Münte

Müntefering spricht

Was für ein Wochenende – Deutschland wird Weltmeister, der KSC Tabellendritter und meine Heimatstadt hat sich dazu entschlossen, den Oberbürgermeister zu wechseln.

Und Franz Müntefering war in Stockholm, in Begleitung des ehemaligen Statsminister Ingvar Carlsson. Als alter Sozi ließ ich mir das natürlich nicht entgehen, denn da wird es einem schon warm ums Herz, wenn einer der letzten Aktiven der Partei mit „Stallgeruch“ kommt.

Der Anlass war, dass die Ausstellung „Willy Brandt – Staatsmann und Europäer“, die zuvor in Brüssel im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft gezeigt wurde, nach Stockholm kam und hier nun auch einen erweiterten Teil zu Willys skandinavischer Zeit zu bieten hat.

Kurz nach 11 Uhr – der Vertreter der Friedrich-Ebert-Stiftung wurde schon nervös – fuhr die Limousine vor, und nach kurzen Begrüßungen sprach dann erst einmal Ingvar Carlsson.

Er hielt sich aber recht kurz, so dass bald dann Franz Müntefering dran war. Er redete gut eine halbe Stunde.

Neben dem üblichen Teil zu Willy Brandt selbst kramte er auch noch ein paar Anekdoten aus den damaligen Wahlkämpfen raus. „Wir hatten damals im Wahlkampf eine rote Anstecknadel als Erkennungszeichen. Die habe ich seither immer getragen. Irgendwann habe ich sie aber leider verloren. Da habe ich dann im Vorwärts drüber geschrieben. Jetzt habe ich hundert und an jedem Anzug eine.“ Sehr gut gefiel mir auch: „Damals gabs nur zwei Fernsehsender. Einen, den wir nicht gut fanden und einen, den wir gut fanden.“ (kleiner Hinweis: die ARD war der Sender, den sie gut fanden).

Müntefering diskutiert mit Schülern der deutschen Schule

Humorig wurde es auch an ein paar anderen Stellen. Einmal bescheinigte er Schweden versehentlich 10 Millionen Einwohner, was er dann aber als Aufforderung verstand, in diese Richtung aktiv zu werden. Ein Standardsatz, den er wohl bei fast jeder Veranstaltung anbringen kann, war „Ich grüße die Jusos!“ als Antwort auf das Schreien eines Kindes. Natürlich kam das nur bei den Deutschen an.

Es gab gegenseitige Simultanübersetzung per Funkkopfhörer. Ich hatte da natürlich den Vorteil, darauf verzichten zu können.

Im Anschluss gab es noch eine Diskussion mit einigen Schülern der deutschen Schule.

Eine sehr nette Veranstaltung also. Die Ausstellung ist übrigens noch bis 2. November im ABF-Huset, Sveavägen 41 in Stockholm zu sehen.

Münte kommt

Nachdem ich es mir in meinem neuen Domizil so langsam gemütlich mache, kann auch wieder gebloggt werden.

Meine Zeit als Busfahrer geht auch zu Ende. Glücklicherweise ging etwas mit meinen Dienstplänen schief, so dass ich morgen nicht arbeiten ist.
Es eröffnet nämlich eine Ausstellung über Willy Brandt, eine Kooperation des Palmecenter und der Friedrich-Ebert-Stiftung. Da Willy ja auch einen Teil seines Exils hier verbracht hat, passt dies auch gut.

Das wird großes Kino, denn die Gästeliste ist mehr als nur ansehnlich:

Es kommen:

  • Ingvar Carlsson, ehemaliger Regierungschef Schwedens
  • Franz Müntefering, bekanntermaßen Vizekanzler

Das ist schon bemerkenswerte Prominenz. Es fehlt eigentlich nur noch Egon Bahr.
Natürlich werden nur Sonntagsreden geschwungen werden, aber alleine, dass sich Münte wegen so etwas nach Schweden begibt, ist schon großartig.

Der ganze Spaß findet morgen von 11 bis 13 Uhr im ABF-Huset statt, Sveavägen 41, Stockholm.

Gedanken zum Tage

Es ist fast halb 3 Uhr in der Nacht. Ich bin gerade von der Arbeit zurückgekommen und fühle mich gerade noch so in der Lage, ein paar Dinge über die letzten Tage loszuwerden.

  • Letztes Wochenende war OB-Wahl in Rastatt. Positiv ist aus meiner Sicht ist, dass es zu einer Stichwahl kommt und es zumindest einen aussichtsreichen Gegenkandidaten zum Amtsinhaber gibt, der das Rennen noch spannend machen könnte. Allerdings hat Walker gute Chance auf eine neue Amtszeit, da ihn aus dem Stand 46 % gewählt haben. Es ist mir echt ein Rätsel, wie so etwas zustande kommt. Viele Freunde hat Walker sich in den letzten Jahren ja nicht gemacht.
  • Beim Lesen dieses Artikels kam mir dann auch ein, wer eventuell Kanzlerkandidat der SPD im Jahr 2009 werden könnte: Klaus Wowereit. Wenn wir verlieren, hatten wir wenigstens eine gute Party. Wenn wir gewinnen, haben wir den ersten homosexuellen Regierungschef, was auch sehr innovativ wäre.
  • Nochmal Politik: hier in Schweden hatte die Regierung gerade einjähriges Jubiläum. Die meisten Kommentatoren bescheinigen der Regierung eine mittelmäßige Leistung. Eine umfassende Analyse spare ich mir hier, aber grob gesagt ist es eigentlich so, dass die Regierung genau das macht, was sie im Wahlkampf angekündigt hat – und die Schweden merken so langsam, dass ihnen das doch nicht so gefällt. Die Umfragenwerte sind im Keller und im Detail bemerkt man Dissonanzen zwischen den Regierungsparteien – deren Forderungen stehen sich teilweise diametral entgegen. Das wird die Regierung sicher nicht zerbrechen lassen, aber Zeichen des Bröckelns sind ohne Frage medienwirksam. Der Rücktritt des Verteidigungsministers Odenberg und der Verlust der bürgerlichen Mehrheit in dem an Stockholm nördlich angrenzenden Sundbyberg machten sich deutlich bemerkbar.
  • Seit letztem Wochenende hat der Umzug in eine neue Wohnung begonnen. Mittlerweile war ich schon dreimal bei einem namhaften schwedischen Möbelhaus.
  • Köttbullar und Fressalien am Ausgang sind übrigens nicht etwa ein Exportgag von IKEA – das ist in Schweden selbs nicht viel anders.
  • Ich möchte an dieser Stelle auch die schwedische Ehrlichkeit loben. Bei einem IKEA-Besuch habe ich meinen MP3-Player irgendwo verloren. Tags darauf hatte ich ihn wieder zurück. Ich bin begeistert.
  • Übrigens haben wir nicht alle Möbel von IKEA. Zur Unterstützung der deutschen Wirtschaft haben wir unsere Lampen bei Bauhaus gekauft.
  • Einen sehr mondänen Schreibtisch wollte ich bei einer Konkursauktionenwebseite ergattern. Leider wurde mir das dann doch zu teuer und ich stieg aus. Stattdessen habe ich nun ein vergleichbares Modell, das neu ist und nicht viel teurer. Einen Schreibtischstuhl konnte ich aber für rund 50 € erwerben. Ich hatte mich dabei zunächst gar nicht damit auseinandergesetzt, welche Firma denn da abgewickelt wurde. Jetzt bei der Abholung sah ich es umso deutlicher: es war die Kinokette Astoria Cinemas, deren Niedergang ich schon neulich bedauert hatte. Da ich heute der Zerfledderung der Büroräume beiwohnen durfte und an den Kinos Plakate hängen, dass jetzt gerade Sommerpause sei, ist damit das Ende von Astoria definitiv besiegelt – mit einer Rettung durch einen Investor ist da wohl nicht mehr zu rechnen.

Wahltag

Ich will mich nicht lange darüber auslassen, aber eine Erwähnung ist es auf alle Fälle wert. Heute ist OB-Wahl in meiner Heimatstadt Rastatt. Eine konkrete Wahlempfehlung zugunsten eines Kandidaten möchte ich nicht aussprechen, aber ich möchte ganz klar Position gegen den jetzigen Amtsinhaber Klaus-Eckhard Walker beziehen, der in den letzten Jahren alles daran gesetzt hat, die ganze Stadt gegen sich aufzubringen und Rastatt im ganzen Land vorzuführen. Insofern hoffe ich inständig, dass es einer seiner Gegenkandidaten machen wird.

Einrichtung

Straßenbahn

In den letzten Wochen war meine Postingfrequenz etwas niedrig. Aus verschiedenen Gründen: vor allem arbeite ich momentan noch Vollzeit, nicht selten zu unmenschlichen Zeiten. Dann hat auch noch die Uni begonnen, die Hello Everybody Show läuft wieder und ich ziehe um. Seit gestern haben meine Freundin und ich eine gemeinsame Wohnung. Sie ist zwar noch reichlich leer, aber wir haben noch über zwei Wochen Zeit, die notwendigsten Einrichtungsgegenstände zu besorgen. Bis dahin habe ich nämlich noch mein bisheriges Zimmer.

Die Einrichtung verzögert sich auch etwas durch die Finanzen – in Schweden werden die Gehälter am 25. des Monats ausgezahlt. Bis dahin ist also das Budget nur sehr eingeschränkt. Unsere Möbel kaufen wir dem Klischee gemäß fast vollständig bei IKEA, der zwar deutlich teurer ist als in Deutschland, aber immer noch billiger als die Konkurrenz. Zwar haben wir auch anderweitig durch private Ankäufe ein paar Möbel zu Spottpreisen zusammengehamstert, aber das reicht natürlich nicht aus. Beim privaten Kleinanzeigenmarkt Blocket, der in Schweden aus unerfindlichen Gründen so beliebt ist wie Ebay in Deutschland, gäbe es zwar auch allerhand, aber echte Schnäppchen sind hier nur eingeschränkt verfügbar. Ich hoffe auch, teilweise nützlichen Krempel von einer Webseite für Konkursauktionen abstauben zu können. Da sich die meisten Leute natürlicherweise auf die wirklich interessanten Dinge wie Laserdrucker und Computer stürzen, kann ich vielleicht das eine oder andere Schnäppchen mit weniger interessanten Restbeständen machen.

Man mag sich nun fragen, was das alles mit dem Bild zu tun hat – ziemlich genau nichts. Die „historische“ Straßenbahn, die wohl nicht ganz so historisch ist, wurde nämlich mittlerweile zurück nach Spanien verschifft, wo sie ursprünglich auch herkam. Und ich war zufällig frühmorgens mit der Linie 1 draußen am Freihafen, um das zu beobachten.

Gelber Strom

Yello Strom

Nach Media Markt schickt sich eine weitere deutsche Firma an, auf dem schwedischen Markt Fuß zu fassen. Glücklicherweise handelt es sich um eine mit etwas weniger fragwürdigen Geschäftspraktiken und Marketinggebaren.

Es handelt sich um Yello Strom, eine Tochter der EnBW. Die Webseite verspricht die Kilowattstunde für 88,47 Öre. Das ist anscheinend weniger als bei der Konkurrenz. Interessant finde ich die Dynamik des Ganzen – während in Deutschland der Strommarkt nach euphorischen Anfängen irgendwie vollkommen eingeschlafen ist, scheint es hier in Schweden erst loszugehen. Im letzten Jahr machte wiederholt die Firma Kraft&Kultur Werbung für ihren grünen Strom. Während ich mich irgendwie an Name und Optik des Firmenlogos störte, weil es mich irgendwie an „dunkle“ Zeiten erinnert, klagten die großen Playern des Markts erfolgreich gegen die Werbung. Grund war wohl die negative Darstellung der Konkurrenz, die auf sehr düsteren Plakaten als Lieferanten schmutziger Energie dargestellt wurden. Dann wurden die Namen mit unterschiedlichen kleinen Zusatzzetteln überklebt, auf denen „Schwedens größter/zweitgrößter/drittgrößter Energieliefeant will nicht, dass sein Name hier steht“ stand. Die so angeschwärzten Top 3 waren vermutlich E.ON, Vattenfall und Fortum, aber ich erinnere mich nicht genau an die Plakate vor der Überklebeaktion.

Nun kommt also auch noch Yello Strom. Es ist übrigens eine schon leicht komische Wendung, dass sich die Konzerne gegenseitig im Revier wildern. Während Vattenfall große Teile Deutschlands beliefert, sind E.ON und nun auch indirekt die EnBW in Schweden vertreten.

Nachdem ich die Plakate entdeckt hatte, interessierte mich aber spontan am meisten, ob Yello Strom hierzulande nicht „Yello Ström“ heißt. Hier ist man aber bei dem deutschen „Strom“ geblieben – es wäre auch grotesk, wenn der ohnehin schon nur halbdeutsche Firmenname auch noch halbschwedifiziert würde.

Vorbild Schweden

Teil 10 und 11 meines Auswandererguides sind zwar immer noch nur halbfertig und werden daher erst demnächst veröffentlich – jedoch habe ich gerade etwas auf SPIEGEL online gesehen, das gut zu Teil 11 passen würde.

Dort geht es um eine Arbeitsgruppe, die Autozulassungen leichter machen soll. Vorbild ist in diesem Fall Schweden, das mit seiner ländlichen Struktur wohl schon länger die Not von mitten in der Pampa lebenden Menschen sah, die eine ganze Tagesreise auf sich nehmen mussten, nur um ein Auto anzumelden. Hierzuland bleibt nämlich das Kennzeichen ein Autoleben lang montiert. Wechselt der Besitzer, werden nur die Daten entsprechend geändert. Ebenso zentral wird erfasst, wann das Auto das letzte Mal beim TÜV war und ob es versichert ist.

Das soll in Deutschland auch kommen – und bislang gibt es wohl nur einen Gegner: die bisherigen Zulassungsstellen. Die sind nämlich der Meinung, das bisherige System sei gar nicht verbesserungsbedürftig.

Naja, da erinnere ich mich nur an meinen letzten Besuch in dieser Stelle. Nach etwas Wartezeit wurde ich hereingerufen. Just in dem Moment, als ich die Tür öffnete, rief jemand drinnen „Mist, jetzt ist die Verbindung zum Rechenzentrum abgebrochen. Ich gehe jetzt aber nicht raus und sage den Leuten, das nichts mehr geht.“

Nicht verbesserungsbedürftig also – aha.