Polit-Ticker (5): Ganz kurz

Zurück aus Åland geht es mit dem Tagesgeschäft weiter.

Daher nur eine wahnsinnig spektakuläre Meldung heute: die Verantwortlichen für den grossen Spionageskandal im Wahlkampf werden nun angeklagt – insgesamt stehen 6 Leute auf der Liste. Der Prozess soll im Januar beginnen.

Sehr interessieren würde mich aber auch, was mit dem Folkpartiet-Stadtrat passiert ist, der in einem Pornokino festgenommen wurde.

Noch ne Länderliste

Heute wird ja mächtig gelistet – noch ein internationales Ranking, bei dem Schweden ganz vorne liegt: das World Economic Forum hat heute seinen Gender Gap Report 2006 vorgestellt. Der beurteilt, wie unterschiedlich die beiden Geschlechter in der Gesellschaft sind, und zwar nach vier Kategorien:

  • Wirtschaftliche Teilnahme und Möglichkeiten – Löhne, Beteiligung und Zugang zu hochqualifizierter Beschäftigung
  • Erlangung von Bildung – Zugang zu niederer und hoher Bildung
  • Politische Macht – Repräsentation in Entscheidungsstrukturen
  • Gesundheit und Überleben – Lebenserwartung und Verhältnis der Geschlechter

Die Skala ging von 0 bis 1. Die Liste:

  1. Schweden – 0,8133
  2. Norwegen – 0,7994
  3. Finnland – 0,7958
  4. Island – 0,7813
  5. Deutschland – 0,7524
  6. Philippinen – 0,7516
  7. Neuseeland – 0,7509
  8. Dänemark – 0,7462
  9. Grossbritannien – 0,7365
  10. Irland – 0,7335

Man beachte, dass der Abstand zwischen Deutschland und Island beträchtlich ist. Allzusehr freuen sollte man sich also nicht. Die Platzierung der Philippinen hat mich etwas überrascht, um ehrlich zu sein. Ebenso das schlechte Abschneiden Dänemarks. Die übliche Nähe der skandinavischen Länder zueinander ist hier nicht gegeben.
Das gute Abschneiden Deutschlands ist auch eine „Teamleistung“ – keine massiven Schwächen, aber nirgendwo auch richtig gut.

In der Kategorie der wirtschaftlichen Möglichkeiten sind wir nur auf Platz 32. Schweden ist hier auf Platz 9. Interessanterweise führt hier Tansania. Auf Platz 2 liegt Moldawien, was auch etwas überraschend wirkt. Die nächsten Plätze sind USA, die Philippinen und Ghana.

Bei der Bildung gibt es zahlreiche erste Plätze: die Philippinen, Dänemark, Grossbritannien, Irland, Australien, Jamaika, Lesotho, Luxemburg, Dominikanische Republik, Frankreich und Honduras – eine wahrhaft illustre Auswahl. Deutschland landet hier auf Platz 31, Schweden auf Platz 22.

Bei der politischen Beteiligung, wo wohl der politische Wille zur Gleichstellung und die politische Kultur am meisten einfliessen dürften, ist es kein Wunder, dass das Gesamtranking weitgehend widergespiegelt ist. Die Plätze 1 bis 4 sind identisch, auf 5 kommt Spanien, Deutschland auf 6.

Bei er Gesundheit dann Deutschland wieder im Mittelfeld auf Platz 36. Hier schneidet Schweden sogar nur auf Platz 70 ab, Island gar nur auf Platz 92. Den wiederum mehrfachen ersten Platz belegen die Philippinen, Sri Lanka, Moldawien, Kolumbien, USA, Österreich, Costa Rica, Belgien und noch eine ganze Reihe weitere, darunter auch Mauretanien, das in der Gesamtwertung nur Platz 106 belegt.

Auffällig sind für mich Moldawien und die Philippinen. Moldawien liegt insgesamt auf Platz 17 mit 0,7128 Punkten, und scheitert vor allem an politischer Beteiligung und der Bildung. Die Philippinen haben nur bei der politischen Beteiligung einen Ausreisser nach unten (Platz 16).

Die letzten sind übrigens Nepal, Pakistan, Tschad, Saudi-Arabien und der Jemen – was wiederum wenig überraschend ist.

Verlieben, Verloren, Vergessen, Verzeihen

SBAB.SE Besserwisser

Bitte nicht so genau auf die Überschrift achten – sie hat wenig mit dem Text zu tun.
Eigentlich suchte ich nur einen albernen Titel für einen Post über etwas Verlorenes – hier wird derzeit nämlich allerhand verloren. Kürzlich stellte man in der Regierung fest, dass die E-Mails aus der Zeit der Tsunami-Katastrophe 2004 fehlten. So kann wohl vorerst keiner mehr das dürftige Krisenmanagement damals nachvollziehen. Jetzt ist auch noch ein Video der Estonia verschwunden. Wenn die Archivare so weitermachen, freuen wir uns sicher bald über das Verschwinden von Zeugnissen über Tschernobyl, die Kuba-Krise und Stalingrad.

Verloren hat man auch den Überblick im Karolinska-Krankenhaus in Huddinge, etwas südlich von Stockholm. Dort hat man schon zum dritten Mal in diesem Jahr Leichen vertauscht und somit versehentlich den falschen Toten verbrannt. Das ist natürlich bitter und vor allem äusserst peinlich. Sollte ich in absehbarer Zeit ein Testament aufsetzen, wird es eine Klausel enthalten, dass ich nicht dorthin gebracht werden will.

Gefunden wurde hingegen etwas ganz anderes – eine Waffe, und zwar genau die, mit der Olof Palme ermordet worden sein könnte. Die Zeitung Expressen hatte einen Tipp bekommen, dass die Pistole in einem See bei Mockfjärd liegt. Den Ort muss man nicht kennen, schätze ich. Man hatte wohl schon bei den ursprünglichen Ermittlungen nach dem Palme-Mord festgestellt, dass die Zusammensetzung der Kugeln, die Palme töteten, der entsprach, die die Kugeln hatten, die 1983 bei einem Postraub abgefeuert worden waren. Die Waffe sieht auch nicht mehr so wahnsinnig gut aus und es ist daher fraglich, ob überhaupt irgendwelche Schlüsse daraus gezogen werden können. Am meisten begeistert ist Expressen ohnehin davon, dass in der Pistole noch scharfe Kugeln sind. Ich stelle mir natürlich einfach die Frage, was wahrscheinlicher ist: dass jemand erst einen Postraub durchführt, dann die Waffe bis 1986 aufbewahrt, Palme erschiesst und die Waffe anschliessend ausgerechnet in der Nähe des Postraubtatorts entsorgt, wo man sie ohnehin suchen würde, oder dass jemand nach dem Postraub die Waffe in den See geworfen hat und Palme 3 Jahre später von jemand ganz anderem mit einer sehr ähnlichen Pistole und dem selben Kugeltyp umgebracht wurde? Ich bin zwar kein Ballistiker und vielleicht kann man die zweite Variante sicher ausschliessen – aber mal ehrlich: sonderlich logisch klingt die erste Variante nicht. Aber was ist am Palme-Mord schon logisch?

Zu grossen Diskussionen führt ein Vorschlag der Göteborger Reichstagsabgeordneten, man solle doch Frauenparkplätze einführen. Zu obigem verlinkten Artikel sind fast nur negative Stimmen zu hören (wenn man mal von meinem Eintrag absieht). So wie ich die Schweden kenne, würde man das natürlich hochoffiziell einführen und Nichtbeachtung mit mindestens 200 € Strafe belegen. Die Idee, dass man die Leute einfach darauf hinweisen kann, dass es Menschen gibt, die ein erhöhtes Sicherheitsrisiko oder andere Unannehmlichkeiten in einem Parkhaus hinnehmen müssen und man ihnen daher auf gewissen Parkplätzen den Vortritt lässt, scheint wohl eher befremdlich zu sein. Naja, man muss allerdings auch anmerken, dass in Deutschland auch jedes noch so unsinnige Schild kaum angezweifelt und meist auch befolgt wird – man hatte bei uns also leichtes Spiel.

Interessiert übrigens auch, dass unser Bundespräsident angeblich gelegentlich handgreiflich wird: Danke, Stern, für diese unpassende und irritierende Überschrift.

Die Organisation Economist Intelligence Unit hat eine interessante Studie zusammengestellt. Beurteilt wurden 167 Länder danach, wie demokratisch sie sind. Die Skala ging dabei von 1 bis 10. Insgesamt gab es 60 Indikatoren.
In den deutschen Medien hat diese interessante Beurteilung offenbar noch keinen Niederschlag gefunden. Daher hier einige Infos daraus. Eingeteilt wurden die Länder in vier Kategorien:

  • full democracies (vollwertige Demokratien, 28 Länder)
  • flawed democracies (Demokratien mit Defiziten)
  • hybrid regimes (Mischregimes)
  • authoritarian regime (Autoritäre Regimes)

Hier einige Rankingplätze:

  • Platz 1: Schweden (darüber kam ich jetzt auch darauf) räumt mit 9,88 voll ab und liegt damit auch noch knapp vor den anderen skandinavischen Ländern
  • Platz 2: Island
  • Platz 3: Die Niederlande
  • Platz 4: Norwegen
  • Platz 5: Dänemark
  • Platz 17: USA – damit auch noch eine vollwertige Demokratie
  • Platz 18: Tschechien
  • Platz 22: Griechenland
  • Platz 23: Grossbritannien – interessant, dass die Briten gegenüber den Amerikanern schlechter abschneiden, obwohl ihr Parteiensystem deutlich mehr diversifiziert ist. Anscheinend spielte die Parteienstruktur keine allzu grosse Rolle
  • Platz 27: Slowenien
  • Platz 34: Italien – und damit eine Demokratie mit Defiziten. Das Land wurde kürzlich auch von The Economist als „der kranke Mann Europas bezeichnet“.
  • Platz 38: Ungarn – mit einem Score von 7,53 auch nur eine Demokratie mit Defiziten
  • Platz 110: Armenien mit einer Score von 4,33 – den gleichen Wert haben auch Usbekistan, Kenia und Singapur. Es gilt damit als Mischregime. In der Gruppe der Mischregime landeten übrigens auch Russland (wenig überraschend), Georgien (schon etwas mehr überraschend) und die Türkei (sehr überraschend). Vor allem letzteres lässt ein bisschen Zweifel an der Beurteilung der Situation. Die Türkei ist eine klare Demokratie, wenn auch mit erheblichen Defiziten.
  • Platz 129: Aserbaidschan – damit schon klar im Bereich autoritärer Regimes
  • Platz 167: die rote Laterne kriegt Nordkorea – ich beschäftige mich ja seit einiger Zeit mit dem Land und habe ja auch schon darüber geschrieben. Ich bin sicher, dass die Pyongyang Chronicles die ganze Analyse als von den „Faschisten“ in den USA gefälscht abtun würden. Die berichten nämlich heute über die Wahlen am 1. Dezember und dass Nordkorea ja die einzige wirkliche Demokratie sei. Ob die die Studie gelesen haben?

Deutschland konnte ich leider nicht finden.

Es ist gerade kurz nach 13 Uhr und die Abendsonne scheint herein – ja, die Abendsonne. Eine schnelle Messung ergab, dass der Schatten meines 22 cm-Lineals ungefähr einen Meter lang ist. Dies ergibt einen Sonnenstand von ca. 13 Grad – und viel höher steigt sie im Moment auch nicht mehr.

Zu guter Letzt eine Erklärung des Bildes oben – es ist einfach eine Demonstration davon, wie unsere deutsche Sprache auf andere Sprachen wirkt. Im Englischen finden sich so schöne Worte wie „Angst“ und „Blitzkrieg“. Die Schweden haben den „Besserwisser“ übernommen. Es handelt sich übrigens um eine Anzeige eines Kreditgebers für Wohnungskäufer usw.

Bleifuss

Ich habe zwar nicht vor, mein Blog zu einem Magazin über Anna Sjödin zu machen – zumal sie ja von meiner Partei ist – aber diese Meldung ist mir gerade untergekommen:

Am vergangenen Donnerstag um 13:30 Uhr wurde die Juso-Vorsitzende Anna Sjödin von der Polizei angehalten. Wie die Zeitung Västerbottens-Kuriren schreibt, zeigte eine Lasermessung, dass Sjödin 105 Stundenkilometer auf einer Strasse nahe Enånger gefahren war, auf der nur 70 Stundenkilometer erlaubt sind. […]

Die Polizei nahm Anna Sjödin vor Ort den Führerschein ab und meldete das Vorkommnis der Verwaltung des Läns (Anm. ähnlich eines Bundeslands). Sie erhielt auch eine Strafe über 3600 Kronen (ungefähr 400 €). Nun muss die Verwaltung des Läns darüber entscheiden, wie lange Sjödins Führerschein einbehalten wird.

Die Frau zieht momentan den Ärger regelrecht an – in dem Fall aber eindeutig selbst verschuldet.

St. Maaartin

Diese Stadt ist immer wieder für Überraschungen gut. Gestern regnete es in Strömen – das ist natürlich weniger ungewöhnlich. Aber wer hätte schon gedacht, dass die deutsche Gemeinde in Stockholm eine einen Sankt-Martins-Umzug macht. Dazu gab es einen Basar und Flohmarkt sowie einen Waffelstand. Der Pfarrer trug ein spezielles Gewand und nach kurzer Einführung in der Kirche drehten wir eine kure Runde in der Altstadt – bei dem Wetter musste sie auch kurz sein. Aus den Fenstern schauten einige Stockholmer offenbar verwundert darüber, was eine Horde Kinder mit Laternen da macht. Bei dem Wetter eine durchaus berechtigte Frage. Genau aus diesem Grund gibt es leider auch keine Fotos.

Abschluss des gestrigen Abend war dann ein Kinobesuch – wir schauten „World Trade Center„. Ich bin immer noch nicht so recht sicher, was ich davon halten soll. Er ist sehr gut gemacht und die Art der Aufarbeitung sicher passend – schon alleine, weil die Terroristen und die Flugzeuge nicht zu sehen sind. Das Genre des 9/11-Films muss sich aber erst noch herausbilden. Bis in die 60er Jahre hinein bekam ja auch nur wegen akuten Realismusmangels eigentlich untragbare Filme über den Zweiten Weltkrieg vorgesetzt. Beim 9/11-Film besteht diese Gefahr zwar nicht, aber wie man die Ereignisse in einen größeren Zusammenhang setzt, ohne pietätlos oder wertend zu werden, bleibt unbeantwortet. „World Trade Center“ beschränkt sich nämlich konsequent auf die persönliche Komponente durch die Darstellung der unmittelbar Betroffenen. Einen Zweck erfüllt der Film allemal, wie ich auch in den ersten Berichten zum Film gelesen hatte: die Amerikaner werden sehr deutlich darauf hingewiesen, dass sie es geschafft haben, die Sympathie, die ihnen in diesen schlimmen Tagen entgegenkam, innerhalb von 2 Jahren zu verspielen – vielleicht für immer.

Hochs und Tiefs

oder besser gesagt, Tiefs und Hochs.

Ein Tief war ganz klar der Wintereinbruch gestern, bei dem das Schiff Finnbirch vermutlich wegen verrutschter Ladung Schlagseite bekam und sank. Nun läuft Öl aus. Natürlich könnte man sich jetzt ganz toll vorkommen, dass Deutschland zur Rettung eilt. Allerdings kam ein schwedisches Besatzungsmitglied um – zumindest konnte er nicht mehr gefunden werden – und ein philippinisches Besatzungsmitglied verstarb in Kalmar im Krankenhaus.

Ebenso ein Tief ereilte gestern Stockholm. Gute 10 cm Neuschnee und -5 °C verursachten ein Snökaos (Schneechaos). Busse fuhren wenig bis gar nicht und überall sonst gab es Verspätungen. Christine, die beim Flughafen in Arlanda arbeitet, berichtete mir, dass selbst der normalerweise rasend schnelle Arlanda Express gestern nicht mehr vom Fleck kam. Irgendwie scheint es normal zu sein, dass am Tag des ersten Schnees hier nichts mehr geht. Kälte ist in Schweden ja auch etwas sehr ungewöhnliches.

Ein Job, den ich nicht haben möchte, ist der desjenigen, der ab sofort nächtens die Straßen räumen darf und Rollsplit ausstreut. Vergangene Nacht um 2:30 Uhr fuhr eine Planierraupe hier durch – ich vermute, vor Mitternacht treten die ihre Arbeit gar nicht an. Ich frage mich allerdings, was die Menschen, die da arbeiten, denn so machen, wenn mal kein Schnee liegt. Sommerschlaf? Würste verkaufen? Meine Theorie ist ja, dass die in den Wintermonaten derart viel Rollsplit auf die Wege und Straßen streuen, dass sie den Rest des Jahres damit verbringen, diese letztendlich 10 cm dicke Schicht (kein Scherz) wieder zu entfernen – um sie im Winter darauf erneut auszustreuen.

Nun aber zu den Hochs. Ein zumindest vermeintliches Hoch ist der glückliche Zufall, dass die Deadline für die Abgabe des aktuellen Übungsblatts in Quantenmechanik bis Montag verlängert wurde. Das garantiert zwar nicht, dass ich deutlich weiterkommen – so habe ich aber wenigstens mehr Zeit.

Hoch ist übrigens auch mein Gewicht, auch wenn meine nahezu täglichen Fitnessstudiobesuche erste Erfolge zeitigen.

In einem äußersten Hoch ist offenbar Babak Jamai, der kürzlich gegen Anna Sjödin einen Prozess gewonnen hat, weil sie ihn angeblich rassistisch beleidigt und geschlagen haben soll. Diese sieht die Sache aber ganz anders und will nun durch alle Instanzen, hat aber sicherheitshalber eine Auszeit genommen. Auch Babak Jamai hat nichts gegen eine Berufung – im Gegenteil: er will Sjödin im Gefängnis sehen. Die ganze Sache riecht nach einer ganz großen Komödie.

Hoch sind auch meine Ambitionen, mal wieder ein paar anständige Texte zu schreiben. Mehr dazu, wenn sie denn geschrieben sind 🙂

Film-Tipp

Anfang dieser Woche habe ich mir Al Gores Film „Eine unbequeme Wahrheit“ („An inconvenient Truth“) angeschaut, der auch gerade in Deutschland angelaufen ist. Weniger anklagend und rührselig als Michael Moore, aber nicht minder selbstbezogen, beeindruckend und einseitig als er führt Gore in dem Film seinen Kampf gegen die globale Erwärmung. Was ihm ebenso von Moore unterscheidet, ist, dass er auch Lösungen anbietet, anstatt nur anzuprangen. Dennoch sollte man sich nicht zu sehr verleiten lassen – auch wenn einige Resultate furchterregend sind, präsentiert Gore bewusst extreme Szenarien und klammert andere Aspekte aus. Das ändert freilich nicht an der Notwendigkeit eines Umsteigens auf erneuerbare Energien. Nun sind auch Tony Blair und Jan Peter Balkenende auf den Zug aufgesprungen. Ob das helfen wird, ist fraglich.

Im letzten halben Jahr hat mich die Energiefrage, vor allem in Diskussionen mit meinem ehemaligen amerikanischen Mitbewohner, beschäftigt. So will man im Baltikum und Finnland künftig vermehrt auf Atomstrom setzen, um wegzukommen von fossilen Brennstoffen. Ich bin zwar kein glühender Verfechter der Atomkraft, aber bei der Wahl zwischen globaler Erwärmung und Atomenergie ziehe ich zumindest als Übergangslösung letzteres vor.

Zurück zum Thema Film: Gores aufgezeichnete Predigt ist in jedem Fall sehenswert. Ein weiterer Film wartet auch schon auf mich: „Elementarteilchen“ ist in Schweden angelaufen. Er hat zwar nur mittemlässige Kritiken bekommen, aber wann kann man schonmal einen deutschen Film hier sehen. Daher werde ich ihn mir wohl auch anschauen.

Polit-Ticker (4): Lecker Popcorn

Laut einem Kommentator von Svenska Dagbladet verglich die Vorgänge in der neuen schwedischen Regierung mit einem Popcornkochtopf. Recht hat er – jeden zweiten Tag kommt eine neue Leiche zum Vorschein, die im Keller eine Regierungsmitgliedes herumlag.

Da die dpa am Wochenende ziemlich Unsinn verbreitet hatte, hier die Fakten zusammengefasst:

  • Bei Handelsministerin Maria Borelius kam heraus, dass sie in den 1990er Jahren ein Kindermädchen beschäftigte, dies aber nicht ordentlich angemeldet habe. Somit war das Schwarzarbeit. Ihre Begründung: die Steuer wäre zu teuer gewesen, aber das tue ihr jetzt alles natürlich sehr leid. Es ist natürlich sehr erschütternd, dass einem selbst Lebensnotwendigkeiten wie ein Kindermädchen durch fiese Steuern unbezahlbar gemacht werden. Folge: Rücktritt am 14. Oktober.
  • Kulturministerin Cecilia Stegö Chilò wurde mit Amtsantritt oberste Chefin des staatlichen Rundfunks. Klammheimlich meldete ihr Mann daraufhin den Fernseher der Familie an. Dummerweise ist in Schweden aber alles öffentlich. Innerhalb kürzester Zeit stand fest, dass sie stolze 16 Jahre die Fernsehgebühr geprellt hatte. Ihre Begründung: Sie hat des Öfteren im Ausland gelebt und hätte bei der ganzen Umzieherei den Fernseher vergessen. Letztendlich war sie aber nur 2 Jahre in Deutschland, was wenig glaubwürdig wirkte. Sie gelobte zwar Rückzahlung, bekam aber trotzdem zwei Anzeigen. Den Höhepunkt erreichte die ganze Sache, als herauskam, dass sie eine Haushaltshilfe schwarz angestellt hatte. Folge: Rücktritt am 16. Oktober.
  • Migrationsminister Tobias Billström gab daraufhin auch zu, dass er 10 Jahre lang keine Gebühren bezahlt habe. Er begründete das damit, dass er SVT (das schwedische Fernsehen) nicht gut fand, dann den Schlendrian habe einreissen lassen und beim weiteren Fernsehen das Programm von SVT doch wieder zu schätzen gelernt habe. Folge: seit letzter Woche Mittwoch war er krankgeschrieben. Jetzt ist er wieder da, aber leicht werden die nächsten Tage für ihn nicht.
  • Der Abschuss kommt wohl jetzt: die wichtigste Aufgabe der Regierung momentan ist die Erstellung des neuen Haushalts. Wie passend, dass der Finanzminister ausgerechnet heute eine Anzeige von einem ehemaligen Babysitter bekommt, dass er sie angestellt habe, ohne Steuern dafür zu bezahlen.

Alle vier sind übrigens von den Moderaterna.
Eines muss man der Truppe lassen – unterhaltsam ist das Ganze ja. Sehr gespannt bin ich auf die nächsten Meinungsumfragen. Das Rekordergebnis der Moderaterna dürfte sich mittlerweile pulverisiert haben.

Eine Pause nimmt übrigens Anna Sjödin, die wohl doch eingesehen hat, dass man eine Verurteilung wegen rassistischer Beleidigungen und diverser Handgreiflichkeiten nicht einfach so aussitzen kann, bis man vielleicht bei der Berufung Glück hat und doch noch davon kommt.

Polit-Ticker (3): Eine geht, zwei bleiben

Die neue Regierung hier hat einen blendenden Start hingelegt. Irgendwie hat fast jeder in der Truppe irgendwas nicht bezahlt, was er eigentlich hätte bezahlen müssen.

Maria Borelius, die Handelsministerin, hat wegen ihrer Steuergeschichten schon ihren Hut genommen. Die Kulturministerin hingegen zahlt ihre GEZ nach und bleibt – vorläufig.

Auch nicht zurücktreten will Anna Sjödin. Sie will das Urteil gegen sie nicht hinnehmen und geht in Berufung. Ob sie das retten wird, ist natürlich sehr fraglich.