Auf der einen Seite finde ich die Entscheidung respektabel, gegen die beim ESC um sich greifende Gigantomanie vorzugehen. Die Halle ist modern und gut gelegen, aber nicht übergroß für das Ereignis. Auf der anderen Seite hätte ich mich natürlich auch gefreut, den ESC 2013 in der Gastgeberstadt mitzuerleben. Stockholm hätte daraus wohl ein stadtweites Fest gemacht, zumal man hier ja verrückt nach diesem Wettbewerb ist. Zudem hat die Friends Arena derart viele Plätze, dass man vielleicht sogar einen hätte ergattern können.
Naja, es ist nicht unmöglich, dass Schweden in den kommenden Jahren noch einmal gewinnen wird.
Ein kleiner Nachfolgebericht zum Versuch des amerikanischen Komikers Stephen Colbert, als Nicht-Schwede die Bestückung des Twitterkontos @Sweden eine Woche lang übernehmen zu dürfen. An dem Tag, als ich zuletzt darüber schrieb, war es nur ein Vermerk auf dessen Internetseite.
Aber der Colbert Report belässt es natürlich nicht dabei. Die Redaktion fädelt solche Kampagnen geschickt ein und betreibt sie dann über Wochen mit voller Energie – um sie letzten Endes meist ohne ein Wort zu beerdigen.
So kam es noch am selben Abend zum ersten Sketch über die Aktion ein:
Und die Colbert-Zuschauer zwitscherten, was das Zeug hielt. Bald sah sich VisitSweden dazu veranlasst, zu antworten: die Warteliste ist lang, und solange so viele Schweden warteten, kommt Colbert nicht zum Zug.
Das war natürlich eine Steilvorlage für die Autoren der Show.
Als nun VisitSweden erneut einen draufsetzte und sich für die Aufmerksamkeit bedankte, aber bei seiner Entscheidung blieb, setzte Stephen Colbert noch eine seiner wunderbaren Musikeinlagen drauf.
Auch wenn es nicht jeder nachvollziehen wird, so halte ich die Show im Allgemeinen für das Brillanteste, was die USA in Sachen Comedy zu bieten hat – und was nebenbei bemerkt in Europa bestenfalls halb so gut kopiert wird. Solche Stücke wie diese hier sind auch ein Grund hierfür. Sie sind lustig und bleiben in dem Rahmen der Parodie der rechtskonservativen US-amerikanischen Fernsehmeinungsmacher, schaffen es aber gleichzeitig, nicht respektlos zu sein. Es gibt auch keine Geschädigten bei der Sache: wie in einem der Stücke angemerkt wird, ist die Zahl der Follower von @Sweden beträchtlich gestiegen.
Wenn es wirklich Colberts Absicht gewesen sein sollte, Twitterer der Woche zu werden, dann ist er freilich der Verlierer bei der Sache. Das ist aber kaum anzunehmen – um den 4. Juli herum macht die Show zwei Wochen Pause, und danach werden die Beziehungen zwischen Colbert Nation und Schweden sich auf wundersame Weise normalisiert haben.
Schweden atmet auf: die größte Vermisstensuche der letzten Wochen konnte mit einem Erfolg beendet werden. Der Vermisste ist wohlauf.
Der Fall hat aus einem besonderem Grund weltweite Aufmerksamkeit erregt: der Vermisste war niemand anderes als der Teddybär der einjährigen Tyra Blomqvist. Sie hatte ihn irgendwo auf der Hantverkargatan im Stadtteil Kungsholmen verloren. Daraufhin hängten die Eltern Poster auf, um ihn wiederzufinden.
Soweit, so unspektakulär. Erst als ein Polizist den Vermisstenfall auf der Facebookseite der Stockholmer Polizei veröffentlichte, wurde daraus eine große Geschichte. Die Sache wurde viral und landete u.a. in der Huffington Post.
Natürlich gab es auch Kritik an der Polizei Södermalm. Hat man denn nichts besseres zu tun? Die Polizei konterte souverän: der betreffende Beamte habe die Anzeige in seiner Freizeit geschrieben, und wenn man mit so wenig Aufwand um die 40.000 Menschen erreicht, dann sei das doch eine gute Prioritätensetzung.
An der Geschichte erkennt man ohne Schwierigkeiten: in Schweden ist derzeit nicht viel los. Es ist Sommer und das ganze Land in Urlaub. Im Winter wäre wohl für so eine herzerwärmende Posse keine Zeit gewesen. Schade eigentlich.
Derzeit hat der von mir sehr geschätzte amerikanische Komiker Stephen Colbert eine für ihn typische Aktion gestartet. Nachdem ein Laufband auf der Internationalen Raumstation nach ihm benannt wurde und fast eine ungarische Brücke, will er nun der erste Nicht-Schwede werden, der eine Woche lang für @Sweden twittern darf. Er wirbt auf der Homepage seiner Sendung damit, man solle an curatorapplication@visitsweden.com schreiben und erklären, wieso er denn unbedingt den Account haben müsse. Alternativ soll man den Hashtag #artificialSwedener twittern, und der Resonanz dort nach zu urteilen läuft das bestimmt nicht so schlecht.
Natürlich ist das Ganze eine PR-Aktion, aber man muss den Machern schon lassen, dass sie den ausgewählten Schweden große Freiheiten lassen. Die Grenzen hat ohne Frage Sonja Abrahamsson ausgelotet, die mit etwas abwegigem Humor wie diesem Tweet
Before WW2 Hitler was one of the most beautiful names in the whole wide world. I know. Its as chocking as dolphin rapists.
Schweden auf ganz eigene Art vertritt. Man verfährt offenbar nach dem alten Prinzip „Any publicity is good publicity“.
Das kann man unkorrekt finden, albern oder auch amüsant. Eines kann man aber nicht: den Machern vorwerfen, sie würden sich mit Elch-und-Blondinen-Klischees und kreuzbraven Werbebotschaften anbiedern. Man scheut sich nicht, echte Schweden zu präsentieren. Und in Kürze vielleicht sogar unechte wie Stephen Colbert.
Es ist eine Art Fußballweisheit: bei den großen Turnieren ist man raus, wenn man zweimal verloren hat. Wenn man zweimal gewonnen hat, ist man weiter. Unter 4 Punkten kann man das Weiterkommen gleich vergessen.
Ich habe mich gefragt: ist das wirklich so?
Die Aufgabe ist überschaubar – es sind 6 Partien, die in einer Gruppe gespielt werden. Da es drei verschiedene Resultate gibt (Sieg 1. Mannschaft, Unentschieden, Sieg 2. Mannschaft), gibt es 6 hoch 3 Spielausgänge, also 729 Kombinationen.
Dabei gilt zu beachten, dass dies nur gilt, wenn man die vier Teams eindeutig festlegt. Rein kombinatorisch sind viele doppelt. Zur Erklärung: wenn man vier Teams A,B,C und D hat und alle Unentschieden spielen bis auf die Partie A gegen B, dann ist die Tabelle identisch mit dem Fall, dass alle Unentschieden spielen bis auf die Partie C gegen D. Man muss lediglich die Teamnamen tauschen und landet bei derselben Tabelle.
Letztlich gibt es 40 verschiedene Tabellen, d.h. 40 verschiedene Punktekombinationen.
Wenn man das also außer Acht lässt und mit vier festgelegten Teams alle Varianten durchspielt, kommt man zu folgendem Ergebnis:
Für die roten Balken habe ich die Weltmeisterschaften seit 1998 und die Europameisterschaften seit 1996 ausgewertet. Nur bei diesen Wettbewerben musste man zwingend Gruppenzweiter werden, um weiterzukommen. Außerdem galt davor die Zweipunkteregel.
Das Ergebnis aus den 48 Gruppen, die es bislang in der Form gab:
Zweimal hatte der Zweitplatzierte 7 Punkte. Es ist aber nicht so, dass man sie gebraucht hätte, denn auch ein Blick in die reine Kombinatorik zeigt: das kommt nur zustande, wenn die zwei stärksten Teams gegeneinander Unentschieden spielen und die jeweils anderen beiden Teams besiegen. Für die anderen beiden Teams bleiben also nur noch die Punkte des Spiels gegeneinander übrig, wodurch der Drittplatzierte maximal 3 Punkte haben kann.
13 mal hatte der Zweitplatzierte 6 Punkte
Ebenfalls 13 mal hatte der Zweitplatzierte 5 Punkte.
Ganze 19 mal reichten dem Zweitplatzierten 4 Punkte. In der Kombinatorik ist das aber noch eine relativ riskante Kombination: in 40% der Fälle scheidet jemand mit 4 Punkten aus, aber deutlich über die Hälfte nur wegen des Torverhältnisses.
Ein einziges Mal genügten sogar 3 Punkte. Das geht in der Tat nur, wenn jedes Team genau einmal gewinnt oder wenn ein Team besonders stark ist und die anderen sich gleichmäßig verteilen. Dieser Fall ergab sich für Chile bei der WM 1998. Vier der sechs Partien ging Unentschieden aus, so dass Chile dadurch weiter kam, dass sie gegen den Gruppenersten Italien nicht verloren.
Nie gab es einen Fall, dass ein Team mit nur 2 Punkten weiter kam. Doch er ist möglich: wenn ein Team alle anderen besiegt (d.h. 9 Punkte) und alle anderen Teams untereinander nur Unentschieden spielt, dann hat der Gruppensieger 9 Punkte und alle anderen 2 Punkte. Freilich ein sehr exotischer Fall.
Letztere beiden Punkte dürften die einzigen Überraschungen sein, aber sie haben natürlich nur begrenzte reale Relevanz, denn kein Team spielt auf Unentschieden, und die Teamstärken sind selten so gleichmäßig verteilt, dass jede Mannschaft nur einziges Mal gewinnt.
Das rigorose Durchrechnen bestätigt letztendlich Selbstverständlichkeiten: mit drei Siegen ist man in jedem Fall Gruppensieger, und unter zwei Unentschieden kommt man nicht weiter. Ob einem ein Sieg und zwei Niederlagen reichen, kann man sich auch leicht ausknobeln: Nein, es geht nicht.
Bleibt noch die Frage, ob man mit zwei Siegen auch nicht weiterkommen kann. Erstaunlicherweise lautet die Antwort Ja, und zwar genau dann, wenn eine Mannschaft alle Spiele verliert und die anderen drei es sich so aufteilen, dass jede am Schluss genau 6 Punkte hat. Rein theoretisch reichen also auch zwei Siege nicht.
In der Praxis ist das freilich wohl noch nie aufgetreten. Daher gilt: wer zweimal verliert, ist raus. Wer zweimal gewinnt, ist nicht garantiert, aber mit größter Wahrscheinlichkeit weiter.
In diesem Sinne: heute abend einfach gewinnen.
Update 23:01 Uhr: Doof, wenn man sich selbst widerspricht – der gestrichene Satz weiter oben behauptet das Gegenteil von dem, was in der Auflistung steht. Noch blöder, wenn genau so etwas ausgerechnet jetzt passieren kann. Ein einziger Sieg (und zwei Niederlagen) können in der Tat reichen, um weiterzukommen. Entweder, wenn es dauernd unentschieden gibt, oder – wie jetzt in der Gruppe B eintreten kann – wenn eine Mannschaft alle anderen schlägt und die anderen drei jeweils einen Sieg einfahren. Sollten Deutschland und die Niederlande am Sonntag gewinnen, dann sind Niederlande, Portugal und Dänemark punktgleich. Der direkte Vergleich taugt dann auch nicht, so dass nur das Torverhältnis herhalten kann. Da noch nicht viele Tore gefallen sind, kann es da schnell eng werden. Es bleibt spannend.
Flattr ist ein Mikrobezahlsystem, bei dem man sehr einfach Inhalten im Netz etwas finanzielle Unterstützung zukommen lassen kann. Die Idee ist simpel: man zahlt pro Monat einen Betrag (mindestens 2 €). Sieht man z.B. in Blogs einen Artikel mit so einem Button, dann kann man diesen anklicken. Am Ende des Monats wird das Geld (abzüglich 10% Gebühr an Flattr) durch die Zahl der Klicks geteilt und an die Autoren bzw. Anbieter verteilt. Der Vorteil des Konzepts ist offenkundig, dass man nicht pro Artikel zahlt und somit die Kostenkontrolle behält. Es geht nicht darum, feste Beträge nach einem klassischen Konzept zu bezahlen, sondern die Anbieter zu unterstützen – ob viel oder wenig bleibt jedem selbst überlassen.
Das klang spannend, und ich dachte mir, dass ich da mitmache. Natürlich hatte ich nicht die Hoffnung, großartige Einnahmen zu machen. Es war eher interessant, zu sehen, ob etwas und wieviel hereinkommen würde. Es schien als Möglichkeit, die Finanzierung der Blogosphäre durch seine Nutzer zumindest teilweise möglich zumachen.
Heute beende ich diesen Versuch. Die Buttons werden in Kürze verschwinden. Ich halte das Konzept für mich für gescheitert. Ich habe auch Zweifel im Allgemeinen daran.
Eine kleine Bilanz: Verlust jeden Monat
In den 2 Jahren gab es keinen einzigen Monat, an dem ich mehr als 1,96 € eingenommen habe. Es war also nicht möglich, trotz reger Autorentätigkeit auch nur den Mindestbeitrag zu finanzieren. Die Schaubilder zeigen zudem, dass es kaum eine Korrelation zwischen Artikelfrequenz und Klicks gibt. Ob ich viel schreibe oder wenig, ist weitgehend egal.
Natürlich werden jetzt Spötter sagen, dass es an der Qualität der Artikel liegen könnte. Das mag sein. Ich maße mir kein Urteil über meine Texte an. Da ich aber einige derjenigen, die mir über Flattr etwas Geld haben zukommen lassen, kenne, liegt zumindest der Schluss nahe, dass einfach auch nie eine entsprechende Menge Flattr-Nutzer da war, um ein Bild abzugeben.
Zudem stelle ich bei mir selbst fest, dass ich kaum noch klicke. Ich ignoriere die Flattr-Buttons, und in einem Monat gingen die 2 € gar an wohltätige Zwecke, weil ich keinen einzigen Button gedrückt hatte. Mich würde nicht wundern, dass schon die Klickmüdigkeit alleine das System lansgam austrocknen lässt.
Die Nutzerbasis: viele Blogger, aber wenige Leser
Es stellt sich allgemein die Frage, wer überhaupt Flattr nutzt.
Ich habe jenseits der einschlägigen Blogosphärenleitmedien wenig bis gar nichts darüber gelesen. Es ist zwar nicht so, dass nichts passieren würde – vor einem Monat startete Flattr eine Kooperation mit Dailymotion, und dass Apple gegenüber Flattr einmal mehr seinen Kontrollzwang auslebt, macht es nur sympathischer. Aber auch eine gute und sympathische Idee muss funktionieren, um sich in der Realität zu behaupten.
Genau das scheint aber das Problem zu sein: Flattr hat seine Basis in Schweden, Deutschland und deren Nachbarländern, aber außer der Taz gibt es kein großes Medium in dem Raum, das den Dienst nutzt. Es fehlt wohl an der kritischen Masse, die erlaubt, auch Leute jenseits der Blogosphäre anzuziehen. Anscheinend gibt es im Flattr-Universum kaum Beiträge, die mehr als 100 Klicks erhalten. Die reinen Leser beteiligen sich offenkundig nur zu einem geringen Anteil.
Schwäche im Konzept
Warum sollten sie auch? Das Konzept hat hier seine größte Schwachstelle, wie ich finde.
Ich vermisse eine klare Linie, wohin die Reise gehen soll. Soll es ein reines Wohltätigkeitsmodell sein oder soll damit auch eine einfache Art der Finanzierung gefunden werden? Flattr ist irgendwo dazwischen, und vermutlich ist es genau das, was der Entwicklung Grenzen setzt.
Es ist wohl nicht die Absicht von Flattr, den Machern den Lebensunterhalt zu ermöglichen. Man kann mit Almosen keinen Staat machen, und das ist mit einem Bezahlsystem nicht anders. Für ein reines Wohltätigkeitsmodell braucht es die breiten Schichten, und ich habe nicht den Eindruck, dass die jemals erreicht worden sind. Ein großer Player im Markt wie Spiegel Online hätte aufspringen müssen, um die Öffentlichkeit zu schaffen. Das hätte sicher keine Wunder bewirkt, aber vielleicht die Konsumenten dazu bewegt, mit einzustiegen.
Der andere Aspekt ist ein vereinfachtes Bezahlsystem, das Flattr sein könnte, aber nur bedingt ist. Die pauschale Bezahlung vieler Medien als Alternative zum teuren Abschluss von zahlreichen Einzelabos wäre attraktiv. Das fördert den Konsum, ohne Schranken zu setzen, und könnte für passable Umsätze sorgen. Doch dazu müsste es den Anreiz geben, mit einem bezahlten Flattr-Konto auch einen geldwerten Vorteil zu haben, sprich auf irgendetwas exklusiven Zugriff zu erhalten. Danach sieht es aber nicht aus.
Ein Durchlauferhitzer ohne Wirkung – Flattr als Kreislaufsystem ohne Nutzen
Daher ist das System mehr ein Kreislauf: Blogger und andere internetaffine Menschen pumpen Geld in Flattr, das dann entweder bei den Alpha-Seiten landet oder von diesen solange wieder in Topf gegeben wird, bis die 10% Flattr-Gebühr sie aufgefressen haben. Auf diesen Seiten mag noch etwas herumkommen, aber für die ganzen Beta-Blogger (schlechten Wortspielwitz bitte selbst einfügen) oder in meinem Fall eher Omega-Blogger ist dann so wenig übrig, dass schon von Anfang nicht einmal der Mindestbetrag zusammenkommt. Vielen wird es so wie mir gegangen sein: man hat die Einnahmen nie abgehoben, sondern einfach in das Flattr-Konto überführt, um weiterhin Geld an andere verteilen zu können. Irgendwann ist aber auch das aufgebraucht.
Das soll kein Stück über die Undankbarkeit der Welt sein – auch größere Seiten wie Basic Thinking machen die Beobachtung, dass sich das Modell nicht trägt, auch wenn sie freilich auf einem viel höheren Niveau gestartet sind.
Das System hatte zwei Jahre Zeit, in einer Branche, in der Hype Programm ist, den Durchbruch zu schaffen. Es hat nicht geklappt. Stattdessen kann es jemandem wie mir als Hohn vorkommen, dass man als Inhalteanbieter sogar noch drauflegt.
Es mag einen gangbaren Weg für Flattr oder ein ähnliches System geben. Ich hoffe es sogar. Aber solange sich die Internetmenschen nur gegenseitig das Geld zuschieben, bis auch der letzte keinen Bock mehr hat, sein Konto zu füllen und die Buttons zu klicken, sehe ich keinen Sinn darin, dies weiter fortzuführen.
Die Freude an meinem Blog hat sich ohnehin nie aus irgendwelchem Geld gespeist, und so gebe ich auch nichts auf.
Ich möchte trotzdem all denen, die mich mit ein paar Groschen bedacht haben, danken!
Es war nicht gerade einfach, sich um 3:30 Uhr aus dem Bett zu quälen. Immerhin war der Morgen schön genug, um Hoffnungen zu haben. Ich packte die Kamera sowie meine Sonnenfinsternisbrille ein und machte mich auf den Weg.
Das Wetter war gerade gut genug, um hoffend zu bleiben, aber zu schlecht, um etwas zu sehen. Innen im Museum befindet sich ein kleiner Raum mit Bestuhlung und Projektor, in dem Vorträge gehalten werden können. Gezeigt wurden Liveaufnahmen verschiedener Teleskope rund um die Welt – vermutlich der Livestream der NASA. Da die meisten wohl zuerst erwarteten, es würde dort etwas stattfinden, füllte sich der Raum stetig.
Doch außer den Bildern gab es nichts zu sehen. Man konnte drinnen noch einen schnellen Blick in das Museum werfen, aber die Musik spielte draußen. Im Garten hielt jemand einen Vortrag zum Venustransit. Ich war positiv überrascht vom Zuspruch – insgesamt dürfte eine dreistellige Anzahl Besucher dort gewesen sein, die sich die Vorträge anhörten und selbst versuchten, den Transit zu sehen.
Der kleine Park mit Bänken und einer schönen Aussicht war perfekt geeignet für die Beobachtung. Einige hatten Fernrohre mit Filtern mitgebracht. Manche versuchten es mit geschwärzten Gläsern oder Fotofilm, was beides nicht zu empfehlen ist. Allerdings war die Gefahr überschaubar, denn die Sonnenscheibe war zumeist von Wolken verdeckt.
Ich setzte mich hin und wartete. Manche Partygänger der Nacht davor hatten auch ihren Weg dorthin gefunden. Es war eine interessante Menschenmenge, die sich da versammelt hatte. Ein Mann erzählte davon, dass er schon in alle möglichen Ecken der Welt gereist sei, um Sonnenfinsternisse zu beobachten. Unter anderem war er 1999 in Stuttgart, aber das Wetter war etwas zu schlecht.
Die Stimmung erinnerte mich genau an diesen 11. August 1999. Ich hatte meinen Sommerjob in einer Werkstatt für geistig Behinderte angetreten, aber an dem Tag wurde nicht viel gearbeitet. Wir alle – die Abteilungsleiter eingeschlossen – waren draußen und beobachteten das Ereignis. Ich hatte mein Teleskop aufgebaut und hoffte auf gute Sicht. Doch die wollte sich nicht so recht einstellen. Es blieb bewölkt, aber ausgerechnet bei der Totalität hatten wir einen klaren Moment und konnten die verdeckte Sonne sehen. SWR3 spielte „Staring at the sun“ von U2.
Ich genoss es heute morgen genauso, obwohl sich die Wolken nicht so recht verziehen wollten. Zwischendrin, als es einmal wieder gar nichts zu sehen gab, schaute ich nochmal nach drinnen. Ein Mitarbeiter erzählte etwas über das Museum. Der Saal mit dem Projektor war fast leer – dass es dort nicht mehr geben würde, hatte sich wohl herumgesprochen.
Die Wolken wurden immer dichter. Um 6 Uhr beschloss ich, wieder aufzubrechen.
Ob ich denn die Venus nun gesehen habe?
Ja, für wenige Minuten gaben die Wolken den Blick frei, und ganz rechts oben war ein kleiner scharfer Punkt. Und in meinem Kopf lief U2 – „I’m not the only one staring at the sun…“
Die DN erwähnte dieses Video am Sonntag am Rande. Es ist ein Sketch aus Saturday Night Live (SNL) – wem das nichts sagt: die Sendung inspirierte einst RTL Samstag Nacht, ist aber erfolgreicher und v.a. langlebiger, denn sie läuft seit 37 Jahren.
Der Sketch zeigt eine fiktive schwedische Talkshow „Helga Lately“. Alle sprechen ein Pseudo-Schwedisch, das nur bedeutungsloses Kauderwelsch ist, welches wohl wie schwedisch klingen soll. Damit man irgendetwas versteht, werden zwischendrin englische Wörter eingebaut. Vereinzelt finden sich auch echte schwedische Phrasen.
Kein Leser wird bei dem Sketch schallend lachen. Manche werden Schweden sogar veralbert sehen.
Dem würde ich vorsorglich schon einmal entgegnen, dass es sich um eine Parodie auf die Talkshow Chelsea Lately handelt, die das Schwedenthema als Spielwiese verwendet, um die Eigenheiten des Originals auf die Schippe zu nehmen. Die ganze Aufmachung ist mit Chelsea Lately praktisch identisch. Wie fast jede Parodie funktioniert diese aber nur richtig, wenn man das Original kennt.
Ich hatte es ja schon erwähnt: derzeit ist internationaler Markt am Sergels Torg. Es ist nicht das erste Mal, aber das deutsche Angebot ist dieses Mal das bislang umfassendste.
Neben dem obligatorischen Bratwurststand
gab es einen Salamiverkaufstand, der auch Landjäger und Dosenwurst anbot. 10 Meter weiter dann der sehr dezente Brezelstand:
Der Name „Breznhütte“ ist Programm – es gab Brezeln in verschiedensten Varianten. Gespart hat man nicht in der Größe:
Das ist schon ein ordentliches Gerät, das auch sehr gut schmeckt, wie ich eben im selbstlosen Test herausgefunden habe.
Am Stand daneben gleich der nächste Knaller: Strudel in verschiedenen Varianten, darunter natürlich der obligatorische Apfelstrudel. Feilgeboten wurde außerdem eine Art Kräuterbrotaufstrich und andere Dinge, die ich aber nicht näher unter die Lupe genommen habe. Das Personal war auch weitgehend authentisch importiert.
Die englischen Marmeladen, griechischen Oliven und niederländischen Pfannkuchen sahen auch lecker aus.
Das alles hat freilich seinen Preis: die Würste am Bratwurststand kosteten 50 Kronen (derzeit rund 5,50 €). Die Salami ging auch nicht deutlich darunter los, die einzelne Brezel kostete 40 Kronen (4,40 €), der halbe Strudel 120 Kronen (13,30 €). Aber hierzulande sind das Delikatessen, die man nicht alle Tage hat. Dementsprechend groß ist meine Freude über die Leckereien.
Unten auf dem Platz demonstrierten die Syrer für oder gegen irgendwas, dazwischen eine Menge kurdischer Flaggen. Im Allgemeinen wechseln sich die Kurden, die Tibeter und die Kubaner auf dem Platz beim Demonstrieren ab. Die Hartnäckigkeit ist bewundernswert, aber der Effekt darf bezweifelt werden.
Allgemein ist das Ambiente am Sergels Torg nicht das allerbeste. Ich frage mich, ob es in Stockholm keinen besseren Platz hierfür geben. Wie wäre es mit dem Stortorget oder Kornhamnstorg in Gamla Stan, dem Kungsträdgården, dem Norrmalmstorg oder dem Nybroplan? Ein Betonplatz wie der Sergels Torg, eng, laut und stark befahren, macht das Verweilen wenig angenehm. Da gäbe es doch sicher bessere Alternativen.
Übrigens: über zwei Jahre lang lebte ich in unmittelbarer Nähe des einzigen schwedischen IMAX-Kinos ohne es zu besuchen. Dabei bin ich eigentlich IMAX-Fan und habe früher nie eine Gelegenheit ausgelassen.
Es ist das „Cosmonova“ und befindet sich im Naturhistoriska Riksmuseet, einem Naturkundemuseum bei der Universität. Der Besuch – sowohl im Museum als auch im Kino – lohnt sich. Im Museum war ich schon mehrfach, aber heute habe ich endlich auch das Kino besucht. Es lohnt sich natürlich.
Es kommt schon sehr dramatisch daher, aber es ist nicht übertrieben: am Mittwoch erwartet uns ein globales Ereignis ein, das keiner von uns jemals wieder erleben wird. Das ist jetzt etwas gestelzt, aber kommt hin, denn am 6. Juni findet ein Venustransit statt. Der nächste wird am 11. Dezember 2117 sein, und ich übertreibe wohl nicht, wenn ich sage: bis dahin sind wir alle tot.
Nun werden sich die meisten fragen: was ist ein Venustransit?
Das ist, wenn sich der Planet Venus vor die Sonne schiebt, also ein bisschen eine Sonnenfinsternis in klein. Dunkel wird es aber nicht, denn das Ganze sieht so aus:
Es zieht also ein schwarzer Punkt über die Sonne, den man ohne entsprechende Gerätschaften natürlich nie bemerken würde. Das Bild ist übrigens vom vorletzten Transit, der im Jahr 1882 stattfand. Ja, der vorletzte – kaum ein regelmäßig wiederkehrendes und einfach zu beobachtendes Himmelsereignis ist so selten wie ein Venustransit. Während man fast jedes Jahr eine totale Mondfinsternis hat und man in den meisten Jahren irgendwo auf der Erde eine totale Sonnenfinsternis sehen kann, ist der Venustransit eine sehr exklusive Sache.
Zwar ist die Venus immer zwischen Sonne und Erde. Auch ist ihr Jahr kürzer als unseres, so dass sie öfters an uns vorbeizieht. Aber durch die Besonderheiten der beiden Planetenbahnen ergibt sich ein Vorbeiziehen der Venus vor der Sonnenscheibe äußerst selten. Pro 130 Jahre gibt es nur zwei, dazu noch sehr ungleich verteilt: es sind immer 8 Jahre zwischen zwei, während dann der nächste Transit erst in 105 oder 122 Jahren folgt.
Wer zurückrechnet, wird sich also denken können, dass der letzte im Jahr 2004 war. Der fand bei bestem Wetter und zu humanen Zeiten statt. Ich habe ihn damals mit meinem Teleskop begutachtet. Das ist aber nach fast 7 Jahren in Schweden leider immer noch in Deutschland, weswegen ich mir diese schicke Brille habe kommen lassen:
Ich werde versuchen, den Transit auch dieses Mal nicht zu verpassen. Jedoch gibt es einen erschwerenden Umstand: er findet von 22:09 Uhr bis 4:49 Uhr statt. Die Sonne ist also anfangs nicht zu sehen. Ich finde, es ist trotzdem einen Versuch wert.
Einen Tipp für Stockholmer: das Observatoriemuseet, das Museum in der alten Sternwarte Stockholms, in der Nähe des Odenplan ist zwischen 4:30 Uhr und 6:30 Uhr geöffnet. Alle halbe Stunde werden Vorträge über den Venustransit gehalten. Man kann es auch als indirekte Projektion am Teleskop live miterleben, sofern das Wetter mitspielt. Eine Brille wie die obige kann vielleicht dazu dienen, zu entsprechender Zeit aus dem Fenster zu sehen. Der Eintritt ist frei. Am Abend davor ist um 18 Uhr ein Vortrag zum Thema, der 90 Kronen Eintritt kostet.
Es mag nach nicht viel aussehen, aber wenn man etwas an Astronomie interessiert ist oder die Ahnung hat, dass man ein solches Interesse im Lauf des restlichen Lebens entwickeln könnte, der sollte am 6. Juni sehr früh aufstehen und nach der Sonne schauen.
Es könnte nicht das letzte Mal sein. Es wird das letzte Mal sein.