Drei Dinge braucht der Mann: Feuer, Pfeife, Reminiszenz
Die Ärzte (falsch zitiert von der B-Seite der Single „Hurra“, dort wiederum mit einem nicht existenten Fremdwort abgekupfert von einem alten Werbeslogan)
Heute bzw. gestern fiel der Startschuss zu einem der größten Sportereignisse der Welt, dem New York City Marathon. Wer mich kennt, weiß, dass sich mit diesem Ereignis für mich Erinnerungen verbinden, die ich nicht missen möchte.
2004 hatte ich das Vergnügen, zwei Wochen in New York zu verbringen und diesen Lauf zu machen. Über meine bescheidene Zeit von über 6 Stunden würde ich gerne den Mantel des Schweigens breiten, wenn sie nicht ohnehin online abrufbar wäre.
42,195 km lang – im Übrigen ist das und nur das ein Marathon – erlebt man eine der tollsten Städte der Welt, sieht ihre Vielschichtigkeit in den 5 Stadtteilen Staten Island, Brooklyn, Queens, Manhattan und der Bronx (in der Reihenfolge des Durchlaufens).
Für mich beginnt heute der Countdown – der nächste NYC Marathon ist voraussichtlich am 4. November 2007, und ich möchte dabei sein. Vielleicht reicht meine Vorbereitung sogar schon für eine Teilnahme am Stockholm Marathon im Juni. Ich trainiere jedenfalls schon fleißig, wenn auch nur im Fitnessstudio, weil das Wetter Läufe draußen momentan etwas gefährlich macht.
Darum nun ein kleiner Fotorückblick auf den Lauf 2004. In diesem Rahmen möchte ich auch einen Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag an den Mann schicken, der mich vor gut 4 Jahren halbfreiwillig zum Laufen gebracht hat – das Wort halbfreiwillig trifft dabei sowohl auf ihn als auch auf mich zu. Alles Gute Arne!
Der Lauf begann in gewisser Hinsicht schon am Tag davor. Der International Friendship Run am Tag davor leitet traditionell das Marathonwochenende ein.
Er beginnt beim Gebäude der Vereinten Nationen und endet an der Tavern on the Green im Central Park. Dementsprechend läuft man die meiste Zeit durch Midtown Manhattan, was diese frühmorgendliche Impression auch zeigt.
Da man aufgefordert war, Sachen aus dem eigenen Land mitzubringen, war der Lauf entsprechend bunt. Wer genau hinschaut, wird in der Mitte eine badische Flagge erkennen.
Ich war auch da. Glücklicherweise hatte ich mein Mitternachtslauf-T-Shirt dabei, so dass ich der Aufforderung auch nachkommen konnte. Überraschenderweise wurde ich daraufhin von einigen Rastattern angesprochen.
Die Strecke ist nicht lang, es gibt keine Zeitnahme, und zum Laufen kommt man bei diesen Menschenmengen ohnehin nicht, aber wann hat man schon einmal die Gelegenheit, vor der Grand Central Station mitten auf der Straße zu laufen?
Das erste Foto von mir am Morgen des Marathons. New York hat ein sehr gnädiges Wetter um diese Jahreszeit. 15 °C und trockenes Wetter sind nicht unüblich. Auch dieses Jahr war es wieder trocken. 2004 war der Tag vollkommen klar. Man sieht mich hier auf der Verrazano Bridge von Staten Island nach Brooklyn, dem ersten und zugleich beeindrucksten Stück der Strecke. Links schaut man auf die Skyline von Manhattan, rechts auf den offenen Atlantik. Warum ich hier so überhitzt erscheine, ist mir ein Rätsel. An dieser Stelle war ich kaum 2 km unterwegs.
Deutlich weniger dynamisch erscheine ich hier, auf der Queensboro Bridge, wo der Halbmarathonpunkt ist. Zu der Zeit habe ich schon erste Laufpausen eingelegt. Ein großer Fehler – ich hätte zumindest versuchen sollen, bis zum 30-Kilometer-Punkt durchzuhalten. Die Laufpausen waren auch vollkommen unnötig. Es hatten mich keine Krämpfe oder dergleichen geplagt – irgendwie war einfach nur der Faden gerissen gewesen, als ich das erste Mal gegangen bin.
Gegen Ende des Laufs – die Lichtverhältnisse verraten schon, dass ich ziemlich lange unterwegs war.
Entsprechend gequält lief ich in der Abendsonne. Die Füße taten weh und ich ging viel – dennoch gab es noch viele Leute am Rand, die einem zujubelten. Für die Amerikaner zählt Sportsgeist eine Menge – „You inspire us“ liest man auf den Schildern, und die Leute rufen „You have almost done it“ und „That’s the spirit“. Ich schätze, dass es nur wenige Läufe auf der Welt gibt, wo man derart unterstützt wird.
Am Ziel – nach über 6 Stunden. Es war fast schon dunkel, aber ich hatte es geschafft und wollte es mir auch nicht nehmen lassen, rennend die Ziellinie zu überqueren. Es empfingen mich die Menschen mit den Warmhaltealufolien und dem Spruch „We have been waiting for you all day“ – den hatte er wohl schon hunderte Male zum Besten gegeben, aber es war doch sehr bewegend. Dann bekam man die Medaille umgehängt, und es entstand dieses Foto.
Nach 42,195 Kilometern ist einem eigentlich alles egal – auch wenn man die Augen zu hat.
Meine Beine fühlten sich eigentlich noch ganz ok an. Erst als ich mich niedersetzte und mir die Leckereien aus dem Fresspaket, das es zum Schluss gab, genehmigte, wurde mir klar, dass der Heimweg härter würden werde als so mancher Teil des Laufs. In der Tat humpelte ich zur U-Bahn, und für das letzte Stück nahmen wir sogar ein Taxi – eine kluge Entscheidung.
Heute habe ich übrigens auch erfahren, wie groß die Chancen waren, an diesem Abenteuer teilzunehmen. Jedes Jahr bewerben sich 90.000 Läufer für die Lotterie, und 50.000 dürfen dann teilnehmen, von denen wiederum ca. 38.000 erscheinen. Man kann also von einer Gewinnchance von 55 % ausgehen. Allerdings ist hierbei nicht berücksichtigt, wie da die Verhältnisse zwischen US-Amerikanern und dem Rest der Welt sind. Die werden nämlich unterschiedlich berücksichtigt, wobei Amerikaner doppelt so viele Plätze bekommen wie Ausländer.
Soviel dieser kleine Rückblick – nur noch 363 Tage bis zum nächsten NYC Marathon…