Midnattsloppet 2008


Fotogalerie fotografiert von Anita und Stefan. Die gezeigten Personen sind uns nicht persönlich bekannt – bei Einwänden bitte melden

Die letzten Monate des Trainings zeigen ihre Wirkung. Gestern habe ich zum ersten Mal das Gewicht von 96,1 kg erreicht, das für meine Größe 1,79 m die Grenze zwischen Übergewicht und Fettsucht darstellt. Das klingt wenig positiv, aber ich war in meinem Leben noch nie auf Normalgewicht und in den letzten zwei Jahren sogar meist im Fettsuchtsbereich. Ich schaffe schon jetzt meinen Wunschtrainingsschnitt von 6 Minuten pro Kilometer, und das ist vielversprechend.

Gestern abend war Midnattsloppet, ein Mitternachtslauf über 10 km durch Stockholm mit über 15000 Teilnehmern. Mittlerweile nehme ich schon zum vierten Mal teil, mit wechselndem Erfolg:

  1. 2005: 54:02 Minuten
  2. 2006: 58:41 Minuten
  3. 2007: 59:22 Minuten
  4. 2008: 57:40 Minuten

Ich hatte zwar die meiste Zeit Seitenstechen und musste daher auf meine Atmung aufpassen, aber mit meinem Ergebnis kann ich zufrieden sein. Mein Ziel war es, zumindest die Zeit von 2006 zu unterbieten, und das habe ich ja klar geschafft.

Parallel dazu war eine partielle Mondfinsternis zu sehen, die auch in ein paar Fotos festgehalten ist.

In drei Wochen steht dann der nächste Höhepunkt an: Stockholm Halvmarathon (ehemals S:t Eriksloppet), ein Halbmarathon, der auch zu guten Teilen durch Södermalm geht. In den nächsten Wochen muss ich endlich meine Trainingsstrecken verlängern, damit ich das etwas würdiger schaffe als in den letzten beiden Jahren.

Ernesto Guerra

Stockholm ist nicht gerade bekannt für seine Straßenkunst. Abgesehen von den europaweit umherziehenden Inka-Flötern gibt es praktisch nur noch einen durchgeknallten Obdachlosen, der auf dem Sergels Torg ein auf volle Lautstärke gestelltes Radio an sein Ohr hält und dazu manisch in eine Mundharmonika bläst. Das wilde Herumgetanze dazu ändert nichts daran, dass es sich um eine talentfreie Veranstaltung handelt.

Die Guerilla-Straßenkunst ist allerdings vielfach vertreten. Angemalte Straßenschilder und kuriose Botschaften finden sich überall, wenn man hinschaut. Einer sticht aber heraus: Ernesto Guerra.

Unzählige Zettel, die nur mit diesem Namen bedruckt sind, hängen in der Stadt. Erst vermutete ich eine subversive Werbung für eine Lesung eines bolivischen Schriftstellers. Nachdem aber immer neue auftauchten, war dies wohl auszuschließen, und so konnte ich nur mutmaßen, dass es vielleicht ein politischer Gefangener in Nicaragua ist.

In der Tat ist Guerra nicht so leicht ausfindig zu machen, denn viele Internetseiten gibt es nicht zu ihm. Daher nimmt sich das Ganze sehr mysteriös aus.

Die Wahrheit ist aber banal. Es handelt sich schlicht um Eigenwerbung des Künstlers Ernesto Guerra, der 1988 aus Kolumbien nach Stockholm kam und seit rund 15 Jahren die Stadt mit seinen Zetteln verziert. Dafür hat er auch schon mehrfach Strafen kassiert. Mittlerweile zahlt er 1000 kr, wenn er erwischt wird.

Aber auch sonst findet seine Kunst nicht nur Freunde. So schrieb schon 2006 der Blogger Kris:

Noch jemand außer mir, der findet, dass es höchste Zeit ist, dass Ernesto Guerra aufhört?
[…] Ernesto will nur seinen eigenen Namen wiederholen, immer und immer wieder, und gerne auf Kosten anderer.

In der Tat kommt es mir auch so vor, als würde Guerra nichts anderes machen, als überall seinen Namen zu plakatieren. Vereinzelt finden sich aber auch größere Botschaften:

a note from ernesto guerra
Quelle: anna_t auf Flickr

Hier berichtet er über seine Prostatabeschwerden. Auch sonst hat er anscheinend allerlei gesundheitliche Probleme – unter anderem leidet er an Schizophrenie.

Es liegt natürlich im Wesen der Kunst, dass sie nicht allen gefällt. Für meinen Geschmack ist es etwas zu eintönig, wenn ein Künstler die meiste Zeit damit verbringt, seinen eigenen Namen zu plakatieren und über seine Krankheiten zu erzählen. Auf der anderen Seite wäre es schade, wenn solche Leute wie er verschwinden würden – das würde das Straßenbild irgendwo auch ärmer machen.

Unsportlich?

Seit gestern schlägt ein kleiner olympischer Skandal in Schweden Wellen. Beim Ringen im griechisch-römischen Stil in der Klasse der Männer bis 84 kg kam es im Halbfinale zu einer umstrittenen Entscheidung.

Ara Abrahamian, ein schwedischer Ringer, war laut Beurteilung des Ringrichters dem Italiener Andrea Minguzzi unterlegen. Gegen diese Entscheidung protestierte der Schwede heftig, jedoch vergeblich. Daraufhin wollte er gar nicht zum Kampf um Bronze antreten, konnte aber von seinem Verband am Telefon überredet werden. Er gewann den Kampf, legte aber die Bronzemedaille sofort nach Erhalt auf die Kampfmatte und verließ den Saal. Er sagte, diese Medaille bedeute ihm nichts, weil er gekommen war, um Gold zu holen. Auf dieses Ziel hatte er seit Athen 2004, wo er eine Silbermedaille gewonnen hatte, hingearbeitet. Er erklärte nach dem Kampf um Bronze seinen Rücktritt vom Leistungssport.

Im Nachhinein hat er schwere Korruptionsvorwürfe erhoben. So seien die Schiedsrichter gekauft gewesen und die Spitze des Weltringerverbandes habe den Olympiasieger von vorneherein festgelegt.

Er wurde für heute vor das IOC zitiert. Eventuell wird ihm daraufhin die Bronzemedaille wegen unsportlichen Verhältnis aberkannt werden.

Interessant sind die Reaktionen dazu.

  • In der Dagens Nyheter wird die Forderung gestellt, Ringen aus dem olympischen Programm zu nehmen. So schreibt der Koluminist Johan Esk:

    Als Ara Abrahamian die Medaille niederlegte,[…] hoffte ich, dass das etwas Positives mit sich bringen würde. Dass er den Vorhang für griechisch-römisches Ringen bei Olympia senken würde.
    […]
    Die ganze Sportwelt ist voller schlechter Schiedsrichter.
    […]
    Die alte Disziplin, die früher üblicherweise mit Kraft, Technik und Geschwindigkeit entschieden wurde, ist ein defensiver und unbegreiflicher Sport geworden, der in den Olympischen Spielen nichts zu suchen hat.

  • Im Svenska Dagbladet schreibt Koluminist Jan Majlard, dass das Verhalten des Ringers kindisch gewesen sei und man ihm die Bronzemedaille abnehmen sollte. In seinem Pressematerial spreche der Ringer davon, dass es keine Garantien gebe und dass man frühere Fehler nicht wiederholen solle. Anscheinend habe er aber seine Lektion von Athen nicht gelernt. Auch er sagt nicht viel positives über die Sportart an sich.
  • Interessant sind auch die Reaktionen aus der Blogosphäre. So wird Abrahamian mehrfach „unschwedisches“ Verhalten bescheinigt, aber keinesfalls negativ. Durch die Bank unterstützen sie ihn. So schreibt Martin, dass der Ringer eine Medaille für sein Verhalten bekommen sollte. Er sollte Coach werden für die langweiligen Durchschnittsschweden.
  • Auch Danne, ein Blogger bei der Gratiszietung Metro, unterstützt ihn, weil er die von Abrahamian vorgebrachten Korruptionsvorwürfe anscheinend für richtig hält.
  • Ähnlich sieht es auch Avlo.
  • Anna G Rahm hält die Entscheidung auch für abgekartet.

    Der Goldmedaillengewinner war der Meinung, Abrahamian störe und zerstöre die Zeremonie. Dem stimme ich nicht zu. Wenn der Skandalkampf richtig beurteilt worden wäre, wäre die Wahrscheinlichkeit groß dass Abrahamians und Minguzzis Endplatzierungen umgedreht worden wären – Gold für den Schweden und Bronze für den Italiener.

Ich selbst weiß nicht, was ich davon halten soll. Ob die Halbfinalniederlage berechtigt war, kann ich schon alleine deswegen nicht beurteilen, weil ich es nicht gesehen habe. Sicherlich ist das Verhalten kindisch, aber Athleten stechen nicht allzu oft durch wohlüberlegtes Verhalten hervor. Bestimmte Verbände sind in der Tat auch alles andere als sauber, und so ist Korruption mit Sicherheit nicht auszuschließen.

Man wird abwarten müssen, ob die Affäre noch weitere Folgen haben wird.

Panoramen (27): Festung Vaxholm

Was mich ehrlich gesagt am meisten beeindruckt hat: der Film Pippi in Taka-Tuka-Land wurde hier gedreht, auch wenn es im Film natürlich so wirkt, als wäre die Festung zehnmal so groß. In der Realität erfüllt die Festung lange ihren Zweck als genau solche – in den Schären liegen nämlich noch allerlei Verteidigungsanlagen, die in Zeiten des Kalten Krieges auch noch etwas zwingender erforderlich erschienen. Heute ist es freilich nur noch ein Museum, das man aber nach wie vor nur per Schiff erreichen kann – oder schwimmenderweise von Vaxholm aus, aber ich bezweifle, dass das sonderlich viele versuchen.

Wieder zuhause

Ich hatte es zuvor verschwiegen, aber ich glaube, eine Woche nur mit Fotos hat dem sonst doch sehr textlastigen Blog nicht geschadet.

Das Reiseziel war Schottland, genauer gesagt den hohen Norden dort.

  • Es fühlte sich seltsam an, aber es war höchste Zeit: in der Tat war es die erste Reise seit 3 Jahren, die ich nicht innerhalb Skandinaviens (inkl. Finnland), dem Baltikum oder als Heimatbesuch in Deutschland unternommen habe.
  • Zudem war es die erste Campingreise seit langem. Mein sündhaft teures Zelt, das ich im Frühjahr 2002 erworben hatte, war nur einmal im Einsatz gewesen, und zwar im Sommer 2002. Trotz der allgemeinen Wettererwartungen in Schottland konnten wir viermal zelten. Zwar hatte ich in John o’Groats den Eindruck, uns fliegt das Zelt gleich weg, was den Schlaf erheblich störte, aber dank moderner Einrichtungen wie selbstaufblasbaren Isomatten, kompakten Schlafsäcken und eben dem superleichten Zelt erreichte man einen bemerkenswert hohen Schlafkomfort. Es ist auch kaum zu überbieten, morgens aufzuwachen und aufs offene Meer und die Highlands blicken zu können.
  • Apropos Wetter: das Wetter auf der Fahrt zum Flughafen in Skavsta war so mies, wie ich es in Schweden in meiner Erinnerung noch nie erlebt habe. Wir waren pitschnass, als wir eincheckten. IN Schottland hatten wir zwar auch ein paar mal Regen, aber an die Extreme vom Anreisetag reichte das bei weitem nicht heran. Gestern abend nach der Rückkehr war es ähnlich schlimm.
  • Wir hatten ein Mietauto für die Fahrt gebucht. Der versprochene Ford Fiesta war aber gerade nicht verfügbar, so dass wir einen Ford Mondeo erhielten. Da kann man sich natürlich nicht beschweren. Dass man rechts sitzt und links fährt, hängt freilich nicht vom Autotyp ab. Mir machte vor allem das fehlende Gefühl für die Breite des Autos zu schaffen, das sich erst nach zwei Tagen richtig einstellte.
    Man gewöhnt sich daran, und so habe ich es geschafft, rund 1100 Meilen (ca. 1750 km) unfallfrei zu fahren. Man muss den Briten auch das Kompliment machen, den Kreisverkehr zu einer Wissenschaft gemacht zu haben. Ich konnte innerhalb der Woche nicht herausfinden, wie man sich ganz korrekt verhält, was aber auch daran liegt, dass sich sonst wohl auch keiner korrekt verhält. Die Komplexität der Kreisverkehre übersteigt die der zweispurigen Kreisverkehre in Schweden bei weitem – und in Deutschland kann freilich nichts mithalten. Bemerkenswert ist auch, dass der schottische Straßenverkehr vollkommen jeder Einbindung ins metrische System trotzt. Als Längeneinheiten dienen ausschließlich Yards und Meilen.
  • In den Highlands ist das aber alles egal, denn dort gibt es auf weiten Teilen des Straßennetzes nur eine Spur. Das heißt, man muss bei Gegenverkehr abbremsen und sich an einem speziell verbreiterten „Passing Place“ passieren. Notfalls muss man zurücksetzen. Das Ganze bremst die Reisegeschwindigkeit auf vielleicht 50 km/h herunter. Der Spritverbrauch steigt, und da man nicht weiß, ob der nächste Weiler eine Tankstelle hat, muss man vorplanen. Leider kann man die Landschaft bei dieser Fahrweise nicht viel mehr genießen, weil man dauernd aufpassen muss, keinen Frontalcrash zu verursachen.
  • Trotzdem haben wir insgesamt 572 Fotos gemacht. Dazu habe ich mir eine Canon EOS-450D gekauft, weil ich bei einem Sonderangebot nicht warten wollte, und die Entwicklungskosten für analoge Fotografie mittlerweile exorbitant sind. Eine Auswahl der Fotos kommt bald.
  • Wir haben fast vollständig auf Sightseeing in klassischer Weise verzichtet – unsere Ausgaben für Museen und dergleichen lagen annähernd bei Null. Wir waren ja wegen der Landschaft gekommen, und man muss sich auch nicht jedem Touristenquatsch hingeben. Wenn es nicht Loch Ness wäre, hätten wir uns sicher die Runde um diesen See geschenkt, denn auf der einen Seite wimmelt es nur so von Touristen – dabei weiß ja jeder, dass man Nessie nicht zu Gesicht bekommen wird.
  • Das Essen ist sehr fettig – schon das schottische Frühstück hat irrsinnig viele Kalorien. Ich wollte es mir aber nicht nehmen lassen, Black Pudding, Bohnen, Ei und Wurst zum Frühstück zu essen. Haggis konnte ich mir leider nur in fritierter Form genehmigen. Zum Ausgleich gab es die übrigen Tage fast nur Brot und irgendwelches fertigessen, das wir mit unserem Campingkocher zubereitet haben.

Insgesamt eine tolle Woche, die Lust darauf macht, auch Irland einmal zu umfahren. Nächstes Jahr sind allerdings schon einige andere Reisen in der näheren Auswahl.