 Uhr und 23:30 Uhr auf Eurosport sowie um 21:00 Uhr auf Eurosport 2. Am Mittwoch dann nochmal auf Eurosport um 8:30 Uhr und 13:45 Uhr.
  • Costa Rica – Kolumbien: als Aufzeichnung um 13:30 Uhr auf Eurosport 2
  • Neuseeland – Brasilien: als Aufzeichnung um 16:30 Uhr und 22 Uhr auf Eurosport 2. Am Mittwoch dann nochmal um 12:45 Uhr auf Eurosport.
  • Nordkorea – Schweden: live um 14:30 Uhr auf Eurosport 2. Am Mittwoch dann als Aufzeichnung um 11:30 Uhr in Eurosport.
  • Japan – England: live um 15 Uhr auf Eurosport 2 und als Aufzeichnung um 17 Uhr auf Eurosport.
  • Nigeria – Mexiko: als Aufzeichnung um 17 Uhr auf Eurosport 2. Am Donnerstag dann nochmal um 11:30 Uhr auf Eurosport 2.
  • Südkorea – USA: erst am Donnerstag um 15:30 auf Eurosport 2.
  • Ghana – Schweiz: live um 18 Uhr auf Eurosport 2.

Die Aufzeichnungen sind meist gekürzt. Immerhin die Hälfte der Spiele läuft also live, aber es ist schon irgendwo schade, dass so ziemlich allem anderen mehr Bedeutung zugemessen wird. Wenn ich mir anschaue, dass das ehemalige DSF – jetzt als Sport1 bekannt – sein Programm mit Dauerwerbesendungen füllt, muss man aber froh sein, dass auf Eurosport immerhin noch so etwas wie Programm kommt.

Ich werde mir jedenfalls einige Teile ansehen und bin gespannt.

Deutschland – Kolumbien 3:1

Fast eine Woche, ohne ein Deutschlandspiel anzuschauen. Kaum auszuhalten. Im Rahmen meiner Plötzliche-Begeisterung-für-U20-Frauenfußball-Kampagne habe ich mich etwas ausstaffiert. Das Zeug lag schließlich noch herum. Nach 2 Minuten wurde mir zu warm, aber immerhin die Flagge hängt noch. Gerne hätte ich ja den Artikel mit einer Buntstiftehommage an Frédéric Valins brillante WM-Spielberichte begonnen, was aber schon an akutem Buntstiftemangel scheiterte. Also müsst ihr mit obigem grottigen Foto vorlieb nehmen. Deal with it!

In Sachen Blondheit steht das deutsche Team weit hinter dem schwedischen zurück. In sonst aber nichts. Man fühlte sich ein bisschen an die letzte WM vor einer Woche erinnert: schnelle Konter, schnelle Pässe nach vorne. So soll das sein.

Auch das erste Tor sollte sein – Alexandra Popp mit einer erstklassigen Aktion in die Ecke gezirkelt. Miro Klose und seinen Torinstinkt würde es freuen, wenn sie (anzunehmenderweise) nicht gerade am Strand herumsitzen würden.

Danach ging es aber schleppend weiter. Die Kolumbianerinnen hatten sogar mehr Ballbesitz. Etwas enttäuschend sind jedoch die Fans. Das Stadion war vielleicht zu 30% gefüllt – eine Menge bei so einem Grillwetter. Dass man aber trotz deutscher Übermacht nur die Kolumbianer „Colombia“ skandieren hörte und die Deutschen nur ein paar verirrte Vuvuzelas (vermutlich gerade am Krabbeltisch zu kriegen) entgegensetzen konnten: peinlich!

Nach der Pause ging es aber mit vollem Tempo weiter. Und zu jubeln gab es auch gleich – stark abseitsverdächtig, das Tor, aber die Fahne war unten. „Difficult to see from this angle“ sagt der Kommentator, der anscheinend fast alle Spiele kommentiert und dabei nur Aktionen bewertet, aber bei Aussprache der Spielernamen und Detailkenntnis der Mannschaften gewisse Schwächen zeigt. Der Satz zeigt einem aber mal, wie verwöhnt man mittlerweile ist: wie, nur ein Kamerawinkel?

Über Gerechtigkeit braucht man aber nicht zu streiten: wenige später kriegt Popp einen elfmeterreifen Ellbogencheck. Ungeahndet.

Eine Minute später war der Fall klar: Huth (Svenja, nicht Robert) macht das 3:0. Und da haben auch die Zuschauer begriffen, dass sie zum Krach machen da sind. Die Kolumbianerinnen schienen etwas hilflos, woran auch die Stürmerin mit dem tagesbesten Namen erstmals nichts ändern konnte: Lady.

Dann aber doch: in der 82. Minute schoss Melissa M. ein Tor.

Dabei blieb es auch. Nur eins fehlte: der Einwurfsalto.

Autokorso? Ne, ich mach mal lieber ein Bier auf.

Brasilien-Schweden 1:1

Die Frau des Matches stand für mich schon in der ersten Halbzeit fest. Ich habe keine Ahnung, wie sie heißt, aber eine der Brasilianerinnen machte beim Einwurf einen Salto. Schick. Wen interessieren da bitteschön noch Tore?

Doch ich musste mein Urteil revidieren. Eine der Schwedinnen, deren Namen ich ebenso nicht kenne, kann den Trick auch. Respekt!

Ach ja, gespielt wurde auch noch, auch wenn die Schwedinnen viel dafür taten, den Ball ständig ins Aus zu spielen. Die Brasilianerinnen mussten gewinnen, und sie taten einiges dafür. Mehr Ballbesitz, mehr Spiel nach vorne. Dennoch lagen sie zur Pause 0:1 zurück, nach einem etwas abseitsverdächtigen Tor.

Ich sage etwas abseitsverdächtig, denn ich kenne zwar die Abseitsregel, aber verlasse mich in der Regel einfach auf das, was der Kommentator so erzählt und die eingeblendete Linie so anzeigt. Den Kommentator gibt es zwar beim FIFA-TV auch, aber Linien leider nicht. (Kleiner Hinweis an die FIFA-TV-Menschen: die Einblendung von Spielstand und Uhr würde ich begrüßen)

Etwas hektisch ging es zu. Und rustikal. Die schwedische Torhüterin gab einer Brasilianerin einen Stoß: Elfmeter und verwandelt. Zwischenzeitlich gab es auch noch drei gelbe Karten

Brasilien hatte etwas mehr Torchancen. Es blieb beim 1:1. Bringt beiden mehr als nichts, aber viel wiederum auch nicht.

Zweiter Spieltag

Ich habe heute beschlossen, mich ab sofort Frauenfußball zu interessieren, zumindest bis die U-20-WM der Frauen vorbei ist.

Es gibt nämlich einige schlagkräftige Gründe dafür:

  • Sowohl Deutschland als auch Schweden sind dabei, und wenn sie es nicht allzu blöd anstellen, treffen sie auch nicht vor dem Finale aufeinander.
  • Deutschland gewinnt meistens, aber nicht immer. Das erzeugt Spannung und verspricht Jubelmomente.
  • Die Stadien sind praktisch frei von Vuvuzelas (allerdings auch praktisch frei von Zuschauern).
  • Die Brasilianerinnen haben auch so lustige Namen wie ihre männlichen Kollegen, darunter solche wie Estergiane, aber auch unerwartete wie Ludmila.
  • Es gibt öfters spektakuläre Siege. Zumindest haben die Schweizerinnen mit einem 0:4 eine ziemliche Packung bekommen beim ersten Spieltag.
  • Wenn das Spiel schlecht ist, kann man sich immerhin noch am Anblick der Spielerinnen erfreuen.

Jedenfalls habe ich das Turnier zum Anlass genommen, die Wikipedia-Mannschaftsseiten zur WM für die Schwedinnen und die Schweizerinnen zu erstellen
Letztere sind irgendwie eine seltsame Truppe, denn die Mannschaft scheint weder oft zu spielen noch hat eine der Mädels mehr als ein Länderspiel absolviert, wenn man der Homepage des Schweizerischen Fussballverbandes Glauben schenken darf.

Ich fiebere jetzt bei Schweden gegen Brasilien (seit 15 Uhr) mit. Die können nämlich sich ins Viertelfinale und die Brasilianerinnen nach Hause schicken. Dass eine schwedische Fußballnationalmannschaft jemanden nach Hause schickt außer sich selbst kam jetzt in der letzten Zeit auch nicht oft vor.

Um 18 Uhr dann zuhause mit den deutschen Mädels, die Kolumbien zeigen werden, wo der Hammer hängt. Den Treffpunkt für den Autokorso gebe ich dann später durch.

Nach der WM ist während der WM

Es ist schon traurig. Da richtet der fraglos beliebteste, sympathischste und bescheidenste Weltfußballverband der Welt direkt nach der „großen“ Fußball-WM noch eine Weltmeisterschaft aus. Nein, nicht die im Sackhüpfen, sondern die U-20-Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen 2010. Und keiner guckt hin, obwohl sie optisch sogar noch mehr hermacht. Ich kann mir jedenfalls unangenehmeres vorstellen, als 22 Mädels unter 20 beim Fußballspielen zuzugucken.

Immerhin kommen die Spiele auf Eurosport, aber die Stadien sind praktisch leer. Eigentlich schade, dass sich bei Ticketpreisen ab teilweise 2,50€ kaum jemand findet, der ins Stadion kommt. Viel Hoffnung für die Frauen-WM nächstes Jahr macht mir das nicht.

Einen Ein-Mann-Autokorso werde ich wohl kaum veranstalten, aber ein bisschen reingucken schon. Immerhin machen die Mädels es ja wie die großen. Die Engländerinnern haben beim 1:1 gegen Nigeria das Gegentor jedenfalls durch einen grandiosen Torwartfehler bekommen.

WM-Gucken auf Schwedisch


Ausschnitt: TV4
Ich habe mich getäuscht: die WM findet in Schweden Aufmerksamkeit, und gar nicht mal wenig davon. Alle Partien werden frei empfangbar übertragen, und zwar auch per Livestream. Die Zeitungen kommentieren die Spiele zudem nicht zu knapp.

Es ist mittlerweile meine zweite WM hierzulande, und das dritte große Fußballturnier insgesamt. Schwedisches Fußballvokabular ist also nicht mehr vollkommen fremd, und auch nicht, dass die Kommentatoren mit großer Begeisterung jedes Tor bejubeln, obwohl ihr eigentliches Team in der Qualifikation gegen Dänemark und Portugal scheiterte.

Ein paar Besonderheiten fallen aber doch ins Auge. So lässt sich die Werbeindustrie durch nichts beirren und zeigt – wie vermutlich überall auf diesem Planeten – stark verstärkt Fußballwerbung, wobei man die (zwangsläufig in Südafrika abwesenden) schwedischen Fans gerne trotzdem zeigt. Als alter Media-Markt-Nerd ist für mich jedoch noch interessanter, dass „Media Markt“ den deutschstämmigen Fußballtrainer Peter Antoine reaktiviert hat und das erste Mal seit geraumer Zeit wieder eine Kampagne mit ihm fährt. Wie immer ist mit feinsinniger Kunst nicht zu rechnen, was ich dieses Mal sogar durch obiges Video illustrieren kann. Ich sollte unbedingt seine weiteren Werbespots sehen.

Ebenso augenfällig, aber sicherlich etwas mehr augengefällig ist die Expertenrunde des schwedischen Fernsehens. Die sieht nämlich öfters mal so aus:


Ausschnitt: SVT

Da müssen die Damen also nicht irgendwas von Reichsparteitagen daherfabulieren, um mal wahrgenommen zu werden. Sie werden sogar nach ihrer (Expertinnen-)Meinung gefragt. Man traut ihnen also zu, nicht nur Fußballer zu befragen, sondern sogar selbst etwas von Fußball zu verstehen. Das nenne ich mal Fortschritt. Demnächst dürfen Frauen vielleicht sogar wählen.

Das Spiel heute wird übrigens mittels modernster Technik in der Uni betrachtet. DVB-Stick an Verstärkerantenne gekoppelt, durch den Laptop an den Projektor angeschlossen – und als Backup Livestream über das WLAN. Vor 4 Jahren noch schwierig bis undenkbar.

Die etwas andere Art, die Spiele zu sehen

Auch wenn es für Freunde des angelsächsischen Fußballs bitter ist, hier noch einmal die wichtigsten Punkte des Spiels England-USA, nachgestellt von ein paar Freiwilligen:

Via Geek in Heels

Auch sehr witzig ist die Art, wie der Guardian hier die Spiele präsentiert: als Twitter-Hashtag-Blasen. (Via Spreeblick)