Durchgelaufen

Schon mit lädierter Startnummer, aber noch einigermaßen fröhlich bei Kilometer 12. Danke an Stefan, der die Fotos gemacht hat (und bei dem auch das Copyright liegt)

Das Wetter wurde nicht deutlich besser – im Gegenteil. Ich hatte mich schon mit Mülltüte darauf vorbereitet, dass zumindest meine abgegebenen Sachen nach dem Lauf noch trocken sind. Stefan war so nett, den Schirm mitzunehmen, so dass wir uns noch bis zum Start etwas vor dem Regen schützen konnten. Wir, das waren Andreas, Marcus und ich.

Mein Rücken war schon halb durchnässt, als ich in meine Startgruppe ging. Ärgerlich war etwas, dass man die Absperrung zwischen den Startgruppen nicht geregelt hatte. So rannten alle nach vorne, sobald es vorne leer war. Ich merkte nicht sofort, dass ich nur noch von den Leuten der Startgruppe hinter mir umgeben war, und als ich mich zum Start begab, stand ich dann natürlich ganz hinten.

Nach meinen sehr schlechten Halbmarathons in den letzten beiden Jahren hatte ich mir drei Ziele gesetzt:

  1. Eine Zeit unter 2:13:48 Stunden, denn das war meine Zeit beim Baden-Marathon vor 4 Jahren, und sie war bis zu diesem Lauf auch meine zweitbeste. Da ich damals mäßig trainiert und ähnlich schwer war wie im Moment, wollte ich keinesfalls schlechter laufen. Natürlich muss man immer bedenken, dass die Strecke des Baden-Marathons fast durchgehend flach ist, was man vom Stockholm Halvmarathon nicht behaupten kann. Aber das durfte bei diesem Primärziel keine Rolle spielen.
  2. Eine Zeit unter 2:06:30 Stunden. Ich versuche, in meinen Laufen immer einen Schnitt von 6 Minuten pro Kilometer zu unterbieten. Diese Zeit entspricht genau diesem Schnitt.
  3. Eine Zeit unter 2 Stunden. Das war natürlich sehr ambitioniert, aber sollte ich in der Lage sein, konstant unter 6 Minuten pro Kilometer zu bleiben, so dürfte dies ausreichen, um ausreichend Vorsprung herauszulaufen.

Dass ich ankommen würde, stellte ich definitiv nicht in Frage, denn solange mich keine ernsthaften gesundheitlichen Probleme plagen, habe ich noch jeden Halbmarathon beendet.

Der Regen machte weniger aus als gedacht. Ich hatte erwartet, dass ich nach einem Kilometer so nass sein würde, dass ich schon alleine deswegen schneller rennen, um das Elend so schnell wie möglich zu beenden. Frieren musste ich jedoch nicht.

Nervig hingegen war etwas, dass in meiner Gruppe – die vierte, die losgelaufen war – vorwiegend Leute waren, die mir sehr langsam vorkamen. Da ich hinten gestartet war, musste ich mir so meinen Platz erkämpfen und an engen Stellen sogar mehrmals komplett abbremsen. Hinzu kam, dass irgendwann die fünfte Startgruppe, die 5 Minuten später gestartet war, von hinten kam, denn die Fächerung in diesen Gruppen ist sehr groß. Sehr gute Läufer landen bei ihrem ersten Halbmarathon oft in einer schlechten Startgruppe und rollen das Feld dann von hinten auf. So holte mich auch Marcus, der auch in der fünften Startgruppe, nach rund 6 Kilometern ein. Er war beim Midnattsloppet 6 Minuten schneller als ich und lief dementsprechend gerade in der frühen Phase des Rennens gute Zeiten.

Ich konnte auf die gewünschten 2:06:30 auch etwas Vorsprung herauslaufen. In der ersten Hälfte lag ich rund 80 Sekunden voraus. Laut offiziellem Ergebnis hatte ich auf den ersten 5 Kilometern einen Schnitt von 5:44 Minuten pro Kilometer. Allerdings hatte ich, wenn man das so nennen kann, auch eine Strategie: nämlich nicht zu vergessen, dass der Lauf doppelt so lange ist wie der Midnattsloppet. So verausgabte ich mich nicht zu sehr, um am Ende noch Reserven zu haben.
Dass ich selten mehr als 10 km laufe, machte sich aber trotzdem bald bemerkbar. Auf der Strecke 5 bis 10 km sank mein Schnitt auf 6:01 Minuten, und ab Kilometer 12 merkte ich, dass meine Beine schwer wurden. Zu dem Zeitpunkt war mir klar, dass das Unter-2-Stunden-Wunder nicht mehr zu machen war.

Besonders Ärger bereitete mir auch meine Startnummer. Eines der vier Löcher für die Sicherheitsnadeln riss aus, und wenn das einmal passiert ist, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich der Rest löste. Also riss ich die Nummer hab und hielt sie in der Hand. Leider ließ ich sie dabei auch zweimal fallen, wodurch ich kurz stehenbleiben musste.

Meine persönlichen Supporter standen zwar bei Kilometer 12, aber gegen die Macht übersäuerter Muskeln kommt auch solche Unterstützung bald nicht mehr an. Ab Kilometer 16 merkte ich, dass nicht mehr viel drin war. Wenig angenehm war auch, dass ich ausgiebig zu Mittag gegessen hatte – ich bin etwas empfindlich in dieser Hinsicht, und noch über 4 Stunden später merkte ich das Essen im Magen.

Auf dem Weg zu Kilometer 20 schon ziemlich angespannt – die Startnummer mittlerweile in meiner Hand. (Bild ebenfalls von Stefan)

Meine Zeiten zeugen davon – auf dem letzten Kilometer hatte ich nur noch einen Schnitt von 6:36 Minuten pro Kilometer.

Marcus kam mit 1:53:23 ins Ziel und unterbot damit auch meine Halbmarathonbestzeit knapp. Auch er hatte gegen Ende schwächere Zeiten, aber da er so stark gestartet war, konnte da nichts mehr schief gehen.
Hart war es aber für Andreas. Er lief zwar eine Zeit von 1:44:18 und verbesserte sich erneut, hatte aber schwere Magenprobleme und musste zweimal die Dixi-Klos am Streckenrand aufsuchen. Wenn ich ehrlich bin, hätte ich wohl abgebrochen.

Meine Endzeit: 2:09:57 – auf den letzten Metern hatte ich noch einen kleinen Sprint am Rande des Krampfes hingelegt, um noch unter 2:10 zu bleiben.

Meine Zeit war damit schlechter als gehofft, aber noch im Rahmen. Angesichts der Fortschritte der letzten Monate kann ich eigentlich zufrieden sein, denn ich habe mit 14 kg Übergewicht und erheblich schwereren Bedingungen den ersten Halbmarathon seit drei Jahren gemacht, bei dem ich durchlaufen konnte.

Das gibt Ansporn zu weiteren Leistungen. Neben einem weiteren Versuch beim Åland-Halbmarathon beabsichtige ich, mich in den kommenden Tagen beim Stockholm Marathon anzumelden. Im Frühjahr werde ich vielleicht sogar noch ein Los für den New York City Marathon in den Lostopf werfen.

Angelaufen

Wie im letzten Jahr bin ich bei „Två sjöar runt“ („Um zwei Seen herum“) in die Laufsaison gestartet. Einen direkten Gegner wie letztes Jahr hatte ich nicht, aber dafür kämpfte ich gegen die Uhr, denn mein Ziel war, die Zeit von letztem Jahr zu verbessern. Das klappte erstaunlicherweise sogar – zwischenzeitlich hatte ich ganze 250 virtuelle Meter Vorsprung gegenüber letztem Jahr. Letztendlich war ich 1:04 Minuten schneller als letztes Jahr, auch wenn ich auf den letzten Metern noch von einigen überholt wurde. Das offizielle Ergebnis steht aber noch aus. Nachtrag: Es waren in der Tat 32:20 Minuten, wie ich es gemessen hatte. Letztes Jahr waren es 33:13. Das macht Platz 144 von 247 insgesamt – also immerhin mittleres Drittel.

Kallur in Karlsruh‘

Vor lauter Panorama gestern habe ich natürlich ganz vergessen, zu erwähnen, dass eine Schwedin ausgerechnet in Karlsruhe einen Weltrekord aufgestellt hat.

Susanna Kallur ist nämlich über 60 Meter Hürden in nur 7,68 Sekunden gerannt und hat damit den 18 Jahre alten Weltrekord der Russin Ludmilla Naroschilenko eingestellt. Schweden war begeistert und die DN brachte die neue schwedische Heldin auf der Titelseite. Aber auch das Badische Tagblatt titelte „Susanna Kallur beschenkt Karlsruhe mit Weltrekord“, allerdings nur auf Seite 14.

Ich bevorzuge im Allgemeinen den Lauf ohne Hürden, auch zum Schutz meiner Weichteile. Dafür ist er Lauf etwas länger, aber auch deutlich langsamer. Gestern habe ich mich mit meiner neuen Pulsuhr wieder auf die Piste begeben. Die Ergebnisse sind schon interessant. Zwar war ich langsam, aber es spricht wirklich für die jahrelange Lauferei, dass ich bei einem Pulsschnitt von 170 Schlägen pro Minute überhaupt durchgehalten habe und mir das sogar normal erscheint. Als Trainingspuls ist bei mir nämlich der Bereich 135-155 Schläge pro Minute vorgesehen.
Unabhängig von den Ergebnissen: meine Fitness ist in einem katastrophalen Zustand. Bis zum ersten Lauf des Jahres muss sich noch einiges tun.

Was sonst noch so geschah

Spätherbstbilder

Ein grauer Schleier legt sich über die Stadt. Die Sonne geht nicht mehr auf, es ist kalt und dunkel. Vor zwei Wochen fror ich an einem Laternenpfahl fest und konnte mich erst jetzt, als die Temperaturen kurz einmal für 10 Minuten über 0°C stiegen, befreien.

Nun ja, das letztere stimmt natürlich nicht. In den letzten zwei Wochen ist wenig passiert, aber das Gefühl, der Tag ist schon vorbei bevor er überhaupt begonnen hat, steigert sich. Heute ist der Sonnenuntergang um 15:11 Uhr, und der kürzeste Tag des Jahres ist immerhin noch einen Monat weg.

Dennoch bin ich recht aktiv, oder zumindest bemühe ich mich. In bestem Multitasking springe ich zwischen meinen ganzen Tätigkeiten hin und her.

Eine dieser Tätigkeiten, das Laufen, musste ich jedoch unerwartet einstellen. Vergangenen Freitag musste ich feststellen, dass ich einen Sinus Pilonidalis habe. Der Fachmann spricht von einer „Fistel“ oder auch einem „Furunkel am Hintern“. Es schmerzt nicht, aber lustig ist anders. Angesichts der etwas unvorteilhaften Platzierung ist es in diesem Fall auch nicht opportun, bei sinnlosen Partygesprächen ominös etwas von einer Kriegsverletzung zu erzählen. Genausowenig schmeichelhaft war die pampersartige Kompresse, die ich in den ersten Tagen tragen durfte. Nun, nach knapp einer Woche, ist die Sache weitgehend abgeheilt und nur noch ein kleines Pflaster würde von der nahezu tödlichen Verletzung künden – wenn ich sie denn jemandem zeigen würde.

Fast fataler ist jedoch, dass ich Anitibiotika nehmen muss. Nach leidvollen Erfahrungen im Vorjahr weiß ich, dass körperliche Anstrengung in diesem Zustand überhaupt gar keine gute Idee ist. Meine 2:40 Stunden im Halbmarathon künden davon.

Also trainiere ich derzeit nicht. Wirklich bitter wurde es aber erst, als ich las, wer sich unter den unzähligen Menschen befindet, die den New York City Marathon schneller gelaufen sind als ich. Eine Krücke wie Elton, die ihre Kröten damit verdient, sinnfreie Unterhaltung für halbdemente Menschen zu produzieren, schaffte es trotz einer bescheidenen 10-km-Zeit in gerade einmal 5:30 Stunden. 43 Minuten schneller als ich. Hoffentlich ist die Pillenpackung bald leer.

Dennoch geht es auf anderen Gebieten weiter. Meine Kurse laufen einigermaßen, aber auch für DASDING und einen anderen Auftraggeber habe ich etwas zustande gebracht.
Ein Grund, warum es hier etwas still wurde, ist, dass ich auch die lange verzögerte zweite Staffel meines Auswandererguides an den Start bringen will. Mittlerweile habe ich die Folge zum Sozialsystem aufgespalten, so dass das Auto erst in Teil 14 drankommen wird. Dazu aber mehr, wenn es aktuell wird.

Bloggers on the run

Nach meinem Bericht zum Åland-Marathon habe ich mal etwas in der Blogosphäre dazu herumgesucht. Ich war überrascht, wieviel ich gefunden habe:

  • MGK bemängelt in seinem Blog „42195„, dass der Åland-Marathon gar nicht so flach sei, wie die Homepage vollmundig behauptet. Er vergleicht das dort angegebene Profil mit den Aufzeichnungen seiner GPS-Uhr und kommt zu de, Ergebniss, dass u.a. die höchste Steigung nicht 35 m über dem Ausgangspunkt liegt, sondern rund 50 m. Das ist eine interessante Beobachtung, aber auch etwas Haarspalterei, denn auf eine GPS-Uhr kann man sich nicht so gut verlassen. Außerdem steht fest, dass Åland im alpinen Bereich in direkter Konkurrenz zu den Niederlanden steht. Flachere Marathons wird es jedenfalls nicht allzuviele geben.
  • Asfaltsjoker hat den Lauf in sehr respektablen 3:43 gemacht und ist etwas verletzt im Gluteus Maximus, aber nicht mehr so schlimm. Da sich Läufer grundsätzlich über ihre Wehwehchen auslassen, ist das ganz normal. Er hat übrigens schon munter für nächstes Jahr geplant. Das habe ich übrigens auch. Über 20 in Frage kommende Läufe stehen auf meiner Liste.
  • Allan hat ein Läuferblog mit dem Namen „Runners High and The Lowest Low“ – dieser Titel trifft auf mich voll zu. Er trainiert unter professioneller Anleitung und Trainingsplänen. Das ist sehr vernünftig und effekt – und wohl auch der Grund dafür, dass ich selbst bei intensivstem Training nie auch nur in die Nähe seiner famosen 3:30 Stunden kommen werde. Vielleicht ist das aber auch genetisch, denn seine Familie hat eine beeindruckende Bilanz. Sechs Läufer in der näheren Verwandschaft, und die 4:38 Stunden seines Bruders bezeichnet er noch als schlecht. Einbrecher sollten sich also hüten, bei dieser Familie einzubrechen, denn die Chancen, bei einer Flucht rechtzeitig wegzukommen, sind ausgesprochen gering.
  • Sehr bitter wird es, wenn man Jennys Blog „Only a heartbeat away“ liest. Sie ist anscheinend eine in Schweden wohnende Amerikanerin (daher auch das gute Englisch) und wollte den Åland-Marathon in 3:30 Stunden schaffen. Kurz vorher landete sie allerdings mit einer lange verschleppten Infektion im Verdauungstrakt im Krankenhaus. Mittlerweile geht es ihr besser, aber sie nimmt immer noch Medikamente. Ihre Einträge lassen die Sehnsucht nach dem Laufen spüren, wenn sie von der Frustration darüber spricht, dass die Medikamente nicht viel von ihrem Körper übrig gelassen haben.
  • Die Läuferrubrik bei SPIEGEL online hat ein „Achilles‘ Ferse Spezial“ ausgerufen. Leser sollen Fotos von ihrem heiligsten, d.h. ihren Schuhen einschicken. In der Tat sind Schuhe äußerst wichtig, auch als ideeller Wert. Die Schuhe, mit denen ich meinen ersten (und immer noch einzigen) Marathon gemacht habe, wurden mir ja leider geklaut.

Das Nachfolgepaar ist zwar auch schon zerschlissen, wird aber noch bis Weihnachten durchhalten müssen, bis es durch ein neues Paar ersetzt wird.

Bis dahin trainiere ich schonmal fleißig, denn 2008 ist Marathonjahr.

Pokal geholt

Arne, Andreas und Fabian mit Pokal

Unglaublich erfolgreich: Andreas (links), Arne (rechts) und ich (irgendwo anders) nach dem Halbmarathon (Foto: Arne)

Der Moment kommt nahezu jedes Mal, und die Moral sinkt. Man stellt sich die Frage „wieso mache ich das eigentlich?“ Die Antwort liegt im Metaphysischen. Es tut weh, macht öfters keinen Spaß, aber sobald man fertig ist, macht man sich Gedanken darüber, welche Schandtaten denn nun als nächstes kommen könnten.

Die Rede ist vom Laufen. Seit ich mich im Jahre 2002 in den Norderstedter Stadtlauf hineingeredet hatte und die 5 km mit Anstrengung, aber einigermaßen würdig überstand, ist das Band geknüpft. Jedes Jahr ein Halbmarathon ist seit 2004 Pflicht, egal, wie mies ich vorbereitet bin. Dieses Jahr ist keine Ausnahme.

Ich gebe ja zu, dass ich ein Faible für ungewöhnliche Aktionen habe. Anders ist kaum zu erklären, dass ich 2004 miserabel vorbereitet nach New York flog, um einen Marathon in der unterirdischen Zeit von 6:11 Stunden zu absolvieren. Dennoch war ich stolz, und ich glaube, das darf man nach 42,195 km auch sein.

Jener Stolz gebietet aber auch. Letztes Jahr ging ich nach Krankheit und Antibiotika im Blut beim S:t Eriksloppet an den Start, um einen Halbmarathon zu absolvieren. Es wurden katastrophale 2:40 Stunden. Dieses Jahr sollte es daher besser werden. Beim diesjährigen S:t Eriksloppet konnte ich mich aus der Affäre ziehen, weil ich arbeiten musste. Ein Alternativplan musste her, und der war bald gefunden. Ein Halbmarathon im Ausland sollte es werden, aber natürlich nicht zu weit weg. Das nächste Ausland von hier aus gesehen ist nicht etwa Norwegen. Es ist Finnland, genauer gesagt Åland, gesprochen Oland.

Es handelt sich dabei um ein Kuriosum der Weltgeschichte. Ähnlich den Färöern (wenn ein solcher Vergleich erlaubt ist) sind die Åland-Inseln von verschiedenen Mächten hin- und her gereicht worden. Gesprochen wird dort aber seit jeher Schwedisch. Nachdem Schweden Finnland an die Russen verloren hatten, wurde auch Åland russisch und blieb dies lange Zeit. Dementsprechend fiel es dann an Finnland, als dieses unabhängig wurde. Dem Zeitgeist gemäß fühlten die Åländer sich dort aber weniger heimisch, weil sie nunmal nicht finnisch sprachen und daher lieber zu Schweden gehören wollten. Nach einigen Wirrungen landete die Sache vor dem Völkerbund, der daraufhin die wohl so ziemlich einzige dauerhaft bestehende Entscheidung seiner kurzen und unglücklichen Geschichte traf. Kurz: Åland blieb bei Finnland, erhielt aber weitgehende Autonomie und wurde demilitarisiert. Dabei ist es auch geblieben, und der Schutz der schwedischen Sprache ist den Åländern heilig. Ein Sonderrecht in der EU macht die Inseln aber noch anderweitig zu etwas besonderem. Die Zoll- und Steuerbestimmungen der EU gelten hier nicht in vollem Umfang, was bedingt, dass auf Schiffen von und nach Åland weiterhin Alkohol und andere Dinge steuerfrei verkauft werden dürfen. So ist es nicht verwunderlich, dass jede Ostseefähre dort einen Zwischenstopp einlegt und sogar Fahrten nach Åland nur zu dem Zweck durchgeführt werden, um die Reisenden mit Alkohol zu versorgen.

Dieses spezielle Stückchen Europa schien also prädestiniert für einen Lauf der besonderen Art. Wie passend, dass es dort auch einen Lauf gibt, nämlich den Åland-Marathon, der dieses Jahr zum 26. Mal stattfand. Die Läuferzahl stagniert trotz zunehmend professioneller Durchführung bei rund 500, was einen etwas einsamen Lauf versprach. Die Strecke schien auch wenig spektakulär zu sein, weil sie einfach ein Stück aus Ålands Hauptstadt Mariehman heraus ging und dann wieder hinein. Aber es war Åland, was diese Schwächen natürlich etwas ausglich.

Interessant wurde es erst richtig durch ein Angebot der Fährline Eckerö-Linjen. Das „Marathonpaket“ enthielt die Fährfahrt (inkl. Auto), Hotelübernachtung, ein Pastadinner und die Startgebühr. Das alles für rund 70 €, und da wir letztendlich zu dritt waren, wurde es sogar noch etwas billiger.

Meine beiden Mitstreiter waren Arne, der extra aus Norderstedt angereist kam, und Andreas, den ich erst im Sommer zum Laufen überredet hatte.

Da fuhren wir nun insgesamt 170 km nach Mariehamn, holten unsere Startnummern ab und checkten ein. Die Umstellung auf Winterzeit kam uns in dem Fall entgegen, denn Finnland ist eine Stunde voraus, und damit hätten wir noch früher am Start sein müssen als ohnehin schon.

Startzeit war 8:45 Uhr, und die ersten Kilometer gingen ganz gut. Andreas, der immer wieder bekundet hatte, dass er gar nicht glaube, überhaupt 21 km laufen zu können, war nach ein paar Minuten irgendwo vor Arne und mir verschwunden. Nach 5 km setzte sich auch Arne langsam von mir ab. Kurz nach dämmerte es mir, dass das einfach auch nicht mein Tag war. Zwei Wochen zuvor hatte ich noch eine halbwegs passable Zeit in Hässelby hingelegt. Nun schienen schon die ersten 10 km hart zu werden. Ich lief aber bis zur Hälfte durch.

Honorarkonsul

Sieht wie eine Botschaft aus, ist aber keine. Das deutsche Honorarkonsulat auf Åland

An den Versorgungsstationen gab man uns Sportdrinks und Wasser in einer Temperatur zu trinken, dass ich erst annehmen musste, das Zeug sei ewig abgestanden. Wie sich später heruasstellte, war es vorher wohl einfach abgekocht worden. Bei dem doch etwas ekligen Wetter (8°C, feucht, windig) war man anscheinend um unsere Gesundheit besorgt. Mir wäre etwas kühler jedenfalls lieber gewesen.

Die Strecke war noch viel langweiliger als befürchtet. Auf Åland gibt es vier nationale Fernstraßen („landsväg“), logischerweise mit den Nummern 1 bis 4. Auf der Nummer 1 waren wir am Abend zuvor von Eckerö nach Mariehamn gefahren. „Landsväg“ ist auch insofern bezeichnend, als die Straße derzeit erneuert wird und man deswegen zeitweise über Schotter fährt. Schon auf der Hinfahrt waren uns die Marathon-Kilometer-Schildchen am Rand aufgefallen. Nun stellte sich heraus, dass man bei der Streckengestaltung noch weniger Kreativität investiert hatte, als wir erwarteten. Die Halbmarathonstrecke begann in Mariehamn, ging 10 km auf der 1 Richtung Eckerö und dann wieder zurück. Die Marathonstrecke war das gleiche, nur eben mit 20 km. Als Freund des Rundkurses fand ich das natürlich weniger begeisternd. Es hatte vor allem den Effekt, dass in Mariehamn keiner Notiz davon nahm und somit auch kaum Zuschauer da waren. Man bekam etwas åländische Natur zu sehen, aber da es windig war und Mariehamn die einzige große Ansiedlung ist, kann man das kaum als Besonderheit bezeichnen. Da wäre zumindest eine Schleife durch Mariehamn wünschenswert gewesen. Einen kleinen Vorteil hatte die Strecke jedoch: Man sah, wieviele vor einem kamen, und auch, wie viele nach einem kamen.

Nach einer kurzen Pause beim Umkehrpunkt lief ich weiter, und es ging prächtig. Bei Kilometer 14 kam aber langsam der Einbruch. Ich machte wieder Pausen, und diese wurden von mal zu mal länger. Bei Kilometer 17 überholte mich gar der erste vom Marathon, der 15 Minuten vor uns gestartet war. Da dieser aber den Lauf mit rund 10 Minuten Abstand gewann, landete ich zum Glück nicht gleich in der Spitzengruppe des Marathons. Bei mir Kilometer 20 waren meine Beine dann schon enorm schwer. Mir kamen die ersten vom Peugeot „Fun Run“ entgegen, der wohl um 11 Uhr gestartet worden war. Letztendlich war ich nach 2:28 Stunden im Ziel. Nicht ganz so mies wie im Vorjahr, aber von gut kann keine Rede sein.

Strahlender Sieger: Andreas

Überraschender Pokalgewinner in der Klasse der Damen: Andreas.

Da wir schon um 12 Uhr auschecken mussten (ein kleiner Nachteil des Marathonpakets), nahm ich schnell meine schöne auf Holz befestigte Medaille (sehr nett) und ging zurück ins Hotel. Dort fand ich Andreas freudestrahlend mit einem Pokal vor. Er konnte die Behauptung, gewonnen zu haben, nicht lange aufrechterhalten. Wie sich herausstellte, hatte eine Arbeitskollegin, ihres Zeichens eine der besten Läuferinnen Schwedens, ihm den abgetreten, weil sie nur Gesamtvieter geworden war und damit mit dem ersten Platz der Damen nicht so ganz zufrieden sein konnte. Diese Probleme möchte ich mal haben.

Andreas‘ Ergebnis war nichtsdestotrotz beeindruckend: 1:47 Stunden, und damit 7 Minuten besser als meine persönliche Bestzeit. Arne hatte es in 2:15 Stunden geschafft.

Nach dem Auschecken tat uns alles weh. Wir waren müde und mussten irgendwie noch die kommenden Stunden in Mariehamn füllen, da es erst am Abend nach Schweden zurück ging. Trotzdem: wir hatten eine Menge Spaß und waren uns auch einig, dass wir das gerne wieder machen würden.

Ich für mich selbst habe beschlossen, dass 2008 mein nächstes Marathonjahr werden wird. Zwar ist 2007 mit insgesamt 7 Läufen (die „Tömilen“ kommt noch) eines meiner laufreicheren Jahre, aber die Ergebnisse können mich kaum zufriedenstellen. Nächstes Jahr sind also mindestens ein Marathon und ein Halbmarathon fällig.

Wieder werde ich mich quälen und frage, warum ich das eigentlich mache. Aber so ist das nunmal als Läufer.

Es fährt ein Zug nach Hässelby

Ich habe mich heute an das Ende der grünen Linie vorgewagt, um am 20. Hässelbyloppet teilzunehmen. Die Veranstalter des 10-km-Laufs haben sich nicht lumpen lassen und dieses Jahr die obligatorische Medaille mit einem Halsband versehen. Ich frage mich, wieso man sich hierzulande damit immer so schwer tut. Der Lauf selbst ging einigermaßen – ich lief die ganze Zeit zusammen mit meinem Mitbewohner Alex und war nach 57:31 im Ziel. Das sind knapp 2 Minuten weniger als im August beim Midnattsloppet. Allerdings ist die Strecke auch fast komplett flach. Ob ich damit den Halbmarathon auf Åland in 2 Wochen überleben werde, wird sich aber noch zeigen.