Meine Freunde kennen mich als großen Fan der EU und des Euro. Umso betrüblicher ist es für mich, dass mein Wohnland sich so zurückhaltend in Sachen EU verhält. Bei den Schweden geht es immer ums Prinzip, und bei einem Bürokratiemonster mit oft nicht mehr wirklich durchschaubaren Strukturen, wie es die EU heutzutage ist, halten sie lieber Abstand.
Es ist dennoch erstaunlich, dass sich in der letzten Zeit das Thema Euro hierzulande wieder mehr zu bewegen scheint. Die bürgerliche Koalition nähert sich nämlich langsam dem Thema an: die Zentrumspartei, bei der Volksabstimmung 2003 noch klar ablehnend gegenüber dem Euro, ließ durchblicken, dass man zumindest über eine Kursänderung nachdenken könnte. Aus der liberalen Volkspartei kamen kürzlich sogar Vorschläge, man könne schon 2010 wieder eine Volksabstimmung durchführen.
Kurz zu den Fakten: der Euro geht bekanntermaßen auf den Vertrag von Maastricht aus dem Jahr 1992 zurück. Alle Länder, die danach der EU beigetreten sind, haben damit gleichzeitig die Einführung zugesichert. Die Länder, die vorher schon Mitglied waren, haben ein Ausstiegsricht (sogenanntes Opt-Out). Da Schweden erst seit 1995 in der EU ist, muss der Euro also eigentlich eingeführt werden. Man behilft sich allerdings mit einem Trick: für die Euro-Einführung muss die eigene Währung erst einmal 2 Jahre lang im sogenannten Wechselkursmechanismus II (WKM II) fest an den Euro gekoppelt werden. Die Älteren werden sich erinnern: ein Euro war mal 1,95583 DM. Schweden geht aber nicht in den WKM II und kann somit den Euro nicht einführen. Eine Volksabstimmung im Jahr 2003 brachte eine Ablehnung von 56% – das nächste Mal wollte man eigentlich erst 2013 abstimmen lassen. Die schwedische Währung bewegt sich also nach wie vor frei, wobei man natürlich versucht, allzu große Schwankungen zu vermeiden. Normalerweise pendelt die Krone irgendwo um 9,20 kr pro Euro, momentan ist sie aber bei fast 9,40 kr pro Euro, was sich auf den Import durchaus auswirken dürfte.
Die Reichsbank hat reagiert und den Zinssatz von 3,25 % auf 3,5 % angehoben. Der Markt reagierte nicht sonderlich begeistert darauf. Da ich kein Wirtschaftsexperte bin, kann ich hierzu kaum qualifizierte Kommentare abgeben. Manchmal frage ich mich allerdings, ob Schweden mit dem „Euro light“, wie ihn die Dänen haben, nicht besser fahren würde. Dort hat man die Währung früher an die D-Mark und heute an den Euro gekoppelt. Die Währung hängt also fest am europäischen Markt – und sollte man sich irgendwann doch zur Einführung des Euro-Bargelds entscheiden, könnte man das schneller machen als hier in Schweden. Das einzige, was dagegen spricht, ist der Druck der EU, wenn man die Konvergenzkriterien alle erfüllen sollte und trotzdem den Euro nicht einführt.
Gestern ging übrigens diese Meldung herum: 54% der Schweden sind laut der Umfrage gegen den Euro. Das bemerkenswerte daran ist, dass 2007 sicher nicht als Jahr der Euro-Euphorie in die Geschichte eingehen wird und dennoch 26% der Befragten nicht wussten, ob sie dafür oder dagegen sind. Wenn man dieser fragwürdigen Stichprobe glaubt, dann hat man einen erheblichen Anteil der Bevölkerung, die sich noch vom Euro überzeugen lassen würden. Sollten wieder bessere Zeiten für die EU kommen, wird auch die Mehrheit dagegen etwas abschmelzen. Ob es aber für eine Mehrheit dafür reichen wird, steht noch in den Sternen. Zweifel an einem neuen Referendum gibt es jedenfalls genügend. Ich bin der Ansicht, dass sich in zwei bis drei Jahren aber auch einiges verändern kann.
Meine größte Hoffnung ist, dass die baltischen Länder den Ausschlag geben werden. Wenn diese auch den Euro einführen, vereinsamt Schweden langsam aber sicher als Ostseeanrainer ohne Euro-Anbindung.