Jonathan Safran Foer – Tiere essen (Eating Animals)

Selten folge ich aktuellen Buchtrends. Noch seltener lese ich ein Buch schnell durch. Dieses ist in beider Hinsicht eine Ausnahme.

Ich vertrete schon seit längerem die Ansicht, dass Fleisch in der allgemeinen Ernährung zu gewöhnlich geworden ist, während jahrhunderte-, wenn nicht gar jahrtausendelang Fleisch als etwas besonderes galt, das auch nur zu besonderen Anlässen auf den Tisch kam. Diese Wertschätzung ist verloren gegangen. Das ist kulturell ein Verlust, aber hat eine weit größere Tragweite. Ich selbst habe den Schluss gezogen, zuhause zu vegetarischer Ernährung zu tendieren, oder simpler gesagt, beim Einkauf einfach kein Fleisch mehr mitzunehmen.

Foer macht keinen Hehl daraus, dass er lange Zeit und immer mal wieder Vegetarier war (und ist). Was sein Buch aber angenehm abhebt, ist, dass ihm dieser weltverbesserischer Eifer fehlt, der jedem Fleischesser die ganzen Peta-Aktivisten und auch schon viele handelsübliche Vegetarier höchst suspekt macht. Ein solcher führt nämlich eher dazu, dass die Argumentation auf der Schiene verläuft, dass Vegetarier (und noch mehr Veganer) in jeder Hinsicht die besser lebenden (und damit wohl auch besseren) Menschen seien und sich jeder, der ein Schnitzel anguckt, gefälligst unheimlich schlecht vorkommen muss.

Das Buch beschäftigt sich aber nicht nur mit Betrachtungen dieser Art, sondern vielmehr mit einer Darstellung der Industrie, die uns tagtäglich mit dem Essen auf unseren Tellern versorgt. Es ist trotzdem ein Panoptikum des Grauens geworden. Überzüchtete eingeklemmte Tiere, die in Massen krepieren – das volle Programm. Ich kaufe ihm diese Darstellung weitestgehend ab. Das Buch scheint nämlich sehr gut recherchiert zu sein. Mir ist nur ein Fehler aufgefallen: an einer Stelle heißt es, Vegetarier lebten im Schnitt länger (weil gesünder). Dies beruht anscheinend auf einer Misinterpretation der Daten.

Er spricht aber auch von den Alternativen, die (in den USA zumindest) beinahe verschwunden sind: Bauern, die ihren Tieren ein schönes Leben bereiten und dafür sorgen, dass sie bei der Schlachtung schnell und schmerzlos sterben. Er spricht aber auch ganz offen über das Dilemma, das hierbei entsteht: weder kann man die unglaublichen Fleischmengen, die in Europa und Nordamerika verzehrt werden, auf diese Art herstellen, noch ist dies zu dem Preis möglich, den wir mittlerweile gewohnt sind. Das Buch ist sehr US-zentriert, denn für den Markt wurde es natürlich auch geschrieben. Dort hat industrielle Fleischproduktion einen Markteinteil von rund 99%. Es fällt schwer, zu glauben, dass die gleichen horrorartigen Zustand auch in Europa den Markt so dominieren. Ich glaube es ehrlich gesagt auch nicht so ganz – zumindest in Deutschland kann konstatiert werden, dass der Familienbauernhof (noch) keine Randerscheinung ist. Meldungen wie diese hier, wo 4000 Hühnern beim Transport die Flügel gebrochen wurden, finden ihren Weg in die Medien – bei Foer sind sie der Normalzustand und damit wohl kaum noch berichtenswert.

Dennoch darf man sich keine Illusionen machen: unser idyllisches Bild vom Bauernhof ist ein Wunschtraum. Hier geht es um knallharten Kapitalismus, der nur in staatlicher Kontrolle seine Grenzen findet. Ein Blick ins aktuelle Prospekt von real zeigt mir, dass selbst bestes Schweinefleisch nur 5,55 € pro Kilo kostet. In Schweden ist der Preis wohl etwas höher. Da muss man sich schon fragen, ob diese Tiere gut zu Essen bekamen, Freilauf und ein einigermaßen langes Leben hatten, wenn am Schluss ein Kilo von ihnen 5,55 € kostet. Ist dies zu so einem Preis möglich?

Selbst wenn es so ist: es ist den Menschen egal, und das ist das eigentlich beklemmende an dem Buch. Jeder setzt sich intensiv damit auseinander, wie man aus guten Zutaten gutes Essen macht. Keiner will aber wissen, wo dieses Essen herkommt – nicht aus Desinteresse, sondern eher aus bewusst gewählter Ignoranz. Es ist ein nicht wissen wollen aus der Befürchtung, etwas zu erfahren. Wir wollen, dass die Spielzeuge unserer Kinder frei von Schadstoffen sind und veranstalten einen Riesenterz um letztendlich harmlose Arzneien. Wie aber das Zeug produziert wird, das viele von uns jede Woche kiloweise in sich hineinschaufeln, wollen wir nicht wissen. Wir besuchen Autofabriken, aber keine Schlachtereien. Man kann es einem nicht verdenken – ich will das auch nicht sehen.

Solange uns aber Missstände in Autofabriken mehr interessieren als Missstände in Schlachtereien, kann kein politischer Druck entstehen. In der Hinsicht haben sich in Europa die Grünen und allerlei Verbände große Verdienste erwiesen, hier vorangegangen zu sein, auch wenn es keine populäre Position war.

Ich habe die letzten Wochen auch dazu genutzt, im Freundes- und Bekanntenkreis das Thema etwas zu diskutieren. Angesichts dessen, dass das Angebot vegetarischer Alternativen ein Standard geworden ist, scheint die Skepsis erstaunlich tief verankert zu sein. Es ist ein heißes Thema, schon weil es vielen nicht einmal als diskutierenswürdig erscheint. Vegetarische Ernährung wird oft als Notlösung gesehen, nicht als Alternative. Es scheint sogar überraschend zu sein, dass ein vegetarisches Gericht schmecken kann – auch wenn es freilich nicht muss. Fleischverzehr wird als essentiell angesehen – etwas, auf das man bei einer abgerundeten Ernährung gar nicht verzichten kann. Das ist so natürlich nicht richtig. Es ist eher ein Tribut an die Bequemlichkeit, eine Mischung aus sozialer Konvention, dem verlockenden Geschmack und schlichter Gewohnheit. Schon alleine den Gedanken zu formulieren, eine auch nur vorwiegend vegetarische Ernährung, erzeugt Reaktionen, als habe man gerade verkündet, man wolle morgen mit einem Schlauchboot Walfangschiffe stürmen. Glühbirnen auszutauschen gegen den Klimawandel ist für jeden eine Option, aber den Bedarf für die unheimliche aufwändige Tierhaltung zu reduzieren nicht. Hier greift auch das klassische Ich-als-einzelner-kann-sowieso-nichts-tun-Argument, was natürlich einen Stillstand zementiert.
Auch einen Blick auf die Speisekarten habe ich in letzter Zeit geworfen. Man kann froh sein, wenn 10% der angebotenen Gerichte vegetarisch sind. Die Marktmacht der Vegetarier drückt sich anscheinend eher in der Bildung von Parallelstrukturen aus – kein vielversprechender Weg, einen allgemeinen Wandel zu stützen.

Ich stimme in bestimmten Schlussfolgerungen nicht mit Foer überein. Er weist gegen Ende darauf hin, dass man in seinen Ausführungen eine Aufforderung sehen sollte, nicht weniger, sondern gar kein Industriefleisch zu essen. An diesem Punkt fällt er aber auch in die weltverbesserische Rhetorik, die, wie oben erwähnt, nicht typisch für ihn ist. Dass nur eine Änderung eintreten könne, wenn man ganz diesem Fleisch abschwört, ist etwas naiv. Wer nach dem ganzen Kuchen schreit, wird nachher kaum mehr als Krümel kriegen. Jedes verkaufte Kilo Fleisch, das nicht aus dieser Quelle stammt, bewegt die Marktverhältnisse und zwingt letzten Endes alle Marktakteure, auf die veränderten Kundenprioritäten zu reagieren.

Deswegen fühle ich mich im Grunde nur umso mehr in meiner Haltung bestätigt: die Ignoranz ist eher das Problem als der Fleischverzehr an sich. Wenn Fleisch die Ausnahme anstatt der Regel ist, wenn man bewusst einkauft anstatt nur das billigste im Regal zu nehmen, wenn man höhere Standards in den Bauern- und Schlachthöfen von der Politik verlangt und dafür gerne auch mehr Geld auf den Tisch zu legen, dann ist schon viel gewonnen.

Die kleine Plakateschau (5): Moderaterna

Ich würde es mir nicht verzeihen, wenn ich im Endspurt des Wahlkampfs bei meiner Rundschau über die Wahlplakate nicht auch noch bei der Hauptregierungspartei vorbeischauen würden: die Moderaterna.
Wer es nicht ahnen kann: das heißt „die Moderaten“. Moderat waren sie nicht immer, denn früher hieß Högerpartiet, also Rechtspartei (im Sinne der Richtung rechts). Nachdem sie anscheinend nachhaltig gescheitert sind, Schweden das Konservative schmackhaft zu machen, haben sie den Spieß umgedreht. Stattdessen stellen sie sich jetzt allen Ernstes als „Arbeiterpartei“ dar.

Nur eine Arbeiterpartei kann Jobs besorgen

Wie beispielsweise auf diesem Plakat hier. Schweden hat keine sonderlich hohe Arbeitslosigkeit (wenn man mal von der Jugend absieht), aber irgendwie ist das zum Wahlkampfthema geworden. Die Masche mit der Arbeiterpartei wurde freilich schon vor vier Jahren in ähnlicher Form aufgefahren. Man fühlt sich an Jürgen Rüttgers erinnert.

Das Ziel ist nämlich das gleiche: den Sozialdemokraten, die die Arbeiterpartei sogar noch im Namen tragen, das Recht abzusprechen, diese Gruppe zu vertreten. Soziologisch ist das bestimmt interessant, denn den Arbeitern fühlen sich bestimmt viele „einfache Leute“ nahe, obwohl Schweden mittlerweile längste eine Nation von Dienstleistern geworden ist, wo der klassische Arbeiter bestimmt nicht mehr so oft vorkommt. Insofern ist das auch albern.

Umgehung Stockholm - Ja/Nein

Genau das trifft auch ein bisschen auf diesen Teil der Kampagne zu. Parteizugehörigkeiten werden in Schweden mit Kürzeln in Klammern bezeichnet. (S) für Sozialdemokraten, (M) für die Moderaterna. So ist die Symbolik klar, jedoch gibt es einen Knackpunkt: hier soll der Eindruck erweckt werden, es sei ein Stockholmer Thema. Ist es aber nicht – die Umgehungsstraße (Förbifart) um Stockholm liegt in der Zuständigkeit des Reichstags. Das ist die Gefahr bei so einer großen Wahl: was eigentlich in welche Schublade gehört, ist eigentlich egal, denn es entscheidet sich sowieso an einem Tag, und dass jemand verschiedene Parteien an einem Tag wählt, ist eher unwahrscheinlich.

Die blaue Gestaltung der Plakate weiter oben ist übrigens auch das Hauptmotiv. Diese gibt es in tausenden Varianten mit der jeweils lokal relevanten Version.

Macht Humlan für Teenager zugänglich und sicher

Dieses hier ist z.B. für die Innenstadt. Bei uns hier draußen versprechen sie die Unterstützung der wunderbaren Wirtschaft.

Gemeinsam machen wir Schweden zu einem Erfolgsland

Aber auch Gesichter gibt es zu sehen. Obiges Plakat dürfte das häufigste sein: Ministerpräsident Reinfeldt locker und leger. Bei dem Slogan stellt sich natürlich die Frage, wieso es in den letzten vier Jahren nicht gelungen ist, Schweden zu einem Erfolgsland zu machen.

Vielmehr frage ich mich, ob es System hat, dass viele der Fotos auf den Plakaten so aussehen wie ein Familienfoto: so, jetzt stell dich mal dahin. Das wirkt alles sehr improvisiert. Auf mich machen da die stilvollen sozialdemokratischen Plakate in Schwarz-Weiß mehr Eindruck. Diese sind größtenteils im Studio entstanden, und das sieht man auch. Neuerdings haben sie sogar Farbe – um Mona Sahlin herum stehen Jugendliche mit Boxhandschuhen in rot und weiß. Sehr seltsam, wenn man mich fragt.

Fazit? Schwer zu sagen – die moderate Kampagne versucht, Inhalte auf sehr, nun ja, plakative Weise zu verkaufen. Im Gegensatz zu manchen ihrer kleineren Koalitionsparteien haben sie sich hingegen für Inhalt entschieden. Im Stil können sie aber nicht voll überzeugen.

Das lag da so rum

In diesem Blog streife ich selten die Grenzen der Schlüpfrigkeit. Aber, was soll ich sagen: das lag da so auf der Straße rum, und wenn Google Street View da einfach so fotografieren, dann ich wohl auch, oder?

Die Straßen von Stockholm - die ganze Wahrheit

Wobei, bei Google Street View sähe das wohl eher so aus:

So erkennt die keiner mehr

Etwas Pietät muss schließlich sein.

Die kleine Plakateschau (4): Kleineres Vieh macht auch Mist

Ein menschlicheres Schweden

Und der Preis für die dämlichste Kampagne geht an: die Christdemokraten.
Diese plakatieren, wie oben zu sehen, für ein „menschlicheres Schweden“, und der Vorsitzende konfrontiert, wie ebenso zu sehen, unerschrocken, wilde Tiere. Hinzu kommt, wie im folgenden zu sehen, eine Lehre darüber, welche Arten man in Schweden zu vorfindet:

Schwedische Arten

Drei der vier genannten Arten beschreiben rücksichtslose Egoisten, die vierte hingegen wohl einen, den die Christdemokraten als den wahren Menschen sehen. Diese einzig wahren Menschen sind anzunehmenderweise sie, bzw. kennen sie sich nach eigenem Bekunden am besten mit ihnen aus.

Nun denn, was will uns der Anzeigenmacher sagen? Vielleicht das: in Schweden gibt es massig wilde Tiere und egoistische Menschen, aber wir sind gegen sie. Oder so ähnlich. Die Kampagne ist einfach ein inhaltsfreier Käse. Neuerdings plakatieren sie, dass man auf der Homepage der Christdemokraten 13 Schritte zu einem menschlicheren Schweden finden könne. Verkürzt findet man sie wiederum auf anderen Plakaten. Einer ist: „Selbstgespartes ist auch Wohlfahrt“ – die Menschlichkeit besteht also darin, dass man sich am besten selbst um alles kümmert?

Die Plakate lassen einen nicht desinformiert, sondern einfach uninformiert und verwirrt zurück.

Lediglich der Kernbotschaft, ein menschlicheres Schweden schaffen zu wollen, kann man entnehmen, dass es hier darum geht, klassisch linke Themen zu besetzen. Also: die Linken behaupten, sie wären für ein sozialeres Schweden, aber das können wir in Wirklichkeit viel besser, schon weil sich unser Vorsitzender todesmutig einem wilden Tier entgegenstellen würde, auch wenn es nicht nur eine Fotomontage wäre.

Blicken wir mal zu anderen kleinen Parteien.

Allianzpartei - Zukunftsausgerichtet - Priorisiert die Umwelt

Das Zentrum fischt auch, aber bei den Grünen. Wie hier im Plakat zu sehen, versuchen sie sich als die grünen Konservativen darzustellen – was sie in gewisser Hinsicht auch sind. Dass sie das so hervorheben, soll wohl Grüne-Sympathisanten abwerben, die keine Lust auf Regierungswechsel haben. Wenigstens kann man den Plakaten attestieren, die Macher möchten so etwas wie Inhalt transportieren.

Schauen wir kurz einmal zum Original:

Modernisiert Schweden!

Meiner Ansicht nach eine der besten Kampagnen: die Grünen werben wenig mit Personen, dafür recht viel mit Inhalten. Zentrale Inhalte sind Offenheit für Einwanderer, Ausbau regenerativer Energien und des Bahnnetzes. Die latente Europafeindlichkeit der Partei sowie andere wichtige Dinge scheinen aber zu fehlen.

Ein Schwenk zu den kleinen Kollegen in der Opposition:

Haltet zusammen

Irgendwie langweilig und farblos ist für mich die Kampagne der Linkspartei. Auf manchen Plakaten ist Spitzenkandidat Lars Ohly zu sehen – der Rest wird dominiert von Bauklötzchen und Händen. Für mich irgendwie keine Hingucker, und so regt es mich auch kaum an, den Rest auf den Plakaten zu lesen. Wenn man es doch tut, erwarten einen die bei der Linkspartei zu erwartenden Inhalte – alles soll sozialer sein. Von mir aus, aber das wollen im Grunde ja alle (sagen sie zumindest). So bleibt nur eine konkrete Aussage in obigem Plakat: private Pflegedienste sollen keine Gewinne machen dürfen. Soweit werden aber vermutlich nicht viele lesen.

Es gibt da noch eine linke Partei, die sich einst abspaltete, um sich der Gleichstellung von Mann und Frau zu widmen. Die Feministische Initiative (FI) unter Führung von Gudrun Schyman, einst Vorsitzende der Linkspartei. Ich kann auch nach Jahren nicht umhin, diese Partei mit einiger Verwunderung zu betrachten. Immerhin haben sämtliche im Reichstag vertretenen Oppositionsparteien geradezu einen Gleichstellungsfimmel, Schweden ist in dem Bereich ohnehin führend, und ausgerechnet die bürgerliche Koalition hat die Homo-Ehe eingeführt.
Weniger verwunderlich ist, dass die Partei kaum Wähler anzieht. Ihre Medienpräsenz gründet sich auf dem einigermaßen prominenten Spitzenpersonal und offenkundig großzügigen Geldgebern. Plakate haben sie nämlich:

Wage am Wahltag, Feminist zu sein
Wage am Wahltag, Feminist zu sein

Die Themen sind klar: Männer sollten öfter zuhause bleiben in der Elternzeit, Einwanderer und Frauen sollen bessere Jobchancen bekommen und Frauen im Lohn gleichgestellt werden. Wie man das hinbekommt, steht da zwar nicht, aber das müssen Plakate auch nicht zwingend bieten. Nur ist es wohl so, dass diese Themen dem Wähler nicht auf den Nägeln brennen, weswegen FI praktisch chancenlos in diese Wahl geht.

Ähnlich ist es übrigens bei der Piratenpartei. Diese hat nur ein Thema, und das ist eines, das die Wähler nur bedingt interessiert. Dieser Beitrag von Alexander Budde im Deutschlandfunk trifft es. Ein Plakat von ihnen habe ich bislang von ihnen gesehen, was natürlich nicht gerade zu einer üppigen Präsenz beiträgt. Daher auch kein Foto davon.

Leider hat ausgerechnet eine Partei die besten Chancen, erstmalig in den Reichstag einzuziehen, die ich am wenigsten drin haben wollte: die rechtspopulistischen/-extremen Schwedendemokraten. Ich habe bislang kein Plakat von ihnen gesehen, was mich nicht im geringsten betrübt. Vermutlich haben sie dafür alles südlich von Småland von oben bis unten vollgeklebt. Ich hoffe, die Stimmung dreht sich noch, damit sie an der 4%-Hürde scheitern.

Übrigens: Deutschland wird Weltmeister

So intensiv wie bei der U-20-Frauen-WM verfolge ich es zwar nicht, aber es sei an dieser Stelle einmal angemerkt, dass die deutschen U-17-Mädchen mit 9 Punkten und einem Torverhältnis von 22:1 ins Viertelfinale eingezogen sind und am Donnerstag (bei uns: Freitag) gegen Nordkorea spielen werden. Und damit hier keine falschen Vorstellungen aufkommen: ein derart überragendes Torverhältnis gab es bei keiner FIFA-Juniorenweltmeisterschaft bislang, weder bei den Männern noch bei den Frauen! Genauer gesagt kam bislang keine Mannschaft auch nur in die Nähe davon. Und das eine Tor war eher ein Betriebsunfall.

Insofern: Chapeau und weiter so! Dass die Mädels auch die zweite Junioren-WM gewinnen, erscheint jetzt äußerst wahrscheinlich. Ein blendender Auftakt für das große Turnier nächstes Jahr.

Neues GPS: Garmin eTrex Vista HCx und wie man eigene Karten erstellt

Garmin eTrex Vista HCx - mein neues GPS-Spielzeug
Garmin eTrex Vista HCx - mein neues GPS-Spielzeug

Kürzlich habe ich mir obiges Gerät gekauft. Zweck der Übung ist, künftig Fotos geotaggen zu können. Wem das nach böhmischen Dörfern klingt: ich will Fotos den Ort zuordnen können, an dem sie aufgenommen wurden. Das ist manchmal recht praktisch, denn mir ging es bei einem Schottland-Urlaub schon so, dass sich trotz Kennzeichnung des Fahrtweges auf der Karte nachher nicht mehr feststellen ließ, wo sich ein bestimmter Strand befand.

Leider ist so etwas bislang selten in die Kamera integriert erhältlich. Man behilft sich also damit, mit einem GPS-Gerät die Position aufzuzeichnen und die Uhr in der Kamera genau zu stellen. Dann lassen sich nachher die Daten (z.B. mit Gpicsync) abgleichen.

Die Wahl des GPS-Geräts fiel mir nicht leicht. Es sollte nach Möglichkeit mit normalen Batterien laufen und ohne Batteriewechsel über 15 Stunden durchhalten. Dann spielte irgendwo auch nur noch der Preis eine Rolle. Da wäre auch ein Gerät mit kleinem (oder gar ganz ohne) Display denkbar gewesen, um lediglich die Daten aufzuzeichnen. Ich entschied mich letzendlich aber für eine relativ luxuriöse Variante, in der Hoffnung, es ist vielleicht auch für etwas anderes (z.B. Wanderungen) einmal nützlich.

Als alter Garmin-Kunde blieb ich so beim Garmin eTrex Vista HCx für knapp 200 € hängen. Es unterscheidet sich nur in einigen Details von seinen Brüdern Venture HCx, Summit HCx und Legend HCx. Dazu gehört, dass es als einziges einen Höhenmesser und die Möglichkeit zum Einbau einer Speicherkarte hat. Auf den Höhenmesser hätte ich verzichten können, aber das Legend HCx ist nur unwesentlich billiger. Den beiden anderen wiederum fällt der Speicherkartenslot, welchen ich wiederum nicht unwichtig finde, denn so ist man nicht auf den internen Speicher angewiesen, der bei einem längeren Urlaub mit seinen 10.000 Wegpunkten Kapazität bestimmt an seine Grenzen stoßen würde.

Batterielaufzeit

25 Stunden Laufzeit verspricht der Hersteller. Dass solche Angaben meist übertrieben sind, ist nichts Neues. Wieviel man wirklich erreichen kann, vermag ich noch nicht vollkommen zu beurteilen, schon weil ich bislang nur Akkus verwendet habe. Gerade deswegen habe ich aber den Eindruck, dass das Gerät nur bedingt für diese geeignet ist. Die üblichen NiMH-Akkus als Ersatz für normale AA-Batterien haben von vorneherein nur 1,2 V Spannung. Vermutlich deswegen sieht man mit der Standardeinstellung den drohenden Batterietod nicht kommen. Eben noch zwei Striche, dann ist schon Sense. Abhilfe schafft vielleicht, wenn man unter Setup->System->Battery Type den richtigen Batterietyp auswählt. Ob dies nur die Anzeige beeinflusst oder auch den Verbrauch des Geräts, konnte ich bislang nicht hinreichend testen.

Bedienung

Schnell gestartet ist das Gerät. Bis zur Satellitensuche vergehen keine 10 Sekunden, und verglichen mit dem sehr bescheidenen Empfang meiner Laufuhr Garmin Forerunner 201 geht auch die Positionsfindung rasend schnell. Legt man Wert auf Genauigkeit, kann man noch unter Setup->System die Einstellung WAAS/EGNOS aktivieren. Ich erreiche damit ca. 3 Meter Genauigkeit.

Die Menüführung ist einigermaßen problemlos erlernbar. Etwas verwirrend mag anfangs sein, dass der Knopf rechts oben an der Seite, der normalerweise dazu dient, etwas abzubrechen oder ein Menü zu verlassen, in der Kartenanzeige dazu dient, weitere Informationen wie z.B. die Höhe anzuzeigen. Das ist natürlich zunächst nicht erwartet.

Viele Dinge konnte ich bislang nicht wirklich probieren. Jedoch ist eines schon jetzt klar: das Gerät hat Funktionen ohne Ende, und es ist unklar, ob das Handbuch mit gerade einmal 54 reich bebilderten Seiten viel dazu beitragen kann, dass man sie erklärt bekommt.

Tracks aufzeichnen

Etwas obskur erscheint mir bisher z.B. die Handhabung der Tracks. Laut der allgemeinen Gerätebeschreibung ist es so, dass das Gerät 20 Tracks á 10.000 Punkte speichern kann. Das ist wichtig, denn genau diese Punkte werden nachher benötigt, um die Bilder den geographischen Positionen zuzuordnen. Also nahm ich an, dass ich die 10.000 Punkte füllen und dann speichern muss. Nur verkündet das Gerät dort, dass man nur 20 Tracks speichern kann – auch das nicht unerwartet, aber das wirft erst einmal die Frage auf, wozu man dann überhaupt eine Speicherkarte einbauen kann. Eine 2GB-Karte für ein paar Euro fasst nämlich weitaus mehr als 200.000 Punkte, und an dem Limit von 20 Speicherungen ändert sich auch dann nichts, wenn man unter Tracks->Setup->Data Card Setup (in der englischen Variante) einstellt, dass auf die Speicherkarte geloggt werden soll.

Des Rätsels Lösung scheint zu sein: die 20 Tracks und die 10.000 Punkte haben mit der Datenkartenspeicherung nichts zu tun. Speichert man nämlich etwas auf einen dieser 20 Speicherplätze, dann hat das auf der Karte anscheinend keine Auswirkungen. Die Speicherung auf die Karte läuft also völlig getrennt und scheint nur von der Größe der Karte begrenzt zu sein. Soweit zumindest mein Fazit – das werde ich aber noch ausgiebig testen.

Man sollte also in jedem Fall die Kartenspeicherung aktivieren. Das ist nämlich die einfachste, wenn nicht gar die einzige Möglichkeit, die Daten nachher in einem weiterverwendbaren Format (sprich: GPX) auszulesen (auf einen Test der Garmin-Software unter Windows habe ich fürs erste verzichtet). Dazu hat das Gerät auch einen Modus, bei dem die Speicherkarte als Laufwerk angezeigt wird: unter Setup->Interfaces unten den Punkt „USB Mass Storage“ aktivieren. Dann schaltet sich das Gerät ab und in einen USB-Modus um. Währenddessen sind alle anderen Funktionen natürlich deaktiviert. Sobald die USB-Verbindung getrennt wurde, startet das Gerät neu.

Karten selbst einbauen

Dieser USB-Modus ist auch dann nützlich, wenn man dem Gerät neue Karten aufspielen will – zumindest, wenn man dafür kein zusätzliches Geld ausgeben will. Das Gerät enthält eine fest installierte Weltkarte, die aber nur die wichtigsten Details enthält. Im Falle Stockholms und Umgebung sind das nur grobe Umrisse der Küstenlinie, und die größten Verkehrswege der Region, die aber kaum mehr als die Autobahnen umfassen. Es ist also schon von Interesse, detailliertere Karten aufzuspielen, damit man weiß, wo man ist. Im Idealfall kann das Gerät dann sogar als Navigator für das Auto verwendet werden, denn auch ein Routing-Programm ist eingebaut.

Garmin selbst bietet natürlich Karten, und diese kann man bestimmt auch mit entsprechender Software hochladen. Nur machen die das natürlich nicht zum Nulltarif. Die Europakarte kostet bei der Garmin-Seite 99 US-Dollar. Die hochdetaillierte Freizeitkarte „Friluftskartan Prime“ für Schweden (mit Topographie und so) kostet sogar gut 170 Euro. Es mag gut sein, dass die Karten ganz toll sind, aber ich scheue die Investition, denn das ist ein Fass ohne Boden.

Wie kommt man also an kostenlose Karten? Die offensichtliche Datenquelle hierfür ist OpenStreetMap (OSM). Wer das nicht kennt: das ist eine von enthusiastischen Benutzern mittels GPS-Empfängern und freien Datenquellen selbst erstellte Weltkarte, deren Daten wiederum frei verfügbar sind. Was die Wikipedia für den Brockhaus ist OSM für Google Maps, auch wenn letzteres natürlich auch kostenlos nutzbar ist. Das Projekt ist schon weit gediehen. Zumindest Deutschland und weite Teile Europas sind praktisch vollständig enthalten – und fallen einem Fehler auf, kann man sie selbst korrigieren. In Schweden gibt es noch Schwächen im Detail. So sind viele kleinere Orte noch nicht vollständig mit dem ganzen Straßennetz vertreten. Als Beispiel sei der nordschwedische Ort Krokom genannt, der auf Google Maps weitaus größer wirkt als auf OpenStreetMap. Das kann sich aber jeden Tag ändern, und wenn man selbst einmal dort ist, kann man selbst zur Verbesserung beitragen.

Wie dem auch sei: was will man an einer kostenlosen Karte herummäkeln, und besser als die interne Karte ist das allemal.

Einige hilfreiche Tipps, wie man die Karten auf das GPS-Gerät bekommt, findet sich im Wiki von OpenStretMap.

Ich will aber noch ein bisschen mehr ins Detail gehen für speziell dieses Gerät (und vergleichbare Geräte von Garmin):

  • Beschaffung der Karten: Hier gibt es drei Varianten: einen Ausschnitt in OSM anzeigen lassen und dann über den Export-Tab herunterladen, einen Ausschnitt nach Koordinaten generieren lassen oder fertige Länderkarten herunterladen. Ich empfehle klar letzteres. Der Export-Tab funktioniert nämlich nur bei kleinen Kartenabschnitten. Einen Ausschnitt selbst zu wählen und über die entsprechende auszuwählen dauert ewig, weil die auch sonst gut ausgelasteten Server von OSM hier eine Menge Arbeit verrichten müssen. Ich habe es mal für den Großraum Stockholm gemacht, und das herunterladen dauerte 4 Stunden, was definitiv nicht an der Geschwindigkeit meiner Leitung lag. Fertige Karten herunterladen ist also sinnvoller. Theoretisch kann man sich die komplette Erdkarte besorgen, aber das ist nicht nur eine extrem große Datei (aktuell ca. 11 GB, und das komprimiert!). Diese Datenmengen nachher zu verarbeiten ist aufwändig. Ich habe gute Erfahrungen mit den Karten von Geofabrik gemacht. Dort gibt es tägliche aktuelle Versionen von Länderkarten in Europa. Außerhalb Europas ist das Angebot des wöchentlich aktualisierten Cloudmade besser, denke ich.
  • Entpacken: das Kompressionsformat ist das im Unix-Bereich sehr übliche BZ2-Format, also nicht das populäre Zip. Wenn Probleme mit dem Entpacken bestehen sollten, kann man unter Windows beispielsweise 7-Zip verwenden (das nebenbei bemerkt auch sonst ein tolles Programm ist).
  • Karten splitten: während mein erster Kartenversuch mit der Region Stockholm noch problemlos konvertiert werden konnte, sind größere Karten (insbesondere mit vielen Details) zu umfänglich, um sie in einem Stück umzuwandeln. Also splittet man sie in mehrere kleine Karten auf mittels dem Splitter. Wie für das Umwandlungsprogramm mkgmap muss man Java installiert haben. Leider gibt es keine Benutzeroberfläche. Man muss also Befehle auf einer Kommandozeile eingeben (siehe die verlinkten Informationen im Wiki von OSM). Schweden wurde in meinem Fall in 6 kleinere Karten aufgesplittet. Der Splitter liefert auch eine Datei mit, die man dann gleich dem Kartenumwandlungsprogramm einfüttern kann.
  • Karten umwandeln: für die Umwandlung verwendete ich das optionenreiche Kommandozeilentool mkgmap. Wenn man die Karten vorher gesplittet hat, gibt es eine Datei template.args, die man mkgmap mittels der Option „-c template.args“ füttern kann, so das mkgmap alle Karten nacheinander umwandelt. Zuvor sollte man allerdings template.args bearbeiten und Kartennamen und -beschreibungen eingeben.
  • Dilemma: nur eine Karte. Ja, das Gerät erlaubt nur eine einzige Karte, die mit solchen frei zugänglichen Programmen erstellt wurde. Diese muss gmapsupp.img heißen und im Verzeichnis „Garmin“ (ggf. neu erstellen) auf der Speicherkarte liegen. Will man also mehrere Karten haben, muss man diese zu einer vereinigen. So einen Fall hatte ich kürzlich: ich war in Brüssel und wollte sowohl die Karte von Schweden als auch die von Belgien auf dem Gerät haben. Das geht, aber man muss die Daten in eine Datei bekommen.
  • Wichtig: richtige Mapnames vergeben. Dies stellte sich als entscheidend heraus. Damit die Zusammenführung als solche funktioniert, darf es unter den Teilkarten keine Namensüberlappungen geben. Für das Vista HCx genügt das aber bei weitem nicht. Es ist zwingend erforderlich, dass jede der Teilkarten einen Namen hat, und dieser Name muss aus genau 8 Zahlen bestehen. Ob alles geklappt hat, stellt man schon beim Neustart des Geräts fest. Ist dort bei den Startmeldungen irgendetwas von Openstreetmap zu lesen, dann hat es funktioniert. Fehlt ein solcher Hinweis, wurde die Karte nicht geladen, wovon man sich dann auch gerne mit einer entsprechenden Suche auf dem Display überzeugen kann.
  • Straßennavigation aktivieren. Ein wichtiger Punkt ist, dass im Normalfall die Karten anscheinend als reine Vektordaten erstellt werden. Soll heißen: Straßen werden zwar als Striche angezeigt, aber das Gerät versteht nicht, dass es sich um Straßen handelt. Wenn man also versucht, zu navigieren, dann kann das Gerät nicht berechnen, wo man abbiegen soll usw. Stattdessen wird einem nur die Himmelsrichtung angezeigt. Das mag beim Wandern noch einigermaßen brauchbar sein, aber bei schnelleren Fortbewegungsarten nicht mehr. Um die Funktion zu aktivieren, muss man mkgmap mit der Option „–route“ starten. Diese ist aber noch experimentell. Über die Zuverlässigkeit konnte ich mir bisher nur auf dem Fahrrad ein Bild machen. Der allgemeine Straßenverlauf stimmte zwar irgendwo, aber die Instruktionen waren doch einigermaßen verwirrend. Wahrscheinlich müsste ich das irgendwo in Mitteleuropa testen, um zu sehen, wie gut es wirklich funktioniert.
  • Kleine Schwächen. Das Kartenmaterial ist nicht perfekt, und die Konvertierungsprogramme sind es auch nicht.
    Im Bild: Meer nicht blau, Ortsangaben verwirrend

    Wie in diesem Bild hier zu sehen erscheint das Meer nicht blau. Stattdessen sieht man nur die Umrisse der Inseln vor Stockholm. Ein weiteres Manko ist, dass in einigen größeren Übersichtsstufen zwar die Hauptverkehrswege angezeigt werden, aber nicht die logischerweise dann anzuzeigenden größeren Orte. Wie in den beiden Bildern hier gezeigt, sieht man stattdessen nur die Namen irgendwelcher ohne erkennbares System ausgewählte Inseln. Bei den gezeigten Ansichten wüsste ich anhand der Karte nicht, wo ich bin, obwohl ich die Geographie der Region kenne. In kleineren Zoomstufen sieht man jedoch mehr.
    Hier sieht man auch, wo die selbst importierte Karte endet. Wenn man den Bereich verlässt, schaltet das Gerät auf die interne Karte um

Auch wenn noch Luft nach oben ist, stellen diese selbst importierten Karten eine gute Ergänzung dar, für die man nichts zahlen muss.

Bislang bin ich mit dem Gerät recht zufrieden, auch wenn ich noch einige weitere Tests machen werde, damit das alles auch funktioniert, wenn es unbedingt funktionieren muss.

SkyView auf dem Globen

Wieviele Berliner besuchen regelmäßig das Brandenburger Tor? Wieviele Londoner die Westminster Abbey?

Nicht allzuviele, möchte ich annehmen. Die Sehenswürdigkeiten nimmt man also Einwohner eines touristisch interessanten Ortes selten wahr. Es sei denn, es kommt Besuch.

Ein solcher war soeben hier, und als Geburtstagsgeschenk hatte ich mir gedacht, dass wir einmal mit dem Globen SkyView fahren. Das war nicht ganz ohne Eigennutz, denn auch ich habe dieses Gefährt bislang nur von weitem gesehen.

Es handelt sich um eine Seilbahn, die am Globen, einer kugelförmigen Veranstaltungshalle im Süden Stockholms, hochfährt. Das Gebäude selbst existiert schon seit 1989, aber erst seit 2009 gibt es auch die Bahn. Eigentlich ein naheliegender Standort, denn das Gebäude ist das größte Schwedens (laut Werbung), auch wenn sich das wohl eher auf das Volumen bezieht, denn der Fernsehturm Kaknästornet ist deutlich höher. Es handelt sich natürlich um eine geplante Touristenattraktion und wird auch dementsprechend vermarktet. Der angeschlossene Shop verkauft Shirts, Tassen und anderen Krimskrams.

Eine Fahrt kostet 130 kr, also gut 13 €. Man kann sich fragen, ob sich das lohnt, denn der ganze Spaß dauert gerade einmal 20 Minuten. Den ersten Teil dieser Zeit verbringt man in einem kleinen Kino, wo einem etwas über die Geschichte des Globen gezeigt wird. Am Ende des Films kommen „Sicherheitshinweise“, die man sich auch denken kann. Die Tür öffnet automatisch, und eine Ecke später ist man in der kugelförmigen Gondel.

Ich habe meine Gäste fairerweise darauf hingewiesen, dass eine der Kugeln vor einiger Zeit stehen blieb und alle Fahrgäste über ein Brett in die andere Kugel umsteigen mussten. Wir fuhren trotzdem, gemächlich und wieder runter.

Oben nahm ich, wie oben im Bild zu sehen, den großen Sehenswürdigkeitensichtbarkeitscheck vor. Einzige immer geöffnete Konkurrenz dürfte besagter Fernsehturm sein, und mit diesem teilt sich der Globen ein Manko: zentrumsnah sind beide nicht. Das Stadshuset ist denn auch die einzige große Sehenswürdigkeit Stockholms, die man vom SkyView sofort sieht. Wenn man etwas genauer hinsieht, erblickt man auch einige Dinge auf Djurgården, z.B. den Kirchturm in Skansen. Schwierig zu erkennen sind hingegen die zentralen Teile der Stadt. Die Türme der Altstadtkirchen konnte ich mit letzter Sicherheit erst nachträglich auf den Fotos identifizieren. Der Königspalast verschwindet fast völlig. Dagegen sieht man Södermalms Wahrzeichen wie die Sofia Kyrka recht gut.

Aber: welcher Tourist fährt schon wegen des Skatteskrapan oder der Götgatan auf einen Aussichtspunkt?

Mich würde einmal interessieren, wie sich der Turm des Stadshuset im Vergleich schlagen würde.

Sandbergen, die Perle Schwedens

Seit Sonntag suchen irgendwelche Leute nach „Sandbergen“ und ähnlichem, was sie anscheinend zu meiner Seite führt. Offenkundig wollen sie wissen, wo dieser Ort liegt, den die Schwedin Inga Lindström in ihrem Herzschmerzkracher „Der Zauber von Sandbergen“, der am Sonntag im ZDF lief, zum Schauplatz der Handlung macht.

Was sie nicht wissen: weder ist Inga Lindström echt noch ist die dahinter stehende Autorin Schweden, noch hat das Gezeigte sonderlich viel mit Schweden zu tun.

Gibt es Sandbergen überhaupt?

Ja, es gibt ein Sandbergen in Schweden, und es liegt genau hier. Wer das sagenhafte Örtchen besuchen will, muss sich also ein Boot besorgen, denn Sandbergen ist ein Teil des mittelschwedischen Sees Hjälmaren in der Nähe von Eskilstuna.

Die kleine Plakateschau (3): Börge for President

Nach unten: der Geldbeutel regiert; nach oben: Pflege nach Bedarf; Du wählst - wir können nicht warten

Noch 12 Tage bis zur Wahl. Mal sieht es so aus, als laufe alles auf einen Patt hinaus. Mal führt die Regierung leicht.

Die Opposition muss also etwas tun, insbesondere die Sozialdemokraten, die nicht einmal sicher sein können, dass sie stärkste Partei werden – das wäre alles in allem das schlechteste Ergebnis seit 1914.

Also wird kräftig geworben, u.a. mit obigem Plakat. Alles nicht gerade originell, aber immerhin wird versucht, so etwas wie Inhalt zu verkaufen. Der Wähler wird hiervon aber kaum etwas mitnehmen können.

Börge Hellströms Wahlplakat: Ich kann nicht warten - niemand soll im Stich gelassen werden

Viel präsenter sind aber Plakate wie dieses, die mit dem Slogan „Jag kan inte vänta“ bzw. „Vi kan inte vänta“ („Ich kann nicht warten“ bzw. „Wir können nicht warten“) versehen sind und Bezug darauf nehmen, was nach Ansicht der Sozialdemokraten dringend getan werden müsste.

Ich bin mittlerweile recht sicher: Börge werde ich wählen – dies aber aus teilweise egoistischen Gründen. Ich wohne im sozial schwächsten Viertel von Värmdö, das 2006 nicht ganz zufällig die niedrigste Wahlbeteiligung der Kommune hatte. Lediglich 73% gingen hier vor vier Jahren zur Wahl, während der Gemeindedurchschnitt bei 85% lag. Gerade deswegen ist das Risiko, dass niemand aus unserer Ecke gewählt wird, höher, obwohl gerade hier etwas passieren sollte.

Hellström ist eine Person mit interessanter Biographie. Nach einer Kindheit mit sexuellem Missbrauch und einer gewalttätigen Jugend mit Drogen ist er heute Schriftsteller. Nicht gerade ein typischer Kandidat – sein Programm wirkt auch etwas hemdsärmelig. Aber: er sagt, dass er seit 14 Jahren in unserem Viertel wohnt und etwas ändern möchte. Dazu gehört unter anderem eine Verbesserung der Sicherheit und etwas Druck auf die kommunale Wohnungsgesellschaft, die ihren Job nicht sonderlich gut macht. Genau diese Themen betreffen auch mich. Am 19. August habe ich mich mit zwei Anliegen an meinen Vermieter gewandt. Auf Antwort warte ich bis heute.

Börge ist auf Listenplatz 19, die Sozialdemokraten haben derzeit aber nur 17 Sitze. Daran wird sich vermutlich auch nicht viel ändern in der nächsten Wahl, weswegen Hellström zwangsläufig sein Heil in einer Direktwahl suchen muss.

Daher werde ich ihm wohl meine Stimme geben. Wenn er es nicht schafft, dann erhalten immerhin die Sozialdemokraten in Värmdö eine Stimme. Die können sie gut gebrauchen, denn die bürgerlichen Parteien haben eine ziemlich solide Mehrheit.

Wie sieht es aber jenseits meiner kleinen Gemeinde aus?

Wir können nicht warten: Mona Sahlin mit jungen Unterstützern

Die Parallelen sind klar erkennbar – nur dass in den meisten Plakaten wie hier mehrere Menschen zu sehen sind. Meist sind es Kandidaten, hier jedoch anscheinend junge Unterstützer Sahlins. Auffällig ist, dass die Spitzenkandidatin nie alleine zu sehen ist. Das kann man als Bekenntnis zum Teamgeist interpretieren, aber ich sehe Parallelen zu 2006. Damals plakatierte man erst überhaupt keine Menschen. Dann zum Ende der Kampagne hin rückte man doch mit Plakaten heraus, die den damaligen Statsminister (Premierminister) Göran Persson zeigten. Auch der war nie alleine auf einem Plakat, und das war ziemlich eindeutig dem Umstand geschuldet, dass er als ausgesprochen unbeliebt galt.

Die Plakate sollten damals wohl sagen: seht, wir haben auch andere patente Leute. Was sie dieses Mal sagen soll, ist nicht so klar, aber angesichts der eher bescheidenen Umfragewerte Sahlins ist zu vermuten, dass ihr Konterfei alleine wohl eher als kontraproduktiv gilt.

Auch eine echte Wechselstimmung zu vernehmen fällt schwer. Etwas nachhelfen will hier der Gewerkschaftsbund LO, der früher sogar organisatorisch mit den Sozialdemokraten verbunden war und bis heute wenig überraschend die Partei unterstützt. Er tritt daher mit folgender Kampagne in Erscheinung.

Maud Olofsson, Vorsitzende der Zentrumspartei, auf einem Plakat von LO
Maud Olofsson, Vorsitzende der Zentrumspartei, auf einem Plakat von LO

Zunächst waren Bilder plakatiert mit auf den Kopf stehenden Regierungspolitikern, verbunden mit stark vereinfachten Aussagen über deren (nach LO-Sicht) falschen Politik und wenig schmeichelhaften Adjektiven.

Dann erschien diese Serie mit dem genau umgekehrten für die Oppositionspolitik.

Pro-Oppositionsplakat von LO
Pro-Oppositionsplakat von LO

Über Geschmack und Wirkung dieser Kampagne lässt sich streiten.