Räkkryssning

Gestern abend stand meine erste Räkkryssning (Krabbenkreuzfahrt) oder auch Räkafton (Krabbenabend) an. Der Name ist Programm: außer den Krabben gibt es nur Mayonnaise, Brötchen und Margarine. Für nicht so große Freunde des Schalentiers wurden alternativ Tacos angeboten. Vegetarier gucken bis zum Nachtisch in die Röhre, zu dem man uns Weintrauben, Kekse und Käse auftischte. Ein echter Beitrag zur ausgewogenen Ernährung also. Währenddessen schipperten wir nach Vaxholm und zurück. Das Ganze kostete 260 kr pro Person – zuzüglich Getränken, versteht sich.

Dazu spielte der Alleinunterhalter Janne Y. Andersson. Die Hintergrundmusik kam vom Synthesizer, während er Gitarre spielte und dazu sang. Kein hochkulturelles Ereignis, aber anhörbar. Sein Konzept war interessant: er spielte anfangs ein paar Lieder und zog sich dann in das Kabuff hinter der Bühne zurück, um erst wieder aufzutauchen, als die ganze Truppe an Bord ordentlich was getrunken hatte und daher sofort die Tanzfläche stürmte. Am Schluss wurde dann sogar eine Zugabe verlangt. Der Mann versteht was vom Showbusiness, was man auch daran zweifellos erkennen konnte, dass er je nach Genre den Hut wechselte.

Das Wetter war nur mittelprächtig, wie man an obigen Fotos gut sehen kann. Die ganze Sache war auch eine gute Gelegenheit, mein neues GPS-Spielzeug auszuprobieren. Hier die Route:


Visa Räkkryssning på en större karta

Gerne hätte ich Karte und Fotos kombiniert, aber eine einigermaßen brauchbare Lösung konnte ich nicht auftreiben.

Botschaft zieht um

Wie ich gerade lese, zieht die deutsche Botschaft nach über 2 Jahren in der Artillerigatan 64 wieder zurück in ihr altes Domizil, das Botschaftsgebäude in der Skarpögatan 9. Von 3. bis 6. September ist deswegen geschlossen, und ab 7. September wird der Betrieb dort aufgenommen.

Das alte Botschaftsgebäude ist geschichtsträchtig, denn dort versuchte die RAF im Jahr 1975, durch eine Geiselnahme im Gefängnis einsitzende RAF-Mitglieder freizupressen. Zwei Botschaftsmitarbeiter wurden dabei ermordet und zwei RAF-Mitglieder kamen um. Die Botschaft behielt aber auch nach dieser Tragödie ihren Sitz in dem Gebäude im Botschaftsviertel von Stockholm.

Leider ist wohl nicht zu erwarten, dass die Grundsanierung die Immobilie so hübsch gemacht hat wie z.B. die italienische Botschaft.

Oakhill, Sitz der italienischen Botschaft in Stockholm; Quelle: Holger.Ellgaard, CC-3.0

Sie ist nämlich ein nicht gerade sehr ansehnlicher Zweckbau vom Ende der 1950er Jahre.

Gebäude der Deutschen Botschaft; Quelle: Holger.Ellgaard/CC-3.0

Der vorübergehende Sitz in der Artillerigatan ist allerdings auch nicht viel hübscher, was nicht nur an der Bildqualität in folgendem Foto liegt.

Vorübergehendes Gebäude in der Artillerigatan

Viel Grund zu Wehmut gäbe es eigentlich nicht. Jedoch ist die neue Lokalität für Menschen, die dort etwas wollen, weit weniger gut gelegen. Nicht nur, weil man ein ziemliches Stück laufen muss, wenn man mit der U-Bahn dort hin will. Bei Passanträgen verlangt die Botschaft zudem die Gebühren in bar und Passfotos im richtigen Format. Das konnte man bislang alles im nahegelegenen Fältöversten beschaffen. In der Skarpögatan gibt es aber mit Sicherheit weder Geldautomat noch Fotogeschäft, was die ganze Sache weitaus beschwerlicher macht.

Es gilt also, die Merkblätter vor dem Besuch gründlichst zu lesen und alles wichtige mitzubringen, damit man keine langen Märsche antreten muss.

Butler in der U-Bahn

Der Jugendverband der derzeit regierenden bürgerlichen Moderaten MUF hat dieses Video zum neuesten Vorschlag der Stockholmer Sozialdemokraten, eine „Butler“-Dienste in der U-Bahn einzuführen, gedreht. Man muss ihnen ein Kompliment machen: das Ergebnis ist nicht zum fremdschämen, und das kann man bei kreativen Auswüchsen von politischen Jugendverbänden schon als Erfolg betrachten.

Ich weiß nicht so recht, was ich von dem Vorschlag halten soll. Neue Einrichtungen in den U-Bahnen finde ich nicht verkehrt. Mir fällt spontan nur ein Geschäft ein, das sich auf dem Bahnsteig befindet: ein Schlüssel- und Schuhdienst in der Station Karlaplan. Wenn es da ungenutzte Räume gibt, spricht nichts dagegen, diese zu nutzen, sei es nun für Geschäfte oder eben Dienstleister. Den Vorschlag aber als „Butler“-Dienst zu bezeichnen, der Stockholmern helfen soll, ihre Freizeit besser zu nutzen, erscheint mir aber etwas weit hergeholt. Das erinnerte mich an das etwas unnötig erscheinende Bahnsteigspersonal des neuen U-Bahn-Betreibers MTR.

Das alles macht auf mich den Eindruck, die Sozialdemokraten verfolgen als Wahlkampstrategier, jede Woche eine neue Sau durchs Dorf (bzw. die Stadt) zu treiben. Vielleicht haben sie Angst, dass ambitionierte Nahverkehrspläne nicht ausreichen, und glauben, man müsse nun mit plakativen Forderungen eins draufsetzen. Erst kürzlich versprachen sie, Kinder bis 12 gratis fahren zu lassen und die Fahrkartenpreise zu senken. Außerdem soll der nach der letzten Wahl abgeschaffte Einheitstarif für alle Fahrten in der Region wieder kommen.

Das Problem ist nur, dass das alles Geld kostet. Der Einheitstarif wurde nämlich nach nur einem Jahr abgeschafft, weil er SL Verluste bescherte. Mit der Freigabe der U-Bahn-Stationen für externe Anbieter kann man vielleicht etwas einnehmen, aber das kann die ganzen anderen Pläne kaum finanzieren. Die Frage ist: hat die Region Stockholm denn so viel Geld?

Vermeintliche Rache der Spammer

Seit gestern sieht mein Posteingang gerne mal so aus. Das bedeutet nichts anderes, als dass Spammer delengkal.de als Absender benutzen und ich die Fehlermeldungen davon zugesendet bekomme.

Nach zahlreichen hämischen Kommentaren hier wollen sie mir nun wohl eins auswischen.

Das hat aber den nächtlichen Ausfall doch nicht verursacht. Die Festplatte war schlicht voll.

Was beim Midnattsloppet zu verbessern wäre

Einen Tag später sind die Dinge oft klarer zu sehen. Umso erfreulicher ist, dass allem Anschein nach sich keiner berufen fühlte, nach den zwei Todesfällen beim Midnattsloppet letzten Samstag irgendwelche wilden Forderungen an die Veranstalter des Midnattsloppet zu stellen. Vielleicht liegt das auch daran, dass schon im Vorjahr ein Mann beim Midnattsloppet in Göteborg nach dem Ziel kollabierte und verstarb.

Schlecht organisierte Wasserstationen

Vereinzelt liest man Kritik an der Wasserversorgung. In der Tat war diese schlechter als in vergangenen Jahren, zumindest im Ziel. Ich stand auch mehrere Minuten an, um mir einen Wasserbecher zu ergattern, weil die Helfer nicht mehr hinterherkamen. Später gingen die Becher aus und mussten mehrfach verwendet werden. Das mag an dem sicherlich wetterbedingt höheren Wasserbedarf liegen. Hier hätte man aber vorsorgen können. Die Kritik, zwei Wasserstationen auf 10 km seien zu wenig, teile ich nicht. Es gibt genügend 10-km-Läufe, bei denen überhaupt kein Wasser auf der Strecke angeboten wird. Wer 10 km laufen will, sollte diese bei normalen Wetterverhältnissen theoretisch auch ohne Wasser durchstehen können. Zwei Wasserstationen sind da definitiv genug.

Für kritikwürdig halte ich jedoch den Aufbau der Wasserstationen. Diese sind seit jeher so aufgestellt, dass man eigentlich stehen bleiben muss, um etwas zu erhalten. Dieses Jahr war es eher noch schlimmer, vor allem nach dem Zieleinlauf.
Eine Beschilderung der Stationen fehlte dieses Jahr ganz, was das Risiko von Staus und Zustammenstößen erhöhte. Da gibt es eine Menge Verbesserungsbedarf.

Unrealistisch ist der Ratschlag von Dagens Nyheter, während des Laufs 0,5 bis 1 Liter zu trinken. Wer die 10 km als Spaziergang absolvieren will, schafft das vielleicht. Alle anderen können froh sein, wenn sie vielleicht 200 ml während des Laufs in sich hineinbringen können.

Heute morgen war in der DN auch zu lesen, dass man vielleicht bei der Anmeldung eine Art Erklärung zum eigenen Gesundheitszustand abgeben sollte, so dass die Organisatoren bei Risikogruppen ein ärztliches Attest einholen könnten. Das klingt nichtmal so abwegig, aber es bleibt natürlich fraglich, ob dies etwas bringt. Immerhin waren zwei der drei Toten in den besagten Läufen noch weit unter 40. Mir erschiene sinnvoller, Warnhinweise zu platzieren, dass dies nicht nur ein Spaß ist, sondern durchaus auch bitterer Ernst werden kann. Diese fehlten bislang völlig.

Massive Kommerzialisierung über Jahre hinweg

Die Organisatoren des Midnattsloppet fahren mittlerweile die Ernte dessen ein, für die sie jahrelang gearbeitet haben. Als ich 2005 zum ersten Mal mitlief, war die Veranstaltung noch ein gutes Stück kleiner. Sie war noch nicht ganz das vollkommen durchkommerzialisierte Produkt von heute.

In der Zwischenzeit ist viel passiert. Seit 2006 erhält man jedes Jahr ein T-Shirt, das verpflichtend zu tragen ist, was für den tollen Effekt eines endlosen Stroms gleich gekleideter Läufer sorgt. Da es Chips am Schuh gibt, braucht man schließlich keine Startnummern mehr. Dass ein kollabierter Läufer dann nicht mehr identifizierbar sein kann, ist vorhersehbar, wird aber wohl als vernachlässigbar erachtet.

Gleichzeitig hat man den Lauf zu einem großen (und vermutlich lukrativen) Geschäft aufgebaut. Seit 2009 druckt man nicht mehr für jede Startgruppe einzelne Shirts, sondern es gibt Aufkleber oder Bänder – wahrscheinlich, um Geld zu sparen. Für die Shirts selbst dürften die Organisatoren ohnehin wenig bezahlen, denn die Sponsoren, darunter auch der Shirtlieferant Nike, erhalten genügend Raum, um sich in Szene zu setzen. Dieses Jahr gab es seitens einen spektakulär beleuchteten Tunnel und schöne Beleuchtung am Wasser. Das Aufwärmprogramm kam von der Fitnessstudiokette SATS, die natürlich auch zu den Sponsoren gehören.

Das Rahmenprogramm hingegen scheint dieses Jahr kleiner geworden zu sein. Jedenfalls waren am Mariatorget keine Kapelle und auch keine tanzenden Kostümwettbewerbsschiedsrichter mehr zu sehen. Auch die Versorgung der Läufer ist zusammengestrichen worden. Dieses Jahr gab es nur noch Wasser und Bananen, sonst nichts. Keiner dieser leidigen Sportdrinks, kein Süßkram oder dergleichen.

Hauptsache die Kasse stimmt

Man zahlt dafür übrigens selbst als Frühanmelder rund 35 €. Spätanmelder dürfen über 45 € auf den Tisch legen.

Es kommt einem so vor, dass es hier in erster Linie um den Profit geht. Dinge, die man an Sponsoren übergeben kann, werden gut gemacht, der Rest hingegen so billig wie möglich.

Das Ganze muss ein gewaltiges Geschäft sein. 2008 startete er erstmals in Göteborg. Dieses Mal wird man dort vermutlich die Teilnehmerzahl von 10.000 überschreiten. Seit 2009 gibt es den Lauf auch im Kopenhagener Vorort Frediksberg. Dieses Jahr startet er erstmals in Helsinki. Mich würde nicht überraschen, wenn es 2011 auch einen in Norwegen geben wird. Damit deckt man effektiv den ganzen skandinavischen Markt ab, ohne dass sich die Läufe durch zu große geographische Nähe gegenseitig das Publikum wegnehmen.

Dass jedes Jahr rund 5.000 Angemeldete erst gar nicht erscheinen, wird natürlich verschwiegen. Es kommt dem Veranstalter sicher nicht ganz ungelegen. Optisch merkt man den Unterschied nicht, aber die Kasse klingelt trotzdem. Es gibt weniger Gedränge, und für die Versorgung muss man weniger Geld ausgeben.

Der Organisator ist mittlerweile die letzten Herbst gegründete Firma „Midnattsloppet Nordic AB“, nicht mehr wie zuvor der Verein Hammarby IF. Auch das dürfte kein Zufall sein.

Damit im Einklang steht auch die Strategie, die verfolgt wurde. Über Jahre hat intensives Marketing dafür gesorgt, dass es an Teilnehmern nicht mangelte. Ab einem gewissen Punkt wird die Veranstaltung zum Selbstläufer und die Teilnehmerzahl explodiert. Dieses Jahre wurde in Stockholm schon zwei Monate im Voraus das Limit von 21.000 Anmeldungen erreichte.

Dass die organisatorische Grenze bei der Wasserversorgung offenkundig schon bei 16.000 Läufern in Kombination mit warmem Wetter erreicht war, stimmt nachdenklich. Nicht nur, dass bei dem Gedränge der sportliche Wert gemindert wird. Es ist auch gefährlich, falls Rettungskräfte kaum noch durchkommen.

Verantwortungsbewusstsein ist gefragt

Das Versprechen eines einzigartigen Erlebnisses in Kombination mit einem Herdentrieb erschließt auch Zielgruppen, die normalerweise nie bei einem 10-km-Lauf an den Start gehen würden. So wird die Anziehungskraft des Laufs irgendwann ein Problem. Wer alle anlockt, läuft Gefahr, dass auch viele starten, die körperlich einem solchen Lauf nicht gewachsen sind. Und manche von ihnen werden vielleicht schwer zu Schaden kommen oder gar sterben.

Dies liegt in deren eigener Verantwortung, und so kann man dem Veranstalter keine Mitschuld an der Tragödie geben. Aber er sollte seinen Kommerzialisierungstrip verlassen und künftig zum Wohle aller wieder mehr einen Lauf für die Läufer machen, nicht für die Sponsoren. Dazu gehört auch, auf die Gefahren dieses Sports hinzuweisen, die Versorgung der Läufer zu verbessern und die Teilnehmerzahl auf ein vernünftiges Maß zurechtzustutzen.

Wer groß sein will, sollte auch großes Verantwortungsbewusstsein zeigen.

Der absolute Tiefpunkt

Kein neuerlich weinerlicher Beitrag über die eigene Form. Stattdessen die Fakten, die für sich sprechen:

Zwischenzeiten meines Laufs (Ausriss: midnattsloppet.com)

Macht den Platz 9507 von 10404 Läufern.

Unterirdisch, das Ganze. Es muss sich echt etwas ändern.

Es lag natürlich zu Teilen am Wetter – es war schwül, was die Sache nicht erleichterte. Zudem hatte man (mal wieder) die Strecke umgestellt. Zwar war der Ablauf besser mit wenigen gefährlichen Ecken, aber dafür schienen die Anstiege noch härter als im Vorjahr, vor allem bei Kilometer 5 zur Sofia Kyrka hoch. Alles aber keine wirkliche Entschuldigung. Man sieht deutlich, dass ich nach einem passablen ersten Viertel massiv einbreche. Meine Leistungsfähigkeit ist offenkundig nur noch ein Bruchteil dessen, was ich vor 2 Jahren konnte. Eigentlich bin ich ein Berghase, der gerade beim Anstieg nie geht. Dieses Mal war das anders. Den Stockholm Halbmarathon habe ich schon für mich abgesagt. Das hat so keinen Zweck. Ich konzentriere mich stattdessen auf Hässelby und Åland.

Wenn es nach Leuten wie dem Zeitgenossen hier geht, müsste ich den Bettel hinwerfen und die nächsten 50 Jahre im Elend dahinsiechen. Werde ich aber nicht.

Nachtrag: Wie ich gerade lese, sind gestern beim Midnattsloppet zwei Männer umgekommen. Ein 50-jähriger kollabierte beim Anstieg an der Sofia Kyrka und verstarb kam schon tot im Södersjukhuset (Krankenhaus auf Södermalm) an. Ein 26-jähriger schaffte es im Ziel, kollabierte aber dort dann und wurde vom Rettungsdienst versorgt. Ich erinnere mich, dass kurz nach meinem Zieleinlauf ein Krankenwagen durch die Menge musste. Auch er verstarb im Krankenhaus. Er wurde ins Kaolinska Sjukhus gebracht und verstarb dort. Mein Beileid den Angehörigen.

Söderköping und Ekenäs Slott

Es ist eine bedauerliche Tatsache, dass die Motivation, Schweden zu erkunden, bei mir seit meinem Umzug hierher erheblich abgenommen hat. Wenn man in Deutschland lebt, ist der Schwarzwald schließlich auch nicht so spannend.

Ab und zu kommt es aber doch vor. Letztes Wochenende warem wir in dem schmucken Städtchen Söderköping, das eine gute Kulisse für einen Film von Inga Lindström abgeben würde. Am Göta-Kanal gibt es dort auch das „Glassrestaurang Smultronstället„, das ausschließlich Eis auf der Karte stehen und nur von Mai bis Ende August geöffnet hat. Wir haben uns aber nur etwas mitgenommen, denn es ist so beliebt, dass man für einen Platz anstehen muss.

Im Umland der Stadt ist das alte gräfliche Schloss Ekenäs – auch einen Besuch wert, finde ich.