Das schwedische Du (und sein vermeintlicher Niedergang)

Werden noch gesiezt: König Carl XVI. Gustaf und seine Frau Silvia (Foto: Holger Motzkau 2010, Wikipedia/Wikimedia Commons, CC-BY-SA 3.0)

Gerade kam mir dieser Artikel in der FAZ unter. Dort schreibt Sebastian Balzter darüber, dass die schwedische formelle Anrede, vergleichbar mit dem deutschen Siezen, wieder etwas in Mode käme.

Er beginnt mit einem Klischee, das aber meiner Erfahrung nach stimmt: viele Deutsche, die in Schweden Urlaub machen, finden es so schön, unkompliziert und freundlich, dass man sich in Schweden gemeinhin duzt. Mit Ausnahme der königlichen Familie gilt das Duzen hier schließlich für alle.

Aber dann:

Seit einigen Jahren aber greift unter den jungen Schweden eine Unsicherheit um sich, die diese positiven Vorurteile in Frage stellt. Gesiezt wird zwar auch weiterhin niemand zwischen Malmö und Kiruna. Das Nizen aber macht dem Duzen zusehends Konkurrenz. „Wenn wir darüber reden, gibt es immer Streit“, berichtet die Stilratgeberin Magdalena Ribbing, die in der Tageszeitung „Dagens Nyheter“ eine Kolumne über gute Manieren schreibt.

Vor allem im Geschäftsleben, in Restaurants und Kaufhäusern, gebrauchen nach ihrer Erfahrung jüngere Angestellte gegenüber älteren Kunden oder Gästen zunehmend die altertümliche Anredeform „Ni“. Dazu werden sie bisweilen sogar von ihren Vorgesetzten aufgefordert.

Ich war doch einigermaßen verwirrt – das „Ni“ hielt ich für eine vollkommen abgeschaffte Anrede, und im Alltag ist sie mir in den letzten Jahren noch nicht bewusst begegnet. Allerdings bin ich wohl noch nicht alt genug, dass man mir so begegnen würde.

Nach einer Recherchen ist mir der Begriff des „Ny-Niandet“ („Neusiezen“) untergekommen. Besonders im Dienstleistungsbereich sei das so. In der Kolumne der erwähnten Magdalena Ribbing ging es auch schon öfters darum. Soweit stimmt das also.

Jedoch denke ich, dass Balzter ein bisschen über das Ziel hinausgeschossen ist. Eine „Debatte“, wie sie die FAZ erkannt haben will, würde ich das nicht nennen. Dahingehende Blogeinträge sind teilweise über 5 Jahre alt, und für mich ist nicht ersichtlich, was nun plötzlich eine „Unsicherheit“ hervorrufen sollte. Es mag sein, dass der Sprachrat, der im Artikel erwähnt, irgendwann langsam tätig werden musste und das vielleicht irgendeine nachrichtenrelevante Rolle spielt – aber bei dem wurde ich auch nicht fündig.

Es ist aus meiner Sicht eine Randerscheinung, ein vorübergehender Trend – da hat der Artikel wiederum recht – aber keine Sache, die an den Fundamenten rüttelt, die Ende der 1960er Jahre gelegt wurden. Es fehlt schlicht der Neuigkeitswert, und auch der gesellschaftliche Disput, der da suggeriert wird.

Ein Punkt stellt der Artikel auch leider nicht richtig, was sehr bedauerlich ist. Ich konnte immer nur mit Kopfschütteln auf die deutsche Interpretation des schwedischen Du reagieren. Die Begeisterung der Deutschen für diesen schwedischen Brauch rührt beruht meines Erachtens nämlich auf einem grundlegenden Missverständnis.

Das deutsche Sie drückt zwar auch Respekt gegenüber Mitmenschen aus, insbesondere älteren. Jedoch ist ein weiterer wichtiger Aspekt die Schaffung eines Abstands zwischen einem selbst und der gesiezten Person. Das Sie drückt aus, dass man der angesprochenen Person nicht nahesteht. Das Du hat hingegen einen jovialen Charakter und findet bei einer Begegnung auf Augenhöhe zwischen jüngeren Menschen Anwendung.

Die Deutschen, die sich über das schwedische Du so freuen, glauben, es sei dasselbe wie das Deutsche. Ist es nicht. Wenn buchstäblich jeder mit Du angesprochen wird, dann hat es keine Bedeutung mehr. Der Polizist spricht einen Mörder bei der Verhaftung genauso mit Du an wie die Braut ihren Ehemann bei den Flitterwochen. Es ist vollkommen wertungsneutral. Wenn man also in Schweden geduzt wird, dann ist das vielleicht ein Bekenntnis zu geschwundenen Klassenunterschieden, aber es wohnt dem im Prinzip nichts joviales oder freundliches inne. Es geht nicht darum, eine Nähe zu schaffen, und wenn man glaubt, dem wäre so, dann ist das die Interpretation des Empfängers, nicht die Absicht des Senders.

Im Umkehrschluss würde ich auch davon ausgehen, dass das schwedische „Ni“ – übrigens die zweite Person Plural, nicht die dritte wie im Deutschen – eine prinzipiell eher untertänige und respektvolle Haltung transportiert. Ich möchte bezweifeln, dass einem schwedischen Polizisten einfallen würde, einen Mordverdächtigen mit Ni anzusprechen, denn Respekt hat er für den sicherlich nicht.

Das Problem, das einige der verlinkten Webseiten ausdrücken, ist, dass das Ni von älteren Menschen auch falsch als kränkend empfunden werden kann – wohl in dem Sinne, dass junge Menschen ironisch Ni verwenden und sich der angesprochene veralbert fühlt. Interessanterweise hat sich daher noch eine weitere Form herausgebildet, nämlich die Anrede in der dritten Person Singular mit Titeln. Das habe ich schon bei Interviews mit dem König gesehen, dem dann statt z.B. statt der dann statt z.B.

Was sagen Sie dazu?

gefragt wurde

Was sagt der König dazu?

Klingt seltsam, aber hat sich anscheinend etabliert.

Jenseits aller Missverständnisse und Feinheiten muss aber auch eines gesagt werden: die schwedische Lösung ist mir deutlich lieber als die deutsche. Dieses Herumrätseln, ob man nun schon Du sagen darf, weil man es mal angeboten bekommen hat, oder eben nicht, fand ich immer schwierig. Man hat im Schwedischen immer eine Lösung, ohne überlegen zu müssen. Zudem finde ich diese Konsequenz, mit der man versucht hat, eine gleichgestellte Gesellschaft zu erreichen, beachtlich. Zwar wird eine Gesellschaft dadurch nicht automatisch gleicher, aber es kann als Symbol durchaus dienen. Ich sehe auch nicht, wieso man das in Deutschland nicht könnte. Immerhin hat man es geschafft, das Fräulein abzuschaffen. Dann sollte es doch auch möglich sein, das Siezen loszuwerden.

Update 5.2.: Asche auf mein schnellschreibendes Haupt. Der letzte Aspekt des missverstandenen Du seitens der Deutschen wird in dem Artikel am Ende durchaus noch angesprochen.

Keine Gewalt

Das "Original" vor dem UN-Hauptquartier in New York

Karl hat mich netterweise in einem Kommentar darauf hingewiesen: eine Ausgabe der obigen Statue steht auch in Malmö. Und in Stockholm in der Fußgängerzone beim Hötorget (worauf ich eigentlich hinaus wollte in der Bildergalerie).

Wie ich jetzt erfahren habe, gibt es aber noch einige mehr davon, u.a. in Täby nördlich von Stockholm, in Borås und in Göteborg.

Skulptur "Non-Violence" in Göteborg (Bild: Rolf Broberg, CC-BY-SA 3.0)

Die Häufung dieser Skulpturen in Schweden ist aber weniger der Friedfertigkeit der Leute hier geschuldet, sondern wohl dem Umstand, dass sie von dem schwedischen Bildhauer Carl Fredrik Reuterswärd geschaffen wurden. Es gibt auch einige in anderen Ländern, u.a. in Berlin und Peking.

Auf die Idee kam Reuterswärd 1980, als John Lennon erschossen wurde. Er war wütend über die Sinnlosigkeit der Tat und begann an einem Werk für Gewaltlosigkeit. Es entstand die bekannte Skulptur mit dem Titel „Non-Violence“, auch bekannt als „The Knotted Gun“. Heute ist sie ein recht bekanntes Symbol.

Nun ist die Frage: wo steht das Original? Es ist wider Erwarten nicht die Skulptur in New York – diese steht erst seit 1988 und ist ein Geschenk des Großherzogtums Luxemburgs. Die in Malmö ist aber von 1985, und laut dem englischen Wikipedia-Artikel ist diese auch eine der ersten. Eine weitere steht in Luxemburg. Wann die entstand, konnte ich nicht finden, aber hier ist davon die Rede, sie sei die dritte der ursprünglichen.

Damit hat Karl wohl nicht nur auf irgendeine Ausgabe des verknoteten Revolvers hingewiesen – die Skulptur in Malmö scheint sogar die erste zu sein.

Studentenschwund in Schweden – Hochschulvertreter äußern sich

Thomas hat auf einen Debattenbeitrag hingewiesen, der gestern in der DN erschien.

Dort äußern sich zwei Uni-Vertreter, einer von der KTH hier in Stockholm und einer aus Göteborg, zu den Studiengebühren und den Effekten. Sie sind sehr kritisch gegenüber den Studiengebühren und meinen, man müsse die beiden Hauptargumente für die Gebühren – zuviele (und damit teure) Studenten sowie Qualität statt Billigheimer – noch einmal überprüfen.

Leider bleibt es dabei aber auch. Es kommen keine weiteren handfesten Fakten, welche die Argumentationslinie, dass die außereuropäischen Studenten Schweden auch etwas brachten, unterstützen würden. Allenfalls den naheliegenden Effekt, dass viele Kurse einfach ganz eingestellt werden, benennen sie konkret.

Sie stellen u.a. fest, dass die schwedische Wirtschaft und Gesellschaft die Absolventen bräuchten. Das ist alles wohl wahr, aber beantwortet nicht die Frage, inwieweit Wirtschaft und Gesellschaft diese auch bekommen haben, solange das Studium kostenlos war. Ich hoffe, dass es hierzu konkreteres geben wird.

Studentenschwund – die Folgen der Studiengebühren in Schweden (3)

Mein Zimmer im Container aus dem Jahr 2005 - manche Studenten schafften es, in so einem winzigen Zimmer zu zweit zu wohnen.

Die letzten beiden Tage habe ich Statistiken bemüht und aus dem Nähkästchen geplaudert, um ein bisschen darzulegen, wie es vor der Einführung von Studiengebühren war, die seit 2011 für Masterstudiengänge für Studenten erhoben werden, die nicht aus der EU, dem EWR oder der Schweiz stammen.

Um das Ganze etwas zu unterstreichen, habe ich hier einen Bericht aus erster Hand, auf den mich Holger dankenswerterweise hingewiesen hat. Dieser Text wurde bei Wikinews von einem Benutzer aus Islamabad in Pakistan eingetragen (er steht unter CC-BY-Lizenz):

In 2008 i left my Government job on contract and went to Sweden for higher studies. I got admission at The royal institute of technology – KTH, Stockholm, Sweden which is ranked in top 200 universities among the world. I was in the batch of 2008-2010 enrolled in the degree of Masters in Information and communication Systems security. There were lots of Pakistani in our class. As some of our courses were common in other degree courses. So we have a chance of meeting our Pakistani fellow from the degree of Engineering and management of Information Systems and Software Engineering in Distributed systems. Coming from our homeland to a new place was not that easy. The temperature start getting down from September. The days were getting shorter and long nights in winter. Surviving on our own savings made us to share room with other guys. Soon in about two months we were looking for most available source of income which were odd jobs. In Stockholm we found the newspaper job as almost the only available option. My first day was most horrible. Reaching the office at 8 o clock in the morning. There were other people sitting on the chairs. There were carts on side with two tires. A Russian lady was busy giving instructions and doing paper work. After an hour wait i was called and given a paper with a street map. The lady told me where to pick the newspaper and where to distribute it . I take the cart and pushing it went to the destination. It was snowing and pushing the cart took more power. finally i reach there and found a very big pile of newspapers there.unpacking the wrapping and putting the load in cart , soon my fingers got very cold and blue. I have to go inside buildings to keep them warm. During distribution it was hard to find the building , finding different key for them and go inside. So it took me almost 7 hours to complete the jobs. I got extremely tired. I guess i earned 200 Kr for that work . This work was once a week. I was able to pay my food expense from this work. Study was quite tough in KTH. We have to study hard and took daily classes to manage with the pace of studies. We have to complete 30 Credits in one semester which was for about 4 months. I took 2 extra courses to finish the studies more quickly. Sweden is quite cold and dark in winters. At times the temperature drops to -25. It has affect on moods of people .With the passage of times i did lots of jobs to survive along with doing studies. These odd jobs include Newspaper distribution on foot and car, Shoveling snow, distributing ads on cars, looking after special kids, moving house items, working in cinema, grass cutting and unlocking mobile phones.
Summer is enjoyable time for swedes. They go for summer vacations. The long sunny day is a treat. we feel more energetic. There is a break from studies during this time. Although before coming from Pakistan i had 4 years of work experience which includes one year professional work experience in Hongkong ,still me and many of my friends like me were not able to find professional jobs. In my last semester i took thesis with my University professor along with my class fellow, which was later published as a paper. I used to distribute newspaper daily from 2:00 Am night to 6:00 Am. then i would go for thesis work at around 11 Am till 5 pm. It was tough but i was hopeful to complete studies and go back home . Soon i got another paid internship in a professional company. The pay was however modest and keeping in mind to have savings for going back to Pakistan, i continued my other two routines of thesis and job at night. These activities gave me hardly 5 hours of sleep and really hard next 5 months. By June 2010 i was able to successfully complete my masters Degree and internship. So i did Europe tour of few countries , and went back to Pakistan for good after 2 years with high hopes. From my class of 2008 masters session around 4 other Pakistani including my thesis fellow completed their degree and 3 of them went back home.I started applying for jobs in Pakistan after 2 week rest. In the resume along with 4 years experience now adding a foreign masters degree along with experience of working in a Swedish company. The response for jobs was quite slow. Initially through friends request i was able to go for some interviews. The interviewers seems not interested in my qualification and asking questions from their own perspective. Judging the kind of interviews i face, i have to buy the fundamental books that i studies in bachelors back in early 2000’s. But interviews results keep on coming in negative. Wat ever i learned and gained from Sweden seems to be , of no interest. I checked my other friends who came back to Pakistan from Sweden surprisingly they were all struggling to get job. Finally after 18 job interviews in different companies and 7 months later i was able to land in a job for merely Rs 20,000 or 232$ per month. I accept it as i see no other choice. After 2 weeks i got another better offer and switched to that job. Meanwhile my thesis fellow also came back to Pakistan, and start looking fro jobs as well. Interestingly from our specialization we didn’t got any response from any private or government organizations ,so me my friends have to find other related work of teaching etc. A month back my thesis fellow went back to Sweden after vain search of jobs in Pakistan for about 8 months.
Its been around a year and half but i still have those memories come back again and again. Dark cold nights and i am pushing a very heavy cart full of newspaper in the snow.Remembering the A grade i got in my master thesis and then searching for jobs for 7 long months. My good friend went back hopeless. It comes to my mind a lot of time that had i knew about all this situation i would have never went to Sweden. As in my country there is not much value for ones own talent and education , it is combination of some other factors which solves the purpose.

Zwar ist das Fazit letzten Endes, dass sich Bildung im Ausland in Pakistan nicht auszahlt. Aber als Botschafter Schwedens kann dieser Mann sicherlich auch nicht herhalten. Denn in der Breite, in der er über seinen vermeintlich unerträglichen Zeitungsjob spricht, kann wohl kaum ein positiver Eindruck entstehen.

Ich sehe in dem Text auch eine gewisse Naivität und übersteigerte Erwartungen. Der Autor hatte anscheinend erwartet, dass man ihm trotz anzunehmenderweise nichtexistenten Schwedischkenntnissen direkt einen gut bezahlten Job zu Füßen legen werde. Stattdessen musste er in der Kälte Zeitungen austragen – etwas, das er für unangemessen hielt. Bei so hohen Erwartungen ist die Enttäuschung natürlich groß.

Das wirft die Frage auf, ob die ganze Masterstudiengeschichte nicht schon alleine daran gescheitert ist, dass die Unis falsche Erwartungen von den Studenten hatte und die Studenten falsche Erwartungen von Schweden. Die Unis klammerten sich an die Hoffnung, damit einen positiven Effekt zu erreichen. Die Studenten klammerten sich in dem fremden Land aneinander und blieben fremd.

Verallgemeinerbar?

Sind diese beiden Beispiele typisch? Es ist zwar hart, dies zu sagen, aber mir erscheint es so, und es ist analog durchaus auch auf China übertragbar.

Ich habe in den 6 Jahren hier keinen pakistanischen und nur wenige chinesische Masterstudenten erlebt, die ernsthaft beabsichtigten, schwedisch zu lernen. Sie lebten größtenteils in einer Parallelwelt, in überfüllten Zimmern zusammengepackt.

Das Ziel des Unternehmens war also wohl, so schnell und so billig wie möglich irgendeinen Abschluss an einer westlichen Universität zu erwerben. Schweden kam da gerade recht, denn es machte das ultimative Angebot: eine europäische Ausbildung zum Nulltarif, und das auch noch auf englisch. So etwas gibt es woanders kaum.

Was hat Schweden davon?

Die Frage bleibt aber, ob Schweden sich einen Gefallen damit tat, es so zu machen – und ob sie jetzt besser fahren.

Erstere Frage muss ich zumindest im Wesentlichen mit Nein beantworten. Nach den obigen Betrachtungen habe ich wenig Zweifel daran, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis für den schwedischen Staat sehr bescheiden war. Viele, wenn nicht die meisten dieser Studenten nahmen die Ausbildung gerne und gingen dann weg, ohne jemals einen Nutzen für Wissenschaft und Wirtschaft in Schweden zu erbringen.
Zwar suchte man die Exzellenz durch Englisch-Nachweise in Form des TOEFL-Tests und zwingend erforderliche Empfehlungsschreiben zu sichern. Dass dies aber nicht immer fruchtete, zeigt meine kleine Helsinki-Anekdote. Eine Flut von hoffnungsvollen Nachwuchsakademikern in Schweden scheint jedenfalls ausgeblieben zu sein.

Der schwedische Steuerzahler, der das ganze Unternehmen finanzierte, hatte letztlich wenig bis gar nichts davon.

Das Ganze war auch kein Beitrag zur Imagepflege. Sogar das Minimalziel, vielleicht durch das Angebot solcher Studiengänge eine Art Entwicklungshilfe zu leisten, wurde möglicherweise nicht erreicht, wenn die Absolventen nachher die hoffentlich erworbenen Kenntnisse nicht zum Einsatz bringen können.

Ich kann daher die Regierung verstehen, dass sie der ganzen Sache einen Riegel vorgeschoben hat. Zwar ist es immer etwas schade, wenn eine solche weltoffen daherkommende Einrichtung zu Grabe getragen wird, aber die Gründe sind nur allzu verständlich.

Fährt man jetzt besser?

Vielleicht ist die jetzige Rückkehr zu kleineren Studentenzahlen auch irgendwo eine Gesundschrumpfung, denn 18.000 Masterstudenten pro Jahr nahmen sich gegenüber den 180.000 insgesamt angenommenen Studenten nicht unerheblich aus. Es ist anzunehmen, dass dies doch einige Herausforderungen an die schwedische Hochschullandschaft stellte.

Die Zahlen spiegeln auch wieder, dass die schwedischen Universitäten im Ansehen eben nicht in einer Liga mit Harvard spielen. Allein Anziehungspunkt zu sein, weil es so billig war, konnte kaum ein erstrebenswerter Zustand sein.

Jedoch empfinde ich den jetzigen Zustand auch nicht wirklich befriedigend. Dass man kostendeckende Studiengebühren verlangen will, erscheint durchaus nachvollziehbar. Jedoch bleibt dies nicht ohne Folgen für das Kursangebot. Wenn statt 20 nur noch 3 Anmeldungen für einen Kurs kommen, dann findet dieser vielleicht gar nicht statt.

Veranstaltet man ihn dennoch, so hat man in einigen Bereichen weniger Kosten, aber die Lohnkosten für die Vorlesungen reduzieren sich nicht, und auch bei den Raummieten kann man nicht immer sparen. 75% weniger Studenten bedeutet also nicht unbedingt 75% weniger Kosten.

Zudem nahm man dieses Jahr 85% der tauglichen Bewerber an, letztes Jahr nur 63% – es ist anzunehmen, dass man in einigen Bereichen Leute angenommen hat, um das Masterprogramm zu erhalten, obwohl man über die Bewerber nicht glücklich war. Das kann auch keine Lösung sein.

Die Universitäten sollten die Studiengebühren nach ihrem Marktwert festlegen können, d.h. so, dass die Kurse voll werden, aber immer noch genug Einkünfte entstehen, um den Betrieb zumindest zu unterstützen. Vielleicht müsste man auch noch mehr tun – z.B. durch großzügige Stipendien – um besonders gute Studenten anzuziehen.

Das Fazit ist also: vorher gab man viel Geld für zuwenig aus. Jetzt spart man zwar, aber tut sich damit auch keinen Gefallen.

Studentenschwund – die Folgen der Studiengebühren in Schweden (1)

Meine Kurse sind erledigt. Ich bewege mich nicht mehr so viel in den Korridoren dieses Gebäudes. Es fiel mir nicht so richtig auf: es ist ruhiger geworden. Es muss zumindest, denn die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Es gibt weit weniger internationale Studenten als noch vor einem Jahr.

Der Grund dafür ist simpel: Studiengebühren.

Als EU-Bürger, Bürger von Liechtenstein, Norwegen, Island oder der Schweiz muss man diese nicht bezahlen. Alle anderen trifft es größtenteils, und zwar oft nicht sanft.
So darf man beispielsweise bei der KTH mittlerweile mindestens 145.000 schwedische Kronen (knapp 16.000 Euro) pro Studienjahr bezahlen.

Das ist teuer, und auch wenn einige schwedische Hochschulen sicherlich hohes Ansehen genießen – Harvard, Cambridge, Princeton, Oxford und Yale sind nicht in Schweden. Und deswegen sind nicht nur wenige in der Lage, solche Summen aufzubringen. Von denen, die es können, sind auch nur wenige bereit, es wirklich zu tun. Die Effekte sind gravierend. Von 2010 auf 2011 ist die Anzahl der neuen Masterstudenten in Schweden um um 58 Prozent gesunken.

Wer bewirbt sich?

Bewerber für Masterstudienplätze in Schweden nach Ländern. Aufgeführt sind die zehn Länder, die 2010 am meisten Bewerber stellten, und die entsprechenden Bewerberzahlen für 2011 (Quelle: VHS.se)

Diese Grafik zeigt die Anzahl der Bewerbungen für die Top 10 des Jahres 2010. Man sieht es deutlich: die Bewerberzahlen sind massiv gesunken, mit Ausnahme von Äthiopien um jeweils über 70%. Pakistan und Kamerun haben mit jeweils über 90% die größten Rückgänge. Mittlerweile ist Äthiopien das Land, aus dem die meisten Bewerbungen kommen. Schaut man hingegen auf die EU-Länder, wuchs das Interesse eher leicht.

Wer sich nun noch bewirbt, ist schwer festzustellen. Denn in der nächsten Stufe werden die offenkundig untauglichen Bewerber aussortiert, und an deren Anteil hat sich nicht viel geändert. So erfüllten letztes Jahr 58% der chinesischen Bewerber die formalen Anforderungen, heute sind 54%. Einsame „Spitze“ ist Nigeria – rund 95% der Bewerbungen von dort fallen durch, 2010 wie 2011. Es sieht also so aus, als sei die Qualität der Bewerber gleichbleibend gut oder schlecht. Angesichts der hohen Gebühren sollte man erwarten, dass vermehrt Kinder aus reichem Hause, die bei den ganz Großen in der akademischen Welt nicht landen konnten, es in Schweden versuchen sowie große Talente, die durch ihre Exzellenz auf gebührenmildernde Stipendien hoffen können. Sollte dem so sein, so scheinen sich die Effekte in weiten Teilen auszugleichen.

In anderen Worten: die stark reduzierte Zahl der Bewerber wirkt sich auch proportional auf die Zahl der tauglichen Bewerber aus. Letzten Endes ist aber nun die Frage, wer denn angenommen wurde.

Wer kommt rein?

Länder, die 2010 und/oder 2011 die meisten Studenten stellte, die in Schweden zu einem Masterprogramm angenommen wurden, und die entsprechenden Studentenzahlen dazu. (Quelle: vhs.se).

Dabei stellt man etwas vermeintlich Selbstverständliches fest: die Schweden stellen doch tatsächlich die größte Fraktion. Das war zuvor nie so. In absoluten Zahlen hat sich zwar nicht all zu viel geändert – der Anstieg von rund 2000 auf rund 3000 wäre bei den vorherigen Verhältnissen nicht so aufgefallen – aber durch den massiven Einbruch der vorherigen Spitzenreiter wie Pakistan, Indien etc. rücken sie nun auf, und mit ihnen Studenten aus der EU, die nun auf weit weniger Konkurrenz treffen. Der Anteil aus den gebührenbefreiten Ländern ist von 13% auf 41% gestiegen, so dass Großbritannien, wo man in der Regel zahlen darf, und Deutschland nun in der Spitzengruppe sind.

Ein Blick auf die einzelnen Universitäten ist auch interessant. Mit Ausnahme der Chalmers-Hochschule in Göteborg, die die Zahl der Masterstudenten um 18% steigern konnte, haben alle Hochschulen mindestens 27% verloren. Meine Annahme, dass v.a. Hochschulen im ländlichen Raum Einbußen hinnehmen müssen, bestätigt sich nicht ganz. Zwar konnten sich fast alle Großstadthochschulen ganz gut behaupten, aber auch Jönköping (45% Verlust) und Luleå (47%) schlagen sich ganz gut, während die großstadtnahe Södertörns Högskola (im Süden Stockholms) noch ganze 12 Masterstudenten hat. Letztes Jahr waren es 249, was einem Rückgang von 95% entspricht und damit das Schlusslicht macht.

Dass Chalmers so erfolgreich ist, liegt vermutlich auch an den vergleichsweise niedrigen Studiengebühren von 70.000 SEK im Jahr. Das ist zwar immer noch ein Batzen, aber eine renommierte Universität kann sich das wohl eher erlauben als eine vergleichsweise unbekannte junge Hochschule wie Södertörns, die ab 85.000 SEK verlangt. Der etwas niedrigere Preis hat vielleicht auch etwas damit zu tun, dass Chalmers eine private Hochschule in Stiftungsbesitz ist. Die Hochschulen sind nämlich anscheinend dazu angehalten, mit den Studiengebühren die realen Kosten zu decken, wobei eine Privatuniversität vermutlich leichter Bilanzschiebereien unternehmen kann als eine öffentliche Hochschule.

Besser oder schlechter?

Das Bild ist eindeutig: die Gebühren haben die Bewerber in Scharen davongejagt, was die Studentenzahlen aus außereuropäischen Ländern stark reduziert hat. Den EU-Bürgern erleichtert es etwas den Einstieg, aber faktisch sind sie nur deswegen plötzlich eine große Gruppe, weil die anderen weggeblieben sind.

Ich bin mir auch nicht ganz sicher, wieviele von den Angenommenen wirklich dann aufkreuzen. Vielleicht haben viele von ihnen woanders ein besseres (d.h. billigeres) Angebot erhalten und verzichten auf den Platz, was wahrscheinlich in dieser Statistik gar nicht berücksichtigt werden kann.

Auf den ersten Blick wirkt die Politik also gnadenlos gescheitert. Zuvor sehr beliebt beim internationalen Publikum, ist Schweden massiv abgestürzt.

So einfach ist das Ganze aber nicht. Denn die Frage bleibt, ob sich Schweden überhaupt einen Gefallen damit getan hatte, diese Angebote zu machen. Mit anderen Worten: hat man eine Art Bildungsblase geschaffen, die zwar die Studentenzahlen spektakulär anschwellen ließ, die aber letzten Endes Schweden wenig gebracht hat?

Wenn man davon absieht, dass man im Sinne einer Entwicklungshilfe vielleicht Ausbildungen kostenlos anbieten will, so kann es eigentlich nur zwei Motivationen geben: zum Einen möchte man junge Leute mit Potenzial anwerben, die dann möglicherweise hier bleiben und damit die schwedische Wissenschaft und Wirtschaft unterstützen. Zum Anderen würden Rückkehrer ein positives Bild von Schweden verbreiten und schwedischen Unternehmen und Hochschulen attraktive Kooperationen verschaffen.

Ich kann hierzu freilich keine tragfähige Untersuchung anbieten, aber etwas aus dem Nähkästchen plaudern. Dazu aber morgen mehr.

Royale Umstände

Vielleicht schon ab März: neue Prinzessin (Foto: alexrudd, CC-BY-SA 2.0)

Breaking News sind es freilich nicht mehr: Kronprinzessin Victoria ist schwanger.

Das Theater, das wieder einmal darum gemacht wird, ist leider wieder einmal typisch. Es kommt einem so vor, als hätte die ganze Nation auf nichts anderes gewartet. Dabei war das Königshaus seit der Hochzeit letztes Jahr mit allem in der Öffentlichkeit gewesen, aber bestimmt nicht mit diesem Thema.

Man kann sich freilich fragen, wieso man derart früh – sie dürfte im zweiten Monat sein – an die Öffentlichkeit ging und nicht die kritischen ersten 12 Wochen abwartete. Meine Annahme ist, dass bei heutigen Nachrichtenflüssen es ohnehin nicht lange geheim hätte bleiben können. Da wollte man wohl handeln, bevor der Boulevard seine Paparazzi losschickt.

Die Reaktionen sind vorhersagbar. Die Royalisten finden es toll, die Republikaner auch, aber betonen, dass das Kind nicht auf einen Thron gehöre. Den besten Dreh hat das dänische Ekstrabladet gefunden:

Stripperkönig wird Großvater

Soviel Mut hätte ich den im Vergleich zu den Schweden sehr royalistischen Dänen gar nicht zugetraut.

Oder doch ein Prinz? (Foto: Timo_Beil, CC-BY-SA 2.0)

Die große Frage, die sich nun „alle“ stellen, ist: wie wird das Kind heißen, wenn es im März Teil der Thronfolge wird? Die Wettbüros nehmen schon Vorschläge an, und wenn auch noch nichts feststeht, so ist zumindest zu erwarten, dass es nach Familientradition vier Vornamen sein werden und mindestens einer davon von Daniels Seite kommen wird.

Die bisherigen Vorschläge sind nicht nur sehr traditionell, sondern stimmen erstaunlicherweise auch mit den aktuellen Namenstrends in Schweden gar nicht mal so schlecht überein. Einer der plausiblen Topfavoriten bei den Jungennamen, Oscar, war 2010 auch auf Platz 1 der Namenscharts in ganz Schweden, und auch der derzeitige Wettspitzenreiter Gustav schaffte es zumindest in die Top 20. Olof, Erik, Karl uns Carl-Johan liegen derzeit aber kaum im Trend.

Bei den Mädchen dominiert ganz klar Désirée, gefolgt von Kristina und Ingrid. Alle drei Namen haben sozusagen das royale Siegel, denn eine Königin Kristina gab es schon mal und die beiden anderen Namen trägt Victoria sogar selbst. Sinnigerweise ist Alice – der einzige von Victorias Vornamen, der nicht in den Wettfavoriten auftaucht – einer der Favoriten in Schweden im Allgemeinen: letztes Jahr der derzeit zweitbeliebteste Mädchenname im Land. Die anderen genannten Namen sind aber nicht gerade so der Burner.

Vielleicht gehen die beiden aber in den exotischen Bereich. Sie könnten ihr Kind wie andere Promis ja nach dem Ort der Zeugung benennen, was der Bild-Zeitung nach zu urteilen auf den schönen Namen „Berlin“ hinauslaufen könnte. Wenn das so wäre, könnte man natürlich ganz froh sein, dass die beiden nicht in Castrop-Rauxel abgestiegen sind.

Sie könnten aber auch den Einwanderern die Hand ausstrecken, denn schließlich ist Daniel das erste Mitglied im Königshaus schwedischer Herkunft. Wie das gehen soll, weiß ich abr nicht: erkennbar fremdländische Namen hinterlassen in der schwedischen Namensstatistik erstaunlich wenige Spuren. Lediglich Mohammed, auf Platz 65 bei den Jungs, fiel mir ins Auge.

Mein Tipp: Bernd oder Lucia, zwei bekanntermaßen urschwedische Namen. Und welches Volk hätte nicht gerne einen König Bernd?

Einem Namen traue ich jedoch keine Chancen zu: William, derzeit auf Platz 2 bei den Jungs. Ich meine: Welcher Prinz heißt schon William?

Die synchronisierten Untreuen von Granlunda

Vielleicht liegt es an meiner nachweislichen handwerklichen Unfähigkeit, aber unter all den Tätigkeiten, die die Heimwerkerei umfasst, ist das eigenhändige Schleifen mit Sandpapier eine derjenigen, die ich am wenigsten mag. Das habe ich nicht mit Jonas Västervik gemein, denn dieser macht sich mit Begeisterung und Hingabe an das Abschleifen einer Stelle an einem alten reparaturbedürftigen Boot. Er ist nicht der einzige unglaubwürdige Charakter des Films.

Ich konnte es einmal wieder nicht lassen und habe mir den Film „Inga Lindström – der Erbe von Granlunda“ nebenbei zu Gemüte geführt, denn meine ganze Aufmerksamkeit wollte ich diesem Machwerk nicht widmen. Dass ich von der Filmreihe nicht viel halte, ist kein Geheimnis. Wenn man aber in der Region wohnt, in dem diese ganzen Schmachtfetzen spielen, dann ist es schon einmal interessant, zu sehen, was denn nun wieder verbrochen wurde. Außerdem: zuletzt war ein beängstigender Aufwärtstrend in der Qualität zu beobachten.

Das war aber wie gesagt zuletzt – „Der Erbe von Granlunda“ stammt aber aus dem Jahr 2008 und wurde als Sommerlückenfüller gezeigt. Dementsprechend kriegt man die alte Leier präsentiert: Jonas ist Tochter von Karin Västervik, ihres Zeichen Tierärztin, anscheinend einer der häufigsten Berufe in diesen Filmen. Diese wiederum ist mit dem Gutsverwalter Paul Eding liiert, der von der Fernsehfilm-Allzweckwaffe Michael Greiling verkörpert wird. Die beiden wollen zusammenziehen. Er sieht nicht schlecht aus, aber irgendwie ist die Kombination für das junge Glück doch etwas seltsam, denn zwischen Simone Heher, die Karin spielt, und Greiling liegt ein Altersunterschied von 24 Jahren.

Die Geschichte an sich ist Makulatur: der Besitzer des Guts, das Eding verwaltet, ist Magnus Hansson. Er hat sich vor vielen Jahren mit seiner Tochter verkracht, und als er stirbt, ist deswegen der Enkel Tomas wenig gewillt, den Hof zu behalten. Dann verliebt er sich aber in Karin, der er „zufällig“ zuvor in Stockholm das Leben gerettet hat. Zudem ist er auch noch ein Mitglied der fremden Spezies „Städter“, der natürlich nicht naturkompatibel ist.

Mir scheint, dieser Plot ist mit leichten Abwandlungen in nahezu jedem Inga-Lindström-Film zum Einsatz gekommen. Immer gibt es irgendwelche persönlichen Zerwürfnisse und das Dilemma eines der Protagonisten, sich zwischen zwei Kopulationspartner entscheiden zu müssen. Immer gibt es gerade zu absurde Zufälle, bei denen sich die Hauptfiguren wiedersehen. Immer ist das idyllische erstrebenswerte Landleben dem hektischen Stadtleben entgegengesetzt.

Letzteres bedient freilich das Bullerbü-Syndrom meisterhaft. Unter den Tisch gekehrt wird freilich, dass es wohl in ganz Europa keine Großstadt geben dürfte, bei der Natur und Stadtleben so nahe beieinander liegen. Stockholm ist nun wahrlich kein Moloch. Solche Zurechtbiegungen sind allerdings auch nichts neues bei diesen Filmen. Man muss immerhin zugeben: der Erbe von Granlunda ist wenig zum Fremdschämen, was man in dem Kontext schonmal als Auszeichnung sehen kann.

Interessant und bemerkenswert finde ich eine andere Sache. Das ZDF ist ein Sender mit Werbung für Granufink und Treppenlifte. Das Publikum ist betagt und wohl auch dementsprechend konservativ. Da verwundert es umso mehr, dass vollkommen wertungsfrei und unbekümmert in den Fernsehfilmen des Senders – nicht nur bei den Lindström-Streifen, wie mir scheint – das Fremdgehen präsentiert wird. Sei es nun die Prinzessin auf der Erbse, die ihren verlobten Prinzen auf der nächstbesten Insel mit einem Landschaftsgärtner betrügt, der Millionär, der sich in die Mutter seiner eigentlich zukünftigen Frau verknallt, oder eben Karin, die sich im Eiltempo verführen lässt. Sinnigerweise ist Tomas sogar Produkt einer solchen Affäre, denn Paul ist sein Vater. Es ist schon merkwürdig, dass Beziehungen so geringen Wert zu haben scheinen, obwohl es in den Filmen um nichts anderes als um die große Liebe geht. Die Filme enden daher auch meist mit dem mehr oder weniger unkomplizierten Zerbrechen der einen Liaison und dem Beginn einer anderen.

Abgesehen davon, dass in dem Film immer gutes Wetter ist und sich deswegen alle ständig draußen aufhalten, gibt es aber noch eine andere Merkwürdigkeit: zahlreiche kleine Rollen wurden nachträglich synchronisiert. Es ist wohl davon auszugehen, dass es sich um Schweden handelt. Das ist eigentlich das Bitterste an diesem Pseudo-Schweden-Kitsch: die Landschaft wird gerne genommen, aber ein Schwede darf in diesen Filmen nichtmal seine eigene Stimme hören.

Japanskor, Japanskor, överallt japanskor

Es ist nicht mehr unbedingt nötig, sich noch weiter über die gestrige Niederlage auszulassen. Natürlich war ich auch etwas geknickt. Bis zum Halbfinale hätte es schon weitergehen können und sollen.

Man muss das Positive sehen – Fußball ist aus zwei Gründen ein interessanter Sport. Zum Ersten, weil wenige Tore fallen und damit ein einziges Tor den Spielverlauf komplett umwerfen kann. Lange Zeit war es im Frauenfußball aber so, dass Spiele erdrutschartig in wenigen Minuten gewonnen wurden. Das ist vorbei. Zum Zweiten ist es wichtig, dass Spiele unerwartet ausgehen können. Das ist bei den Männern so, wenn Griechenland Europameister wird und Frankreich in der Vorrunde sieg- und torlos ausscheidet. Das ist bei den Frauen nun auch so. Frauenfußball ist eben normaler Fußball geworden. Gut so.

Ich kann immerhin noch auf mein zweites Pferd umsatteln: Schweden. Die sind nämlich auch unerwartet, aber unerwartet gut. Vielleicht schaffen die es ja, die Japanerinnen zu besiegen.

Die Überschrift ist übrigens die weibliche Variation eines geflügelten Wortes im schwedischen Fußball – vielleicht vergleichbar mit „Aus, aus, das Spiel ist aus“. Es geht auf den unerwarteten Sieg Japans über Schweden bei den Olympischen Spielen 1936 zurück, bei dem der Radioreporter Sven Jerring den verzweifelten Ausruf:

Japaner, Japaner, överallt Japaner!

oder zu deutsch

Japaner, Japaner, überall Japaner!

Die USA sind Schweden sein Mexiko

Amerikas bestes Nachrichtenmagazin, The Daily Show, kennt sich mit Schweden aus, wie wir in der Vergangenheit schon erfahren durften. Nun zieht eine IKEA-Fabrik in den USA den Unmut auf sich. Korrespondent Jason Jones hat sich an das Thema herangewagt und kommt zu interessanten Feststellungen:

Raymond & Maria mit neuem Album

Jobs Where They Don’t Know Our Names from Raymond & Maria on Vimeo.

Ich dachte eigentlich, sie wären in der Versenkung verschwunden. Die Myspace-Seite schien tot – OK, das trifft heute irgendwie auf ganz Myspace zu – und eine Homepage schien es nicht mehr zu geben. Die Rede ist von Raymond & Maria, eine Band, die angeblich ihren Namen von einem Swingerclub bezog. Sie macht freundliche wohlklingende Musik, die darin enthaltene kritische Botschaften schön versteckt.

Raymond&Maria im Jahr 2005 bei einem Auftritt. Mal ehrlich: hinter der Fassade würde man keine sozialkritischen Texte erwarten, oder? (Bild: Alexander Augst, PD)

Sie hatten zwei kleine Hits, „Ingen vill veta var du köpt din tröja“ und „Storstadskvinnor faller ner och dör“. Dann war Ruhe.

Nun, ganze 5 Jahre später, gibt es nicht nur eine neue Homepage. Die Band ist auch wieder da und singt jetzt auf englisch (siehe oben). Am Sound hat sich nicht viel geändert. Das freut mich. Hoffentlich hört man noch etwas mehr von ihnen.

PS: Peinlich, dass die Embed-Funktion von Vimeo fehlerhafte URLs ausspuckt. Natürlich müssen die & in der Url einfache & sein.