Scheißtage


Die Schweizer Botschaft in Stockholm – über der schweizer Fahne (die in der Schweiz nämlich nicht Flagge heißt) weht eine Flagge mit dem Logo der Euro 2008.

Tja, wieso bloggt er denn nicht mehr?

In der letzten Zeit ist viel passiert, und da leidet das Bloggen schon ein bisschen.

  • Hauptgrund war freilich die Vorbereitung auf die Klausur in Quantenmechanik. Diese hatte gleich doppelte Wichtigkeit. Zum Einen war es die letzte Klausur, die mir noch zu meinem Master fehlte. Zum Anderen ist der Kurs auch notwendig für die Doktorandenstelle, die ich im Sommer antreten wollte. Leider ging das Unternehmen schief – während ich die beiden Klausuren zuvor bestanden hatte, davon eine sogar recht gut, verfehlte ich in diesem Fall das Ziel. Nun besteht meine einzige Hoffnung in einer mündlichen Prüfung, da ich natürlich sowohl Master als auch Doktorandenstelle gerne noch diesen Sommer erlangen würde.
  • Tags darauf trat ich meinen Sommerjob an, der dieses Jahr wiederum Busfahren ist. Die bisherigen Erlebnisse waren leider wenig erbaulich.
    • Ich hatte zunächst nur sogenannte geteilte Dienste. Bei diesen arbeitet man nur in der Rush Hour, also früh morgens und am späten Nachmittag. Zwischendrin sind mehrere Stunden Pause. Der Nachteil liegt auf der Hand: der Tag ist verloren, weil man von der mehrstündigen Pause wenig hat.
    • Es war für schwedische Verhältnisse extrem heiß, so an die 30 °C. Da macht das auch nicht übermäßig viel Spaß.
    • Hinzu kamen extreme Verkehrsverhältnisse in den ersten Tagen. Ich hatte mehrfach um die 20 Minuten Verspätung. Das lag auch am „Studentutskick“. Hier in Schweden mieten sich die Abiturienten nämlich LKWs, rüsten sie mit einer Musikanlage aus und ziehen Bier trinkend damit durch die Straßen. Es roch nicht nur stark nach Bier, sondern man sah auch, in welchem Zustand die Leute waren. Da ich im Schritttempo hinterhertuckerte, konnte ich live beobachten, wie eine schon schwer angeschlagene junge Dame ihren Magen vom LKW herunter entleerte.
    • Die ganze Logistik bringen solche Verkehrsereignisse auch aus dem Lot, denn so viele Busfahrer kann man nicht in Reserve haben, um das abzufangen.
    • So viele Busse auch nicht: ich kam morgens zur Arbeit und mir wurde gesagt, sie hätten keinen Bus für mich. Die Hitze hatte den Bussen ziemlich zugesetzt, und die Ausfälle übers Wochenende taten ihr übriges. Der Busparkplatz war in der Tat komplett leer. Nach zwei Stunden Warten wurde die Sache abgeblasen und ich wurde als Reserve eingesetzt. Später ging es dann normal weiter.
    • Bei einem der geteilten Dienste trat ich den zweiten Block mit einer enormen 10-sekündigen Verspätung an. Mein Vorgänger begrüßte mich schreiend mit den Worten „Danke, dass du gekommen bist.“ Das war natürlich ironisch gemeint. Dann setzte er fort mit „Der Bus kocht und muss in die Garage gefahren werden.“ Und weg war er. Kurz darauf kam er nochmal, brüllte mich an: „Der Bus kocht und muss zurückgefahren werden. Mach die Ohrstöpsel raus, dann hörst du auch was!“ Und wieder war er weg. Wirklich schlauer war ich jetzt auch nicht. Die Kollegen draußen waren auch recht irritiert. In der Tat war der Bus vollkommen überhitzt und das Kühlwasser lief heraus. Da der vorige Busfahrer mich nicht gerade umfassend informiert hatte und man in der Regel nicht einfach so irgendwohin mit einem kaputten Bus fährt, musste ich nochmal bei der Zentrale anfragen. Diese sagte mir, ich solle den Bus zur Garage fahren und einen neuen holen. Ich dürfe den Bus aber nur fahren, solange die Temperatur unter 100 °C liege. Also wartete ich, bis das der Fall war, startete und fuhr los. Nach ca. 150 Metern war die Temperatur wieder hoch und ich musste erneut warten. Letztendlich hielt ich dreimal und wartete jeweils gut 10 Minuten, bis ich weiterfahren konnte. Bei dem finalen Abschnitt zur Garage, einer abschüssigen Straße namens Kellgrensgatan, war kurioserweise auch noch Stau. Ich fragte nochmals in der Zentrale nach, ob das so eine gute Idee ist, mit überhitztem Motor bewusst in einen Stau zu fahren. Dort teilte man meine Bedenken nicht, und ich wartete einen guten Moment ab, um loszufahren. Trotzdem musste ich staubedingt wieder auf halbem Wege anhalten. Sicherheitshalber stellte ich den Motor ab. Und damit war es passiert. Beim nächsten Start ging der Motor gleich wieder aus. So stand ich also mitten auf einer stark befahrenen Straße und konnte überhaupt nicht mehr fahren. Die Zentrale versprach, mir einen Mechaniker zu schicken. Der kam 20 Minuten später, schaute kurz etwas nach, und da der Motor dann auch genügend Zeit gehabt hatte, abzukühlen, schafften wir es in einem Stück in die Garage. Nach kurzer Wartezeit stand auch ein Ersatzbus für mich bereit, so dass ich es sogar noch schaffte, ein paar Haltestellen planmäßig zu bedienen und den Bus dann an meine Ablösung zu übergeben. In dem Fall ist das auch nicht ganz so tragisch, weil es sich um die Linie 4 handelt, die tagsüber in einem bestimmten Takt wie eine U-Bahn fährt, so dass die Leute den Bus nicht auf die Minute erwarten und sich beim Ausfall eines Busses nur die Wartezeit etwas erhöht.
    • Die Krönung war aber gestern. Da stieg frühmorgens eine Frau zu, die der Ansicht war, drei Abschnitte auf der Stempelkarte reichten für eine Fahrt von Zone C in Zone A aus. Dem ist nicht so – man braucht vier. Das wollte sie mir aber nicht glauben, und da ich derjenige bin, der entscheidet, wessen Ticket gültig ist oder nicht, ließ ich es auf eine Konfrontation ankommen. Der Streit dauerte mehrere Minuten. Da wollte die andere Person, die eigentlich auch noch zusteigen wollte, auch nicht mehr mitfahren. Zwar habe ich die Geschichte alles andere als optimal gelöst, denn mit etwas ruhigerer Herangehensweise und guter Argumentation hätte ich sie auflaufen lassen können. Andererseits ist es auch lächerlich, einen Streit wegen eines Stempelabschnitts anzufangen. Allerdings nahm das schnell Züge an, die ich auch jetzt nicht akzeptieren kann und über die ich mich noch zwei Tage später aufrege. Plötzlich war es nämlich so, dass sie mir dann auch noch ihr Leid über SL klagte, und dass ich ja schlecht ausgebildet sei. Zuletzt wollte sie meinen Namen wissen. Irgendwann gab ich dummerweise nach und habe sie die drei Haltestellen gefahren, die sie wollte. Ich rief auch noch etwas hinterher, das zwar nicht beleidigend war, aber guter Stil ist freilich anders. Meine Vermutung ist, dass der Stempel, der sich schon auf ihrer Karte befand, fälschlich die Zone C trug, denn sie hatte ihre Reise angeblich in Åkersberga begonnen, das eigentlich in Zone B liegt – bei netten Fahrgästen bin ich bereit, dem Glauben zu schenke, aber bei nervigen Fahrgästen bin ich da knallharter Prinzipienreiter. Ich hasse es, mein Recht nicht zu bekommen, aber ich glaube, im Servicebereich muss man auch mit sowas leben. Mit renitenten Fahrgästen, die sich beharrlich weigern, überhaupt einen Fahrschein zu zeigen, komme ich mittlerweile ja ganz gut klar, aber den Fall, dass mir ein Fahrgast mit zwar zeitlich gültigem, aber eben in der aktuellen Zone unzureichenden Fahrschein blöd kommt, hatte ich bislang auch nicht. Auf der anderen Seite muss ich es auch so sehen: jeden Tag habe ich alles in allem wohl mehrere hundert Fahrgäste, bei denen ich teilweise sicher positiv in Erinnerung bleibe, weil ich helfe und auch noch warte, wenn ich es eigentlich gar nicht müsste. Da muss ich mit zwei oder drei unzufriedenen Fahrgästen pro Tag leben – das ergibt immer noch eine Zustimmung von gut 99 %. In dem Fall dürfte die Verärgerung über den Nahverkehr allerdings eine Weile anhalten.
    • Ich bin übrigens nicht der einzige, der es mit den Regeln auch mal genau nimmt. Heute lagen im Pausenlokal stolze 5 eingezogene Studenten- und Schülerkarten, die wie alle Frühlingshalbjahrkarten vorgestern abgelaufen sind.

    • Andere sind offenbar regelrecht auf die Jagd gegangen: eingezogene Schüler- und Studentenkarten

    Wirklich Spaß gemacht hat die bisherige Zeit also nicht – ich hoffe, das ändert sich noch.

  • Zudem bin ich von technischem Pech verfolgt:
    • Mein guter Fjällräven-Rucksack hat nach nur einem Jahr ein Riesenloch an der Seite, und ich finde zwar alle anderen Quittungen von diesem Einkaufstag, aber jene von dem Rucksack ausgerechnet nicht.
    • Am gleichen Tag fiel plötzlich mein Laptop im Akku-Betrieb aus. Anscheinend ist der Akku total im Eimer. Nur bin ich mir nicht sicher, ob es nun am Akku oder am Laptop liegt, da ich nur zwei unbrauchbare Akkus (der jetzige war eigentlich schon Ersatz) habe, mit denen ich das nicht testen kann. Nun habe ich Ersatz bestellt, aber es kann gut sein, dass ich nachher einen neuen Akku habe und der Laptop als solcher eine Macke hat, was natürlich sehr ärgerlich wäre.
    • Mit ComHem, unserem Anbieter für Kabelfernsehen, Internet und Telefon, haben wir ja schon seit langem Probleme. Wir hatten letzten Herbst sogar einen Techniker da, weil das Bild immer wieder stehenblieb. Der befand, dass das Störungen im Haus waren und gab uns ein Spezialkabel, das die Störungen weit genug zu reduzieren schien. Das Problem blieb aber einfach nur in vermindert Form bestehen. Vor kurzem war es so schlimm, dass manche Kanäle unansehbar waren. Die klassische Hotline-Krankheit, auch einem einigermaßen kompetenten Anrufer keinen Glauben zu schenken, kam hier natürlich auch wieder vor. Wir schickten den Receiver ein. Während dessen Abwesenheit fiel uns auf, dass man analog ziemlich guten Empfang hat. Als der Receiver zurückkam – natürlich ohne gefundenen Fehler – verkabelte ich daher so, dass man auch analog schauen kann, wenn digital mal wieder spinnt. Der Effekt war bemerkenswert: der digitale Empfang war plötzlich praktisch störungsfrei. Der Techniker sollte am Donnerstag kommen, aber wir wollten uns nicht der Peinlichkeit hingeben, dass der Empfang nun doch funktioniert. Also buchten wir den Techniker nach dem ganzen Theater wieder ab.
    • Mein treuer Weltempfänger, den ich mir nach der Konfirmation gekauft habe, wird in seiner Eigenschaft als Radiowecker langsam auch unzuverlässig. Zum Glück hatte ich das Handy als Ersatzwecker.
    • Meine Kopfhörer für den MP3-Player, momentan überlebenswichtig in dem Job, zeigen auch schon Zerfallserscheinungen.
  • Immerhin gab es auch ein paar positive Dinge: wir waren am letzten Wochenende auf unserer „Sommerresidenz“. Wir hatten eine Hütte auf der Insel Grinda gemietet. Das Wetter war herrlich, aber wegen der Trockenheit bestand leider Grillverbot.
  • Zu allerletzt: meine neverending Story mit der Fistel an meinem Hintern geht weiter. Heute habe ich eine neue Öffnung entdeckt. Es ist zum Kotzen.

Eigentlich kann es nur noch besser werden…

Oje

Die SPD käme im Moment auf überragende 21 Prozent. Das ist schon bedrückend, aber irgendwie auch nicht verwunderlich. Im Moment flüchte ich mich lieber in die Quantenmechanik, was mich auch karrieremässig sicher mehr voranbringt.
Morgen ist übrigens Stockholm Marathon. Mit dabei: Andreas, dem ich viel Glück wünsche. Ich selbst werde mit einem neuerlichen Marathon warten müsse – vermutlich wird es also zum 5jährigen Jubiläum meines ersten wieder was.

How not to win the Eurovision Song Contest

Ich lag wie immer vollkommen falsch – nicht die lettischen Piraten haben gewonnen, und auch nicht der grenzdebile Spanier. Es war der unscheinbare Russe mit dem wildgewordenen Schlittschuhläufer.

Balkan-Connection: Jein

Wie im Vorjahr ist zu beobachten gewesen: die Sympathiepunkte spielen eine große Rolle. So hat Irland mittlerweile eine nicht unerhebliche polnische Minderheit, die natürlich konsequent für Polen stimmt, was letztendlich für die 12 Punkte sorgt. Dennoch ist es nicht die alleinige Komponente – wie man schon daran sieht, dass Deutschland dieses Mal nicht seine 12 Punkte an die Türkei vergab.
Der Grund des Erfolgs liegt vielmehr darin, durchweg zu punkten – Russland hat nur von wenigen Ländern keine Punkte erhalten, und das macht es letztendlich aus. Sicherlich bildeten die ganzen ehemaligen Satellitenstaaten eine gute Basis für Russlands Sieg. Das aber reicht nicht aus für eine Führung von 42 Punkten.

Das schwedische Debakel

Zum Treppenwitz ist der Auftritt von Charlotte Perrelli verkommen. Wie sich nämlich mittlerweile herausgestellt hat, ist sie überhaupt nur dank einer Sonderregelung ins Finale gekommen. Eine Jury bestimmte nämlich ihren Favoriten, und wenn dieser nicht in den oberen Neun auftauchte, wurde er automatisch auf Platz 10 gehoben – egal, wo er im Televote gelandet war. Perrelli hatte eigentlich nur den 12. Platz erreicht, gelangte so aber noch ins Finale. Ironischerweise hatte sie auch im nationalen Vorentscheid nur dank der Juries ihre Konkurrentin Sanna Nielsen überholt. So kam sie also mit doppelter Unterstützung von Fachleuten ins Finale, die wohl eher an die Charts dachten als an das Fernsehvolk, das schließlich auch weniger charttaugliche Altersgruppen enthält.

Gestern hatte sich offenbar die Kritik an ihrem Make-Up zu Herzen genommen und weit weniger dick aufgetragen. Das half aber alles nichts – eine der schlechtesten Platzierungen der schwedischen ESC-Geschichte kam heraus.

Womit man auch wieder ein schönes Lehrstück hätte: Publikumsgeschmack und Jury stehen oft konträr zueinander. All die musikalische Qualität, die mit Hilfe einer Jury vermeintlich gesichert werden soll, ist letztendlich wertlos, wenn die Mehrheit der Leute dem nicht zustimmen. Eine Jury als Komponente einzubauen ist daher mehr als fragwürdig.

Ein guter Rat an den NDR

BILD fragt heute morgen „Mag uns keiner? Oder sind wir zu schlecht?“ – ganz klar letzteres. Antipathien scheinen keine große Rolle mehr zu spielen. Denn gerade die Balkan-Connection zeigt, dass sich Länder, die sich im realen Leben spinnefeind sind, munter einander die Punkte zuschieben. Besonderes Beispiel: Russland gab Georgien 7 Punkte, obwohl Georgier in den russischen Medien zeitweise einer regelrechten Hetzjagd ausgesetzt waren.

Die No Angels waren also zu schlecht. Aus meiner Sicht sangen sie zwar harmonischer als im Vorentscheid, aber als Sandy Mölling (die blonde) zu ihrem Abschlussgeheule kam, wusste ich, dass das nichts werden kann. Dazu war die Bühnenshow sehr lahm – mir kamen die vier Mädels einfach etwas deplatziert vor. Die vier hatten weniger Präsenz als der kroatische Opa alleine.

Darum einige gute Ratschläge an den NDR:

  • Bessere PR-Arbeit: Der ESC wird trotz der nicht unerheblichen Kosten für Deutschland von der deutschen Öffentlichkeit weitestgehend ignoriert. Vielleicht sollte man den Gracia-Komplex endlich überwinden und eine Zusammenarbeit mit einem gewissen Herrn Raab anstreben. Die ARD hat Dutzende Fernsehprogramme und Rundfunkwellen. Trotzdem gelingt es nicht, den Leuten diesen Wettbewerb nahezubringen. Der nationale Vorentscheid ist seit Jahren nur noch eine Alibi-Veranstaltung, um aus einer Minimalauswahl einen mäßig überzeugenden Titel zu wählen.
  • Größere Vorentscheide: In San Marino kann man einen Mann mit einer Tröte auf den Marktplatz stellen, und schon ist die frohe Kunde verbreitet. In Deutschland genügt das nicht, und eine einmalige Show im Februar ist auch nicht genug, um den Leuten auch nur das geringste Interesse am ESC zu entlocken. Jedes Jahr die Reeperbahn zu beschallen macht es auch nicht besser, denn die ist von Köln, Berlin und München schon zu weit weg. Der Vorausscheid hier in Schweden ist seit 2002 auf 6 Wochen verteilt, an denen 4 Vorrunden, eine „zweite Chance“ und ein Finale an 6 verschiedenen Orten im Land stattfinden – man mag davon halten, was man will, aber die Leute wissen danach bescheid, wer antritt und haben auch das Gefühl, mitentschieden zu haben. Der Bundesvision Song Contest hat zwar einige erhebliche Schwächen, weil für manche Länder mangels indigener Teilnahmewilliger irgendwelche Ersatzleute ins Rennen geschickt werden, aber wenn sich die anderen ARD-Anstalten eine Art Halbfinale leisten würden, könnte man die Veranstaltung z.B. auch nach München, Stuttgart, Frankfurt, Saarbrücken, Köln, Bremen, Berlin und Leipzig tragen. Das würde die Republik sicherlich mehr begeistern.
  • Breitere Musikauswahl: seit die Vorentscheide so heruntergekürzt wurden, ist nur noch schwer nachvollziehen, nach welchen Kriterien die Lieder ausgewählt werden.
  • Sich dem Halbfinale stellen: sicherlich zahlen die Big Four viel Geld und haben viel Publikum, aber die Big-Four-Regel ist letztendlich ein Rohrkrepierer. Sich einem Halbfinale zu stellen heißt auch, eine Vorauswahl zu bestehen. Die Titel, die sich fürs Finale qualifizieren mussten, sind schon einmal auf Herz und Nieren geprüft. In einem Wettbewerb, der unkalkulierbar ist, ist das ein wichtiger Indikator. Es ist ja nicht verwunderlich, dass Deutschlands Mitletzter Polen im Halbfinale als Zehnter gerade so den Einzug ins Finale schaffte. Eine weiteres wichtiges Argument für eine Teilnahme am Halbfinale sollte auch nicht vergessen werden: ein ESC-Halbfinale ist besser als jeder PR-Event. Nirgendwo sonst erhält man die Gelegenheit, vor über 100 Millionen Zuschauern den Song vorzuführen, den man ins Rennen schickt. Das ist extrem wertvoll. Nicht am Halbfinale teilzunehmen heißt nämlich auch, die Zuschauer gegen die vorausgelesene Konkurrenz innerhalb von 3 Minuten überzeugen zu müssen, während die anderen zuvor wenigstens einen flüchtigen Eindruck hinterlassen konnten.

Das sind alles keine Siegesgarantien, aber schlimmer als in den letzten drei Jahren kann es eigentlich nicht mehr werden.

Realsatire

Meine Freundin fragte gerade, „Hat dir deine Schwester eine E-Mail geschrieben?“

Sie hat nämlich Bilder vom Urlaub meiner Schwester erhalten – ich nicht.

Kurz darauf erhielt ich auch eine Mail. Sie war aber nicht von meiner Schwester, sondern von dieser Dame hier:


(Quelle: irgendein Spammer)

Die Anzahl der Komiker unter den Spammern nimmt ohne Frage zu.

Das sieht man schon daran, dass diese Frau allen Ernstes „Laporte Vickell“ heißen sollen. Ich werde einmal meine Tochter nach ihr benennen.

Die E-Mail hat an Eloquenz so einiges zu bieten:

Halloha,

My photo attachhed!
Look what I do!!!
You can too

Reine Poesie…

Selbstzünder

SPIEGEL Online hat ab und zu etwas seltsame Artikel im Angebot, zum Beispiel diesen hier. Da wird argumentiert, der Diesel sei am Ende, weil in der Anschaffung teurer, nicht mehr ganz so langlebig – und nun ist eben auch noch der Kraftstoff genauso teuer wie das Benzin.

Die wichtigste Information bleibt der Artikel aber schuldig: warum ist Dieselkraftstoff denn so teuer geworden? Der gestiegene Ölpreis kann es wohl kaum alleine sein, denn sonst wäre das Benzin ja in gleichem Maße teurer geworden. Der zitierte ADAC-Sprecher sagt im Wesentlichen nur, dass er es selbst nicht weiß.

Komplett unsinnig ist aber ein Argument zum Ende des Artikels: der in der Entwicklung befindliche „selbstzündende Benzinmotor ‚Diesotto'“ werde also dem Dieselmotor noch stärkere Konkurrenz bescheren.

Die Argumentation vermengt hier Dieselkraftstoff und Dieselmotor, um die Argumentationskette zu stützen, selbst wenn es gar keinen Sinn macht. Benzinkraftstoff verbrennt schon sauberer als Dieselkraftstoff – soweit wird ja noch ein Schuh draus.
Wer ihn verbrennt und mit welchen Methoden ist jedoch ein ganz anderes Thema. Der „Diesotto“ ist nämlich, wie der Name schon andeutet, weder ein reiner Benzin- noch ein reiner Dieselmotor. Vielmehr handelt es sich um einen Motor, der wie ein herkömmlicher Dieselmotor den Kraftstoff durch Selbstzündung verbrennt, aber durch flexibler steuerbare Abläufe auch Benzinkraftstoff verbrennen kann. Letztendlich ist es also das Grundprinzip des Dieselmotors, das hier zum Einsatz kommt, und nicht, wie offenbar der Eindruck entstehen soll, die Abschaffung des Dieselmotors. Denn aus Ingenieurssicht ist der Dieselmotor klar überlegen – er kommt ohne Zündkerzen aus und kann so theoretisch sogar ohne Strom weiterlaufen, bis jemand den Kraftstoffhahn zudreht. Daher ist es auch der große Traum, endlich auch Benzin mit diesem Konzept verbrennen zu können – was nun mit dem „Diesotto“ wirklich werden soll.

So mag der Dieselkraftstoff immer teurer werden und auf Dauer vielleicht ein Nischendasein fristen, gesetzt dem Fall, der Preissprung der letzten Monate bleibt so bestehen. Mit der Zukunft des
Dieselmotors an sich hat das aber weit weniger zu tun, als hier der Eindruck erweckt werden soll.

Nachtrag: vielleicht war ich gestern abend nur zu blind, es zu sehen aber jetzt befindet sich in dem Artikel auch einiges über die Gründe des steigenden Dieselpreise. Der Abgesang auf den Dieselmotor in Form von Durcheinanderwürfeln der verschiedenen Techniken ist aber trotzdem genauso unsinnig wie zuvor.

Einfach mal ein Bild mitschicken

Es ist immer wieder schön zu beobachten, was es so neues an der Spammerfront gibt. Mittlerweile werden auch größere Bilder mitgeschickt, um interessanter zu wirken.

Soeben erreichte mich folgende Mail:

Hello!
How are you? I hope that all good for you and you will read my letter
with a interest. I the girl from Russia. My name is Kseniya.
I am from Saint-Petersburg. I have fair hair and brown eyes. My height: 5 ‚ 2 “
and weight: 115 lbs. I am 27 years old. I have been born 10/29/1980. On
star sign Scorpion. I work as the seller in shop home appliances. I’m
cheerful woman who like to go for sports and do all what like are usual
peoples. I am ready for creation family and want it very
much. I cannot find the man in Russia for myself because it very hard
in Russia. I want to create family and to live in your country because
the government to care about people. I want to live and be sure in the
future. In Russia it is not possible to live easy. You understand me?
To you probably it is interesting where I received yours e-mail the address.
I am right? I got your e-mail through internet dating agency.
I gave my letter to agency and they have told that my letter will be
send to man in Germany!!!! I want to arrive to your country and I have
good chance for this. I need only man who can meet me and
probably we can to develop our relations. Some time back I’m with my
girlfriend were going to go in your
country as tourists for search of men for serious relations. But my
girlfriend could not go with me. She had problems with your family.
But very soon I will receive visa and I do not want to lose a chance
to arrive in Germany. I will receive visa in 7 days for your
country. Now I waiting for reception of my visa. It will be great if
you can meet me and we can to have relations with you. I will be very
happy if YOU will answer to me. I will be very
happy if you will write me and we will have our meeting very soon. And
it is possible we a meeting in 7 days because I can arrive to you.
Please tell to me about yourself a little! I have questions for you.
What is your full name? What your age? In what city you live?
I hope that you will answer to me back it is very fast. I send you my
photo. I hope that you will love my photo. Send me your photo.
I will wait your answer so much…

Write to me on e-mail: […]

Yours Kseniya

samt diesem Foto


(Quelle: irgendein Spammer)

Das ist natürlich schon tragisch. Die arme Kseniya findet in Russland keinen Mann und muss deswegen ins Ausland. Dazu schickt sie einfach mal 100.000 Mails an alle Deutschen, die sie findet. Und wie die Geschichte weitergeht, wissen wir ja. Die Kseniya wird sofort ihre Sachen packen, um ihrem künftigen Ehemann auch geografisch schnellstmöglich nahe zu sein. Dummerweise ist die Reise aber so teuer, und da muss der künftige natürlich etwas zuschießen, damit sie schnellstmöglich kommen kann. Es geht auf der Reise auch etwas schief, und sie braucht noch etwas Geld, um den nächsten Flug zu nehmen. Dieser landet dann auch noch in einem Dorf, wo es in den kommenden 65 Jahren keinen Internetzugang geben wird. Und so wartet der zukünftige Bräutigam bis in alle Ewigkeit.

Tragisch, sowas.

Clarification

Wer das Video von neulich in seiner Informationsfülle nicht erfassen konnte: hier eine weitere Botschaft.

Jetzt dürfte aber alles klar sein.

PS: Mein anderer Lieblingskandidat, Alan Keyes, wurde doch nicht Überraschungskandidat der Constitution Party. Jetzt darf er erstmal wieder gegen Honorar reden halten, um seine Kriegskasse für 2012 zu füllen.