Pokal geholt

Arne, Andreas und Fabian mit Pokal

Unglaublich erfolgreich: Andreas (links), Arne (rechts) und ich (irgendwo anders) nach dem Halbmarathon (Foto: Arne)

Der Moment kommt nahezu jedes Mal, und die Moral sinkt. Man stellt sich die Frage „wieso mache ich das eigentlich?“ Die Antwort liegt im Metaphysischen. Es tut weh, macht öfters keinen Spaß, aber sobald man fertig ist, macht man sich Gedanken darüber, welche Schandtaten denn nun als nächstes kommen könnten.

Die Rede ist vom Laufen. Seit ich mich im Jahre 2002 in den Norderstedter Stadtlauf hineingeredet hatte und die 5 km mit Anstrengung, aber einigermaßen würdig überstand, ist das Band geknüpft. Jedes Jahr ein Halbmarathon ist seit 2004 Pflicht, egal, wie mies ich vorbereitet bin. Dieses Jahr ist keine Ausnahme.

Ich gebe ja zu, dass ich ein Faible für ungewöhnliche Aktionen habe. Anders ist kaum zu erklären, dass ich 2004 miserabel vorbereitet nach New York flog, um einen Marathon in der unterirdischen Zeit von 6:11 Stunden zu absolvieren. Dennoch war ich stolz, und ich glaube, das darf man nach 42,195 km auch sein.

Jener Stolz gebietet aber auch. Letztes Jahr ging ich nach Krankheit und Antibiotika im Blut beim S:t Eriksloppet an den Start, um einen Halbmarathon zu absolvieren. Es wurden katastrophale 2:40 Stunden. Dieses Jahr sollte es daher besser werden. Beim diesjährigen S:t Eriksloppet konnte ich mich aus der Affäre ziehen, weil ich arbeiten musste. Ein Alternativplan musste her, und der war bald gefunden. Ein Halbmarathon im Ausland sollte es werden, aber natürlich nicht zu weit weg. Das nächste Ausland von hier aus gesehen ist nicht etwa Norwegen. Es ist Finnland, genauer gesagt Åland, gesprochen Oland.

Es handelt sich dabei um ein Kuriosum der Weltgeschichte. Ähnlich den Färöern (wenn ein solcher Vergleich erlaubt ist) sind die Åland-Inseln von verschiedenen Mächten hin- und her gereicht worden. Gesprochen wird dort aber seit jeher Schwedisch. Nachdem Schweden Finnland an die Russen verloren hatten, wurde auch Åland russisch und blieb dies lange Zeit. Dementsprechend fiel es dann an Finnland, als dieses unabhängig wurde. Dem Zeitgeist gemäß fühlten die Åländer sich dort aber weniger heimisch, weil sie nunmal nicht finnisch sprachen und daher lieber zu Schweden gehören wollten. Nach einigen Wirrungen landete die Sache vor dem Völkerbund, der daraufhin die wohl so ziemlich einzige dauerhaft bestehende Entscheidung seiner kurzen und unglücklichen Geschichte traf. Kurz: Åland blieb bei Finnland, erhielt aber weitgehende Autonomie und wurde demilitarisiert. Dabei ist es auch geblieben, und der Schutz der schwedischen Sprache ist den Åländern heilig. Ein Sonderrecht in der EU macht die Inseln aber noch anderweitig zu etwas besonderem. Die Zoll- und Steuerbestimmungen der EU gelten hier nicht in vollem Umfang, was bedingt, dass auf Schiffen von und nach Åland weiterhin Alkohol und andere Dinge steuerfrei verkauft werden dürfen. So ist es nicht verwunderlich, dass jede Ostseefähre dort einen Zwischenstopp einlegt und sogar Fahrten nach Åland nur zu dem Zweck durchgeführt werden, um die Reisenden mit Alkohol zu versorgen.

Dieses spezielle Stückchen Europa schien also prädestiniert für einen Lauf der besonderen Art. Wie passend, dass es dort auch einen Lauf gibt, nämlich den Åland-Marathon, der dieses Jahr zum 26. Mal stattfand. Die Läuferzahl stagniert trotz zunehmend professioneller Durchführung bei rund 500, was einen etwas einsamen Lauf versprach. Die Strecke schien auch wenig spektakulär zu sein, weil sie einfach ein Stück aus Ålands Hauptstadt Mariehman heraus ging und dann wieder hinein. Aber es war Åland, was diese Schwächen natürlich etwas ausglich.

Interessant wurde es erst richtig durch ein Angebot der Fährline Eckerö-Linjen. Das „Marathonpaket“ enthielt die Fährfahrt (inkl. Auto), Hotelübernachtung, ein Pastadinner und die Startgebühr. Das alles für rund 70 €, und da wir letztendlich zu dritt waren, wurde es sogar noch etwas billiger.

Meine beiden Mitstreiter waren Arne, der extra aus Norderstedt angereist kam, und Andreas, den ich erst im Sommer zum Laufen überredet hatte.

Da fuhren wir nun insgesamt 170 km nach Mariehamn, holten unsere Startnummern ab und checkten ein. Die Umstellung auf Winterzeit kam uns in dem Fall entgegen, denn Finnland ist eine Stunde voraus, und damit hätten wir noch früher am Start sein müssen als ohnehin schon.

Startzeit war 8:45 Uhr, und die ersten Kilometer gingen ganz gut. Andreas, der immer wieder bekundet hatte, dass er gar nicht glaube, überhaupt 21 km laufen zu können, war nach ein paar Minuten irgendwo vor Arne und mir verschwunden. Nach 5 km setzte sich auch Arne langsam von mir ab. Kurz nach dämmerte es mir, dass das einfach auch nicht mein Tag war. Zwei Wochen zuvor hatte ich noch eine halbwegs passable Zeit in Hässelby hingelegt. Nun schienen schon die ersten 10 km hart zu werden. Ich lief aber bis zur Hälfte durch.

Honorarkonsul

Sieht wie eine Botschaft aus, ist aber keine. Das deutsche Honorarkonsulat auf Åland

An den Versorgungsstationen gab man uns Sportdrinks und Wasser in einer Temperatur zu trinken, dass ich erst annehmen musste, das Zeug sei ewig abgestanden. Wie sich später heruasstellte, war es vorher wohl einfach abgekocht worden. Bei dem doch etwas ekligen Wetter (8°C, feucht, windig) war man anscheinend um unsere Gesundheit besorgt. Mir wäre etwas kühler jedenfalls lieber gewesen.

Die Strecke war noch viel langweiliger als befürchtet. Auf Åland gibt es vier nationale Fernstraßen („landsväg“), logischerweise mit den Nummern 1 bis 4. Auf der Nummer 1 waren wir am Abend zuvor von Eckerö nach Mariehamn gefahren. „Landsväg“ ist auch insofern bezeichnend, als die Straße derzeit erneuert wird und man deswegen zeitweise über Schotter fährt. Schon auf der Hinfahrt waren uns die Marathon-Kilometer-Schildchen am Rand aufgefallen. Nun stellte sich heraus, dass man bei der Streckengestaltung noch weniger Kreativität investiert hatte, als wir erwarteten. Die Halbmarathonstrecke begann in Mariehamn, ging 10 km auf der 1 Richtung Eckerö und dann wieder zurück. Die Marathonstrecke war das gleiche, nur eben mit 20 km. Als Freund des Rundkurses fand ich das natürlich weniger begeisternd. Es hatte vor allem den Effekt, dass in Mariehamn keiner Notiz davon nahm und somit auch kaum Zuschauer da waren. Man bekam etwas åländische Natur zu sehen, aber da es windig war und Mariehamn die einzige große Ansiedlung ist, kann man das kaum als Besonderheit bezeichnen. Da wäre zumindest eine Schleife durch Mariehamn wünschenswert gewesen. Einen kleinen Vorteil hatte die Strecke jedoch: Man sah, wieviele vor einem kamen, und auch, wie viele nach einem kamen.

Nach einer kurzen Pause beim Umkehrpunkt lief ich weiter, und es ging prächtig. Bei Kilometer 14 kam aber langsam der Einbruch. Ich machte wieder Pausen, und diese wurden von mal zu mal länger. Bei Kilometer 17 überholte mich gar der erste vom Marathon, der 15 Minuten vor uns gestartet war. Da dieser aber den Lauf mit rund 10 Minuten Abstand gewann, landete ich zum Glück nicht gleich in der Spitzengruppe des Marathons. Bei mir Kilometer 20 waren meine Beine dann schon enorm schwer. Mir kamen die ersten vom Peugeot „Fun Run“ entgegen, der wohl um 11 Uhr gestartet worden war. Letztendlich war ich nach 2:28 Stunden im Ziel. Nicht ganz so mies wie im Vorjahr, aber von gut kann keine Rede sein.

Strahlender Sieger: Andreas

Überraschender Pokalgewinner in der Klasse der Damen: Andreas.

Da wir schon um 12 Uhr auschecken mussten (ein kleiner Nachteil des Marathonpakets), nahm ich schnell meine schöne auf Holz befestigte Medaille (sehr nett) und ging zurück ins Hotel. Dort fand ich Andreas freudestrahlend mit einem Pokal vor. Er konnte die Behauptung, gewonnen zu haben, nicht lange aufrechterhalten. Wie sich herausstellte, hatte eine Arbeitskollegin, ihres Zeichens eine der besten Läuferinnen Schwedens, ihm den abgetreten, weil sie nur Gesamtvieter geworden war und damit mit dem ersten Platz der Damen nicht so ganz zufrieden sein konnte. Diese Probleme möchte ich mal haben.

Andreas‘ Ergebnis war nichtsdestotrotz beeindruckend: 1:47 Stunden, und damit 7 Minuten besser als meine persönliche Bestzeit. Arne hatte es in 2:15 Stunden geschafft.

Nach dem Auschecken tat uns alles weh. Wir waren müde und mussten irgendwie noch die kommenden Stunden in Mariehamn füllen, da es erst am Abend nach Schweden zurück ging. Trotzdem: wir hatten eine Menge Spaß und waren uns auch einig, dass wir das gerne wieder machen würden.

Ich für mich selbst habe beschlossen, dass 2008 mein nächstes Marathonjahr werden wird. Zwar ist 2007 mit insgesamt 7 Läufen (die „Tömilen“ kommt noch) eines meiner laufreicheren Jahre, aber die Ergebnisse können mich kaum zufriedenstellen. Nächstes Jahr sind also mindestens ein Marathon und ein Halbmarathon fällig.

Wieder werde ich mich quälen und frage, warum ich das eigentlich mache. Aber so ist das nunmal als Läufer.

Gedanken zum Tage

Ein richtig heißes Thema hatte ich in der letzten Zeit nicht, dafür aber ein paar Kleinigkeiten, bevor ich nach Åland fahre.

  • Letzten Montag berichtete die DN ganz groß darüber, dass jetzt in Schweden das Analogfernsehen abgeschaltet wurde. Euphorisch heißt es darin, dass auch in Deutschland die Umstellung sehr weit fortgeschritten sei. Ich habe gleich mal einen korrigierenden Leserbrief geschrieben, denn so zügig wie in Schweden führt man die Umstellung in Deutschland eigentlich nur in den Großstädten durch.
  • Heute morgen war ein Bericht in der DN über eine neue Organisation, die sich für „mehr Rechtssicherheit“ einsetzt. Im Vorstand sind drei Leute, die sich zu Unrecht von einem schwedischen Gericht verurteilt sehen. Offensichtlich handelt es sich um einen Comeback-Versuch von Anna Sjödin, der ehemaligen Juso-Vorsitzenden, die im Frühjahr 2007 verurteilt wurde, weil sie im betrunkenen Zustand einen Sicherheitsmann in einer Disco beleidigt habe und dann handgreiflich geworden sei. Sie streitet das aber ab und fühlt sich als Opfer der Justiz. Die anderen Vorstandsmitglieder sind aber auch teilweise illustre Persönlichkeiten. Zu ihnen gehört „Billy Butt„, ein schwedischer Musikproduzent, der 1993 wegen Vergewaltigung in 9 Fällen zu 4 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Abgesehen davon, dass die Organisationen bislang anscheinend eher durch nebulöse Aussagen wie „viele Anwälte vertreten ihre Klienten nicht richtig“ glänzt, hat sich da schon eine etwas fragwürdige Truppe zusammen gefunden. Wenn Verurteilte sich als Opfer der Justiz produzieren, wer soll dann beurteilen, wer denn nun Opfer der Justiz ist?
  • Gestern habe ich mir die Ausstellung über Willy Brandt genehmigt. Sie war interessant, auch wenn es nichts zu sehen gab, was nicht auch im Begleitheft gewesen wäre.

So, und jetzt wird gepackt – übermorgen dann mehr vom Halbmarathon in Åland.

Langsam

Gestern abend war wieder einmal Midnattsloppet, der äußerst beliebte 10km-Lauf durch Södermalm, Stockholm südlicher Hauptinsel. Die doch schon ziemlich saftigen Anmeldegebühren von knapp 40 € haben 18000 Läufer nicht davon abgehalten, sich anzumelden.

Mich auch nicht.

Weil ich busfahrbedingt noch etwas mit der Anmeldung gewartet habe, bekam ich nur noch einen Platz in der Gruppe 5, die geschwindigkeitsmäßig nicht weit vor Walkern rangiert. Laut Broschüre sollte man 61-70 Minuten brauchen, um hier richtig zu sein. Ich wage zu behaupten, dass dies aber auf viele nicht so ganz zutraf. Bei dem Lauf bewerben sich offenkundig auch viele, die sich es dann doch nicht zutrauen und absagen – anders ist kaum zu erklären, wieso sich rund 18000 Läufer angemeldet haben, in den Ergebnislisten aber nur weniger als 14000 stehen.

Zwar bin ich Gegner von Geschwindigkeitsarroganz, aber wenn sogar ein mäßig trainierter Mensch wie ich nach 30 Minuten praktisch nur noch von Läufern der Gruppe 4 umgeben ist (die schließlich fünf Minuten vorher gestartet waren), spricht das für sich.
Zunächst hatte ich den Eindruck, ich könnte sogar meine Zeit von 2005 unterbieten (54:02), und meine Uhr machte mir sogar etwas Hoffnung. Der erste Dämpfer kam nach 5 Kilometern, wo schon 28 Minuten vergangen waren – da man beim Start ausgebremst wird, konnte man so wenigstens eine Endzeit von 56 Minuten annehmen. Allerdings hatte ich dabei vergessen, dass der zweite Teil erheblich steilere Abschnitte hat. So sank mein Geschwindigkeitsschnitt wohl nicht zuletzt deswegen ab. Am Ende waren es 59:22 Minuten – meine schlechtesten 10 km bislang.

Dennoch ist der Lauf ein Erlebnis, und ich kann als positiven Aspekt auch mitnehmen, dass der zunächst skeptische Andreas nicht nur überragende 49:02 Minuten gelaufen ist, sondern auch hellauf begeistert war.

Es spornt mich auch an, besser zu werden, denn dieser Tage habe ich mich für einen Halbmarathon beim Åland-Marathon angemeldet, der Ende Oktober stattfindet. Arne und Andreas sind mit von der Partie. Der ganze Spaß ist nicht übermä0ßig teuer: rund 70 € für Fährüberfahrt mit Auto inklusive Startgebühr, Hotelübernachtung und Pastadinner.

Der Halbmarathon ist natürlich nicht nur härter, sondern findet auf für mich unbekanntem Terrain statt. Die Strecke auf Åland wirkt zumindest auf der Karte recht uninteressant, da man einfach nach 10 km umkehrt und zurückläuft. Außerdem ist die Konkurrenz dünn: im letzten Jahr liefen gerade einmal 257 Leute den Marathon und 200 den Halbmarathon. Da kann es ein bisschen einsam werden unterwegs, auch weil man auf großartige Zuschauerunterstützung kaum hoffen kann. In diesem Jahr ist auch nicht mehr Besucherandrang zu erwarten, denn es handelt sich um die 26. Ausgabe des Laufs, so dass man die geringen Teilnehmerzahlen nicht auf eine organisatorische Anlaufzeit schieben kann. Allerdings muss angemerket werden, dass sich die Läuferzahlen seit 2003 mehr als verdoppelt haben.

Ein weiterer Höhepunkt könnte der Hässelbyloppet Mitte Oktober sein – den bin ich ja schon 2005 recht erfolgreich gelaufen.

Rock The Boat

Alphaville an Bord
Zum Wochenende gibt es einen Wohlfühlbeitrag mit vielen Bildern und wenig Text.

Die letzten beiden Tage waren wir (d.h. ich und noch ein paar andere) auf dem Saufdampfer nach Åland und wieder zurück. Das ist natürlich nicht das erste Mal, dass wir bei sowas mitmachen. Dieses Mal wurde es nämlich hochkulturell: die 80er-Jahre-Megaband Alphaville spielte an Bord. Und nun zu unserem Reporter Thilo:

Schwer zu verstehen und nix zu sehen – Thilo live vor Ort

Alphaville an Bord

Riesenkracher aus dem Sommer 1984 – Sounds Like A Melody

Marian Gold

Der Sänger von Alphaville, Marian Gold – Stimme noch genauso wie früher, das Gewicht laut direktem Fotovergleich nicht ganz

Der erste Hit und nach Steffens Meinung auch der beste: Big in Japan

Stimmungsmäßig trotzdem ganz weit vorne: Forever Young

Der Band gelang es u.a. durch extreme Lautstärke, zu kaschieren, dass sie nur drei Lieder hat, die jeder kennt. Die Hits kamen dafür umso besser.
Bitter hingegen der Morgen danach. Der Sponsor, ein mir nicht bekannter Stockholmer Radiosender für Musik aus den 80ern und 70ern – Studio 107,5 – veranstaltete einen Karaoke-Wettbewerb. Das Elend ließ nicht lange auf sich warten.

Nebel in den Schären

Mindestens genauso trübe wie die meisten Gesangsbeiträge – das Wetter auf der Rückfahrt

Gewonnen hat übrigens eine Dame, die singen konnte und dies eindrucksvoll gezeigt hat, indem sie das Duett „Up Where Belong“ (ursprünglich von Joe Cocker und Jennifer Warnes) alleine gesungen hat.

Da fehlte eigentlich nur noch ein Abschlussstatement, konkret an Steffen gerichtet:

PS: Nächste Woche Freitag, der 30.3. ab 22 Uhr „The Hello Everybody Show“ mit Thilo und mir. Wie immer in Stockholm auf 95,3 MHz oder im Internet auf www.thsradio.se.

Bananen-Blues

7 Tage und kein Post – ist er etwa krank? Vor der Kanalküste in Seenot geraten? Von Kyrill auf die Schären geweht worden?

Nichts von alledem. Meine üblichen Themen haben mich in den letzten Tagen nicht inspirieren können, etwas hier zu schreiben. Dass Mona Sahlin beispielsweise neue Parteichefin der Sozialdemokraten wird, hat mich weder überrascht, und meine Meinung (wird eh nie Regierungschefin) hatte ich dazu schon kund getan. Auch dass die Regierung Reinfeldt ordentlich an Zustimmung verloren hat, ist auch kaum mehr als eine halbinteressante Zwischenstandsmeldung. Nicht mal zur eventuellen Freilassung von Mohnhaupt und Klar habe ich eine fundierte Meinung. Die Winterlethargie ist eingekehrt.

Zugegebenermassen war ein Beitrag schon fast fertig, als der Browser abstürzte. Die Unbillen, die man als Blogger auf sich nehmen muss, sind schon gigantisch.

Media Markt-Kampagne

„Hat Media Markt die grösste Auswahl? Ist der Ball und der Knödel rund?“ – Media Markt-Werbung war auch schonmal weniger klischeehaft und dämlich

Apropos Unbillen – das Wetter wird langsam winterlich. Ich sitze gerade in Kista und friere mir ein bisschen den Hintern ab. Draussen hat es lauschige -8 Grad, letzte Nacht sogar mal -10. Das wird wohl auch noch eine Weile so bleiben. Grund zum Beschweren habe ich eigentlich aber nicht, denn Stockholm ist momentan schön weiss.

Auch sonst ist es mit der Lethargie nicht so weit her. Ich mache schön meinen Relativitätstheoriekurs und schreibe meine Masterarbeit, letzteres aber deutlich weniger erfolgreich bislang, weil sich das Schreiben doch recht zäh gestaltet.

„Kulturell“ geht dafür einiges. Letzte Woche Mittwoch hatte ich Thilo von DASDING, der jetzt auch ein Semester in Stockholm verbringt, angekündigt, wir würden zur grossen Austauschstudentenparty ins Allhuset auf dem Uni-Gelände gehen. Letztendlich war er der einzige, der drin war. Alle anderen haben nach einer Stunde Wartezeit im strömenden Regen aufgegeben. Donnerstag dann haben wir uns MacBeth auf Schwedisch gegönnt. Nicht, dass wir viel verständen hätten, aber schlecht wars nicht.

Derzeit bin ich am munteren Planen für zukünftige Unternehmungen. Ein ursprünglich geplanter Trip ins winterliche Kiruna (derzeit so lauschige -25 Grad) kommt wohl nicht mehr zustande, dafür werden wir die 80er-Pop-Grössen von Alphaville auf einer Fahrt nach Åland im März begutachten. Im Mai geht es dann gleich wieder nach Deutschland.

Was im Sommer passieren wird, ist hingegen vollkommen offen. Ich schreibe schon Bewerbungen und strecke meine Fühler aus. Vom wissenschaftlichen Redakteur bis zum Busfahrer ist jedenfalls alles drin.

Und warum heisst dieser Artikel „Bananen-Blues“ – nun, die gelbe krumme Frucht ist derzeit mein Hauptnahrungsmittel. Auf diese Art bin ich schon rund 3,5 kg losgeworden, wonach ich aber leider immer noch stark im übergewichtigen Bereich liege. Trotzdem bin ich eisern und werde morgen auch wieder trainieren. New York, ich komme 🙂

Polit-Ticker (5): Ganz kurz

Zurück aus Åland geht es mit dem Tagesgeschäft weiter.

Daher nur eine wahnsinnig spektakuläre Meldung heute: die Verantwortlichen für den grossen Spionageskandal im Wahlkampf werden nun angeklagt – insgesamt stehen 6 Leute auf der Liste. Der Prozess soll im Januar beginnen.

Sehr interessieren würde mich aber auch, was mit dem Folkpartiet-Stadtrat passiert ist, der in einem Pornokino festgenommen wurde.

Åland sehen und sterben

Eine neue Öllåda (Bierpalette) steht in meinem Zimmer – ja, ich bin gerade aus Åland zurück.


Mariehamn am frühen Montagmorgen – da geht einiges

Kurz die harten Fakten: Alkohol in Schweden ist teuer wegen exorbitanter Steuern. Schweden betrachten Alkohol meist rein ökonomisch. Da es teuer ist, muss es sich auch lohnen – konkret heißt das, dass so lange getrunken wird, bis nichts mehr hineingeht, da ja sonst das Geld verschwendet wäre. So sieht man jedes Wochenende Leute in die U-Bahn kotzen, die ein oder zwei Getränke zu spät aufgehört haben.
Die Åland-Inseln sind schwedischsprachig, gehören aber zu Finnland. Geographisch liegen sie ungefähr auf halbem Weg zwischen Helsinki und Stockholm. Wegen dieser besonderen Rolle gelten für die Inseln (26.500 Einwohner) auch besondere Regeln. Sie haben weitgehende Autonomie, was sich vor allem daran zeigt, dass sie eigene Autokennzeichen haben. Auf der Fahrt von und nach Åland darf zudem steuerfrei eingekauft werden. Letzteres machen sich Fährlinien zunutze, die die Strecke von Stockholm nach Mariehamn (Hauptstadt der Inseln) bedienen. Da man in nur wenigen Stunden dort hinfahren kann, gibt es Rundfahrten, die „Kryssning“ genannt werden. Man steigt in Stockholm am späten Nachmittag ein, fährt über Nacht nach Åland, und nach zweistündigem Aufenthalt fährt man direkt wieder zurück. Sinn und Zweck der Veranstaltung ist nicht etwa, zu den Inseln zu fahren. Nein, vielmehr ist es der steuerfrei Einkauf von Spirituosen und Kosmetika. Kurzum ist es ein Saufdampfer. Niemand will nach Åland, alle wollen trinken, feiern, einkaufen. die Fährlinie Viking Line setzt hierzu auch noch Ryanair-artige Methoden ein. Die Fahrt selbst ist in der Regel kostenfrei. Meist muss man nur das Buffet an Bord bezahlen, was aber keinen stört, da man sich dort für 24 € exzellent den Bauch vollschlagen kann. Um die Kundschaft auch bald wieder zu einer Reise zu bringen, gibt es beim Einkauf an Bord gleich wieder Gutscheine, die 3 Monate gelten und zu einer neuerlichen Buchung einer kostenlosen Kabine berechtigen. Das führt dazu, dass eine Fähre mit einer Kapazität von gut 800 Passagieren täglich zu guten Teilen besetzt nach Åland fährt, und zwar mit lauter Leuten, die eigentlich gar nicht nach Åland möchten. Dementsprechend ist das Schiff voll mit Menschen, die eigentlich nur saufen (andere Bezeichnungen wären hier unpassend) wollen und durch dieses Konsumverhalten das Überleben der Fährgesellschaft sichern. Derartige Extreme hatten wir zwar nicht vor, aber da wir im September schon so eine Fahrt gemacht hatten, musste der Gutschein natürlich noch weg, bevor er verfällt. Also wurde daraus eine Fahrt von Christine und mir nach Åland.

Eine Sonntagskryssning unterscheidet sich auf jeden Fall beträchtlich von dem, was wir kannten. Anscheinend fahren junge Leute vorwiegend auf das Wochenende zu, was dazu führte, dass wir weit unter dem Altersdurchschnitt lagen. Es gab nur eine handvoll Passagiere unter dreißig.

Senioren sieht man in Deutschland vergleichsweise wenig Alkohol trinken – zumindest in meiner Erinnerung. Auf der Cinderella hingegen – so heißt das Schiff – trinken Senioren sogar Cocktails.

Nach dem Buffet begaben wir uns in den „Fun Club“, um der großen Weihnachtsshow beizuwohnen. Wir setzen uns an einen Tisch, auf dem zwei halbleere Gläser standen und eine Zigarettenschachtel lag. Weiterhin deutete aber nichts darauf hin, dass dort jemand saß. Christine brachte 10 Minuten später die Gläser zurück. Kurz darauf kamen diejenigen zurück, die vorher dort gesessen waren. Wir hatten aus deutscher Sicht heraus angenommen, dass die Plätze unbesetzt waren. Ein Schwede würde aber nie einen halbvollen Drink stehen lassen (lohnt sich sonst ja nicht). Nach einem etwas unfreundlichen Anfang übernahm Christine den entstandenen Schaden. Bei einer weiteren Diskussion wurde den beiden aber auch klar, dass es uns nicht darum gegangen war, sie zu verarschen. Damit war die Sache bereinigt und später spendierten sie uns sogar noch einen Drink.


Panorama vom Schiff aus

Unangenehmer war hingegen ein Mann mittleren Alters, der schon um 19 Uhr sturzbetrunken war und mit fragwürdigem Charme Christine Avancen machte, indem er Komplimente über ihre schönen Augen zum Besten gab. Zum Glück können wir in solchen Fällen darauf zurückgreifen, so zu tun, als ob wir kein Schwedisch verstünden. In seinem Zustand war er leider auch noch in der Lage, ein paar Fetzen auf englisch zu lallen. Ich solle ihm bescheid geben, wenn wir ein Bier trinken wollten. Er würde es dann bezahlen. Ein echter Gentleman…
Natürlich haben wir das nicht in Anspruch genommen und später waren wir ihn auch los.
Später in der Disco trafen wir auf einen ähnlichen (aber deutlich jüngeren) Helden, der Christine unbedingt ein Bier zahlen wollte. Dumm nur, dass seine Freundin in Sichtweite stand und dementsprechend wenig begeistert war. Manchmal kann man doch auch froh sein, ein Mann zu sein – sowas dürfte einem selten passieren. Christine war natürlich dadurch unverschuldet im Eifersuchtszielgebiet gelandet. Was sich zum Glück aber dann auch gleich geklärt hat.
Nach etwas Zeit in der Disco hatten wir beide gut einen sitzen und ließen es dabei bewenden.


Stadtplan von Mariehamn – nun ja, sagen wir mal, übersichtlich…

Nun wollte ich nicht zweimal nach Åland gefahren sein, ohne die Inseln auch zu betreten. Also ging ich zwanzig Minuten vor der Abfahrt von Bord und fotografierte das reichlich verschlafene Mariehamn. Beim Verlassen des Schiffs kamen mir ganze drei Passagiere entgegen. Die Frau am Check-In schien sogar überrascht, dass es noch jemanden gibt, der das Schiff verlassen hat und nun zurück will. Jedenfalls bin ich jetzt einmal dort gewesen. Die allermeisten Passagiere gehen natürlich nicht von Bord, sondern schlafen ihren Rausch aus.


Mariehamn – I was here

Nicht wenige starten Tag aber gleich mit etwas Konteralkohol, oder haben erst gar nicht aufgehört zu trinken. So auch ein Herr, den wir Mr. Absturz tauften. Der war schon kurz nach 12 Uhr derart betrunken, dass er sich überall festhalten musste. Wir hätten zu gerne gesehen, wie er später das Schiff verlässt. Sonderlich schnell kann das nämlich nicht gegangen sein.

Auch sehr drollig ein Ehepaar (zumindest ist das anzunehmen) im reichlich fortgeschrittenen Alter, das sich im „Admiral Hornblower’s Pub“ die Kante gab. Er schaute griesgrämig drein, sie guckte belämmert und hatte ihre Gehhilfe neben sich stehen. Ich hatte zunächst vermutet, dass es da wohl schon erhebliche Artikulationsschwierigkeiten geben müsste, aber beim Vorbeigehen durften wir einen Teil ihrer Konversation belauschen:

Sie: nuschel…lall…nuschel…
Er: „Håll käften!“ („Halt’s Maul!“)

Das muss Liebe sein.

Ja, das war sie, die Fahrt nach Åland. Beim Bingo konnten wir leider nicht abräumen, aber lustig war’s.

PS: Das habe ich im Tax-Free-Shop gesehen:


Da stellt sich die Frage, was sich der Marketingmensch wohl gedacht haben mag, als er einen Frauenrasierer „Vibrance“ nannte…

Diversity Challenge

So, nun habe ich gerade meinen Beitrag zur Diversity Challenge abgeschickt. Vielleicht klappt es ja und ich darf irgendwo als Trainee anfangen oder etwas in der Art.

Eine Challenge der anderen Art wird die gefährliche Reise mit der Cinderella nach Åland – die begehe ich in einer Stunde. Es wird die Fahrt vom September in klein. Wir hatten nämlich noch einen Gutschein übrig, den wir nicht verfallen lassen wollten. Abgesehen davon ist es auch eine gute Gelegenheit, Bier zu kaufen und lecker zu essen. Morgen dann wieder von gewohntem Terrain 🙂