Schussfahrt

Momentan sitze ich in einem Labor in Frankreich. Die Messung läuft, aber zu großen Taten fühle ich mich nicht in der Lage. Bevor es jedoch zu lange auf Halde liegt, will ich ein paar Fotos vom Wochenende loswerden.

Sie sind von der Red Bull Lådbilsrally, also dem Red-Bull-Seifenkistenrennen. Die Veranstaltung ist ein bisschen wie das dazugehörige Getränk: vollkommen unnötig und der Gesundheit nicht zuträglich.

Aber trotzdem irgendwie lustig. Interessant ist, dass es nur für die ersten drei Preise gab und trotzdem 45 Teams für eine derartige Kommerzveranstaltung anreisten. Noch überraschender war, dass die Konstruktionen zumeist nur sehr bedingt tauglich waren und die Teilnehmer immer wieder denselben Fehler machten: nach einem steilen Anfang und einer sehr engen Kurve galt es, eine lange Gerade mit nur wenig Gefälle zu überstehen. Bei der Kurve trennte sich die Spreu vom Weizen, und wer das überlebt hatte, schaffte es auch noch passabel bis zur halben Strecke. Bei der zweiten Hälfte brachen aber die meisten massiv ein.

Zwar ging auch die kreative Gestaltung und Ausführung in die Wertung ein, aber damit macht man eben eine Minute Rückstand auch nicht mehr gut. Letzten Endes gewannen die „Men in Black“, die beinahe die schnellsten waren, aber dann bei der Kreativität punkteten.

Die USA sind Schweden sein Mexiko

Amerikas bestes Nachrichtenmagazin, The Daily Show, kennt sich mit Schweden aus, wie wir in der Vergangenheit schon erfahren durften. Nun zieht eine IKEA-Fabrik in den USA den Unmut auf sich. Korrespondent Jason Jones hat sich an das Thema herangewagt und kommt zu interessanten Feststellungen:

Deutschland-Kanada und ein ganz außergewöhnliches Public Viewing

Nachdem das Goethe-Institut letztes Jahr eine Serie von Public-Viewings in seinen Räumen in der Stockholmer Innenstadt abhielt, hatte ich gehofft, dieses Jahr würde es wieder so etwas geben. Tut es, und zwar etwas anderes als erwartet. Nachdem die deutsche Botschaft letztes Jahr schon engagiert involviert war, ließ man es dieses Mal richtig krachen und veranstaltete ein Fest auf dem Botschaftsgelände.

Rustikales Essen war angekündigt – aber hallo!

Man musste sich voranmelden, wodurch einige leider nicht mehr mitkommen konnten. Die Warteschlange war wegen der Identitätskontrolle und anschließendem Sicherheitscheck auch recht lang, aber es ging zügig.
Das Fest konnte sich mehr als sehen lassen. Man hatte ein Zelt und Festbänke aufgebaut. Wer keinen Platz mehr bekam, konnte sich auf die Wiese setzen. Die Leinwand war nicht irgendeine weiße Fläche, die mit dem Beamer bestrahlt wurde, sondern eine selbstleuchtende, wie sie bei Großveranstaltungen eingesetzt wird.
Das kostenlose (!) kulinarische Angebot bestand aus Würsten, Kartoffelsalat, Salat und echten Laugenbrezeln (wow!). Dazu gab es Bier und nichtalkoholische Getränke. Bei der Auswahl und den Preisen konnte man auch mehr als nur darüber hinwegsehen, dass aus nicht ganz ersichtlichen Gründen die Warteschlange kaum in Bewegung geriet.
Dass das alles nichts kostete und dass es sogar Bier gab, ist wohl etwas den rechtlichen Umständen geschuldet. Auf dem Botschaftsgelände gilt schließlich kein schwedisches Recht, so dass man Alkohol auch einfach so im Freien ausschenken kann, und weil die Botschaft keine Steuern bezahlt, wäre ein Verkauf wohl schwierig abzurechnen gewesen. Einen Dank ans Auswärtige Amt an dieser Stelle.

Ein Blick auf die Botschaft

Ich war kürzlich zwar schon einmal in der neuen alten Botschaft, aber jetzt konnte ich mir das Gebäude auch mal von allen Seiten anschauen. Zur Erklärung: seit ca. 2007, als ich meinen ersten Pass in Schweden beantragte, saß die Botschaft in einem behelfsmäßigen Übergangsbau in der Artillerigatan, weil das eigentliche Gebäude renoviert wurde. Letzteres war schon seit 1960 der Botschaft gewesen, schön gelegen in der Diplomatstaden (Diplomatenstadt), in der Skarpögatan, nicht weit von den Botschaften Finnlands, Japans, Großbritanniens, Norwegen, der Vereinigten Staaten und der Türkei entfernt. Das Gebäude ist nicht gerade schön, wie man es eben in der damaligen Zeit baute. Es ist aber zeitgeschichtlich interessant, da sich dort im Jahr 1975 die tragische Geiselnahme von Stockholm durch die RAF ereignete. Wer einen Vergleich mit den Bildern oben machen will, kann sich die Originalbilder von damals anschauen: in diesem Video sieht man ab 1:31 Minuten die Explosion, und ab 2:55 sieht man einen Brand in den Fenstern, die in dem etwas verunglücktem Panoramabild wohl die ganz rechts oben sind – das Gebäude des schwedischen Fernsehens ist nämlich in direkter Nähe, weswegen es nicht schwer gewesen sein dürfte, von dort aus mitzufilmen.
Im Herbst 2010 zog man zurück in die erneuerten Räume. Eine offenkundige Änderung ist, dass man nun durch eine vergleichsweise aufwändige Sicherheitsschleuse aufs Gelände musste. Nach der Begrüßung kommt man natürlich nicht mehr auf die Idee, einen Blick in den Garten zu werfen.

Der ist, wie das Gebäude selbst, recht gelungen und eignet sich durch sein Gefälle geradezu perfekt für eine Vorführung. Schön, dass er zu dieser Gelegenheit zu einer unerwarteten Verwendung kommt, denn wie Botschafter Rücker offen bekannte, war er zunächst etwas skeptisch. Er gab aber auch zu, dass er nun sehr begeistert war. Es ist wohl davon auszugehen, dass der Garten der Botschaft im Allgemeinen eher zu dekorativen Zwecken dient und ansonsten kaum genutzt wird. Ich hoffe, es wird vielleicht zum Finale noch einmal so ein Fest geben. Bis dahin hat anscheinend das Goethe-Institut vor, die Spiele in seinen Räumlichkeiten zu zeigen.

Das ewige Dilemma beim Frauenfußball

Ach ja, das Spiel. Alles, was derzeit über die Fußball-WM so geschrieben wird, spricht irgendwo für sich. Die mediale Aufmerksamkeit hat zum Glück gewaltig zugenommen, und das muss man positiv sehen. Jedoch bleibt bei all dem immer noch ein Unterton, dass Frauen auch Fußball spielen können – als wäre das irgendwo eine unerwartete Feststellung, die man noch einmal mitteilen müsste. Auch ich, der sich für das Thema ein bisschen mehr interessiert, gebe gerne zu, dass Frauenfußball in Teilen immer noch eigenwillig ist. Es fallen immer noch zuviel Tore, was dem Spiel Fußball seine Spannung nimmt, denn gerade die wenigen Toren machen es so interessiert. So wird es auch bei dieser WM sicher den einen oder anderen haushohen Sieg geben, weil manchmal eben doch Kreisliga auf Bundesliga trifft. Echte Gleichstellung wird sich aber nicht erst mit gleicher Leistungsdichte ergeben, sondern ist erst dann erreicht, wenn die „normale“ Fußball-WM „FIFA Men’s World Cup“ heißt und die Frauen-WM nicht mehr die Quoten-Exoten-Veranstaltung mit bedingter Relevanz darstellt.

Am Eröffnungsspiel war jedenfalls wenig auszusetzen. Man sah keine gnadenlos unterlegene Mannschaft, die sich der deutschen Übermacht innerhalb kürzester Zeit beugen musste, sondern ein passables Gruppenspiel mit spannenden Momenten. Das ist für mich das wirklich beruhigende an diesem Turnier: dass nicht schon von vorneherein klar ist, wer gewinnt.

PS: Wer sich wundert, was das für ein Schiff ist, dass da scheinbar im Feld liegt: Es handelt sich um die „Crystal Serenity“, ein nicht ganz unschickes Kreuzfahrtschiff. Von diesen Schiffen wimmelt es in Stockholm im Sommer nur so. Hinzu kommen gelegentliche Besuche von Marineschiffen aus aller Welt, und die überdimensionierten Yachten von Leuten, die tragischerweise an einem Geldüberfluss leiden. Tragisch bzw. traurig finde ich daran aber eher, dass die ganzen Symbole der Dekadenz, ob nun Kreuzfahrtschiff oder Privatyacht, mit ganz wenigen Ausnahmen – erstaunlicherweise fast nur Italiener – alle in Billigflaggenländern registriert sind. So ist die „Vive La Vie“, die derzeit an dem Kai liegt, an dem ich täglich vorbeikomme, auf den Kaimaninseln gemeldet. Die Crystal Serenity jedoch liegt im Trend mit den allermeisten Schiffen, die in Stockholm fest machen: sie ist auf den Bahamas registriert und führt wohl stolz die dortige Hauptstadt Nassau als ihren Heimathafen.
Mit selbiger Flagge habe ich vergangenes Jahr ein Schiff des SPD-Reiseservice gesehen. Wenn ich ganz ehrlich sein soll, finde ich das schon etwas schäbig, dass selbst Reiseveranstalter mit politischer Ankopplung diesen Steuerentzug noch unterstützen.

PPS: eine Mitteilung an die ARD: Untertitel für Hörgeschädigte bei Fußballspielen sind die größte Schnapsidee seit langem, v.a. wenn man einen orthographisch und grammatikalisch eher mittelmäßig begabten Autor daran setzt. Die meisten Texte waren ohne Relevanz oder kamen viel zu spät. Das kann man sich echt sparen.

Mittwinter 1911: Scott vs. Amundsen

Mittwinter 2011 bei Scott in der Hütte
Mittwinter 2011 bei Scott in der Hütte

Während ganz Schweden auf das Midsommarwochenende hinfiebert – der Verkehr in der Stadt ist schon erheblich zurückgegangen – möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen und auf ein hochspannendes Projekt verweisen: Scott vs. Amundsen.

In diesem Blog werden die Tagebucheinträge von Robert Falcon Scott denen von Roald Amundsen gegenüber gestellt. Und, wie man daraus ersehen kann, feierten beide vor ziemlich genau 100 Jahren den Mittwintertag, denn im Juni ist in der Antarktis natürlich tiefster Winter stockdunkel.

So lange ist es her, dass die beiden Expeditionen sich in der Antarktis befanden, um schließlich im Herbst 1911 zum Pol aufzubrechen. Das zu einer Art Rennen zum Pol avancierte Ereignis endete bekanntermaßen tragisch: Amundsen im Dezember 1911 war einen Monat vor Scott am Pol. Letzterer kam mit seinen Mitstreitern beim Rückweg zur Basis um.

Am gleichen Tag bei Amundsen

Es handelt sich zweifellos um das größte Epos der Südpolarerkundung, das bis heute sehr unterschiedlich wahrgenommen wird. Scott war jahrzehntelang der tragische britische Held – eine Verkörperung der Ideale des britischen Empire und gleichzeitig auch ein Zeichen für dessen Niedergang. Amundsen war zwar der Sieger im Rennen, aber letzten Endes doch ebenso eine tragische Figur. Man gönnte ihm den Sieg nicht, weil er vorgab, eine Expedition in den Norden zu planen, und erst auf dem Weg dorthin seine Leute einweihte. Scott erhielt nur ein äußerst knappes Telegramm, wodurch er überrumpelt wurde. So schuf man sich die Legende vom hinterhältigen Amundsen, der den armen Scott hinterhältig übergangen und durch seinen Sieg am Pol diesem das Herz brach, worauf er umkam.

Natürlich muss man den Pathos dieser Ära herausfiltern, um eine Beurteilung machen zu können. Die Loslösung davon ist auch noch gar nicht so lange her. Der erste echte Angriff auf den Nationalhelden Scott kam auch erst in den 1980er Jahren. Der fiel dafür aber massiv aus. Der Autor Roland Huntford veröffentlichte eine Biographie von Scott und Amundsen, in der Scott gelinde gesagt schlecht wegkommt: unfähig seine eigenen Fehler einzusehen, beratungsresistent und ignorant gegenüber bereits vorhandenem Wissen habe er seine Leute in den Tod geführt. Huntford versteifte sich v.a. auf die Frage des Transportmittels. Während sich Amundsen Hundeschlitten bediente, zogen Scott und seine Leute ihre Lasten den größten Teil des Weges selbst. Dennoch schafften es britische Filmemacher, aus der unbarmherzigen Buchvorlage die weniger tendenziöse und hervorragende Dokudramaserie „The last Place on Earth“ (auch nicht so wirklich urheberrechtlich einwandfrei auf Youtube zu sehen) zu machen – u.a. darin zu sehen ein noch junger Bill Nighy und ein damals noch jüngerer und recht wenig bekannter Hugh Grant.

Im Nachhinein ist es freilich immer leicht, einen gescheiterten Ansatz zu verurteilen. Deswegen habe ich nicht nur Huntfords Buch, sondern auch das Buch von Diana Preston zum Thema gelesen. Sie wiederum ist sehr nachsichtig gegenüber Scott und versucht, nahezu jede zweifelhafte Entscheidung noch irgendwie zu verteidigen, auch wenn sie seine sprunghafte Art, Entscheidungen zu treffen, kritisiert.

Die Wahrheit liegt wohl wie so oft irgendwo in der Mitte. Wer sich selbst eine Meinung bilden will, kann durchaus mit Scott vs. Amundsen beginnen. Den Kontext und neuere wissenschaftlichere Kenntnisse z.B. zur Ernährungslehre wird man auf diesem Wege nicht bekommen, aber man kann die Ereignisse anhand der Aufzeichnungen der Teilnehmer selbst miterleben. Vielleicht hat man nach der Lektüre sogar noch Lust auf mehr.

Beendet sein wird das Projekt in jedem Fall wohl am 29. März 2012. Das ist der mutmaßliche 100. Todestag von Scott, als er seinen letzten Tagebucheintrag mit den unsterblichen Worten beendete:

For God’s Sake Look After our People

Serengeti Tag 2

Ach ja, da war das noch was. Dieser Beitrag lümmelt nun ganz unverschämt ein halbes Jahr lang in den Entwürfen herum. Zeit, ihn vom Stapel zu lassen.

Die älteren Leser werden sich daran erinnern, dass ich über Weihnachten und Neujahr in Tansania war. Begonnen hatte das kleine Abenteuer mit einer Reise über Addis Abbeba zum Kilimandscharo Airport nahe der Stadt Moschi, ganz im Norden des Landes. Nach einem Tag im Ngorongoro-Krater waren wir im Serengeti-Nationalpark angekommen.

Der zweite Tag nun sollte das Highlight werden. Mein Geburtstagsgeschenk zum 30. war nämlich ein Ballonflug in der Serengeti, wie ich kurz zuvor erfahren durfte. Es war nicht mein erster Ballonflug, aber natürlich der erste in einer so außergewöhnlichen Umgebung.

Man darf äußert früh aufstehen – kurz nach 5 – und wird dann mit dem Jeep abgeholt. Unser Pilot war Kanadier und ein ehemaliger Immobilienmakler, der sich nach einem anderen Büro sehnte. Der Korb war für bis zu 16 Personen angelegt, wobei jedes Fach zwei Personen fasst. Wir erhielten Anweisungen: jeder bekam eines der Fächer zugewiesen. Der Korb lag und man sollte in das Fach hineinsteigen und sich auf den Rücken legen. Die Beine waren angewinkelt, was aber nicht weiter schwer war, da es eine entsprechende Stufe im Boden des Korbs gab. Der Korb richtete sich auf, und auf Anweisung durften wir uns umschauen. Was es zu sehen gab, kann man oben in der Galerie erahnen.

Nach der Landung gab es nach Ballonfahrertradition Sekt.
Die Fahrt kostet anscheinend so um die 500 US-Dollar, wenn man ihn vor Ort bucht. Eine Menge Holz, aber empfehlenswert. Die Krönung war freilich das Frühstück danach: ein langer Frühstückstisch war unter einem Akazienbaum aufgebaut worden. Das Personal war in alten Kostümen verkleidet und servierte uns englisches Frühstück. Die sanitären Anlagen waren hervorragend: das Waschbecken war aus Metall, das (warme) Wasser kam aus einer Karaffe, die einer der Bediensteten hielt. Das Beste war freilich die Toilette „Loo with a view“: drei Stellwände und in der Mitte eine Kloschüssel. Setzte man sich darauf, hatte man einen hervorragenden Blick auf die Landschaft.

Der Tag ging weiter mit einer (immer noch) frühmorgendlichen Tour durch den Park. Das ist anscheinend eine der besten Zeiten des Tages, denn die Nilpferde sind am frühen Morgen noch nicht wieder im Wasser. Nebenbei konnten wir auch zwei Löwinnen beim Frühstück sehen und einen Geparden sich vor uns wälzen. Volle Ausbeute sozusagen.

Wenn ich das Tempo weiterhin so hoch halte, kommt der Rest der Safari dann irgendwann im Herbst.

StudiVZ-Schwund und was sonst noch so verschwindet

Nach diesem Artikel Ende April habe ich gerade einmal bei StudiVZ hineingeschaut. Die Anzahl meiner Freunde dort ist seither um weitere 5 gesunken.

Wenn der Schwund weiterhin so anhält, dann wird also der letzte in 1187 Tagen von Bord gehen – oder anders gesagt am 19. September 2014. Das wird so natürlich nicht so passieren. Dass es das Portal im Jahr 2015 noch geben wird, erscheint mir aber sehr unwahrscheinlich.

Ein anderer Paradigmenwechsel in Sachen Internet wird mir in diesen Tagen auch gegenwärtig: klassisches Instant Messenging stirbt. Ich war (und bin) bei allen großen Netzwerken angemeldet: AOL Instant Messenger (AIM), Yahoo Messenger, MSN Messenger und natürlich ICQ. Waren zumindest die letzten beiden über lange Jahre ein Grundpfeiler meiner täglichen Kommunikation, hat sich das beinahe unbemerkt auf Null zu bewegt. Auf allen Netzwerken habe ich nur noch wenige Kontakte, die man aktiv nennen könnte.

Bei AIM habe ich sage und schreibe noch zwei Kontakte, aber die kann ich wenigstens zu den Aktivposten rechnen. Das verwundert mich eigentlich ein bisschen, denn dieses Netzwerk hatte ich eigentlich schon für tot gehalten. Nachdem AOL seine besondere Markststellung schon vor Jahren eingebüßt hat, schien mir das System eigentlich nur noch ein Auslaufmodell zu sein. Interessanterweise ist AIM das erste IM-System, mit dem ich Ende der 1990er Jahre in Kontakt kam.

Yahoo ist mittlerweile ein Spamproblem geworden, und ich wüsste keinen einzigen aktiven Kontakt mehr. Gelegentlich schreiben mich afrikanische und asiatische Studenten an, die mich einst um Rat fragten, wie man denn am besten in Europa zu einem Studienplatz kommt. Besonders schien sie immer zu interessieren, welche deutsche Hochschulen nun gut oder weniger gut seien. Ich konnte ihnen nicht wirklich helfen.

MSN Messenger war lange Zeit ein Tor zu denjenigen, die Windows hatten und sich nicht die Mühe machen wollten etwas anderes zu installieren. Ich nehme an, genau dieses Hauptklientel ist auch der Grund für das Dahinscheiden: wer heute mühelos Kontakte unterhalten will, macht das bei Facebook. Ich wüsst spontan nur eine einzige Person, mit der ich ausschließlich auf diesem Wege Korrespondenz unterhalte.

Bleibt noch ICQ. Früher das mit Abstand wichtigste Netzwerk. Heutige Kontaktbedeutung: null. Stattdessen ständige Kontaktfragen junger russischer Damen, die aber nicht mal in einem automatisierten Bot-Gespräch resultieren.

Wenn ich einen Plan für den IM-Ausstieg machen müsste, dann gingen die Meiler wohl in folgender Reihenfolge vom Netz: Yahoo, ICQ, MSN, AIM. Genau das überlege ich zur Zeit. Nerviger Spam nervt, wenn man die Dienste nicht mehr braucht.

Es ist ja nicht so, dass Instant Messenging gestorben wäre. Im Gegenteil – es findet nur auf anderen Plattformen statt: Skype und Facebook. Spätestens seit letzteres ermöglicht, per Jabber-Protokoll zu chatten, ist die Handhabung wie früher bei ICQ. Ich kann das nur wärmstens empfehlen. Man bleibt von Spam verschont und erreicht Kontakte direkt.

Skype scheint mir zwar auch zu stagnieren, hat aber allemal mehr Zukunftspotenzial als die alten IM zusammen, denn gerade die Telefonie ist immer noch eine sehr praktische Sache.

Ob diese Entwicklung gut ist, sei dahingestellt. Die Zentralisierung auf Facebook kann man durchaus in Zweifel ziehen. Jedoch sollte man nicht vergessen, dass ICQ etc. nie offene Systeme waren, sondern nur durch geschickte Bastlereien findiger Entwickler auch jenseits der offiziellen Software benutzt werden konnten. Zumindest was Facebook (und Google Talk) angeht, hat mit Jabber ein offenes System gewonnen.

Raymond & Maria mit neuem Album

Jobs Where They Don’t Know Our Names from Raymond & Maria on Vimeo.

Ich dachte eigentlich, sie wären in der Versenkung verschwunden. Die Myspace-Seite schien tot – OK, das trifft heute irgendwie auf ganz Myspace zu – und eine Homepage schien es nicht mehr zu geben. Die Rede ist von Raymond & Maria, eine Band, die angeblich ihren Namen von einem Swingerclub bezog. Sie macht freundliche wohlklingende Musik, die darin enthaltene kritische Botschaften schön versteckt.

Raymond&Maria im Jahr 2005 bei einem Auftritt. Mal ehrlich: hinter der Fassade würde man keine sozialkritischen Texte erwarten, oder? (Bild: Alexander Augst, PD)

Sie hatten zwei kleine Hits, „Ingen vill veta var du köpt din tröja“ und „Storstadskvinnor faller ner och dör“. Dann war Ruhe.

Nun, ganze 5 Jahre später, gibt es nicht nur eine neue Homepage. Die Band ist auch wieder da und singt jetzt auf englisch (siehe oben). Am Sound hat sich nicht viel geändert. Das freut mich. Hoffentlich hört man noch etwas mehr von ihnen.

PS: Peinlich, dass die Embed-Funktion von Vimeo fehlerhafte URLs ausspuckt. Natürlich müssen die & in der Url einfache & sein.

Katie Melua in Stockholm

Der Rezensent in der DN schrieb heute morgen: man erinnert sich mehr an die Stimme als an die Lieder.

Da hat er definitiv recht. Ich hatte Katie Melua 2008 schon einmal in Stockholm gesehen und war vor alle beeindruckt von der Stimme, die fast genauso klingt wie auf dem Album.

Damals war sie im Hovet, einer großen zum Globen gehörenden Arena. Letzten November sollte sie hingegen im Cirkus spielen: viel kleiner, aber auch viel gemütlicher. Das Konzert wurde aber abgesagt, und so erwarben wir auch keine Tickets. Der Ersatztermin war diesen Mai, wie mir neulich bei John Cleese auffiel, der ebenfalls im Cirkus auftrat.

Tickets gab es zunächst keine mehr. Die alten Karten galten nämlich noch, und die hatten sich offenbar prächtig verkauft. Ein paar Restplätze konnten wir aber ergattern. Alle einzeln oder an schlechten Stellen platziert. Wir nahmen die Tickets in der allerletzten Reihe.

Über die Dame, die als Vorband fungierte, kann ich nicht viel sagen. Ich habe nur zwei Lieder von ihr gehört. Dafür aber über Katie Melua: sie wagte mit ihrem größten Hit „The Closest Thing to Crazy“ zu öffnen. Normalerweise ein großer Fehler, da aber wie gesagt die Stimme mehr beeindruckt als das Liedgut, war es ein perfekter Start.

So blieb es auch das ganze Konzert über. Wie vor 2,5 Jahren optisch aufgehübscht durch Animationen auf der Leinwand konnte man die Musik einfach auf sich einfließen lassen. Insgesamt waren es vielleicht knapp 2 Stunden, die sich definitiv gelohnt haben.

Eine Anmerkung noch zu den Bildern oben: ich bin positiv überrascht, dass auf ca. 25 Meter Entfernung bei diesen Lichtverhältnissen noch so viel zu sehen ist. Das Objektiv taugt offenbar nicht nur für die Safari.

Trara, die Post ist da! (1)

Post aus Taiwan: Das "All Jackpots Casino" schreibt mir

Vorgestern fand ich eine kleine Überraschung in der Post: einen Brief aus Taiwan. Nun habe ich in meinem Leben noch nie einen Brief von der politisch isolierten Insel östlich von China erhalten. Was könnte es sein?

Es ist ein Brief – oder besser gesagt eine Postkarte – des „All Jackpots Casino“, das definitiv mein Favorit unter den auf Taiwan ansässigen unseriösen Internetabzockercasinos ist. Ich kenne schließlich kein anderes.

Den Bonuscode für die 10€, der sich auf der Rückseite der Karte befindet, habe ich freilich nicht eingelöst. Wer ihn haben möchte, kann ihn gerne erhalten.

Was ich mich frage:

  1. Auf welchen obskuren Wegen ist meine Adresse dort gelandet?
  2. Welchen Sinn hat es, für viel Geld einen Brief um die halbe Welt zu schicken? Zwar ist es nicht eindeutig, aber ich nehme an, dass alleine das Porto ca. 0,50 € gekostet hat.

Gut möglich natürlich, dass die Abzocke so effizient ist, dass sich solche Werbemittel lohnen. Ich hoffe nur, dass so ein Unfug nicht zur Regel wird, denn ich würde mich gerne auch künftig über Briefe aus exotischen Ländern freuen können.